Montag, 10. August 2015

Sehnsucht ist ein Notfall

Bei FB habe ich dieses Tortenfoto gepostet mit dem Aufschrei "Im Paraadieeessss!!" - und so habe ich mich überhaupt in dieser einen Woche gefühlt. Sommer, Sonne, Sonnenschein, das Meer und wir - und gefühlt eine Million anderer Badegäste. Da braucht man schon ein wenig Ortskenntnis (oder wenigstens jemanden, der sich mit der Insel noch auskennt ;)), um nicht Schulter an Schulter (schlimmstenfalls noch beharrt *uargh!*) zu liegen. "Wie Sardinen in einer Büchse" - ist jedenfalls eine Beschreibung zu recht. Eine ganze Woche lang, in der man die Beine von sich streckt, die Seele baumeln lässt, alle Sensoren runterfährt und dem süßen Nichtstun frönt. Doch, hier und jetzt hatte ich das gebraucht. Bevor die Synapsen überkollern oder der Akku verschmort. Vor uns Regen, nach uns Regen - wir haben dieses Glück mit beiden Händen gegriffen.Waren die Badeorte immer so voll oder kam es mir nur so vor?"Die Insel platzt aus allen Nähten", hat der Papa gesagt, und dann hinzugefügt: "Ist ja auch klar, wenn man Nachrichten schaut. Überall krachts." Im Grunde genommen habe ich schon auch versucht, mich diese eine Woche lang all diesem zu entziehen. Nicht aus Bequemlichkeit. Nicht aus Ignoranz. Nicht aus dem Grund des auf dem Sofa sitzen und nicht über den Tellerrand schauen wollen.
Und musste dann feststellen, dass, wenn man sich dem Ganzen wirklich mal für einen Moment entziehen will, man sich tatsächlich auf eine einsame Insel zurückziehen sollte ohne Laptop, Handy und TV. 

Wobei... Ich hatte mein iPad dabei und mich von der Mama inspirieren lassen, mir doch mal das Mahjong zu installieren. Hätte ich mal bloß nicht! In dieser einen Woche habe ich so viel Zeit mit diesem Spiel verbracht, dass ich nachts, wenn ich die Augen schloss, die Würfelsteine vor mir sah "Nimm den und den, nein, nicht den und den anderen". Na gut. Dafür habe ich aber noch andere Dinge gemacht, als nur an der digitalen Welt zu kleben. Zum Beispiel auch ein ganzes Buch durchgelesen ("Sehnsucht ist ein Notfall"; ja, klingt wie die meisten derartigen Bücher sehr kitschig, der Inhalt jedoch war es ganz und gar nicht) - und liebe Freundin, die es mir zum Geburtstag schenkte: Ich danke Dir hiermit noch einmal ganz herzlich! Ein kurzweiliges, aber stellenweise doch sehr fesselndes und manchmal richtig tiefgehendes Buch. Dass das Ende offen blieb, hat mich zuerst gestört, so irgendwie, aber dann dachte ich: Ja OK, jeder muss tatsächlich für sich selbst entscheiden, ob er in der Beziehung bleibt oder geht. Dafür gibt es keinen Ratgeber - außer dem eigenen Bewusstsein, dem eigenen Gefühl. Ich selbst habe damals 9 ganze Jahre lang gebraucht, um den Mut und die Entschlossenheit zum Gehen zu finden. (Heute frage ich mich immer noch ab und an, wie bekloppt ich eigentlich war.) Ja, auch der Kinder wegen überlegte ich doppelt und dreifach und konnte mich nicht aufraffen. Glaubte immer, anderen ginge es ja noch viel schlechter und vielleicht läge das alles ja auch ohnehin nur an mir?
An diesem Buch hat mir gefallen, dass Frau zwischen zwei Männern steht, die beide auf ihre Weise anziehend waren, keiner ein Arschloch-Typ, von dem man denkt: "Das musste ja so kommen!"
Und dass es dennoch passieren kann, dass man eines Tages an der Weggabelung steht und nicht weiß: Wohin will ICH denn eigentlich? Dass es passieren kann, sich im Alltag zu verlieren - oder aber mit der Zeit festzustellen, dass einem eben doch etwas fehlt, möglicherweise sogar von Anfang an? Zu Beginn der Beziehung aber "überleuchtet" vom Schein der rosaroten Brille - und nach einer Zeit der Beziehung "überschattet" von der Gewohnheit und dem nicht mehr-loslassen-wollen, weil der Mensch seine Geborgenheit wähnt in den Dingen, die er kennt - und alles Neue ihm fremd ist und entsprechend Angst macht.

"Werden Sie bleiben?"
"Ich weiß es noch nicht. Nichts von dem, wie ich es mir vorgestellt habe, ist auch so gekommen."
"Das mag sein. Aber das, was wir stattdessen bekommen, ist manchmal ein richtiger Knüller."

"Angst macht uns nur, dass alles so bleibt wie es ist. Also sollten wir Veränderungen feiern. Denn am Ende ist alles gut. Und solange es nicht gut ist, ist es auch noch nicht das Ende."
(Zitate aus "Best Exotic Marigold Hotel", glaube ich :))


14 Kommentare:

lautleise hat gesagt…

Ich habe mehrmals an dieser Gabelung gestanden, aber ich habe mich entschieden, bei der Frau zu bleiben, die mir als erste den Boden unter den Füßen weggerissen hat.
Und ich bereue es bis heute nicht, auch wenn manche Nebenwege sehr spannend waren...

LG - Wolf

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Irgendwie... steht dieses Wort von Dir ziemlich konträr zum letzten?

lautleise hat gesagt…

Nicht direkt, dieser Nebenweg war der Liebsten bekannt...

Goldi hat gesagt…

Welcome back :-*

Ich glaube nach wie vor, dass man sich nicht entscheiden muss, wenn alle Beteiligten wissen, was sie voneinander haben und voneinander bekommen, vorausgesetzt es besteht niemand auf eine Alleinstellung und "Besitztum" auch Liebe, Zuneigung und Verbundenheit kann mehr werden, wenn man sie teilt.

Aber die Ängste, besonders die Verlustängste stehen oftmals im Weg und es kommt zu Unglück und Trennung...aber das ist mein Blickwinkel, der sicher auch falsch sein kann.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Goldi, ich danke Dir :) Die eine Woche war kurz, aber wunderbar und intensiv, sowas sollten wir öfter machen. Und nein, ich sehe nicht, dass Dein Blickwinkel falsch ist.
Er ist nur anders als meiner ;)
Verlustangst wird wohl bei uns beiden relativ groß geschrieben, aus verschiedenen Gründen. Ob das allein der Grund dafür ist, vermag ich nicht zu sagen - aber Liebe (auf)teilen kann ich nicht: Einer käme immer zu kurz. Im Gegenzug könnte ich vieles nicht mehr tun, wenn ich wüsste, dass er davor bei einer anderen war oder danach zu einer anderen geht.
Möglicherweise hat die Offenheit oder die Ablehnung für die sich teilende Liebe vor allem mit der Liebe zu sich selbst zu tun? Mit dem eigenen Selbstwert? Je geringer man sich fühlt, desto weniger kann man den geliebten Menschen teilen - weil man das wiederum auf sich bezieht und glaubt, nicht genug für den anderen zu sein?

lautleise hat gesagt…

Damit hier keine Mißverständnisse entstehen:
Auch der Liebsten sind Nebenwege nicht unbekannt, und trotzdem sind wir bis heute zusammen.
Oder gerade deswegen? Ich weiß es nicht, aber die Wunschtöchter spielen eine gewaltige Rolle !!!

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Nur damit ich es richtig verstehe: Du warst auf Nebenwegen, die Liebste nicht - aber sie hat es toleriert?
Ich bewundere wirklich die Stärke mancher Frauen...
Meine Söhne waren der Grund, neun ganze Jahre lang die Ehe in Frage zu stellen und über den Ausweg (nicht Nebenweg) nachzugrübeln. Im zehnten Jahr war ich dann doch (ungeplant, aber das rechtfertigt es ja nicht) auf dem Nebenweg - und entschied erst dann, endlich zu gehen. Zu begreifen, dass Miteinander auch so ganz anders geht, mit viel mehr Respekt und Achtung und Wertschätzung als bisher in der Ehe.

Goldi hat gesagt…

...Verlustangst wird wohl bei uns beiden relativ groß geschrieben, aus verschiedenen Gründen...hm ich vermute Du meinst den Herrn Blau und Dich oder? Dazu kann ich nichts sagen, aber ich kann Dir sagen, dass ich auch nicht frei von diesen Ängsten bin, ich kann sie nur "erkennen", weiß, dass sie nicht von Herrn Gold oder meinem Gegenüber kommen und mein ganz eigenes Problem sind. Ebenso die berühmte Eifersucht, wenn man mit sich selber ins Kämmerlein geht und diese Eifersucht wirklich ergründet findet man Antworten die ziemlich weit vom Gegenüber wegführen, denn das Gegenüber ist allenfalls der letzte Funken um diese zum Brennen zu bringen.

... aber Liebe (auf)teilen kann ich nicht: Einer käme immer zu kurz...- sagt die Mutter von zwei Kindern - mal ganz breitgrins -

...Im Gegenzug könnte ich vieles nicht mehr tun, wenn ich wüsste, dass er davor bei einer anderen war oder danach zu einer anderen geht... - wenn die Andere aber gar nicht DIE ANDERE sondern ein Gesicht, ein Namen, Empathie und Sympathie hat er gar nicht geht, sondern ihr gemeinsam einfach ins Kino, Essen, Theater geht - geh mal vom Sex weg, das ist doch nicht alles an was sich Liebe festmacht...nein ich will Dich nicht zu irgendwas überreden, aber Du kennst mich ja mittlerweile etwas, ich stupse gerne Gedankengänge an :-*

...Möglicherweise hat die Offenheit oder die Ablehnung für die sich teilende Liebe vor allem mit der Liebe zu sich selbst zu tun? Mit dem eigenen Selbstwert? Je geringer man sich fühlt, desto weniger kann man den geliebten Menschen teilen - weil man das wiederum auf sich bezieht und glaubt, nicht genug für den anderen zu sein? ...
Öhm, glaube ich jetzt mal nicht, nein.

lautleise hat gesagt…

Nein, nein, auch die Liebste war auf den Nebenwegen, aber wir haben uns immer wieder getroffen.

Mit vielen Tränen und noch mehr Liebe. Sowas geht.

LG - Wolf.

Anonym hat gesagt…

Ich glaube nicht, dass ich Nebenwege wirklich gehen kann. Das Verlangen danach entsteht bei mir nur, wenn am "Hauptweg" etwas nicht in Ordnung ist ... und dann ist der Drang größer, dieses Problem zu klären.
Allerdings kann ich mir vorstellen, meinen Partner einen Weg gehen zu lassen, der für ihn wichtig ist, auf dem ich ihn aber nicht begleiten kann. Manche Nebenwege sind Lernprozesse, andere bergen Erfahrungen, die nur für einen ein Schlüssel sind.

Die Sache mit dem Selbstgefühl ... da ist was dran. Je mehr Selbstwert ich fühle, desto weniger wird Eifersucht ...

Helma ... schön, dass du eine feine Auszeit auf der Insel hattest!

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Goldi, ja, ich meinte Herrn Blau und mich. Die Ursache unserer Ängste liegt nicht in unserer Beziehung begründet, natürlich nicht. Jeder von uns hat (s)ein Paket "mitgebracht", und wir versuchen, das Beste daraus zu machen. Nicht jeden Tag bewusst. Aber immer dann bewusst, wenn wir spüren, dass wir an unsere Grenzen kommen.
Allerdings ist unsere Beziehung als solche nicht unbelastet. Wir kennen uns jetzt 12 Jahre, doch wirklich fest zusammen sind wir erst seit 3 Jahren. Eifersucht kannte ich vor ihm nicht an mir. Wir haben einiges miteinander erlebt, er mit mir, ich mit ihm. Und auch wenn ich weiß, dass ich den Kern der Angst und auch der Eifersucht (ich denke, das ist miteinander verknüpft) mit mir selber klären, bereinigen muss, so gibt es eben auch jene Funken, die das Ganze erst entzünden. Ehrlichkeit ist dabei ein ganz großes, wichtiges Thema. Doch das ist zu komplex und letztlich auch zu privat, um das zumindest hier aufzuschreiben.
Letztlich sehe ich es da auch wie Frau Rolle: Je mehr wert ich mich selbst fühle, desto weniger empfinde ich Eifersucht. Weil ich dann das Gefühl hätte, dass ich "es nicht sein muss". Sicherlich ufert das bei mir nicht so aus, dass ich den Mann ständig kontrolliere, jeden Schritt überwache und alles wissen will. Jedoch hinterfrage ich sofort, sobald ich spüre, dass sich etwas "unecht" anfühlt. Da bin ich sehr direkt. Und an dieser Stelle funktioniert mein Gedächtnis 1a zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk.
Und nein - ich mache das gar nicht allein am Sex fest, denn zur Liebe gehört weiß Gott wirklich noch mehr. Ich hatte z. B. in den ersten Jahren nie ein Problem damit, dass er weibliche Freunde hat, mit denen ausgeht oder ins Kino oder gemeinsam abends kocht. Für mich war das ok bis zu dem Zeitpunkt, wo ich feststellen musste, dass da Sachen heimlich liefen, von denen er sich im Gegenzug immer wünschte, dass ich das nicht tu. Darauf angesprochen, erhielt ich Aussagen, die sich leicht widerlegen ließen. Schweizer Uhrwerk, wie gesagt.
Sagte ich eigentlich schon, dass ich es liebe, wenn man meine Gedankengänge anstupst? :) Es bewegt und bewirkt so viel in mir - und das fühlt sich gut für mich an.

Die Liebe zu den Kindern ist eine andere als zum Partner ;) Für mich persönlich kann ich sagen: Sie ist auf ihre Art intensiver und elementarer als die zum Partner. Als wir Freitagnacht von der Insel zurück nach M fuhren und gegen 2 - 3 Uhr dabei an L vorbeikamen, war das z. B. ein ganz komisches Gefühl zu wissen, dass nur rund 30 km entfernt die Jungs in ihren Betten liegen und murmeln, mir so ganz nah sind und trotzdem "fern". Es war ein Gefühl, wie wenn da ein Arm von mir liegt, ein Teil von mir. Schwer zu beschreiben.
Vermutlich liegt es auch an der räumlichen Entfernung insgesamt, dass sich die Bindung zu ihnen so intensiviert hat. Oder sie ist für mich bewusster geworden, weil ich jetzt unterm Strich doch mehr Zeit für mich, meine Gedanken und meine Empfindungen habe.

Lieber Wolf, liebe Frau Rolle - jeder kann nur für sich selbst entscheiden, ob er Nebenwege gehen kann und ob der Partner dies mitträgt. Auch hier sehe ich es wie Frau Rolle: Bin ich auf dem Nebenweg, ist auf dem Hauptweg was gründlich schiefgegangen. Da spreche ich auch nur für mich! Es gibt genug Paare, wo einer oder beide sich anderweitig vergnügen und trotzdem immer wieder nach Hause kommen wollen. Hatten wir ja beim Zaubermann deutlich lesen können ;)
Für mich jedoch ist das nichts. Wenn mein Partner mir eröffnen würde, dass er es braucht, auch mit anderen Frauen zusammen zu sein, wäre er deshalb kein Arsch. Dann wäre es nur fair, es mir zu sagen und mir die Entscheidung zu überlassen, inwieweit ich das mittragen kann oder nicht. Doch für mich wäre diese Entscheidung klar: Ich würde ihn seinen Weg gehen lassen - ohne mich.
Und ja, liebe Frau Rolle - ich habe diese - wenn auch nur wenigen - Tage unglaublich genossen. Sie waren so entspannt und federleicht, das hatte ich wirklich gebraucht. Und bekommen :)

lautleise hat gesagt…

Liebe Helma,
diese Nebenwege liegen weit in der Vergangenheit und wir haben diese Wege auch nicht weiter verfolgt, bis sich die Frage stellte:
Ist es das wert?
Nein, das war es nie!
So ist es nun einmal bis heute, und heute wissen wir, das war genau richtig so!!!
LG - Wolf.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Weit in der Vergangenheit? Schriebst Du nicht erst vor ein paar Tagen einen Kommentar über die Frau, die Dir so wunderbare Mails schrieb und dann in der Realität feststellen musste, dass Du doch nicht DER Mann für sie warst?
Oder bin ich jetzt zu genau? ;)

lautleise hat gesagt…

Ja, das war so und hat sich zum Glück dann aufgelöst.
Die Liebste wußte davon, und ich habe trotzdem darunter gelitten.
Helma, einer Sahnetorte weicht man nicht aus...
Zumindest ich nicht !
Das weiß die Liebste auch.
LG - Wolf