Montag, 22. September 2014

Die große Völkerwanderung

Seit Samstagabend 21 Uhr bin ich wieder zu Hause. Die gelben Seiten hatten alles so schön vorbereitet, sogar rote Rosen gekauft! Rote Rosen! Für mich! Und dabei habe ich nicht mal Geburtstag?!
Ich muss jedoch zugeben, so recht klappte das mit den Freudentänzen nicht: Ich war müde, ich war gestresst von den letzten 3 Tagen und den 2 x 430 Kilometern in einem kleinen weißen Hobel, der nicht unbedingt mehr als 130 kmh verträgt. Außerdem hatte ich die letzten drei Nächte kaum geschlafen: Bei aller Umräumerei vor meinem Auszug hatte ich nicht wirklich bedacht, dass ja auch ich etwas Ordentliches zum Schlafen brauch, wenn ich bei meinen Jungs bin.
Was ich hatte und wovon ich glaubte, dass es schon irgendwie gehen würde, war ein leicht überdimensionaler Sitzsack, den man auch zum Schlafen nutzen konnte. Na ja, vermutlich nur, wenn man auch rund 200 Euro für so ein Teil ausgibt. Ich Sparfuchs hatte den irgendwann mal über Groupon gekauft für läppische 60 Euro - allerdings ist auch die Qualität entsprechend.
Es war hart.
Es war ausgedünnt.
Ich schlief quasi auf dem Fußboden.
Und dann das Office: Ich hatte mich tatsächlich schon daran gewöhnt, wie ruhig und entspannt es im Home Office ist, und meine Kollegen bescheinigten mir: "Du siehst richtig schön entspannt aus!"
So fühlte ich mich auch, so fühlte ich mich aber nicht mehr Samstagabend.
An dieser Stelle dank ich Euch auch für all Eure Kommentare, die ich lediglich über Handy freigeschalten und eben deshalb nicht weiter kommentiert habe (ist mir einfach zu mühselig); den einen Post schrieb ich in den einzigen freien Minuten im Office, aber die waren eben auch rar. Sehr rar. Und ja; Natürlich ist das alles eine Frage der Erziehung bzw. eben der Punkt des Nichterzogenhabens. Zuviel selbst erledigt, zu wenig von den Jungs gefordert. Wobei: Es ist ja nicht so, dass sie es nicht können. Es ist nur eben so, dass ihre Prioritäten woanders liegen. Na ja, vielleicht das auch nicht ganz, denn ihr Unwohlsein mit den Zuständen daheim gaben sie schon zu, so wie auch ihre Erkenntnis, dass es eben nicht reicht, wenn man hinter sich die Tür schließt: Davon bringen sich Küche & Badezimmer nicht in Ordnung.
Es war nicht mal so, dass ich irgendwie getobt oder gemeckert hätte, ich war eher erschüttert, dass sie und was sie für Dinge "eben so hingenommen hatten, bis einer kommt und sagt, wies geht".
Als ich Samstag gegen 16 Uhr das Haus verließ, war alles tiptop, der Kühlschrank kühlte wieder ordentlich und war auch wieder gut gefüllt, alles schnurrte und strahlte Behaglichkeit aus: "Gnade euch Gott, ich finde das anders vor - ich bin am Sonntag wieder da!"
Gestern Nachmittag dann kündigte sich schon an, was heute komplett zum Ausbruch kam: Ich bin wieder die alleinige Herrscherin des Badezimmers, ich throne wahlweise von oben oder von unten, diesmal nett von fieberhaftem Getue begleitet, der Kopf schmerzt, der Hals schmerzt, die Nase läuft und wenn ich in den Spiegel schau, dann muss ich auch keine Angst vor aufdringlichen Postboten haben: In dieser Verfassung bin ich einfach nur ein Bild des Grauens.
Wobei die Postboten hier eher das Gegenteil sind von dem, wie ich das schon mal kennen lernen durfte: Die machen sich gar nicht erst die Mühe zu klingeln oder gar die Treppen hochzusteigen. Wobei sie hier sogar den Lift nutzen könnten! Machen die auch nicht. Die klingeln überall, lassen sich von irgendwem die Tür öffnen und schmeißen Pakete ins Haus, Tür zu, das wars.
Ist den gelben Seiten auch schon passiert und vergangene Woche mir.
Die gelben Seiten hatten wenigstens das Glück, dass sein Paket immer noch da war, als er abends heimkam. Meins ist weg. Spurlos verschwunden. Auf Nachfrage beim Händler bzw. dessen Transporthandels wurde mir mitgeteilt, Nachbarin XY hätte es angenommen. Die aber sagt: "Stimmt nicht - habe ich nicht." Händler sagt: "Es gibt aber eine Unterschrift!" und liest mir etwas vor, das ich noch nie gehört habe und das auch nicht im entferntesten an den Namen der Nachbarin erinnert.
"Wir klären das und Sie bekommen innerhalb einer Woche Bescheid", will die Dame vom Callcenter mich abwürgen (und ich bekomme so eine Ahnung, wie es wohl Junior I in seinem aktuellen Job gehen muss - die drängen auch auf Zeit, Zeit, Zeit - keine Telefonate über 5 Minuten, Kundenbeschwerden abwürgen etc.), aber ich drängle mich noch mal ran: "Ja und wenn das Paket verschwunden bleibt, bekomm ich die Lieferung dann noch mal neu zugesandt oder bleibts bei der Erstattung?"
"Sie bekommen bescheid!" ist die gute Dame sichtlich genervt und eben in Gedanken an den Job meines Sohnes gebe ich mich geschlagen: "OK, ich warte, dann wünsch ich noch einen schönen Tag."
Und nun ist wieder ein Tag rum, ein Montag, ich hab bereits 7 Stunden auf der Arbeitsuhr, von denen ich nur 6 müsste; die meiste Arbeit ist erledigt, den Rest mach ich morgen - heut kann ich nix mehr reißen, dafür mich aber noch ein wenig gesundpflegen und das letzte Protokoll ist fast fertig geschrieben.
"Die haben da ein altes Dorf aus der Zeit der großen Völkerwanderung ausgegraben", informierte Chef zum aktuellen Vorhaben, und fragt nach: "Weißt du denn eigentlich, wann die große Völkerwanderung war?"
"1989", antworte ich ermattet, ernte seinen Lacher und hänge das Telefon ein.
Closed today.

7 Kommentare:

waage0310 hat gesagt…

lach...1989..gute Antwort..das war die "alte2 Conni...schmunzel
Gruß aus Hessen

Goldi hat gesagt…

Gute Besserung ;)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ich bin begeistert - Hessen meldet sich zu Wort! Das vermisse ich :)

Danke, liebe Goldi :*

Anonym hat gesagt…

normal ist das aber nicht, mit dem Paket in den Flur schmeißen. Und ich kenne es hier nur so, dass man ausdrücklich unterschreiben muss, dass ein (benannter) Nachbar mein Paket annehmen darf. Und nur der.
Echt merkwürdig...

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Suse, ich weiß nicht, ob Du mal die Story von dem Hermes-Boten bei mir zu Hause (also ich meine, in meinem alten Zuhause ;)) gelesen hattest. Da zogs mir ja schon - gelinde gesagt - die Schuhe aus.
Aber Pakete einfach so in den Hausflur werfen, das habe ich auch echt noch nie gehört. Oder dass sie einfach nur Zettel einwerfen "Konnten Sie leider nicht antreffen, holen Sie sich doch Ihr Scheiß Paket selber auf Fuckingstation XY ab", während Du selber gemütlich zu Hause beim Käffchen sitzt und auf Deine Bestellung wartest.
Die gelben Seiten hatten das hier jedoch schon öfter erlebt, einmal am "eigenen" Leibe, nur hatte er wenigstens das Glück, dass das Paket abends noch da war.
Wir haben einen Zettel an die Haustür geheftet, man möge doch bitte das Paket abgeben - aber bis heute nix :(
Und momentan steht der Betrag X immer noch zu meinen Lasten auf meinem Konto. Die gelben Seiten meinten auch, die Postboten unterschreiben mitunter selber mit irgendeinem Namen, gerne auch nicht leserlich.
Gestern war übrigens ein DHL-Bote da, der was abgeben wollte. Er hatte sich irgendwie vertan, war bei mir gelandet, obwohl der Name nun so gar nicht passte. Ich habs trotzdem angenommen und darum gebeten, er möge dem Betreffenden einen Zettel hinterlassen (wird hier nämlich auch gerne vergessen!) Frag nicht, was das für ein Akt war! Der Bote verstand nur Ja und Nein und Bitte und Danke - den Rest seiner Sprache verstand wiederum ich nicht.
Ich glaube, das Online-Bestellen werde ich mir hier abgewöhnen.

Anonym hat gesagt…

oh je.....
Aber so einen hatte ich hier auch schon mal von Hermes. Ich begrüßte ihn recht freundlich, wie ich es immer mache, sprach dabei weiter und fragte, ob er nicht ein Paket wieder mit Retour nehmen könnte.
Er guckte mich an, grinste und nickte auch aber drehte sich dann um und ging. Ich so: Hallo!?

Da dämmerte es mir.... er hat kein einziges Wort von dem verstanden, was ich gesagt hatte.
Tja.... billige Arbeitskräfte.... mehr fällt mir dazu nicht ein. Aber für diese Menschen ist es ja schön, dass sie überhaupt Arbeit haben und vor allem: arbeiten wollen.

Aber dass die bei DHL auch Leute mit Sprachdefizit einstellen, hätte ich jetzt nicht gedacht.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ja ich finde eben auch: Es ist schön, dass die Leute arbeiten wollen und auch bekommen, andererseits: Geh Du mal in ein Land, beherrsche die Sprache nicht und will dort arbeiten.. Die lachen Dich aus - und das zu recht.
Ja, der war von DHL, und bei dem Druck und der miesen Bezahlung wills am Ende der verwöhnte Deutsche auch nicht mehr machen und überlässt es gerne den anderen.. Ich meine, wenn ich seh, unter welchem Druck mein Großer aktuell steht bzw. ihm echt jeden Tag gemacht wird und das nach grad mal vier Wochen seit Jobantritt - und dann noch angesichts der echt miesen Bezahlung (aber immerhin noch besser als Arbeitslosengeld und vor allem hockt er nicht zu Hause rum), da ist man schon drauf und dran, den ganzen Krempel hinzuschmeißen.
Das kannste aber andererseits auch wieder nicht, weil er ja erst Berufsanfänger ist und ohne Erfahrung... stellt einen eben auch keiner ein.