Donnerstag, 24. April 2014

Und irgendwie bin ich dann doch geplatzt

...gestern Abend, als ich wieder nach Hause kam und irgendwie... nicht mal die Hälfte dessen erledigt war, die hätte erledigt sein sollen - und dabei gings hier nicht mal um ganz normale Beteiligungen am gemeinsamen Leben (Geschirr spülen, Müll wegbringen, Post wegbringen), sondern vor allem um das Thema "Bewerbungen schreiben" und "Praktikumsplatz sichern".
Junior II beginnt nun am Montag sein Praktikum in einer Wohnstätte für Menschen mit Behinderungen. Auch bei uns - mehr oder weniger - um die Ecke; es ist das Praktikum, um das er sich erst letzte Woche Donnerstag bemüht hatte und wo man ihm sagte: "Komm Mittwoch wieder, dann ist der Chef im Haus."
Ich hatte ihm noch gesagt: "Googel dir noch Alternativadressen nur für den Fall, dass...." Denn wenn auch nur eines der vorgeschriebenen Praktika fehlt, wird er nächstes Jahr nicht zur Prüfung zugelassen - und ich glaube ja nun nicht, dass es das ist, was er will.
Und?
Hat er gegoogelt?
Ach i wo. Wieso sollte er auch. Es wird schon klappen, hatte er gemeint, und auch hinzugefügt: "Ich geh gleich am Vormittag."
Nur mal spaßeshalber hatte ich gestern Mittag um exakt 12.10 Uhr zu Hause angerufen - und mich erwartete (klar) eine gähnende Stimme: "Du hast mich grad geweckt."
Da könnte ich ausflippen! Bin ich dann auch. Ein paar gepflegte Forderungen an den Kopf geknallt, und endlich setzte sich der Junge in Bewegung. Eine Stunde Styling, 20 min Fußweg, schätzungsweise 20 weitere Minuten Vorstellung - und dann schrieb er mir: "Got it!"
Ich gebe zu: Na klar war ich erleichtert und irgendwie auch froh - aber irgendwie hätte ich ihm auch einen Denkzettel gewünscht "Junge, du kommst ein bisschen zu spät, da waren andere schneller." Das habe ich Junior so ungefähr auch geantwortet und er reagierte prompt: "Du hast ja recht, stimmt schon."

Na ja. Haben wir das wenigstens geklärt.
Junior I dafür hat keine einzige Bewerbung geschrieben gestern, und von meiner Post auch nur die Hälfte abgegeben. "Und wieso das andere nicht?"
"Mutsch, da waren nicht genug Marken drauf."
"Na und warum hast du dann nicht welche nachgekauft? Du hättest das Geld doch wiederbekommen?"
"Ich hatte leider kein Geld dabei."
"Aber du hattest mein Auto. Wärst noch mal heimgefahren, Geld geholt, noch mal zur Post gefahren. Wo ist das Problem? Du weißt doch, dass es wichtige Post ist?"
Er rauchte schweigend und schaute betreten zu Boden.
Das ist es, was ich nicht vertrage: Wenn er gerne zockt und diese Woche auch irgend so ne Convention ist, zu der seine Gruppe ihn als Leader bestimmt hat - dann bitte sehr, soll er das machen, aber erst NACH den Pflichten, Herrgottverdammich! Er ist jetzt seit 2 oder 3 Wochen wieder ohne Arbeit und alles, an was er denkt, ist Zocken?! Es ist nicht nur, dass der Lebenslauf scheiße aussieht, wenn er so viele Lücken drin hat; es ist ja auch, dass im Juni das letzte Arbeitslosengeld kommt - und eigentlich wollte er doch endlich, endlich beim Vater ausziehen und seine Ruhe haben? Wie will er das bewerkstelligen ohne Einkommen?
Soll ich jetzt froh sein, dass ich im August wegziehe, weil er sich vermutlich erst dann bewegen wird, wenn er  dann erkennt, dass er jetzt keine Nothaltebucht vor dem Vater mehr hat? Und bis dahin wird fröhlich gezockt bis zum Umfallen?
"Nein, tu ich ja nicht", murmelte er und mir schwoll noch mehr der Kamm: "Du zeigst mir aber nichts anderes!"
Und dann betrat ich meine Küche. Die sah genauso aus wie am Abend zuvor. Nix gemacht. Gar nix.
"Der Bruder macht das heut Abend, wenn er wiederkommt, hat er gesagt", meinte Junior I schuldbewusst. Er kennt mich. Er weiß genau, dass ich solche Ausreden nicht nur hasse, sondern dass ich es mindestens genauso hasse, wenn den ganzen Tag lang nix passiert und dann abends gegen 20/ 21 Uhr die Jugend wach wird.
Und da bin ich Sturm gelaufen. Gegen Junior I und Junior II - da hätte mir auch kein Sack aus Schokolade geholfen, da musste einfach Tacheles geredet werden. Junior I entschuldigte sich bei mir, nachdem er mir aufgezählt hatte, was er alles an diesem Tag zu erledigen hatte und wie wenig Zeit ihm geblieben war.
"Spar dir diese Ausreden", habe ich gewütet, "was kann ich dafür, dass du erst um 12 aufstehst, wenn du genau weißt, dein Tagesplan ist voll? Der Abwasch hätte maximal 10 Minuten gedauert - und die zehn Minuten sollte ich dir und sollte dir auch unser Zuhause wert sein!"
Er hat sich dann noch mal entschuldigt, aber darum gings mir gar nicht. Mir gings darum, dass sie endlich begreifen, dass Beziehungen zueinander, auch in einer Familie, vom Gleichgewicht des Nehmens und Gebens leben - und dass ich das Gefühl habe, hier diejenige zu sein, die ständig gibt und tut und immer weniger zurückbekommt.

Ja, nun kann man sagen: "Hach ja, die unbeschwerte Jugend..." - aber Mensch, die wollen in ein paar Wochen allein leben und nen Haushalt führen! Ich denke jetzt lieber nicht darüber nach, wie das aussehen wird. Kann mir auch egal sein. Soll mir auch egal sein. Junior II ist dann fast 19, da muss ers auch alleine hinkriegen. Wird er sicherlich auch.

Trotzdem kotzt mich das alles maßlos an. Die letzten gemeinsamen Wochen hätte ich einfach gerne anders mit ihnen verbracht. Und so bin ich um Punkt 19.28 Uhr in mein Bett gekrochen, hab die Tür hinter mir zugeschlossen und war so todmüde, enttäuscht und auch traurig, dass ich wenigstens fast sofort eingeschlafen bin. Wer schläft, merkt nichts mehr.

Andererseits... habe ich heute Morgen beim Frühstück in meinen Lieblingsblogs und auch in Blogs in deren Favoriten rumgelesen. Von Müttern mit schwerstbehinderten Kindern. Von Frauen mit Krebs. Von Menschen, die sich von ihrem/ ihren Liebsten verabschieden müssen. Es gibt viel Kummer in der Welt. Es gibt aber immer noch auch viel Sonne in der Welt - und ich will einfach meinen Fokus mehr in der Sonne haben. Ich wills mir selbst nicht schwerer machen als es ist - aber ich will auch nicht nur wegschauen, ignorieren oder durchgehen lassen. Manchmal ist es irgendwie.. anstrengend, die richtige Balance zu finden.

4 Kommentare:

Helga Nase hat gesagt…

Deine Reaktion ist nur verständlich.
Die beiden müssen bald zusehen, wie sie ohne Mama-Service zurechtkommen und werden dann schnell merken, wie es läuft.
Ich kenn das von meinem kleinen Bruder, er ist es auch gewohnt, dass wir ihm den Hintern nachtragen - irgendwann muss aber auch er es selber checken.
Ich hoffe, es wird in allen Fällen keine zu schmerzliche Erfahrung...

Hans hat gesagt…

Hast Du bei mir heute mal vorbei gesehen?

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Helga, ich hoffe und wünsche das auch. Ich weiß ja, dass Kinder nicht faul und nicht als Pascha geboren werden, sondern es immer ne Frage der Erziehung ist. Habe ich nun also versagt, weil sie mich wirklich lieben, an mir hängen und mir das auch (anders) zeigen, aber andererseits einfach nur faul & bequem sind, weils ja meist die Mama macht? Menno.

Hey Hans, nein, heute noch nicht, aber das hole ich jetzt nach, bin grad wieder "on" on Blogger ;)

Anonym hat gesagt…

seufz....
Kenn ich. Zu gut.

Und trotzdem sage ich mir immer wieder: es gibt Schlimmeres als ein nicht erledigter Haushalt.
Sicher müssen sie klare Regeln beherzigen, keine Frage. Das sind Prinzipien und Disziplinen, die man den Kindern mit auf dem Weg gibt in ihr Leben.