Sonntag, 8. März 2015

Try To Make A Move



  

Letztens meinte ein Freund von mir, er lese meinen Blog nur noch sehr unregelmäßig, weil er alles schon kenne: den Wind in den Haaren, die Sonne auf der Haut - und die Musik.
Ja vielleicht ist das so - vielleicht liest sich so ein Inhalt nicht so aufregend wie Stories über Liebe, Lust und Leidenschaft - oder Kosmetikartikel und Mode. 
Ich war schon immer jemand, der gern von sich abgegeben, der geteilt hat. Selbst als ich noch ein Kind war, das zweite von dreien, die Eltern weit weg von vermögend - und ich teilte die Schokolade und die Kaugummis, die kostbaren, die die Oma von ihrer Schwester "aus dem Westen" mitbrachte.
"Gib doch nicht immer alles ab", mahnte die Oma.
"Gib nicht soviel, du bekommst so wenig zurück", sagte meine Mum viele, viele Jahre später.
Vielleicht habe ich dazugelernt, vielleicht auch nicht.
Musik aber, die teile ich immer.. und immer wieder gerne. Ab und an, wenn ich im Büro in L bin und bestimmte Musik nicht dabei hab, dann "schlage ich den Blog auf" und höre sie mir hierüber an.

Ich mag Musik, die mich belebt, die mich erinnert, die mich emotional fordert, so oder so, die mich berührt und jene Saite in mir zum Klingen bringt, die meinen Tag, meinen Abend, meine Nacht wundervoll macht. Ich mag Musik, die Leben in mich bringt. Der Liebste lag heut Abend in der Badewanne, ich stand in der Küche, bereitete das Essen - und hörte dazu meine Musik. Barfuß, Oversize Pulli und Hot Pants, die Haare wild durcheinander gewuschelt - und ich habe beim Gemüse und Kartoffeln schneiden in der Küche getanzt, laut und falsch gesungen - und mich nicht mal dabei verletzt. Nicht in die Finger geschnitten, nicht mit dem Zeh an die Ecke gestoßen. Nichts.
Und lieber H., kann sein, Du kennst das alles noch von früher, kann sein, Du kennst das alles hundertmal aus meinem Blog - ich finde es trotzdem geil, und immer wieder geil, mich so fühlen zu können. Die Luftgitarre auszupacken, während ich die Kartoffelscheiben in der Pfanne wende und den Knoblauch mit gekonntem Schwung dazu mische (ok, etwa die Hälfte flog daneben, muss ich noch etwas am Schwung üben) - und dem Liebsten die Arme um den Hals zu schlingen und ihm die Frage "Barfuß? Willst du wieder krank werden?" vom Mund wegzuküssen und zu sagen: "Es ist doch Früüüüühling!!!!"
Letztens las ich im Blog einer Frau, die nach dem Bruch ihrer letzten Beziehung richtig ordentlich in ihrem Leben aufräumt. In jedem Post lese ich von ihrer Sehnsucht, ihren Ängsten, ihren Träumen, ihren Wünschen. Was ich so so sehr verstehen kann: das Suchen nach Antworten, nach Beantwortungen und die Angst davor, nicht mehr die Erfüllung zu finden, nach der man sich so sehnt. Das Verstehen wollen einer Situation, um sie akzeptieren zu können, um besser mit ihr umgehen zu können. Ich kann es nur allzu gut verstehen - denn ich war genauso und ich bin auch heute immer noch so. Verstehen MÜSSEN, um akzeptieren zu KÖNNEN. "Verständnis setzt Verstehen voraus", hatte mir mal jemand gesagt. Was ich mich nur immer wieder frage: Bedingt dieses Verständnis, dass ich mir selbst immer wieder die Flügel stutze?  Dass ich mir selbst die Beine verknote? Mich so alt fühle wie ich tatsächlich auch bin? An nichts mehr glaube, auch nicht an... Wunder? Diese kleinen Wunder mitten im Alltag? Die einem tatsächlich jeden Tag passieren können?
Ich war noch keine vierzig Jahre alt, da meinte ein Freund zu mir: "Du solltest dich langsam mal entscheiden, wen du willst, denn bald will dich keiner mehr." 
Diesen Satz, diesen Gedanken fand ich ziemlich furchtbar - auch wenn er noch so realistisch sein mochte. Diese Diskussion über die Frau ab vierzig haben wir ja erst geführt und die will ich jetzt auch gar nicht wieder aufwärmen. Na klar habe ich mich oft mit dem Gedanken gequält: "Warum hat die einen Mann und ich nicht?" Bis mir irgendwann aufging: Nicht jeder ist in seiner Beziehung auch wirklich glücklich. Nicht wirklich erfüllt. Sich nicht trennen aus Bequemlichkeit. Oder aus finanziellen Gründen. Oder aus beidem. Ich habe mich mehr als einmal gegen einen Mann entschieden, den mein Sohn gerne so beschreibt "ein Herz aus Gold". Eine wunderbare tiefe Freundschaft, vielleicht auch eine Art Verwandtschaft der Seele - das ist nicht immer das Band, aus dem die Liebe gestrickt wird. Liebe ist - für mich - auch Leidenschaft. Sich mit Leidenschaft lieben, sich ebenso streiten. Morgens erwachen und fühlen: Das ist genau das Gesicht, in das ich schauen möchte, wenn ich morgens erwache. Abends mit der Hand auf seinem Bauch einschlafen und fühlen: Hier bin ich zu Hause. Mein Gesicht an seinen Rücken kuscheln, während er schläft; seinen Herzschlag spüren und die Endlichkeit des Lebens begreifen - und die Unendlichkeit des Liebens. 
Geht weniger, wenn man einmal erfahren hat, wie es sich anfühlt, das Lieben? 
Nein.. Es geht nicht weniger. Ich kann nicht mehr.. "weniger".
Verlieren wir uns, egal auf welche Weise, dann - und das ist mir in den letzten Monaten bewusst geworden - werde ich mein Leben nicht mehr mit einem Mann teilen. Ich werde kein gemeinsames Zuhause mehr mit einem anderen Mann haben. Und das nicht aus Frust, aus Kummer. 
In meinem Leben habe ich trotz allem Erlebten irrsinnig viel Glück gehabt. Sehr viel Liebe erfahren, sehr viel Gutes trotz all dem für mich Schlimmen. Zweimal in meinem Leben habe ich sehr tief und innig geliebt. Erfüllt und unerfüllt. Das ist so viel mehr als man vielleicht vom Leben bekommen kann. Sich wünschen darf. Und ich habe es erlebt. Ich erlebe es. Ich lebe es. Heute, jetzt und hier. 
In meiner Seele bin ich so unendlich reich, dass ich weiß: Wenn etwas endet, ist es noch lange nicht das Ende. Nicht das Ende der Welt, nicht das Ende des Lebens. 
Eine Ahnung all dessen überkam mich im Herbst 2004 - bei diesem Titel hier, der mir in meiner Playlist heut Abend eher zufällig über die Ohren kam:




Ich wusste, alles wird gut werden - auch wenn das von da an immer noch ein paar Jahre gedauert hat. Irgendwann, irgendwo habe ich mal einen Satz gelesen (ich weiß nicht mehr wo), der seither die Fußzeile in jeder meiner privaten E-Mail ist "Egal wie dunkel der Raum auch ist: Liebe und Hoffnung sind immer möglich." Daran habe ich immer geglaubt. Und daran glaube ich immer noch. 

11 Kommentare:

Nicola Hinz hat gesagt…

Recht hast du. Es ist auch geil, sich SO (oder: SICH so) fühlen zu können. Selbstverständlich ist das nicht, wenn man sich so umschaut. Man sollte wirklich dankbar sein, für seinen inneren Reichtum, die Fähigkeit zur Freude, zur Begeisterung - und auch zur Wut. : )
Liebe Grüße
Nicola

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Nicola, nein, es ist keine Selbstverständlichkeit und ich bin mir dessen wirklich an jedem einzelnen Tag bewusst. Nicht oft nach außen, doch im Bewusstsein ist es immer - nach all den anderen Jahren. Und sehr, sehr oft ist es die Musik, die das von innen nach außen bringt, und dann spiegelt sich das oft im Blog wider.

Sandra hat gesagt…

Liebe Helma, ich habe Dich für den "Liebster Award" nominiert und hoffe, Du freust Dich und machst mit. Alles weitere findest Du hier: http://itsyour.life/liebster-award/ Beste Grüße, Sandra von itsyour.life

waage0310 hat gesagt…

Ich drück Dir die daumen..bei allen vorbehalten..meiner Meinung nach..also für Mich..muß die Liebste auch gleichzeitig die beste Freundin sein..also Kombi Seele Und leidenschaft...weil auf dauer nutzt sich seelenloser Sex ab..und braucht Abwechslung...aber die Menschen sind unterschiedlich durch ihre Entwicklung..manche können Seele und Körper trennen..die brauchen aber auch einen Partner, der genauso tickt...es soll ja Menschen geben, die waren schon in Trennung/Scheidung und hatten bis zuletzt Sex...eher kein Zeichen von "gesund"...aber wie gesagt..wer gleich ist(geworden ist) kann das...hat aber, solange er/sie diese Trennung nicht überwindet..schlechte Chancen auf dauerhafte Erfüllung...Good Luck

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Sandra, ich habe noch gar keine Erfahrung mit einem Award, das muss ich mir noch mal in Ruhe anschauen. Lieben Dank auf jeden Fall erst mal dafür!

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Waage, wir kennen uns jetzt genau 10 Jahre und Du bist wahrscheinlich der einzige, der alles von mir weiß. Dir habe ich auch so vieles zu verdanken, was meine Persönlichkeit betrifft. Wohl auch deshalb bin ich eher ein wenig schockiert, dass Du mich hier missverstehst: Ich schrieb doch, nicht allein die Verwandtschaft der Seele, dieses Herz aus Gold strickt die Liebe. Aber natürlich gehört es dazu! Natürlich muss der/ die Liebste auch der beste Freund/ die beste Freundin sein - auch dann, wenn es manchmal Dinge gibt, über die man mit einer/ einem anderen besser bereden kann.
Kannst Du wirklich annehmen, dass nach all den Jahren, nach all dem Lernen, Verstehen, Begreifen für mich nur eine Beziehung wichtig ist, die wenigstens im Bett harmoniert?

waage0310 hat gesagt…

Ja..sorry..war schon etwas Rotweinschwanger..und daher mißverständlich im formulieren...lach

Bist Du sicher mit den 10 Jahren...mir kommts wie 100 vor !!!

Anonym hat gesagt…

Oh wow... wunderschön gesagt! Tränchen im Knopfloch und tiefes Verstehen.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

OK Waage, ich hab mich verschrieben: Hundert Jahre natürlich, hundert!!! :) Mit dem eindrucksvollsten, unvergesslichsten ersten Telefonat ever *kreisch*

Liebe Lady, danke <3

Anonym hat gesagt…

Helma, Ich liebe, liebe, liebe deine Beiträge. Sie gehen mir so so so so tief in mein Herz. Du bist wie ich in vielen Dingen... danke, dass su immer noch so schreibst :-*

Summer

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ich dank Dir sehr, Summer!! Und na klar freu ich mich, dass Du es so siehst. Auch wenn mir bewusst ist, dass das für nen Mann natürlich eher... langweilig ist.
Aber ich schreib meinen Blog ja auch nicht für nen Mann, sondern für mich :) und für die, die sich darin wiederfinden können, wollen.