Montag, 11. Februar 2013

Nachtgedanken

Letzte Nacht lag ich bis morgens halb fünf Uhr wach, wälzte mich hin und her, fiel zwischendurch in unruhigen Schlaf und erwachte wieder. Vielleicht sollte ich ja doch die Art der "Rappelmucke" wechseln? Ihre Dienste jedenfalls scheinen nicht mehr so zuverlässig wie einst.
Oder doch?
Immerhin, meine Seele rückt sich wieder mehr und mehr der Mitte zu, ich fühl mich wieder leichter, besser und so. Ja, so schnell geht das bei mir. Meistens jedenfalls. Vielleicht liegt das aber weniger an der Mucke als vielmehr an der Tatsache, dass ich heute mal da und dort ein paar offene Worte ausgesprochen hab. Alles gut also - für den Moment.

Zum zweiten Mal an diesem Tag (angesichts dieser Uhrzeit) sehe ich den Film "Valentinstag", ich würde sagen, ein typischer Streifen á la Hollywood mit dem romantischen Grundtenor eines klebrigen Fliegenfängers: Irgendwie fallen sie alle mehr oder minder auf ihr knochiges Hinterteil, am Ende aber wird für jeden alles gut. Na ja, wie gesagt, Hollywood eben. Oder?

Und bevor jetzt einer sagt: "Ey du klingst aber nicht so, als würde es dir besser gehen und als kämst du wieder in deine Mitte", dem sag ich: "Doch, tu ich. Deswegen kann ich aber trotzdem Kitsch von Romantik unterscheiden." Ungeachtet dessen mag ich am meisten die Szene, in der Jennifer Garner das riesige, mit Bonbons gefüllte Herz mit einem Baseballschläger zerschlägt - und Jessica Biel sich, ohne großartig Fragen zu stellen, den Herzchenschmuck auf den Kopf setzt, ihr dabei zusieht, um nur ganz leicht bei den heftigen Schlägen zusammenzuzucken. Doch - diese Szene gefällt mir echt. Leider fand ich kein entsprechendes Bild im Web.
Genauso gefiel mir übrigens Queen Latifah, die dem telefonsexwilligen Wladimir erst mal ordentlich russische Peitschentöne beibringt. Sowas finde ich echt klasse.

Und so lass ich diesen Film zum zweiten Mal nebenbei laufen. Schöne Menschen in einer schönen Umgebung. Verliebt, enttäuscht und (wieder) neu verliebt - und in jeder Situation sehen sie richtig hübsch, kunstvoll zurechtgemacht und zufrieden aus. Also wenn ich mich mal eben vorbeuge und einen Blick in den Spiegel wage... huch... nee! Wer is datt denn? Miss Helma in ihrem Zuhausewohlfühllook. Weiter Pulli, kurze Hosen, Mutters gestrickte Hausschuhe an den nackten Füßen und die Haare mehr schlecht als recht mit einer Klemme zusammengefasst (Haargummis trocknen die Haare zu schnell aus, hat mir meine Friseuse unlängst gesteckt).
Ich könnte also beinah Komplexe kriegen, hätte ich nicht auch schon die abgelichtete Jennifer Garner und die Jessica Biel im Alltag gesehen, die da genauso wenig glamourös aussehen wie Du und ich. Was ja nicht heißt, dass frau sich gehenlassen soll. Nein, das nicht. Aber morgens um zwei Uhr muss man auch nicht mehr aussehen, als wolle man in fünf Minuten auf einen roten Teppich steigen. Jedenfalls nicht, wenn man zu Hause auf dem heimischen Sofa liegt und alle Termine für die kommende Woche abgesagt sind - außer die Dates beim Doc.

Was geht mir noch so durch den Kopf in dieser Nacht?
Ich denke an die Blogs, die ich mir in den letzten Tagen so angesehen habe. Aus Interesse.
So viele Beautyblogs, denen ich einfach nix abgewinnen kann. Tut mir leid. So viele Bücherblogs, denen ich auch nicht mehr abgewinnen kann, auch wenn ich immer noch gerne lese. Und dann sind da noch diese anderen Blogs. Junge Mädchen, kaputt, zerstört, so viele reden von Sterben, Selbstzerstörung, Desillusionierung. Was ist passiert, dass so viele junge Menschen schon so kaputt sind, bevor sie überhaupt erst mal angefangen haben?
Was mir fehlt, ist das dazwischen. Das Normale. Das Leben.
Entweder gehts nur um Klamotten und merkwürdige Plastiknägel - oder ums Sterben und Zerstören.
Aber das kann es doch nicht sein. Das kann es doch nicht gewesen sein. Leben ist doch noch so viel mehr. Leben hat noch so viel mehr. Oder können das nur wir Normalos sagen, die ihre Sorgen und Probleme lösen oder umschiffen, aber noch nie wirklich abgestürzt sind?
Was mir neben dem Normalen auch fehlt, ist das Positive. Das Optimistische.
Also vielleicht doch so einen Hauch von Hollywoodkitsch?
Interessanterweise haben genau diese thematisch gegensätzlichsten Blogs die meisten Interessenten. Warum eigentlich? Ist das normale Leben zu normal und zu uninteressant? Braucht die Welt lediglich diesen Spagat zwischen Glamour und Absturz und ist alles andere dazwischen... äh... langweilig? Nein, mir gehts nicht um meinen eigenen Blog. Es interessiert mich prinzipiell.
Und ich finde: Jeder, der sagt, er schreibe nur für sich, lügt. Wäre dem so, würde er zu Hause einen Stift und ein Buch nehmen und dort hineinkritzeln, nicht aber der Welt seine Gedanken und Gefühle mitteilen.

Keine Ahnung.
Vielleicht wirds ja auch einfach nur Zeit, dass endlich Frühling wird.
Diese vielen Tage ohne Sonne und mit Schmuddelwetter, und diese Kälte, die von außen irgendwie nach innen kriecht, machen die Menschen irgendwie noch komplett verrückt. Denn schließlich wiederholt sich das Jahr für Jahr, jeden Januar/ Februar, wenn der Winter zwar noch seine Berechtigung hat, die Menschen aber trotzdem seiner überdrüssig geworden sind. Ja, auch ich. Vielleicht weil ich im Frühling geboren bin, liebe ich den Frühling. Ich liebe diese Jahreszeit, in der alles zum Leben neu erwacht - und neue Farben bekommt.
Frühling ist für mich Leben. Und das will ich. Beides.


Quelle Foto: http://images3.cinema.de/imedia/1185/3981185,dldNaaaZiCuJoPYpb_nRbdvvujymjWH0DnDVKQwJysXY%2B4oH_fbEpRbtj4Zub5e6jEcDMsJxX_yLRqxCvaC3fg%3D%3D.jpg

4 Kommentare:

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Du schreibst: "Was mir fehlt, ist das dazwischen. Das Normale. Das Leben."
Es gibt sie, aber sie sind oft sehr textlastig und brauchen Zeit, um sie zu genießen.
Die "Fotoblogs" sind schneller beguckt.
Im letzten verschwundenen Kommentar hatte ich dir angeboten, dass du meine Telefonnummer bekommen kannst, falls du mal mit "Neutralos" sprechen willst.

SoSo hat gesagt…

Ja, es wird wohl wirklich Zeit, dass es Frühling wird!

Bei diesen "Absturz" und extremen "Depri" Blogs weiß ich nie, ob ich das glauben soll, was da steht. Es ist oft sehr tragisch und echt bewegend, man will wissen, ob die Person es irgendwann aus ihrem "Loch" schafft. Oder wird das alles geschrieben, um Leser anzulocken?
Wer weiß...

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Oha, SoSo, da hast Du den Mut und sprichst etwas aus, das ich bislang "nur" dachte... Denn bei dem einen oder anderen Blog bin auch ich immer mehr ins Zweifeln gekommen, wie wahr die Geschichten dahinter wirklich sind - und nicht wenige wirken stilistisch doch sehr kunstvoll, um nicht zu sagen: konstruiert.

Liebe Rosa, ja ich stimme Dir zu, Blogs mit normalem Leben können sehr textlastig sein - ich stelle das ab und an auch in meinen Posts fest ;) Nichtsdestotrotz bin ich ein Mensch, der gerne einfach nur mal ruhig und still ist und zuhört, in anderen Momenten aber auch einfach nur quasselt bis zum Umfallen. Ich glaub, auch das spiegelt sich hier wider.
Und wow, das mit der Telefonnummer hat mich dann doch sehr berührt, muss ich wirklich sagen. Ich komm wirklich gern darauf zurück - aber erst mal komm ich nach Berlin, wo die Autoreifen rumliegen - und vor allem, wenn es etwas wärmer geworden ist und kein Schnee & Eis mehr drohen ;) Dann ziehen wir uns ordentlich Käffchen rein, legen die Füße hoch und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Bist Du dabei? Ich hab so das Gefühl, dass das ein "echter" Nachmittag wird :)
Na... Jetzt kannste vermutlich nicht mal mehr "Nee" sagen :)

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Jaaaaaa!