Donnerstag, 3. April 2014

...und dann kackte mir der Vogel dreimal auf den Kopf

Hab ich mal in einem Buch gelesen. Sagte der Opa zum Enkel: "Und wenn du bis zum Hals in der Scheiße steckst, dann kommt noch ein Vogel und kackt dir auf den Kopf."
Es gibt Menschen, die entlieben sich, die trennen sich, weil ihr Leben zu ruhig, zu beschaulich, vielleicht auch zu langweilig geworden ist. In Zeiten wie diesen denke ich öfter daran und darüber nach und wünschte, mein Leben hätte trotzdem so ein bisschen was von diesem.. ja.. gleichmütigen Fluss, der einen dahinträgt, langsam, gemütlich... So ein bisschen "Un-"Aufregung würde mein Leben so langsam doch mal vertragen.
Als ich Sonntag den Knoten entdeckte, geriet ich schon irgendwie aus meinem Tritt, auch wenns ja nicht der erste war, den ich fand. Und ich ja wieder das Glück hatte, dass es nur ne Zyste ist. Bis eben die Bauchuntersuchung noch was anderes zeigte, von dem ich noch nix ahnte. Trotzdem fühlte ich mich nach dem Tag irgendwie... besser. Ich hatte den ersten Schritt hinter mir und was auch immer jetzt folgen wird, es wird schon alles gut werden. Mensch, das ist doch eigentlich immer noch mein Credo. Auch wenn mir mal kurzzeitig die Knie weich werden.

Dann erreichte mich gestern Abend ein Anruf von der Mutter des besten Freundes von Junior II. Ich verpasste den, rief später zurück, da ging sie nicht ran, also meldete ich mich heute noch mal: "Aaach, ist ja schön, dass du dich mal meldest." Pass auf, was du sagst, Frollein, und vor allem pass auf deinen Ton auf. Ich bin gerade nicht wirklich geduldig und lammfromm aufgelegt! Doch noch hielt ich mich zurück.
Sie erzählte was vom Geburtstagsgeschenk für ihren Sohn, der jetzt 18 wird, von der Reise, die die Jungen im Sommer machen wollen - nach Italien. *schluck* Kostenpunkt: irgendwas über 400 Euro. Aha.
Nachdem sie mit ihrem Erzählroman durch war und dem Hinweis "Italien wird zu teuer, aber Ungarn wäre toll, zehn Tage Jugendtouristik für nur 300 Euro, ich würde das dann jetzt buchen", da endlich war ich auch mal dran und fragte, wie sie sich das mit der Bezahlung vorgestellt hätten?
"Na dein Sohn muss seinen Anteil von 300 Euro schon selber tragen. Wenn ich jetzt buche, will ich die 300 Euro auch haben, vorschießen tu ich nichts."
Das ist mir auch klar.
Klar ist mir ebenso, dass mein eigener Sohn mit 18 volljährig und damit auch selber geschäftsfähig ist. Dass er mich prinzipiell nicht mehr fragen muss, ob und was er darf.
Klar ist mir nur nicht, woher er die 300 Euro nehmen will, wenn wir doch eigentlich gerade ganz andere Pläne haben. Ich sage nur: Wohnung. Die ja nun als Einraumwohnung gesucht wird, weil eben ihr werter Herr Sohn nicht weiß, was er will. Dieser Einwand wurde abgeschmettert: "Na hör mal, das ist schon sehr lange klar, dass E. nicht in eine WG zieht. Ihr wisst schon ewig, dass E. zum Bund will, da braucht er keine eigene Wohnung und ich war auch dagegen."
Ganz so wars nur eben nicht. Es ging ewig hin und her: Erst Ja, dann Nein, dann Vielleicht, dann wieder Ja, zuletzt vor 8 Wochen wieder Nein und da hatte es mir gereicht: "Ich will mich nicht auf Leute verlassen müssen, auf die ich mich nicht verlassen kann. Also entweder gründest du mit deinem Bruder eine WG, oder jeder von euch zieht in eine eigene Wohnung." Sie entschieden sich für letzteres, die Brüder, weil beide zusammen auf Dauer... eben doch nicht ein wirklich harmonisches Pärchen sind.
Dass damit jetzt aber auch Kosten verbunden sind, die zwar etwas geringer sind, aber dafür auch nicht mehr durch zwei geteilt werden - daran dachte das Götterkind eben auch nicht.
"Ja worüber redet ihr denn abends miteinander?" durfte ich mir die spitzfindige Frage gefallen lassen und da hätte ich dem Frollein am liebsten eine geklatscht. Mit so einer Tonart kommt sie ganz schlecht bei mir.
"Ich kläre das heute Abend mit meinem Sohn und dann melde ich mich bei dir", brach ich das ganze ab. Mit geschwollenem Hals und mächtig Kaffeedurst. Kaffee mit Schuss am liebsten.

Zweimal hatte in der Zeit ein Anruf von Junior I angeklopft und weil der mich nicht erreichte, schrieb er mir eine sms "Mein Leben ist echt die reinste Scheiße..."
Er ging nicht ans Telefon.
Ich rief so lange immer wieder an, bis er dranging.
"Sie haben mir heute gesagt, dass ich ab Montag nicht mehr ins Büro kommen brauch."
Ich brauchte eine Weile, um die Bedeutung zu erfassen.
"Wie jetzt?"
"Sie wollen mich nicht mehr. Wenn ich will, kann ich morgen noch mal kommen, aber ab Montag brauch ich dann nicht mehr hierher kommen."
Er war am Boden zerstört. Ich auch - aber das ließ ich mir erst mal nicht anmerken.
"Wieso denn das?"
"Ja... Weißt du, ich hab sie so oft gefragt, ob sie mit mir zufrieden sind, ob alles in Ordnung ist, ob ich und wo ich mich verbessern kann. Sie haben immer gesagt, nein, es wäre alles gut und sie fänden mich gut. Ich sei nur nicht so der Mensch zum Telefonieren, also steckten sie mich in die Dokumentation. Aber da war ich ihnen dann wohl doch nicht schnell genug. Jedenfalls haben sie das heute so gesagt."
Ja das war dann irgendwie doch ein Tritt in den Magen. Für ihn sowieso, aber auch für mich. Gerade er. Ausgerechnet er. Der so zerfressen ist von Selbstzweifeln und Unsicherheit und der trotzdem so hochmotiviert an alles herangeht und sein Bestes geben will... Der nach der Ausbildung den allerersten Job ergatterte und nun dabei war, erste Erfahrungen zu sammeln, erste Berufserfahrung... Schnelligkeit hat auch was mit Routine zu tun - doch woher soll die kommen??? Zwei Monate als völliger Berufsanfänger, man war ja soooo zufrieden mit ihm, und nun schickt man ihn von einem Tag auf den anderen nach Hause?
"Und dabei sollte ich nächste Woche anrufen, ob ich die Wohnung nehmen will", sagte er leise und er klang so zerschmettert, dass mir echt die Tränen hochstiegen. Aber heulen gilt nicht, schon gar nicht vor ihm. Rücken stärken ist meine Devise.
"Red doch noch mal mit ihnen", sagte ich.
"Ach wozu denn. Ändert eh nichts mehr."
"Das weißt du nicht, du hast es ja noch gar nicht versucht. Verlieren kannst du doch nichts mehr, aber vielleicht gewinnen."
"Ach Mutsch..."
"Sag ihnen noch mal, wie gern du bei ihnen bist, wie ehrgeizig du bist und wie sehr du an dir arbeiten willst. Und dass du morgen noch mal kommst, obwohl sie dir heute sagen, dass sie dich nicht mehr wollen, spricht ja auch nur für dich."
"Ja trotzdem..."
"Nicht trotzdem. Versuch es einfach."
"Weißt du, am meisten kotzt mich an, dass der Vater sich jetzt wieder bestärkt fühlen wird darin, dass er mir das eh immer schon gesagt hat, dass ich nichts kann und aus mir nichts wird und dass ich abends viel zu lange wegbleibe, anstatt früh schlafen zu gehen und fit zu sein für die Arbeit. Dabei hat das alles gar nichts damit zu tun."
"Das weiß ich und eins ist klar: Wenn das wirklich so losgeht wieder, kommst du rüber."
"Ach das bringt mir auch nichts..."
"Doch. Weil du dir dann nicht sowas nachsagen lassen musst. Dann hörst du es nicht."
Nach dem Telefonat hab ich echt geweint. Ach Mensch. Er tut mir wirklich leid. Doch dann dachte ich an seinen Vertrag. Den hat er ja mit der Zeitarbeitsfirma, nicht mit der, wohin er entliehen wurde. Und dieser Vertrag geht bis 15.12.2014. Eigentlich müsste der ja jetzt trotzdem fortgeführt werden? Und wenn ja, zu welchen Bedingungen? Vermutlich erfährt er das morgen im Gespräch mit dieser Zeitarbeitsfirma (denn sein Arbeitsvertrag gibt zu solchen Fällen leider gar keine Auskunft).
Er ging dann zu seinem Minijob und anschließend nach Hause. Vorhin schrieb er mir eine sms. Er hatte es seinem Vater gesagt und der seiner Freundin. Und die hat gesagt: "Na bestimmt weil der aussieht wie ein Assi." Und dass ihn auch auf dem Bau keiner haben wollen würde. Junior schrieb, er habe sowas von genug und ginge erst mal zu seinem Kumpel.

Ich hasse und verabscheue Gewalt zutiefst. Aber dieses Pärchen entlockt mir etwas, von dem ich nicht sicher bin, ob mir das gefällt. Schade um die Energie, ich weiß. Die muss jetzt Junior zufließen, nicht diesem abgefuckten Paar, das so frustriert und genervt ist vom eigenen Leben, dass sie ständig anderes niedermetzeln müssen.
OK.
Kanalisiere ich eben meine Wut auf diese Leute. Und gehe jetzt das Fleisch in der Küche zerhacken.

8 Kommentare:

JULiANE hat gesagt…

Ist noch ein bisschen Fleisch übrig zum hacken?
Ich hack mit!

Mir zerreist's das Herz, wenn ich Kinder unglücklich sehe, egal, ob kleine oder schon Teenager, echt...

Und dann noch so ein saudämlicher Spruch von dieser ..äh.. Frau.

Und du hast Recht:
Stärk ihm so gut es geht den Rücken!
Ich drück euch die Daumen!

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Und noch mal Ja: Mich zerreißt es ebenso, auch wenn ich mir das nicht immer (gleich) anmerken lasse. Aber ich bin da, egal wie, ich bin da.
Ich will nichts für ihn regeln und machen, aber ich bin da, ich höre zu, baue auf und rate sicherlich auch, was man jetzt tun könnte. Ob und wie der andere es dann umsetzt, muss jeder selber entscheiden.
Für mich ist das Hilfe. Jedenfalls hoffe ich das.
Heute Abend ist Junior bei seinem Kumpel, er wird wohl auch dort übernachten. Und morgen kommt er zu mir. Da hat er dann auch mit der Zeitarbeitsfirma hoffentlich klären können, was jetzt weiter passiert. Jedenfalls wünsche ich es ihm. Und dann können wir weiterschauen.
Danke für Deine Worte.

DerSilberneLöffel hat gesagt…

Guten(?) Morgen! Also. Ich wäre auch als Hackhilfe stand by...

Sag mal, was läuft bei den Beiden denn falsch? Tolle Motivationskünstler. Meckern kann jeder, helfen nur die Wenigsten. Was solls, solche Leute lernt man im Verlauf des Lebens nicht mehr zu beachten. Aber die haben eine eigene Qualität.

So, kurz zum Vertrag. Der Junior ist bei der Zeitarbeitsfirma angestellt. D. h., er ist nur denen gegenüber leistungspflichtig. Und sie ihm. Sie müssen ihn im Rahmen des Vertrages bezahlen - also bis zum Vertragsende. Wenn sie für ihn keine Arbeit haben: deren Problem. In der Regel würde es jetzt so laufen müssen, dass sie ihm einen anderen Arbeitsplatz zuweisen, ihn also dorthin ausleihen. Was ja Sinn einer solchen Firma ist.

Solange er sich nichts zu schulden kommen lässt, hat er den Job, wie es der Vertrag terminlich festlegt.

Also da kann er locker bleiben, wenn der Vertrag nicht ausdrücklich etwas anderes sagt.

LG, Holger

ladybright hat gesagt…

Woah... was für eine......Kackbratze! Die Neue meines Ex-Mannes hat ja auch so Ausschläge. Aber ich kann deine überschäumende negative Energie sehr gut nachvollziehen. Es gibt Menschen, die bringen das Schlechteste in einem zum Vorschein. Man möchte ihnen stumpf weh tun, mit Worten, Gesten, egal.. Aber besser, man lässt sich nicht auf ihr Niveau herab und produziert lieber Hackfleisch oder Knüllpapier.

Da er bei der Zeitarbeitsfirma angestellt ist, kann ihn die ausleihende Firma ja nicht "entlassen". Wir haben auch immer wieder Leiharbeiter und wenn wir merken, daß sie in einer Abteilung nicht so gut zurecht kommen, dann buchen wir sie für eine andere Abteilung - oder eben gar nicht mehr. :/
Mein "Assistent" ist auch über Zeitarbeit angestellt, zwanzig Jahre, gerade ausgelernt, da weiß ich, daß ich ihm Zeit lassen muss und damit rechnen muss, daß er in manchen Bereichen (bei ihm ist es auch das Telefon) noch unsicher ist.
Man wird eine Firma finden, die besser zu deinem Sohn passt.

Anonym hat gesagt…

das ist ja mal wieder echt der Hammer!
Wir sprachen ja bereits darüber....

Ich drück dich

Abalone hat gesagt…

Ich könnte so 'nen entzückenden, Benzin betriebenen Häcksler anbieten???!!!

Ich glaube ja fest an Karma. So richtig.
Und eines Tages, wenn niemand mehr damit rechnet, kriegen die Leute die Quittung für ihre vernichtenden Worte. Parole: DURCHHALTEN!!!
(und dann, wenn es so weit ist, mit Popcorn und lecker Kaltgetränken zurücklehnen und zuschauen!)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

@all: Ich danke Euch sehr für Eure Kommentare. Gestern habe ich alles nur übers Handy freigeschalten, zum Antworten fehlte mir irgendwie die Energie.
Fest steht nun: Er ist draußen, gestern kam die offizielle Kündigung - und die Einladung zum Gespräch nächste Woche. Ob sie trotz Kündigung noch auswerten oder einfach nur das Porto für die Unterlagen sparen wollen - wir werdens sehen, nach Dienstag.

Anonym hat gesagt…

da bin ich aber sehr gespannt auf das Gespräch am Dienstag.