Freitag, 16. September 2011

Alles muss raus! Oder: Rache ist süß

Da war er nun angebrochen, der letzte Urlaubstag. Und der begann genauso, wie ich mir eigentlich den Urlaub überhaupt vorgestellt hatte: lang ausschlafen, in aller Seelenruhe frühstücken, in ebensolcher Ruhe zum Fachmann für Körperanwendungen (nämlich zum Masseur!) fahren und mir die letzten Qualen der gestrigen Bergbezwingung (ich sage nur: Ammergebirge; ich sage nur: Hochplatte; ich sage nur: scheißverficktes Tertiär, das diese blöden Gipfel zurückließ und in viel zu vielen Menschen eine ey-du-auf-dem-Gipfel-hat-man-einen-sooooo-geilen-Panorama-Blick-Euphorie hervorruft, die ich auch heute noch nicht nachvollziehen kann, aber jedesmal Höllenqualen leide, wenn es heißt: "Gleich hast du es geschafft, nur noch ein kleines Stück" und dann hieve ich mich mit allerletzter, aber auch wirklich allerletzter Kraft zu diesem Punkt X... nur um festzustellen: na a bisserl musst scho noch.
Ich habe alles verflucht, wirklich alles, das mir - sofern ich bei der immer dünner werdenden Sauerstoffversorgung überhaupt noch in der Lage war zu denken - in den Sinn kam:
Vater, Mutter, Oma, Opa, Hund, Schatzi, die Bergschuhe an meinen Füßen, die langen Haare, die - trotzdem zu Zöpfen gebunden - irgendwann  nervig in die Augen stachen oder an der Wange klebten, mir das Wasser trotz Funktionsunterwäsche über den Körper rann - ich hab einfach alles verflucht, Schatzis Motivationsküsse abgewehrt und auf seine Fragen "Gehts noch, schaffst du's?" lediglich hervorgestoßen: "LASS MICH!"
Oben am Gipfel jedenfalls begegneten uns zwei Ordensschwestern - völlig verschwitzt, aber immer noch frohen Mutes genug, jodelnd und singend hinab ins Tal zu steigen. Da habe ich fast so etwas wie ein schlechtes Gewissen entwickelt, dass ich da stand, einen mörderischen Plan nach dem anderen im Kopf entwickelte, anstatt mich zu freuen, aus nächster Nähe eine Gemse zu sehen, die mir fröhlich vor die Füße kackte. Und während Schatzi euphorisch solcherart Naturereignisse dokumentarisch festhielt, sehnte ich mich nur nach einem: Schatzi morden, mich anschließend ins Gras legen, ein Brot essen und mit einem lecker Käffchen nachspülen.
Aber na ja... Wie schnell sind solche Leiden vergessen, wenn man nur mit dem Abstieg beginnen kann. Auch wenn aus der erhofften halben Stunde Abstiegszeit (mir war so, als hätte Schatzi so etwas gesagt - aber na ja, ich will mich mal nicht drauf versteifen, Sauerstoffmangel und so, Ihr wisst schon ;)) mindestens zwei Stunden wurden und ich am Ziel tot auf den Beifahrersitz kippte - ich war einfach nur happy, wieder angekommen zu sein, holzbeinig in einen REWE zu staksen und mir mindestens zwei Tafeln lecker Schokolade zu erwerben, die mir wenigstens noch den Abend versüßen sollten.
Ja - so war der bittere Tag gestern und der heutige... ist sooo süß wie die Milka-Schokolade von gestern Marke "Vanillepudding" (nur für kurze Zeit zu haben übrigens).
Heute habe ich bis auf den Gang zum Masseur wirklich nichts, absolut gar nichts gemacht, fröne der Lebensfreude und der Entspannung, während Schatzi sich aufgemacht hat, seinen Kleiderschrank zu entrümpeln und mit meiner wertgeschätzten Meinung "Hau weg den Müll" zu sortieren, was noch übrigblieb.
"Hilfst du mir eigentlich noch?" fragte Schatzi gerade und mit einem Blick auf die Uhr, der mir sagt, dass wir in einer dreiviertel Stunde das Haus verlassen müssen, um rechtzeitig ins Kino zu kommen, ich mir noch das Haar fönen und mich ankleiden muss und blitzschnell errechne, wie viel Zeit mich das kostet, lächle breit und sage: "Aber natürlich helfe ich dir!"
Rache ist nämlich auch süß, fast wie Milka-Schokolade zum Sonderpreis :)

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