Freitag, 4. November 2011

Der Letzte löscht das Licht

Erst in meinem letzten Eintrag schrieb ich von den vielen Lichtern und Fenstern, die ich gern und zuweilen auch gern in Vielzahl öffnete. Jetzt muss ich sie löschen, diese Lichter, eines nach dem anderen.
Ich kann nicht mehr, ich will auch nicht mehr.
Ich will nichts mehr sagen, wenn man mir doch nicht zuhört.
Ich will mich nicht mehr zu jemandem stellen, wenn man mich doch nicht wahrnimmt.
Ich will nichts mehr schreiben, wenn ich doch keine Antwort bekomme.
Aber ich will auch nicht mehr jedem zuhören, auf jeden warten und für Gott und die Welt Verständnis aufbringen müssen. 
Ich habe mein Facebook-Konto deaktiviert.
Ich habe mein Handy deaktiviert.
Der eine wirds merken, der andere nicht: Jeder steht - so scheints mir - auf seinem eigenen Teller und schaut auch nur bis zu seinem eigenen Rand. Was nach diesem Rand zerbricht oder nicht, wird kaum registriert.
Vielleicht bin ich jetzt ungerecht, vielleicht bin ich jetzt unfair. Immerhin weiß ich, dass auch ich nicht immer einhundert Prozent zuverlässig bin, weil auch ich etwas vergesse oder übersehe oder einfach auch nicht immer erspüren kann - und wenigstens habe ich mich dafür aufrichtig entschuldigt und versucht, es wieder gutzumachen. Und daraus zu lernen.

Man sagt: "Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren."
Mit diesem Spruch begann ich 2003 meinen allerersten Internetauftritt - und er hat - für mich - bis heute nicht an seiner Bedeutung verloren. Erst vor kurzem sagte mir jemand: "Dir wird nie etwas in den Schoß fallen, du wirst immer um etwas kämpfen müssen."
Inzwischen jedoch bin ich des Kämpfens müde. So müde. Ich habe schon so oft, so sehr um etwas gekämpft. Menschen sind gekommen, ohne dass ich sie in mein Leben bat. Und sie sind gegangen, ohne Rücksicht darauf, wie ich mich dabei fühlte. Und wiedergekommen, wann sie es für richtig hielten. Oder auch nicht. Es gibt immer Menschen, die mich fragen, wie es mir geht. Es gibt jedoch kaum jemanden, den meine Antwort interessiert.

Ich bin müde geworden, für alles und jeden Verständnis aufzubringen und selber so wenig zu bekommen.
Ich bin müde geworden, mich zurechtweisen zu lassen, nur weil mein Energielevel derart niedrig geworden ist, dass sich damit auch meine Geduld erschöpft.
Ich bin müde geworden, um Anerkennung auch für mich zu bitten, so wie ich müde geworden bin, mich immer nur hinten anstellen zu dürfen, weil es immer Dinge gibt, die erst mal noch wichtiger sind oder weil Raum & Zeit für mich einfach fehlen. Oder weil ich es nicht wage, über das zu sprechen, was eben NICHT lustig ist: Zu viele Begegnungen in meinem Leben sind Schönwetterbegegnungen gewesen, bei schlechtem Wetter waren sie fort - und mittlerweile ist mir auch genau das jetzt egal. Ich habe keine Angst mehr vor dem Verlassen- oder Zurückgelassenwerden mehr. Heute nicht mehr.

Nein, ich habe keinen Burnout und ich habe auch keine Depression. Vorletzte Nacht bin ich aufgestanden, weil ich derart Schmerzen in meinem Bauch hatte, dass ich glaubte, ich würde innerlich verbrennen - und der Teststreifen zeigte mir die nunmehr dritte Nierenbeckenentzündung nacheinander in den dunkelsten Farben an, während meine Lunge auch nach fünf Monaten noch nicht wieder gesund ist.
Jetzt habe ich endlich begriffen, dass es Zeit ist, die Reißleine zu ziehen. Quasi eine Art Defragmentierung meines Systems vorzunehmen.
Und so saß ich meiner Ärztin gegenüber und sie hatte sich entspannt zurückgelehnt und mich lächelnd angeschaut. Und sie hat gesagt: "Na endlich gehen Sie los. Ich habe mich schon so lange gefragt, wie Sie das aushalten können und vor allem: wie lange! Glauben Sie mir, Sie sind nicht gescheitert. In Ihnen steckt viel mehr Kraft als Sie selber von sich annehmen. Und nun gehen Sie, damit Sie wiederkommen können. Ich bin schon jetzt gespannt, wohin Sie gehen und wohin Sie zurückkehren. Und wo Sie ankommen."
Ich erinnerte mich, dass ich genau diese Worte vor noch gar nicht allzu langer Zeit hier irgendwo niedergeschrieben hatte. Irgendwo zwischen den Zeilen. Und ich freue mich schon jetzt auf meinen Urlaub im kommenden Februar. Drei ganze Wochen sind mir heute vor genau dreißig Minuten genehmigt worden. Das ist momentan das einzige Ziel, auf das ich mich unsagbar freue.

3 Kommentare:

Veneficias hat gesagt…

Ich kann diese Müdigkeit verstehen und leider Gottes aktuell auch sehr gut nachvollziehen.
Ich bin so müde den Entertainer zu spielen, Everybodies-Darling zu sein, immer Rücksicht auf andere nehmen zu müssen, Worte bewusst zu verpacken um nicht zu verletzen...
Es wird Zeit dem Ich mehr Ich zu verleihen und was am Ende übrig bleib ist die natürliche Selektion der Menschen, welche das Gesamtkonzept der Person lieben und mögen ohne wenn und aber. Der Versuch, selbst über den eigenen Tellerrand zu schauen, wird viele Menschen in meinem Leben genau über diesen Rand fallen lassen. Das ist nicht schlimm, das ist nötig und befreiend...

Anonym hat gesagt…

mail-adresse auch deaktiviert? ach, menno ... =(

Anonym hat gesagt…

achso, lg von D.E.