Samstag, 26. April 2014

Noch immer wie betäubt


...gleite ich durch den Tag und ertappe mich ab und an bei dem Gedanken, dass vielleicht alles nur ein kack Traum war. Dann bereite ich mir einen Kaffee und schau nebenher auf die Straße hinunter, ob nicht doch der kleine Blaue... mit dem Aufkleber "I (Herz) M-V"... an der Straße...
Es ist nicht der Blechschaden als solches, der mich quält. Es ist der Schmerz drumrum, der mich quält.

Und dann liege ich hier, denke an den letzten Abend, an all die Leute, die ich zehn Jahre und länger nicht gesehen habe. Die meisten hätte ich wiedererkannt. Bei manchen musste ich zweimal hingucken. Nur zwei von ihnen, nein drei, haben sich äußerlich überhaupt nicht verändert. Sind kein Stück gealtert.
Ach das war irgendwie schon schön. Die Fotoalben, die herumgereicht wurden. Alles hatte irgendwann Ende der sechziger Jahre mit einer Hauptabteilung Forschung & Entwicklung begonnen, Ende der achtziger Jahre kam ich dann dazu. Blutjung, gerade zwanzig Jahre alt und mit blondem Haar. Das ich zehn Jahre später immer noch so trug...


...ok, die Bildqualität ist mies mieser am miesesten - ist halt nur der Farbausdruck gewesen, den ich abfotografierte. Das muss Ende der 90er gewesen sein, 98 oder 99, denke ich. Damals war ich an einem Punkt, wo ich dachte, das Leben wäre geregelt und zöge sich nun dahin... und dahin... und dahin... Damals hatte ich noch so gar keine Ahnung, dass sich nur wenige Jahre später alles grundlegend verändern würde und ich habs gestern auch zu einer meiner Ex-Kolleginnen gesagt: "Ich bereue nichts - und es geht mir wirklich gut heute."

Mein Ex-Chef, vorn im Bild, ist inzwischen einiges über 70 Jahre alt, sein ganzes Herzblut steckte in der Firma und ihm war letztlich auch zu verdanken, dass es 98/ 99 überhaupt mit dieser noch weiterging.
Und nun haben sie Insolvenz angemeldet und in etwa zwei Wochen sollen dort die Lichter ausgehen.
"Tut Ihnen das nicht weh?" fragte ich schockiert.
"Na klar tut das weh", lächelte er, "aber ich bin ja auch lange schon nicht mehr dabei, nicht mal mehr als Teilhaber. Ich hab eigentlich schon vorher damit abgeschlossen."

Er hat sich bedankt, dass so viele gekommen waren, auch wenn noch etliche der Kollegen fehlten. Urlaub, Desinteresse oder Krankheit - man steckt eben nicht drin.
In zwei oder drei Jahren wollen wir uns alle wiedertreffen und ich habe schon jetzt zugesagt. Ich werd dabei sein, egal, wohin es mich inzwischen verschlagen haben sollte.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Finde ich klasse, dass ihr euch nach so vielen Jahren getroffen habt!
Hat dein Ex-Chef dieses Treffen arrangiert?

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Nein, er nicht, sondern einer unserer Kollegen. Aber der Chef hat sich sehr gefreut und sehr bedankt dafür. Er hat sich sogar gefreut, dass ich da war - und das, obwohl er mich jahrelang echt gemobbt hatte.
Aber weißt Du, inzwischen ist er weit über 70 - und ich habs verdaut und vergessen.