Freitag, 1. Januar 2016

Alles Gute kommt von oben

Diesem ursprünglich biblischen Spruch kann ich nicht folgen.
Aber ich bin ja auch nicht gläubig - was Religion betrifft. 
Ich war siebzehn (ungefähr), als mir ein Vogel auf das frisch frisierte Haar kackte - und mir jemand sagte: "Du bist auserwählt für das große Glück!"
Also ich muss sagen: Ich hab in meinem ganzen Leben oft richtig viel Glück gehabt. Weil es mich immer noch viel schlimmer hätte treffen können - und ich aus so vielem mit einem blauen Auge oder wahlweise aufgeschlagenen Knien (einmal auch mit gebrochenem Hinterteil, aber das ist wieder eine andere Geschichte) herausgekommen bin. 

Daran musste ich letzte Nacht denken.
Durch diese Stadt hier führt ein Fluss. Mit etlichen Brücken. Auf einer davon waren wir - mit unserer einzigen Glücksrakete. Ist wie so ein Ritual für uns: Eine einzige Glücksrakete in den Himmel schicken, begleitet von stummen Wünschen, vielleicht auch Hoffnungen. Dieser ganzen Böllerei konnte ich ja noch nie was abgewinnen, und ich hasse diese Knaller, die einem gerne mal vor die Füße geworfen werden. Mir erschließt sich einfach nicht, was daran toll sein soll. Jedenfalls dann, wenn man keine zehn Jahre alt mehr ist. Und ich hasse diese Dinger, seit die mein eigener Bruder mir und seiner damaligen Freundin vor die Füße rollen ließ und sich freute, dass die Mädels kreischten und anschließend die Strumpfhosen rettungslos zerrissen waren. 
Nur diese eine Glücksrakete - die wünsche ich mir jedes Jahr. 
Und dann standen wir dort, hielten uns fest und schauten in den Himmel.
Dass da etwas geflogen kam, registrierten die Sinne eher als der Verstand - es ging zu schnell. Aus dem Dunkel, aus dem Nichts stürzte sich eine abgefackelte große Rakete mitten auf mein Gesicht - freilich mit der großen schweren Seite zuerst. 
Ja, ich gestehe: Ich habe mit den Händen mein Gesicht bedeckt (wieso eigentlich hält man affektiv fest, was schmerzt?) und geweint - vor Schreck, aber vor allem vor Schmerz. (Nein, die Nase ist nicht gebrochen; wie man das testet, weiß ich, seit Junior II als Einjähriger aussah, als wäre ihm eben dieses widerfahren und ich mit ihm schnurstracks die Kindernotfallstation aufgesucht hatte.)
Nennt man das jetzt auch einen Glückstreffer? (Oder trifft das nur für die Vogel-/Kacke zu, weil ja in selbige greifen auch den Griff ins Glück bedeuten soll?)
Oder nennt man das einen Zufallstreffer?
Oder einfach auch mal wieder zur falschen Zeit am falschen Ort? Ich meine, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, von einer Rakete getroffen zu werden - bei mehr als fünfzig Menschen auf einer Brücke, die alle nah beieinander stehen? 
Vermutlich ist es ja aber einfach passiert, ohne Sinn und Verstand, wie so manches hier und überall - und nicht alles muss einen tieferen Sinn haben.
Pech gehabt oder Glück zu erwarten, Fazit ist vor allem: Es hätte alles noch viel schlimmer kommen können. Ein, zwei Zentimeter weiter rechts oder links wärs buchstäblich ins Auge gegangen.
Insofern nehme ich mit Humor, dass andere heute einen Brummschädel vom Trinken haben und ich von einer Begegnung mit einer Silvesterrakete. Den Kopf möglichst wenig bewegen, die Augen auch nicht und Herrn Blau's Anzüglichkeiten ignorieren, mit denen er mich aufgrund der deutlichen Zeichnung im Gesicht heute Morgen begrüßte: "Hallo Harry Potter!"
Ja, ich finde auch, er ist zu nachlässig mit seinen Pillen - aber vielleicht hat er ja gute Vorsätze für das Jahr 2016 mit rübergenommen. Wir werdens sehen!

13 Kommentare:

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Wie war das doch, wollte ich dich nicht schon einmal umtaufen in "Hans Huckebein, der Unglücksrabe". Da hat du wirklich Schwein gehabt, das hätte im wahrsten Sinne des Wortes ins Auge gehen können.
Bloß gut, dass jetzt ein Jahr lang diese idiotischen Dinger nicht fliegen.
Und tschüss

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Na super. Der eine nennt mich Harry Potter, die andere Hans Huckebein: Gehts eigentlich noch schlimmer? ;)
Völlig bekloppt aber eben auch Leute: Zünden unter (!!!) einem Baum die Rakete, die natürlich dank der Äste im Dreieck fliegt und schließlich an einem fremden Auto landet. Dann stehen die noch da und freuen sich. Da könnte ICH im Dreieck springen! Aber leider war ich da schon lädiert und auf dem Heimweg :(
Interessanterweise habe ich mich jedes Jahr irgendwie im sicheren Hinterhalt bewegt - und einmal mach ich das nicht...

~ Clara P. ~ hat gesagt…

Autsch. Dass es nicht ins Auge ging, ist dann wahrlich ein Glückstreffer :) Ich wünsche Dir ganz schnell gute Besserung.

Mit Anfang 20 war ich Stammgast in der Tanzschule und feierte dort auch Silvester. Als wir also alle draussen standen, fuchtelte mir plötzlich jemand am Haar rum - es hatte sich ein Böller darin verfangen. Dank der "helfenden Hand" ist nichts passiert, aber seitdem meide ich solche Zusammenkünfte sehr bewusst.

Hab trotzdem ein frohes neues Jahr. Es kann jetzt nur noch besser werden :)

Liebe Grüsse
Clara

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Danke Clara :) Ein Böller im Haar - da hast Du aber mindestens genauso Schwein gehabt wie ich, wenn nicht gar mehr.
Die Zeichnung in meinem Gesicht ist dunkler, um nicht zu sagen: farbenfroher geworden, was einen Bekannten bereits zur Nachfrage veranlasste, ob ich mich eventuell geprügelt hätte. Ich! :) Die Wahrheit hat er mir trotz Irrsinnigkeit dennoch eher geglaubt.

Goldi hat gesagt…

Ohje, gute Besserung und sehr gut, dass Du "nur" etwas farbenfroher das Jahr startest ;)- sieh es positiv, das ist das Zeichen für "egal was passieren wird, Du kommst mit einem blauen Auge davon und erfreust Deine Umgebung mit vielen bunten, abwechslungsreichen Ansichten" - hüstel ich bin dann mal weg :-*

Vibesbild hat gesagt…

Liebe Helma,

Himmel das ist ja grauenhaft mit der Rakete... ;-( Hast Du schwere Blessuren? Geht es Dir besser??

Was Glück und Unglück anbelangt, ist es, meines Erachtens zum einen eine Angelegenheit der Sichtweise, zum anderen der inneren Programmierung. Also wenn einem Vogelfäkalie im Gesicht landet von Glück zu reden, halte ich schon für einen äußerst fortgeschrittenen Level im positiven Denken.... Auf der anderen Seite, kann man sich selber unbewusst programmieren. Zum Einen, selbst aus dem letzten Rotz noch etwas Positives zu gewinnen (Juchhe, dass ich den Unfall überlebte... anstatt: wäh, ich bin geh- und bewegungs-eingeschränkt), aber man kann sich auch auf self-fullfilling prophecy unbewusst programmieren... Dass einem auf einer Brücke eine Rakete ins Gesicht klatscht, finde ich zwar gräßlich und schlimm, aber eben nicht unwahrscheinlich, weil mutmaßlich ein Großteil der Leute direkt vor der Haustür Richtung Fluß abballert. Zumindest ist das in Berlin so. Sich da "in eine Mitte zu begeben" ist schon ziemlich waghalsig.

Wenn Du Raketen nicht magst, auch das Geböller nicht, was hälst Du davon, einfach einen Ballon aufsteigen zu lassen?

Aber im Grunde schließe ich mich - wieder einmal - der lieben Goldi an: Du wirst stets mit einem blauen Auge davonkommen. Finde ich schön, die Redewendung und Betrachtungsweise.

So, Du Liebe, dann wünsche ich zeitnahe Besserung
und einen ansonsten tollen Start in ein Dich rundum bereicherndes 2016!

Liebe Grüße,
Nana

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Goldi, nach dem ersten Schreck und dem ersten Schmerz nehme ich das Ganze ja auch mit Humor. So ist das im Grunde fast immer bei mir. So lässt sich Elend immer besser aushalten ;)

Liebe Nana, die Blessuren sind inzwischen weitestgehend nur noch unter der Haut: Der Grind fällt nach und nach ab und die Augenwinkel sind auch nicht mehr blau. Was nicht sichtbar ist, ist halt der Schmerz in Nase und Stirn. Ich kann den Kopf nicht zurücklegen und auch nicht nach unten schauen, aber wenigstens wieder schmerzfrei die Augen bewegen. Also auf einem guten Weg :)
Zu dem anderen Teil Deines Kommentars verfasse ich mal einen Extra- Post, weil der gewisse Erinnerungen bzw. Erinnerungen an Gedankengänge angestoßen hat.
Ballons sind leider verboten, Nana :( Ich besitze nämlich einen, vor Jahren mal zum Geburtstag bekommen. Damals versäumt, heute darf man die nicht mehr hochschicken.
Die Idee mit der Brücke stammt von Herrn Blau, der ich zustimmte: Die Brücke liegt nicht wirklich inmitten der Stadt, ist nur tagsüber belebt bzw. beliebtes Ziel - und ich dachte, weit genug weg von sinnloser Böllerei wie z. B. in unserer Straße. Nu ja. Wieder was gelernt :)
Das mit der guten Besserung nehme ich dann auch mal für die Geschichte mit der Lunge, ok? Ist nämlich immer noch nicht gut, Stimme auch meistens noch weg, letzte Woche vorstellig beim Bereitschaftsarzt, der mich mit noch stärkerem Antibiotikum und noch so Zeugs versorgte (irgendwann wachsen mir von der ganzen Chemie tatsächlich noch Eselsohren, wollen wir wetten?) und morgen muss ich mal ins Labor, um nach nunmehr vier Wochen den Dingen näher auf den Grund zu gehen. Was sicherlich gut ist: Am 13. soll ja die Nadel raus, stell Dir mal vor, die Narkose wirkt nicht zuverlässig, weil der Körper noch mit anderen Dingen kämpft? Hatte ich ja letztens erst bei der Zahnfee, das "Vergnügen" :)


Auch ich wünsche Euch von Herzen ein wunderbares Jahr 2016!

ganga-salamander.blogspot.co.at hat gesagt…

Hallo Helma,
ich bin schockiert über diesen Unfall! Das es das überhaupt gibt, das da so ein Teil wieder zurückkommt. Entschuldige, ich lache gerade, weil ich auch daran denke, dass du sicherlich ein Glückskind bist. Zum Glück bist du nicht schwerer verletzt.
Alles Gute und hab es fein,
Barbara

ganga-salamander.blogspot.co.at hat gesagt…

Jetzt weiß ich nicht ob ich meinen Kommentar gesendet oder gelöscht habe. Also schreib ich lieber nochmals.
Ich wünsche dir, dem Glückskind, gute Besserung. Ich bin noch nie auf die Idee gekommen, das von so einer Rakete etwas übrig bleibt und dann auch noch auf Köpfen landen könnte.
Alles Gute
Barbara

Anonym hat gesagt…

Ohje, das muss ja ein dickes Ding gewesen sein und wenn man bedenkt, aus welcher Höhe die wieder herabstürzen.. Aber du bist nicht allein, Söhnchen hats auch im Gesicht getroffen (blöd, daß man da gerade immer nach oben schaut). Allerdings "nur" so ein Holzstab, an dem die kleineren Raketen befestigt sind. Kratzer hat er trotzdem davongetragen. Hoffen wir einfach mal, daß ihr somit die gröbsten Verletzungen für dieses Jahr schon weg habt!! :)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Barbara, na ja, dass die Dinger nicht oben bleiben, war mir schon bewusst. Aber ich dachte ja, dass wir relativ "sicher" stehen würden - auf einer Brücke, ein Stück weg von der Stadt, überm Fluss und nah am Wald. Und eigentlich schau ich nie so direkt nach oben, eher nach vorn - zum "Sternenregen" vor mir. Zum letzten Silvester war irgendwie alles anders: außerhalb der geschützten vier Wände bzw. der Terrasse und dann auch noch den Kopf in den Nacken gelegt zum Hochschauen.. Nu ja, wird mir nicht wieder passieren :)

Liebe amorsolalex, also das Stöckchen ins Gesicht bekommen ist genauso fies und gefährlich, zumindest dann, wenn es ein Auge getroffen hätte. Ich sage doch: Ich hasse diese scheiß Knallerei. Werde mich auch mit dem Ritual meiner Glücksrakete befassen und mir was Alternatives ausdenken :)
Und ja, die Rakete war so ne große, nicht die üblichen kleinen.
Aber wie hatte damals schon der Kinderdoc meiner Söhne gesagt: "Ich denke immer, bei Ihnen und Ihren Söhnen geht das genauso wie bei allen anderen. Nur um jedesmal zu erkennen: Sie trifft es immer noch nen Zacken schärfer als die anderen." :) Damals gings übrigens um die Windpocken meines Großen. Hauptsächlich das Gesicht war ganz schwer betroffen, eine Pocke an der anderen, das Gesichtchen geschwollen, die Augen geschwollen und dann bekam er dazu eine Lungenentzündung. Der Kinderdoc damals: "Das passiert nur in besonders akuten Fällen, ich in meiner Praxis hatte das noch nie. Ich hatte auch noch nie ein Kind, das so schlimm aussah wie Ihres." Er war damals kurz vor der Rente, der Doc :)

Vibesbild hat gesagt…

Liebe Helma,

weisst Du, was mir eben noch einfiel? Wenn.s den Körper eines Menschen wieder und wieder im Jetzt zerlegt.... so wie Dich... ich sag nur: Zahnarzt, Rakete, Nadel im Fuß.... dann halten diverse originäre Stämme einen Menschen für auserwählt und berufen. Berufen zum "Schamanentum". Ernsthaft. Diese Phase wird als "Zerstückelung" bezeichnet und gilt als Initiation. Also ob Dir das jetzt so im Hier und Jetzt hilft, mit den ganzen Malheurchen größeren Ausmaßes klar zu kommen, wage ich zu bezweifeln, aber möglicherweise tuen sich da ja neue Berufszweige aus. Also Du so mit Fell... und Federn im Haar.. und Mokassins an den Füßchen sähst sicherlich entzückend aus... Ach so, das war ja nicht die Frage. Ne, mal im Ernst.... möglicherweise verbirgt sich ja tatsächlich ein Wink des Schicksals dahinter.... zuweilen sind ja auch Sozialpädagogen so etwas wie zeitgenössische Schamanen. Hm.

Ich drück Dir ganz fest die Däumchen für zeitnahe Besserung. Kann ja nicht schaden, dies wiederholt zu tuen und danke für die lieben Kommentare! Die Seite spielt gerade bisserl verrückt, allerdings hausgemacht. Wegen meinen Securitymaßnahmen... ja nun, egal. Wollte nur kurz vorbeihüpfen und Dich lieb grüßen ;)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Die Zerstückelung im Sinnbildlichen, um hernach zu etwas Neuem, Anderem zusammengesetzt zu werden?
Habe ich das so rum richtig verstanden?
Dann wäre es tatsächlich ein interessanter Ansatz. Weil sich seit geraumer Zeit wirklich etwas Neues in meinem Kopf zusammensetzt... Aber dazu möchte ich noch nichts weiter ausführen. Ich will es.. reifen lassen.
Aber Umbruch... So fühlt es sich tatsächlich seit längerem an. Ein merkwürdiges Gefühl. Meistens. Wie immer, wenn man zwischen zwei oder mehreren Türen steht. Dazwischen aber ist es auch ein völlig positives, weil es mir eine gewisse Mutlosigkeit nimmt.
Übrigens, ich besitze keine Mokassins. Aber ein Kleid, das Deiner Vorstellung ziemlich nahe kommt - und ich liebe es! :)