Dienstag, 4. März 2014

Entscheidungen

Als ich heute Abend nach Hause kam und mein Auto vorm Haus stehen sah, tat mein Herz einen Hüpfer und im selben Moment fragte ich mich: "Hat er es nur bei mir abgestellt und ist mit dem Bus wieder zurückgefahren, schon wegen dem Zweitjob?" Das hätte nicht wirklich Sinn gemacht, er hätte zuviel Zeit verloren, aber dass er nicht arbeiten geht, kam irgendwie auch nicht in Frage: Entweder er sagt denen rechtzeitig ab - oder er geht. Einfach mal eben kurz vorher absagen macht er nicht, auf ihn ist Verlass.
Also stieg ich die Treppe hoch und als ich Juniors Schuhe vor meiner Tür sah, wurde mir leichter:
Er war gekommen.
"Aber nur wegen deiner sms", sagte er, "ich wäre sonst wirklich wieder gefahren."
"Musst du denn heute nicht arbeiten?"
"Nein. Sie haben gesagt, heut brauchen sie mich nicht."
Ja und dann haben wir geredet. Ziemlich lange und in Ruhe. Wir haben unser beider Standpunkt erklärt, er hat mir auch erzählt, was eigentlich Anlass der Aggressionen vom Vorabend war. Dass er seinen Bruder gefragt hatte: "Ey ich bin heut echt kaputt von der Arbeit, würdest du für mich mal die Wohnung durchsaugen, bevor die Mutter kommt?"
Dreimal hatte er fragen müssen - und erst dann eine genervte Antwort in ausgesprochen rüdem Ton erhalten: "Jetzt geh mir doch mal nicht auf n Sack!"
An dieser Stelle hätte ich fast laut gelacht und gesagt: "Jungs, DAS ist euer gewöhnlicher Umgangston, wenn ihr zockt. So redet ihr mit MIR jedesmal, wenn ihr an der Playstation hängt. Jetzt weißte also, wie sichs anfühlt."
Natürlich habe ich nicht laut gelacht, aber mir einen entsprechenden Hinweis trotzdem nicht verkneifen können.
Nichtsdestotrotz: Auch Junior I hatte so eine Antwort nicht verdient, auch nicht in diesem Ton. Für seinen kleinen Bruder tut er nämlich fast alles - und erntet fast ausschließlich solche Reaktionen, wenn er sich mal was von ihm wünscht.
Also haben wir zu dritt geredet, ausgewertet, den Streit beigelegt.
Ach Mensch, Ihr glaubt gar nicht, wie erleichtert ich mich fühl. Wie eine Feder. In echt.
Schon beim Partnerstreit kann ich leiden wie ein Hund - gehts aber um die Kinder, wirds noch mal einen Zacken schärfer. Ich kanns nicht haben, dass wir nicht miteinander reden, dass wir uns nur angiften oder aus dem Weg gehen. Da dreh ich am Sender. (Insofern werde ich auch nie verstehen, dass der Vater sich beinah täglich (!) mit seinem Sohn in die Haare kriegt - und anschließend auch nicht nachgibt. Aber egal. Nicht mein Thema.)
"Wenn du keinen Bock oder keine Zeit oder was auch immer hast, dann sags deinem Bruder auch genauso, und sags ihm genauso ordentlich wie er dich fragt. Du willst ja auch, dass man vernünftig mit dir redet", entschied ich. "Los, Hand drauf." Murren. "Hand! Drauf!" Doppel-Murren. Kopfnuss mütterlichseits. Kichern seinerseits. "Los, Knabe, Hand drauf." "Okay."
Und dann waren wir uns auch einig: Eine Brüder-WG wird es nicht geben. Vielleicht irgendwann mal, in fünfzig Jahren vielleicht - aber aktuell nicht. Wir stellten den Plan um und werden Junior II in einer Ein-Raum-Wohnung unterbringen. Zentrumsnah. Sein Wunsch übrigens. Den Immobilienticker habe ich umgestellt, erste Angebote flatterten rein. Morgen vereinbaren wir den ersten Besichtigungstermin, denn Einzugstermin könnte hier der 01.05. sein. Huch. Hat alles recht gemächlich vor sich her gedümpelt, kanns jetzt - zack zack - ganz schnell gehen. Ja, so sind die Ziggenheimers.
Und haben wir im März oder April einen unterschriebenen Mietvertrag, können wir auch einen entsprechenden Bafög-Antrag stellen. Sollte jetzt doch noch alles wie am Schnürchen funktionieren? Auch dann, wenns ein ganz anderer Weg wird als ursprünglich geplant? Ich sag ja. Und ich nenn das Flexibilität.
Vermutlich wird mich das Ganze 30 Euro mehr als geplant kosten - aber das ist für mich auch noch ok. Gibts halt keinen Milchkaffee mehr. Oder eben nur noch einen. Pro Tag *muhhahhahaa*
Junior I gefällt diese Regelung auch, dass er lieber sein eigenes Ding machen wird. Wann und wie, das bleibt seine Entscheidung. Ich glaube ja ohnehin daran, dass er seinen Weg geht - in seinem Tempo, das hab ich immer schon gesagt.
Heute Abend nun hab ich keinen Nerv mehr, aber spätestens bis zum Wochenende werden wir die Bewerbungsunterlagen von Junior II überarbeiten und seine Arbeitskraft auf dem Markt anbieten. Mal gucken, was bei rauskommt.
"Vielleicht gibt mir der Vater ja auch noch was dazu", meinte er.
"Versuchs", antwortete ich, "vielleicht klappts ja. Vor einem Nebenjob rettet es dich trotzdem nicht."
"Weiß ich."
"Vergiss es nicht."
"Nieeemals."
"Ich hab dich auch lieb."

5 Kommentare:

greebo hat gesagt…

Großartige Nachrichten aus dem Hause :)

Habt ihr vielleicht schon mal eine WG als Alternative überlegt? Mit Fremden?
Es gibt eine gute HP: http://www.wg-gesucht.de/wg-zimmer-in-Berlin.8.0.1.0.html
Mein Blag fand hierüber fürs Studium WG-Zimmer. Preiswerter als eine eigene Wohnung (insbesondere weil die Grundkosten für Strom, Internet etc. geteilt werden).

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Hey Greebo :)
Ja, eine WG war ja mein Ursprungs-Gedanke. Auch der Kosten wegen, aber auch deshalb, weil Junior schon jemand ist, der gern Leute um sich hat. So ganz allein.... Ich bin nicht sicher, ob ihm das lange so gefallen wird. Oder aber er findet Gefallen dran, weil er dann machen kann, was er will ;)
Aber eine WG wollte er nur mit Leuten gründen, die er schon kennt. Und die, die bis dahin Thema waren, wollten dann, als es tatsächlich ernst wurde, nicht mehr: klassisches Schwanz einkneifen.
Also blieb noch die WG mit dem großen Bruder. Doch die... ist nun eben auch vom Tisch. Vielleicht ist das ja auch besser so - für beide.

Hans hat gesagt…

Thumbs up!

Anonym hat gesagt…

liebe Helma,
ich bin neidisch. Aber du verstehst mich! ;-)
Habe jetzt Pipi in den Augen!

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ja Noemie, ich weiß, was Du meinst :)