Freitag, 18. November 2011

Der Bann ist gebrochen

Letzte Nacht ist irgendetwas Komisches passiert. Als ich am Abend heimkehrte, hatte ich mir fest vorgenommen, noch vor dem anstehenden Wochenende etwas Ordnung in meine Behausung zu bringen - und es zu nichts gebracht. Wirklich zu gar nichts. Alles fiel mir aus der Hand oder wollte gar nicht erst in die Hand genommen werden; mich hatte eine derartige Lustlosigkeit überkommen, wie ich sie eigentlich selten von mir kenne.
Das TV-Programm darf sich ja auch nicht mehr ungestraft "Programm" nennen - und ich frage mich wirklich, was eigentlich mit den ganzen schönen Gebühren passiert, die Millionen Bundesbürger zahlen dürfen, ohne gefragt zu werden, was sie denn wenigstens Schönes dafür sehen möchten. Lediglich eine Wahl habe ich - einschalten oder ausschalten, doch eine solche Handbewegung für nunmehr ca. 160 Euro im Jahr finde ich dann doch ziemlich überteuert.
Zum Lesen jedoch fehlte mir gleichwohl die Muße, auch ein neues Bild zu malen, dazu konnte ich mich immer noch nicht aufraffen. Wobei ich an dieser Stelle offenbaren muss, dass ich höchstwahrscheinlich, bevor ich ein solches neues Werk in Angriff nehme, erst einmal zum Optiker zu gehen habe. Irgendwie sehe ich bereits nach den ersten Pinselstrichen alles doppelt und während ich anfangs noch beschämt meinte, das läge an der Weinschorle, so musste ich irgendwann dann doch konstatieren: Nein, der Alkohol ist nicht an allem schuld, diesmal liegts am Alter!
Nun ja, bloß wenn schon nicht TV schauen, kein Bild malen und auch kein Wort schreiben und sich auch sonst zu absolut nichts aufraffen kann - was bleibt einem dann noch? Genau. Sich schlafen legen.
OK.
Da lag ich also nun, das Dunkel umfing mich, hüllte mich ein - und ich schloss die Augen. Nur um sie ein paar Sekunden später wieder zu öffnen und in den Nachthimmel vor meinem Fenster zu starren.
OK.
Augen wieder schließen. Und wieder öffnen.
Und dann sprang das Kopfkino an. Dieses Mal drehte es sich nicht um Menschen oder Tiere, Situationen oder Befindlichkeiten - dieses Mal sortierten sich scheinbar wild durcheinander gewürfelte Worte, Sätze, Bilder, die es so nie gegeben hatte, in meinem Kopf; sie entstanden quasi vor meinem inneren Auge - und ich sah sie so deutlich, als betrachtete ich Fotografien. Ich hörte die Worte so deutlich, als lese sie mir jemand vor.
Und mir begann das Herz zu klopfen, mir wurde ganz merkwürdig heiß zumute (und nein: ich habe keinerlei Medikamente oder sonstiges zu mir genommen - wenn man von einer schnöden Butterstulle am Abend absieht). Ich versuchte dennoch, diese Worte zu beruhigen, diese Bilder beiseite zu schieben. Fang morgen an, jetzt komm erst mal zur Ruhe, wollte ich mich zwingen. Bis mir der Magen zu schmerzen begann. Und da wusste ich: JETZT.

Also stand ich auf und holte ein Buch hervor, das ich vor über einem Jahr geschenkt bekommen hatte.
Ein Buch mit leeren Seiten, auf dessen Einband "Künstler Kladde" steht - und ich kramte dazu den Füllfederhalter aus der Kommode, knipste das kleine Licht auf dem Tischchen neben meinem Bett an - und begann zu schreiben.
Ich habe keine Ahnung, wie viel Uhr es war, als ich begann - und wie spät es war, als ich endete.
Als ich jedoch einschlief, hielt ich das Buch mit der linken Hand umklammert, und als ich heute Morgen erwachte, lag ich noch immer genau so da. Obschon ich für gewöhnlich nie so ruhig liege und schlafe...
Da musste ich lächeln und ich wusste: Jetzt wird es genau das, was ich immer schreiben wollte. Und ganz entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten werde ich auch mit dem Füllfederhalter in diesem Buch weiterschreiben, so lange, bis ich zuende erzählt habe.
An dieser Stelle danke ich schon jetzt all denen, die immer an mich glaubten und mich bis heute darin bestärken, alles zu tun - jedoch niemals mit dem Schreiben aufzuhören.
Jeder Mensch hat seine Passion.
Es gibt Menschen, die singen Lieder.
Es gibt Menschen, die malen Bilder.
Es gibt Menschen, die nähen Kleider.
Es gibt Menschen, die tanzen.
Mit all dem, was sie können und tun, verleihen sie ihren Träumen, Hoffnungen und Empfindungen den Funken Ausdruck, der auf all jene überspringt, die haargenau dasselbe fühlen.
Hört nicht auf zu singen.
Hört nicht auf zu malen.
Hört nicht auf zu nähen.
Und hört nicht auf zu tanzen.
Niemand sollte mit dem aufhören, das er liebt. Niemand. Und wenn mal gar nichts geht... scheiß egal. Eines Tages geht es weiter.

Quelle Foto: http://us.123rf.com/400wm/400/400/mipan/mipan1009/mipan100900008/7788874-stacheldraht-f-llfederhalter.jpg

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