Samstag, 17. Mai 2014

Once Upon A Time

  

Vor elf Jahren, im größten Chaos meines Lebens, privat, beruflich und auch mental, überredete mich meine Freundin zu meinem allerersten Internetauftritt in einer Singlebörse. Es war März, ich hatte gerade erst meine allererste eigene Wohnung bezogen, verletzt von innen und von außen, ein Sturz ins Bodenlose und zugleich aber auch... irgendwie... Woran genau ich mich in dieser Zeit geklammert habe, weiß ich nicht so genau. Vielleicht an die Hoffnung? 
(Schon ziemlich lange gibt es nicht auch zuletzt deshalb in meinen privaten E-Mails eine Fußzeile "Egal, wie dunkel der Raum ist, Liebe und Hoffnung sind immer möglich." Von wem dieses Zitat stammt, weiß ich leider nicht mehr, aber ich empfinde es bis heute so.)
Ich war zu diesem Zeitpunkt 33 Jahre alt, ich hatte zwei Kinder und damals dachte ich wirklich: "Wen willst du hier schon finden, in meinem Alter sind die alle verheiratet, haben Familie und machen einen auf Chi-Chi und Trallala."
Um es kurz zu umfassen: In den Jahren, die ich immer mal auf dieser virtuellen Spielwiese war, habe ich viele Menschen kennen gelernt, einige davon sind zu meinen engsten Freunden geworden und ich mag sie auch nicht missen, auch dann nicht, wenn man sich nur noch hin und wieder sieht oder hört. Und wenn ich sage, dass ich nicht wirklich daran glaubte, jemanden Wirkliches dort kennenzulernen, dann sage ich das nicht aus purem Pessimismus heraus oder weil ich vielleicht Enttäuschungen erlebte - sondern weil ich dieses Medium bis dahin einfach nicht kannte. Ich gab mich, wie ich wirklich war. Ich tat nicht so, als sei ich jemand ganz anderes, da war ich wirklich ganz ich selbst. Hörte zu, las viel, schrieb viel. Manchmal soviel, dass ich 12 ganze A4-Seiten füllte (an jemanden übrigens, den ich nie in meinem Leben gesehen habe und zu dem ich inzwischen auch seit gut 10 Jahren keinen Kontakt mehr habe). Aber man sieht, sowas geht. Und irgendwann verstand ich auch: Man MUSS auch nicht jeden livehaftig treffen - manchmal kommt man dennoch irgendwie einen Schritt weiter..
Im folgenden Sommer fuhr ich mit meinen Kindern ans Meer.In meinem Profil schwärmte ich anschließend davon. Von den Tagen und Nächten, die ich dort zugebracht hatte, wie ich sie empfand, was diese Zeit für mich bedeutete. Und erhielt unmittelbar danach eine E-Mail "...ich muss sagen, dass die Beschreibung deiner Gefühle der Wahnsinn ist."
So haben wir uns kennen gelernt, die gelben Seiten und ich. 
Er anfangs ohne ein Bild im Profil und mit einem Vornamen, von dem ich dachte "Huch na ja, kann er ja nix für..." Zu diesem Zeitpunkt war ich sehr gelassen, sehr entspannt und frech genug, ihm aufgrund des fehlenden Fotos so einiges zu unterstellen. "Du willst ein Foto? Dann stelle ich eins rein."
Das hat er getan. Und ich hab es gesehen. Und was soll ich sagen. Es fegte mich vom Stuhl. Ich sah dieses Gesicht, ich sah diese Augen, von denen ich glaubte: Gleich falle ich da hinein, und ich sah dieses Lächeln...
Ich erinnere mich daran so genau, wie ich mich auch an unser allererstes Telefonat erinnere: Ich im Auto an irgend so ner Ampel mitten im Stadtzentrum, unter Stress, weil noch Kind vom Hort abholen und zum Bürgerzentrum hetzen, um die Ummeldung hinzukriegen. Und dann klingelt das Telefon, eine mir nicht bekannte Hamburger Nummer, und dann dieses "Na hi", eine Klangfarbe, die mir spontan in das Ohr, von dort in den Bauch und wiederum von dort direkt in die Knie ging. 
Als ich ihm im Oktober dann zum ersten Mal gegenüberstand, da überkam mich dieses sichere Gefühl... Ein untrügliches Gefühl. Ich hab es einfach gewusst. Gefühlt. Und ich habe dieses Gefühl gelebt. Jeden Tag. Jeden Tag habe ich gelacht, gestrahlt, selbst nachts habe ich gestrahlt wie ein Lampion - und ich war unglaublich glücklich. Glückselig. Erfüllt. Sechs wunderschöne Wochen, an die wir bis heute so gern zurückdenken. 
Manchmal ahnt man schon zu Beginn, dass etwas Wunderbares passieren wird.
Manchmal irrt man, manchmal behält man recht.
Manchmal zerbricht etwas und egal, wie weh das tut, du weißt: Das ist es längst noch nicht gewesen....
Denn manchmal... muss man gehen, um wiederkommen zu können. Auch wenn es das zweite Mal war. Das dritte Mal. Und das vierte Mal. Du weißt das alles und du leidest dennoch wie ein Hund. Du kriechst auf dem Zahnfleisch und nachts zerbeißt du die durchweinten Kissen. Tagsüber trägst du hoch den Kopf und den Rücken biegst du gerade. Du machst weiter, Tag für Tag, Nacht für Nacht - und eigentlich... wartest du die ganze Zeit, dass das, was du die ganze Zeit fühlst und ahnst, auch zur Bestätigung wird...

6 Kommentare:

anna hat gesagt…

du auch?
lg
anna

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Anna, wenn Du mit "Du auch?" meinst, ob ich in einer Singlebörse war, dann antworte ich: "ja, in einigen und ich bereue nichts davon."
Wenn Du meintest, ob ich geliebt und gekämpft habe, dann antworte ich: "Ja ich auch."
Oder wenn Du meintest, ob ich immer noch an ein "Happy End" glaube, dann sage ich "Ja, ich auch" - aber dann sage ich ebenso, dass ein Happy End manchmal ganz anders aussieht als wir das zunächst wollten, und dann feststellen, dass das hier noch etwas viel Größeres ist als wir anfangs glauben wollten...

anna hat gesagt…

das sind sehr weise worte, die ich mir merken werde...
danke dafür!

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

...es ist das, was ich selber erfahren habe. Seitdem fällt es mir so leicht, daran zu glauben.. Und das auch so zu leben.

~ Clara P. ~ hat gesagt…

Der letzte Satz berührt mich ganz besonders. Ja, ich kenne das - wenn Du genau weisst "der ist es" und egal was im Aussen passiert, im Grunde wartest Du nur darauf, dass es sich bestätigt, dass der Weg doch gemeinsam weiterführt. Ich glaube, Liebe bedeutet nicht immer, dass alles nur glatt läuft. Zu lieben bedeutet, jemanden zu haben, mit und an dem man auch wachsen kann. Sich ausdehnen kann, über sich selbst hinaus wächst - weil Liebe der Motor ist.

Egal wie die Lösung am Ende ausschaut, wenn es sich gut anfühlt, dann ist es richtig :)

Ich wünsch euch beiden euer Happy End und bin sicher, dass es auch kommt (falls noch nicht da) ;-)

Anonym hat gesagt…

Morgen Helma,
dieser Bericht hat mich sehr berührt!