Samstag, 14. November 2015

Als wir klein waren




Sie ist nun da - die neue Brille. Die mit dem Durchblick. Oder für den Durchblick? Ein Herrenmodell übrigens, für das ich mich entschieden hatte, weil mir das Angebot für die Damen zu... schnörklig schien.
Ich muss mich erst noch an sie gewöhnen. Daran, dass die geschliffenen, extra auf mich abgestimmten Gläser nur noch einen bestimmten Lesebereich besitzen.
Ein bestimmter Bereich für einen bestimmten Durchblick... Manchmal möchte ich so viel sehen und erkennen - und dann wieder doch nicht.
Mit dem Sohn gesprochen, auch mit dem anderen - hier empfinde ich momentan Erleichterung.
Letzte Nacht lege ich mich gemeinsam mit dem Mann an meiner Seite ins Bett - und erwache ohne ihn. Er hat die halbe Nacht lang Nachrichten geschaut. Die jüngsten Ereignisse erschüttern, entsetzen. Ob sie so unverhofft kamen? Ich weiß es nicht.
Ein Fußballstadion.
Restaurants. Bars. Cafés.
Normales Leben an einem ganz normalen Freitagabend.
Normales Leben, das sich von einem Moment auf den anderen ändert.
Als ich am Nachmittag mit Sohn II telefoniere, hat er seinen Whatsapp-Status gerade geändert "Pray for Paris". Dass er sich interessiert, finde ich gut. Dass er sich positioniert, finde ich gut. Eines Tages will er ja dabei sein - bei der Bundespolizei. Die, die heute auch überall in den U-Bahnen präsent war.
Pray for Paris...
Pray for the damned whole world!
Der Mann und ich laufen durch die Stadt, in den Straßen liegt der Duft nach süßen Mandeln, nach Kaffee, nach Schweiß und Parfüm. Ich betrachte junge Menschen, kleine Kinder. Die, die einmal die Zukunft sein werden. Was für eine Zukunft? In was für einer Welt?
Heute sind sie klein, betrachten mit großen Augen die ersten Lichterketten, das Spielzeug in den Läden. Halten ein trockenes Brötchen in der Hand oder einen Apfel.
Das Wichtigste ist für sie, bei Mama oder Papa zu sein, an deren Hand, auf deren Arm.
Und was ist morgen das Wichtigste für sie? Wann ändert sich das, wann prägt sich das?
Und was tragen sie dann morgen in ihrer Hand?
Tragen sie morgen ein Gewehr in der Hand, das auf Dich oder mich gerichtet ist, während wir eigentlich nur eine Tasse Kaffee an den Mund führen wollten?
Kann dieser Wahnsinn nie ein Ende haben, weil es immer Mächtige geben wird, die nach noch mehr Macht gieren?
Haben wir davon geträumt, als wir Kinder waren? Von Macht und Geld um jeden Preis?
Wir waren doch alle mal Kinder...

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Süße Bilder. Die Brille finde ich klasse an dir. ;)

Was den Rest angeht, fehlen mir noch immer die Worte. Ich habe das tatsächlich erst am Samstagvormittag mitbekommen, weil Smartphone u. Fernseher Pause hatten. Und dann bist du wieder online und siehst das... :(

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Danke :)
Zu dem anderen... will ich heute noch was schreiben.

Goldi hat gesagt…

Deine Bilder sind Zucker, ich kann Herrn Blau verstehen ;)

Auch diese Menschen waren mal Kinder, wenn es auch schwer fällt daran zu glauben. Kürzlich sagte jemand zu mir "Geschichte wiederholt sich immer und immer wieder." Ich hoffe es nicht, aber wenn ich mir den Verlauf anschaue hat er schon recht. In jedem Zeitalter wird von Krieg und Gewalt berichtet. Letztlich ändert sich auch nicht die Gewalt als solches, nur die Mittel mit denen Menschen diese Gewalt leben werden immer grausamer und präziser.

Zur Kinderzeit gab es Poesiealben und Freundschaftsbücher, das Sammeln von "klugen Sprüchen" war beliebt und einer davon war:


„Der Mensch erfand die Atombombe, doch keine Maus der Welt würde eine Mausefalle konstruieren.“

Das Tier Mensch ist grausam, wird es wohl immer bleiben umso wichtiger ist es gegen die Verallgemeinerungen und Verrohung zu arbeiten und diesen im eigenen Umfeld keinen Platz zu lassen.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Goldi, Du nimmst mir gerade die Worte aus dem Mund: Ich schreibe gerade einen weiteren Post zu dem, das mich nicht erst seit Paris beschäftigt. In dem ich haargenau diese Auffassung verarbeiten möchte.
Ich danke Dir! :*