Freitag, 11. September 2015

Lost & Found



Eigentlich wollte ich über etwas ganz anderes schreiben.
Zum Beispiel über die Sendung "maybritt illner" am vergangenen Abend - und dass mir unerklärlich bleibt, wie man so penetrant bei Gabriels Äußerungen klatschen konnte, der viel redete und trotzdem nichts sagte. Alles wie gehabt also. Der seit Monaten Entscheidungen mit aussitzt und jetzt die Verantwortung abschieben will auf andere EU-Staaten, die diesen chaotischen Wahnsinn, der bei uns eingezogen ist, nicht mitmachen wollen. Auch alles wie gehabt.
Ich wollte auch noch über andere Dinge schreiben, die mir irgendwie im Magen brennen - und jetzt sitze ich hier, summe immer noch leise und vergnügt vor mich hin - und schreibe nichts von alledem.

Stattdessen denke ich an die Begegnung heute Nachmittag, die irgendwie genauso war wie erwartet - und doch ganz anders. Für die ich mir ein Geschenk zu ihrem besonderen Geburtstag ausgedacht hatte - und selber eines überreicht bekam, von dem mich der Gedanke dahinter wahnsinnig berührte, auch wenn ich das vielleicht nicht so offen gezeigt habe. So ein bisschen nordische Unterkühltheit steckt wohl immer noch in mir, auch wenn es schon so viele Jahre her ist, dass ich nicht mehr dort lebe.
Ich denke an die Weißweinschorle, die wir tranken, und die mir hernach eine so wunderbare Leichtigkeit schenkte, dass ich nur wenige Stunden später mit ausgebreiteten Armen auf einer imaginären Linie dem Liebsten, der den Einkauf trug, und dem Freund folgte, vor mich hin singend, leise und nur zu mir selbst. Beide unterhielten einander, während ich nach hier und nach dort zeigte: "Schau mal, das Backsteinhaus da drüben, da könnte ich mir auch spontan vorstellen, eine Wohnung darin zu haben." Die Wohnung mit der gusseisernen Brüstung am Balkon und dem warmen Licht hinter der weit geöffneten Balkontür. Spontan sah ich mich dort sitzen, die Strickjacke über einem Sommerkleid, ein Glas Wein in der Hand und ein Buch im Schoß...
Ein neues Zuhause kann nur ein neues Zuhause für mich werden, wenn ich etwas sehe, entdecke und mir spontan vorstellen kann, dort zu leben. Das kann eine Wohnung sein, ein Ort - mit dem Menschen, an dem mein Herz hängt - oder auch allein mit meiner Musik und einem Wandregal voller Bücher, einem großen Holztisch, auf dem die Malsachen ausgepackt sind und es bleiben, einem Sofa der Bücherwand gegenüber und einem wunderbaren Holzfußboden, auf dem ich liege, während die Musik das Holz vibrieren lässt...
Ja ich weiß, hab ich schon oft genug gesagt.
Aber was soll ich sagen... Das sind halt so Bilder in meinem Kopf, die wieder und wieder aufleben, sobald ich den richtigen Menschen begegne oder die richtige Musik höre. Insofern... Liebe RRP, dass jemand Dir so sehr die Musik genommen hatte, hat mich doch sehr berührt - und umso mehr gefreut, dass Du sie für Dich wiederentdeckt hast. In Deinem ganz eigenen Maß.

In diesem Augenblick brennt mein Magen nicht mehr: Dieser Nachmittag heute, dieser wunderbare Abend, haben mich einmal mehr darin bestärkt, mich noch eine Weile in meinem Schneckenhaus aufzuhalten, meine Seele zu streicheln und mich konsequent dem zu entziehen, das mir momentan nicht guttut. 

Hold onto safety

hold onto neutral grounds

precautions must be taken
as long as your heart’s still in the
lost & found....




5 Kommentare:

Anna hat gesagt…

Einträge wie diese sind es, die mir zeigen, wie weit ich von meinem Weg abgekommen bin. Ich sollte mir einen Kompass kaufen und den werde ich Helma nennen. ;)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ich hab mich schon so oft verlaufen. Doch wenn ich mich zurückziehe, mir Zeit nehme, mir selber zuzuhören - dann finde ich auch wieder zurück. Zu mir und zu dem, was ich eigentlich will.

Goldi hat gesagt…

Anonym hat gesagt…

Ich reserviere den zweiten Stuhl auf dem Balkon ... Weinschorle würde ich mitbringen ;-)

Manche Begegnungen sind eben besonders ... für alle Beteiligten :-)))

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe RRP, ehrlich, mich freut Deine Ansicht zum letzten Freitag wirklich total - na dann: Ab auf den Balkon!! :)