Dienstag, 3. Mai 2016

...und am Ende ist es immer die Musik.



Anna hat gefragt, was uns hilft, mit uns im Reinen zu sein. Was uns zurückhilft, wenn wir vom Thron gestürzt sind - für einen Moment.
Bei mir kann es einfach immer nur die eine Antwort geben, weil es das einzige ist: die Musik.
Nur die Musik erreicht, mich aus dem Off zurück in meine Mitte zu bringen. Mich zurückzubringen in den sanften Pendel einer Sandfigur, die nach allen Seiten schwingt und die dennoch weiß, dass sie immer zu ihrer Mitte zurückkehren wird.
Je älter ich werde, desto intensiver wird dieses Gefühl.

Manchmal erwache ich morgens und habe schon irgendeinen Song im Ohr, obwohl noch alle Radios ausgestellt sind. Ich öffne die Augen und die Musik ist da. In mir. In meinem Kopf. In meinem Bauch. Und dann lächle ich, noch bevor ich aufstehe.

Manchmal geht es mir total elend, dann höre ich Klaviermusik und weine so lange und so hemmungslos, bis es keine Tränen mehr gibt. Bis die letzte trocknet und sich die Traurigkeit in neue Hoffnung kehrt. Neue Zuversicht.

Manchmal geht es mir so la la, dann höre ich Musik wie diese - und dann denke ich manchmal, all meine Blutkörperchen sind wie kleine Noten, die hin und her vibrieren. Dann tanzt meine Seele, dann möchte ich die Arme ausbreiten und die Welt umarmen.
Möchte abgeben von einem wunderbaren Lebensgefühl, weil ich doch weiß, wie endlich dieser Moment ist.

...aber Menschen sind auch Schweine.  Sie wollen viel zu oft nichts von Dir, solange Du es ihnen freiwillig geben willst - und treten Dich weg. Sie wollen entscheiden, wann sie es nehmen - und dann ist es egal, ob Du es noch möchtest oder nicht. Und dann nehmen sie einfach und gehen weg. Während Du noch dastehst und glaubst, Du bekämst etwas zurück.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hatte wieder Gänsehaut beim Lesen- diese Bilder, die du mit Worten zeichnest, wunderschön! Die Sache mit dem Geben finde ich auch sehr schwierig, vor allem in der Ellbogengesellschaft. Ein ausgewogenes Miteinander aus Geben und Nehmen fände ich auch schön, aber wenn überhaupt, scheint das nur auf kleine Teilbereiche der Gesellschaft zuzutreffen, was wirklich schade ist.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebes Schneeweißchen (ich entscheide immer ganz spontan, wie ich Dich anrede - dank der beiden gültigen Namen :D - beide zusammen aufschreiben dauert immer so lange), das Nehmen und Geben...
Gestern Abend bin ich zufällig über diese Musik und diese Videos von Paul Kalkbrenner gestolpert. Es ist eine Trilogie, das hier gezeigte ist das erste, glaube ich, dann gibts ein zweites ohne Gesang (was mir musikalisch auch nicht so gefällt) und dann ein drittes "Feed your Head", von dem ich noch überlege, ob ich das hier nachsetze.
Ich kanns kaum beschreiben, aber diese Trilogie mit ihrem Hauptdarsteller geht mir so unglaublich unter die Haut. Natürlich habe ich mir gestern Song 1 und 3 gekauft, aber ich höre die Musik weniger als dass ich bei youtube das Video schaue.
"Keine Zeit für Träumer?" frage ich mich unablässig, und manchmal steigt dabei unfassbare Traurigkeit mit hoch. Er will so gern von sich abgeben, von dem, was die Musik in ihm auslöst - und jeder stößt ihn zurück, tritt auf ihm herum - und nimmt ihm schlussendlich das, was ihm so wichtig ist: die Musik.
Das dritte Video "Feed your head" geht mir demzufolge richtig nah, denn es scheint, dass er schlussendlich aufgibt. Völlig aufgibt.
Und dann sitze ich vor dem Schreibtisch, lehne mich zurück und starre auf das Video und denke an all die tausenden Menschen, die schon vor ihm den Kopf voller Träume, Musik und Liebe hatten - und daran zerbrochen sind.

Mich entsetzt immer wieder, wie viele Menschen immer mehr nur noch an sich selbst denken. Die nichts von sich abgeben, solange sie nicht auch was dafür bekommen, das sich in ihren Augen lohnt. Manchmal macht mich das krank. Und dann ziehe ich mich zurück - in meine Welt der Musik und in das, was die in mir auslöst. Sonst würde ich das manchmal auch nicht mehr aushalten können.

gretel hat gesagt…

"...und am Ende ist es immer die Musik."
Das geht mir auch 100%ig so.
Meinem Sohn sage ich immer, man braucht keine Drogen im Leben, für ungeahnte Welten reicht Musik völlig aus.
Und ich bin dann auch gerne sehr peinlich, wenn ich im Sommer mit offenen Fenstern und Musik bis zum Anschlag aufgedreht im Auto sitze.
Musik kann alles.
Lieben Gruß
PS Und die Kalkbrenners gehen immer...

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ach Gretel, Du willst gar nicht wissen, wie oft ich belächelt wurde, wenn ich mit sattem Beat unterwegs bin und aus vollem Halse mitsinge :) Auch dafür liebe ich das Auto.

Anonym hat gesagt…

Aber gerne :D
Ja, das unterschreibe ich sofort!
Eine zeitlang habe ich im sozialen Bereich gearbeitet. Ich fand es angenehm, von Kollegen umgeben zu sein, die ähnliche Ansichten teilten.
Für Träumer war in der Pflege aber auch nicht wirklich Zeit. Effizienz, Kostendruck, Stress. Hätte wohl doch besser Künstlerin werden sollten (bist du eigentlich Künstlerin?), aber wer weiß da schon immer im Voraus, was besser gewesen wäre..

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Frau Schneeweiß :)
Nein, ich bin keine Künstlerin - aber wenn Du mich fragst: Ginge es nach mir, würde ich gern meine Zeit ausschließlich mit Schreiben und Malen verbringen :) Das ist meine Leidenschaft von Kindheit an. Das Schreiben, kaum dass ich es erlernt habe. Und das Malen, seit mir meine Großmutter es beibrachte, als ich noch nicht mal in die Schule ging.

Und ich überlege eben schon länger, ob das, was ich aktuell betreibe, tatsächlich noch 20 Jahre so weitergehen soll (was ich mir nicht vorstellen kann, irgendwie) oder ob ich nicht auch viel lieber in den sozialen Bereich hätte sein mögen. Irgendwas mit Kindern, mit kleinen Kindern. In Kinderdörfern arbeiten oder so.

Ich glaube Dir unbesehen, dass Träumer insbesondere im Bereich Pflege nicht wirklich ihren Platz haben. Eben aus den Gründen: Effizienz, Kostendruck, Stress. Diese ewige scheiß Spirale, die kotzt mich so an. Jeder einzelne pflegebedürftige Mensch hat doch genauso ein Leben in Würde verdient :(