tag:blogger.com,1999:blog-86388202368535092772024-03-11T11:39:27.285+01:00Die Frau mit dem roten Kleid, die Kaffee liebtHelma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.comBlogger2078125tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-16628664343071441162024-02-21T20:21:00.000+01:002024-02-21T20:21:08.812+01:00Zack - kaputt<p>Ist das nicht irre? <br />Als ich gestern auf den Kalender schaute, um einen Termin gegenzuchecken, fiel mir auf, dass es nun schon wieder ein Jahr her ist, dass wir nach L gezogen sind.<br />Irre, oder?? Ein Jahr! Wo ist die Zeit nur geblieben?</p><p>Ich weiß noch, es war einer der Termine, als ich nach Unterzeichnung des Mietvertrags wieder in L war, die Räume genau ausmessen und so, damit wir schon mal konkrete Ideen aufstellen konnten, wie wo was werden sollte. Mein Jüngster kam mit dazu, weil er einfach mal gucken wollte, wie denn die Wohnung so ausschaut. Kann ich jetzt noch vor mir sehen, wie er durch die nackten Räume lief, die Hände in den Taschen, alles genau inspizierte, einen Blick aus dem Panoramafenster in der Küche warf und dann fragte: "Okay - wann kann ich mit einziehen?"<br />Hach.<br />Da ging mir das Herz auf und das Schuldbewusstsein von einst kam wieder hoch. Ich bin ja weggezogen, da war er noch nicht ganz 18. Klar, da sind andere schon dreimal im Ausland gewesen, seit Jahren von den Eltern getrennt, mega selbständig und so n Quark. Meiner nicht. Und meine Lebensphilosophie hatte irgendwie auch gar nicht vorgesehen, die Jungs so früh herzugeben. Mit 20, 21 vielleicht. Aber 17?</p><p>Wir sind ja dann auch eingezogen, richteten uns ein und dieses kleine Schmuckstück wächst nach und nach, entwickelt sich. Das Gefühl, in einer Ferienwohnung zu leben, hat sich noch nicht so ganz verzogen - aber es wird besser. Sinniere immer noch darüber nach, woran das liegt, woher dieses Gefühl kommt. Vielleicht, weil wir nicht gewohnt sind, so eine große Wohnung zu haben, die so weitläufig wirkt (jedenfalls im Vergleich zu dem, was wir bis dahin immer bewohnten), alles so offen und großzügig geschnitten? Der Junge hingegen ist ungebrochen begeistert, und er hat sich in den Kopf gesetzt: Sowas wollen wir auch. Wir meint seine Freundin und er. Und jetzt, wo sie mit ihrem Studium fertig ist und beide ein Einkommen haben, von dem der Mann und ich unser halbes Leben lang nur träumten, da könnten sie sich nun auch etwas gönnen. Am liebsten in unserem Viertel. Nicht nur, weil wir da wohnen. Sondern weil es wirklich zu den schönsten der Stadt zählt. Und er mag das ja - diesen Neubaustil. Modern. Klassisch. <br />Wälzt die Angebote rauf und runter, vereinbart Besichtigungstermine. Mal ist es ihnen doch zu teuer, mal passt etwas anderes nicht. Ihre Traumwohnung - wenn auch Erdgeschoss - hätten sie in unmittelbarer Nähe zu mir beinah gefunden - fiele der Blick aus dem Schlafzimmer nicht direkt auf die Mülltonnensammlung der Wohnanlage - und der Blick aus dem Wohnzimmer direkt auf das Haus gegenüber. Höchstens zehn Meter entfernt. Der Funke hatte dann schon irgendwie gezündet - aber das Mülltonnengeschwader konnte man sich dann eben doch nicht schönreden. Wird sicherlich auch lustig im Sommer. Keine Ahnung, wer sich so einen Müll (harhar) einfallen lässt. Bei uns sind die Mülltonnen in einem abschließbaren Raum im Haus mit integriert. Finde ich persönlich prima. Haste keinen Ärger mit nix.</p><p>Jedenfalls, die Suche des Sprößlings geht weiter - und heute schrieb er mir, man habe sich jetzt noch eine angeschaut, aber die Mieten seien doch recht enorm. Sie seien ja jung und beide Beamte. Da könne man ja eventuell eigentlich auch kaufen. Nur - es gäbe halt keine Neubauten zu kaufen. "Nur eher so Altbau, wo wir eigentlich auch nicht drin wohnen wollen", schrieb er.<br />Altbau! <br />Spontan jauchzte das Herz und der Kopf füllte sich ebenso spontan mit tausenden von Bildern meiner tief verborgenen Leidenschaft für Altbauwohnungen. <br />Gekalkte Wände.<br />Ein Fußboden aus echten Dielen, die wundervoll knarren, wenn man in Stricksocken darüber läuft.<br />Hohe Wände.<br />Hohe schmale Fenster, auf deren Bank ich sitzen würde, eine Tasse Kaffee mit beiden Händen halten und hinunter auf die Menschen schauen würde; ihnen zusehen würde. Ein Buch lesen würde.<br />Hach!<br />Stuck an den Decken und herrliche weiße Kassettentüren. <br />HACH!</p><p>"...und hässlichen Bädern und hässlichen Heizkörpern an der Wand!" vollendete der Junge.</p><p>Zack - kaputt war der Traum. So schnell kanns gehen :)<br /><br /></p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com7tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-60255544076978260232024-02-15T23:06:00.002+01:002024-02-15T23:06:55.991+01:00Ein Mann - ein WörterbuchIhr kennt doch auch all die lustigen Sprüche und Memes über Frauen, die soviel reden, und Männer, die so viel schweigen (würden), oder?<br />Also ich sags mal so: Heute Morgen hatte ich einen Mann am Telefon. Wir kennen uns nicht, telefonierten das zweite Mal in unserem Leben miteinander und mir war durchaus bewusst, dass er mir etwas verkaufen wollte. Ein Produkt, das ich bisher nur als Testversion besitze und von dem ich nur semi-begeistert bin.<br />Man sagt mir ja schon seit Jahren nach, ich würde so ein Gefühl vermitteln, mit mir könne man über alles reden, mir alles erzählen.<div><br />Es hat heute Morgen jedenfalls schätzungsweise maximal zehn Minuten gedauert - dann wusste ich, dass:</div><div><br /><div>- er verheiratet ist</div><div>- zwei Söhne hat - einer 14, einer 18</div><div>- der 14jährige leidenschaftlich Basketball spielt und es liebt, wenn Papa den Spielen beiwohnt</div><div>- der 14jährig immer noch gerne schmust</div><div>- der 18jährige seit 2 Monaten eine Freundin hat, die sich zum Valentinstag eine Rose von <br /> Lego gewünscht hat</div><div>- Papa diese Rose am Montag in seiner Mittagspause besorgen musste, weil Amazon zu spät liefern würde</div><div>- beide Söhne alles bis auf die letzte Minute prokrastinieren</div><div>- Papa eine Arbeitszeit von 10 bis 17 Uhr hat </div><div>- Papa den Kuss von der Freundin des Sohnes wollte, weil ja er die Rose besorgt hatte</div></div><div>- Papa den Sohn natürlich nicht verraten hat - und die Ehefrau sowieso interveniert hätte</div><div>- Papa heute Morgen eine Abkürzung fahren musste, weil die Söhne wie immer zu spät dran waren -</div><div> und die Abkürzung sich dann als Reinfall entpuppte - weil Stau.</div><div><br /></div><div>Innerlich habe ich mich köstlich amüsiert und mir vorgestellt, wie der Typ sich anschließend gefragt hat, was um Gottes Willen er da eigentlich alles einer völlig Fremden erzählt hat? Seine halbe Lebensgeschichte - und die so abgespult, dass ich mich irgendwann fragte: "Isser aufgeregt oder isser auf Speed? Oder is der immer so?"</div><div><br /></div><div>Am Dienstag haben wir nun ein Meeting. Online, versteht sich. Ich glaub, ich besorg mir schon mal Popcorn ;)</div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com3tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-82614484537791891522024-02-13T00:08:00.003+01:002024-02-13T01:58:32.857+01:00Nett könnte ich auch.<p>Der Teufel steckt im Detail. Genauer gesagt: im Konjunktiv. Ich könnte nett. Ich kann höflich, auch dann, wenn ich nett könnte.<br />Heute aber war mal so ein Tag, da habe ich gedacht, entweder springe ich jetzt gleich und sofort quer im Quadrat durchs Telefon - oder ich fange an zu schreien. Letzteres ist nun wirklich untypisch für mich - auch wenn ich durchaus weiß, was leidenschaftlich zu streiten bedeutet. <br />Und eigentlich bleibe ich ganz oft gelassen.<br />Aber heute hatten die mich.<br />Der Auftrag war im Grunde simpel. Leise und etwas schuldbewusst schob mir der Chef ein Blatt Papier über den Tisch und nuschelte was von "is privat" und "könnteste mir mal helfen."<br /><i>(Ich übe übrigens immer noch vor dem Spiegel, wie das so funktioniert, dass nur eine Augenbraue hochgeht. Krieg ich nicht hin. Nie. Entweder beide oder keine, da sind sie sich einig, die beiden Gezupften.)</i><br />Jedenfalls, nachdem der Chef-Vater im vergangenen Sommer das Zeitliche gesegnet hatte, durften wir uns nicht nur um Bestatter, Schlüsseldienst (man kam nicht ins Haus) und emotionalen Beistand kümmern, sondern auch um alles, was mit Nachlassregelungen und so weiter zu tun hat. <br />Und grundsätzlich haben wir ja auch alles geregelt bekommen.<br />Bis auf diesen Drecksverein von Vodafone.<br />Schon im letzten Jahr habe ich mir ein ganzes halbes Jahr lang die Nerven abgearbeitet, weil die das einfach nicht auf die Kette kriegten, eine schlichte Adressänderung vorzunehmen. Man kann sich das wirklich und wahrhaftig nicht vorstellen. Aber die Firma hieß eben nicht mehr A, sondern B und neuerdings auch noch mit so nem Kürzel hintendran. Und die saß jetzt auch nicht mehr in A, sondern in B. Eigentlich war alles wie immer. Nur dass A jetzt eben nicht mehr da war, sondern nur noch B.<br />Klingt verwirrend? Dann seid Ihr vermutlich auch Vodafoner. Sorry. <br />Aber letztes Jahr, das gehörte zu unserem Business.<br />Das heute war Privat. <br />Mir wurde ein Kontoauszug vorgelegt, der bewies, dass Vodafone bis zum Dezember einen Betrag abgebucht hatte, den niemand zuordnen konnte. Den Papa konnten wir ja nicht mehr fragen. Die Mama auch nicht. Die ist zwar noch da, aber an ihren guten Tagen erkennt sie allerhöchstens ihren Sohn. Ein Handy besitzt sie demnach seit einigen Jahren nicht mehr.<br />Da aber der Herr Papa handytechnisch bis zum Umbau der Firma mit im Sammelvertrag des Einzelunternehmens integriert war, konnte es auch nicht sein Handyvertrag sein. Für was nun die Abbuchung? Es gab nur einen Kontoauszug, mit dessen Angaben die Kollegin Ende letzten Jahres eine Kündigung geschrieben hatte. <br />Vergangene Woche dann das Antwortschreiben, dass man die Kündigung keinem Vertrag zuordnen könne. Man solle die Kündigung neu einreichen - und dann Vertragsnummer, Kundennummer und Schlüppergröße mit übermitteln. Woher das alles nehmen, wenn man nix hat außer nen Kontoauszug mit Referenznummern von Vodafone, die Vodafone aber nicht erkannte?<br />Beherzt griff ich also erstmal zum Telefon. Und stand schon da nach schätzungsweise zwei Minuten auf dem Tisch. Mit Haaren, die sich bis zur Decke bauschten. <br />Man kommt an dieser verfickten Aurasiricordanascheiße nicht vorbei, wenn Du nicht genau die Angaben eintippst, die Du ja eben nicht hast. Da kannst Du zehnmal MITARBEITER<span> in den Hörer brüllen - wenn Aurasiricordanascheiße nicht will, dann will sie nicht. Und erklärt Dir kurzerhand: "Ich konnte Sie leider nicht verstehen. Wir wünschen Ihnen einen guten Tag und auf Wiedersehen."<br />Nach einem kurzen reinigenden Gewittersturm wählte ich erneut und gab kühn irgendwelche wilden Zahlenkombinationen vom Kontoauszug und anschließend die Handynummer vom Chef ein. Siehe da - Aurasiricordana verstand mich zwar immer noch nicht und informierte mich auch, dass sie mich nirgends zuordnen könne, aber sie würde mich nunmehr zum nächsten Mitarbeiter durchstellen. <br />Nach etwa sieben Minuten unsäglichen Gedudels wurde ich dann erhört von einer wirklich freundlichen Mitarbeiterin, die mir erklärte, ich sei falsch bei ihr, es handele sich doch hier um eine Mobilfunkangelegenheit und sie sei nur für DSL zuständig.<br />"Interessant, das mit dem Mobilfunk wussten wir nämlich bis eben noch nicht", erklärte ich begeistert und erbat mir die dazugehörige Nummer.<br />"Die kann ich nicht lesen, weil ich zum Öffnen des Feldes nicht die Berechtigung hab. Ich bin DSL und das hier ist Mobilfunk."<br />Grandios. Und ich bin die Königin von Zamunda mit einem heute deutlich verkürzten Geduldsfaden.<br />"Vielleicht könnten Sie mich ja zum Mobilfunk durchstellen, dann kläre ich das mit denen."<br />Aber ach, ich vergaß. In Zeiten von mobilem Arbeiten kann Frau DSL ja auch aktuell auf den Malediven liegen, nebenbei einen Cocktail schlürfen und im Schatten des Bananenblattes irgendwelche missmutigen Kunden aus Deutschland abwimmeln - da is nix mit Durchstellen.<br />Wenigstens sagte sie: "Aber ich kann Ihnen die Nummer vom Mobilfunkdienst geben."<br />Wäre perfekt, hätte ich nicht genau die ja gewählt gehabt.<br />Egal. <br />Wählte ich eben nochmal neu, gab die Vodafone-Kundennummer vom Kontoauszug an, die Vodafone nicht hatte erkennen wollen, nochmal die Chef-Mobilfunknummer - und dann hatte ich einen Herrn am Telefon, der erstmal das Kundenkennwort abforderte. Da denkt man ja: Chef-Mobilfunknummer, also Chef-Kundenkennwort.<br />"Tut mir leid, stimmt nicht." Chef und ich probierten dann noch ein paar Alternativen - alles nix. <br />"Ohne Kundenkennwort kann ich Ihnen keine Auskunft geben."<br />"Sie haben aber schon verstanden, dass der Inhaber des Kontos, von dem Sie fleißig abgebucht haben, vor acht Monaten verstorben ist?"<br />"Ja, aber ohne Kundenkennwort darf ich nicht. Aber ich bin hier auch im Businessteam. Vielleicht dürfen die aus dem Privatkundenbereich was sagen, ich kann Sie ja mal durchstellen."<br />Ey. Der Bananenblattwedler von den Malediven stellte mich dann zur Privatabteilung weiter.<br />"Der Vertrag wurde doch im Dezember gekündigt."<br />"Wir wüssten gerne, welcher Vertrag denn das überhaupt ist?"<br />"Ich habe hier leider keinen Datensatz mehr. Weil, das ist ja alles gekündigt."<br />"Es hat bisher nur eine Mobilfunknummer des Vaters gegeben, und die gehörte zu einem Rahmenvertrag. Seine Rufnummer wurde zum 02.08.2023 gekündigt, die Bestätigung von Euch habe ich schriftlich."<br />"Ja, aber dann hatte der Vater eben noch einen Vertrag."<br />"Genau das bezweifeln wir."<br />"Das kann sein. Aber den Vertrag gab es und dazu wurden die Gebühren in Höhe von 27,92 auch abgebucht. Alles rechtens."<br />"Wenn das rechtens ist, dann geben Sie uns doch erstmal die Mobilfunknummer, damit wir selber nachforschen können."<br />"Ich habe hier keine Daten mehr im Computer, tut mir leid."<br />Das war dann der Moment, wo ich ganz tief Luft holte, der Dame einen schönen Tag und das Gespräch für beendet erklärte (das ist jetzt die frisierte Variante), dem Chef wutentbrannt sein Privatpapier in die Hand drückte mit den Worten: "Lass es zurückbuchen oder lass es bleiben, aber lass MICH JETZT HIER RAUS!" (das ist jetzt die nett umschriebene Variante) und meine Lieblingskollegin ebenfalls tief Luft holte, eine Milka-Schokoladenwaffel auspackte, mir vor die Nase legte und energisch sagte: "So und du isst jetzt DAS hier!" (das ist die authentische Variante).<br />Wusstet Ihr eigentlich, dass man Abbuchungen bis zu 13 Monate zurückbuchen lassen kann, wenn man berechtigte Einwände gegen diese Abbuchung erhebt? Kann ich Euch sagen - hatte nämlich erst letztes Woche ein zweifelhaftes Vergnügen mit den Freunden der GEZ. Natürlich Privatauftrag vom Chef. Die zeigten sich ähnlich serviceorientiert wie Vodafone. <br /><br />Jedenfalls, nach der schokolierten Genusswaffel rief der Chef den zweiten Geschäftsführer und mich zu sich, um einige strategische Punkte zu besprechen.<br />"Denkt dran, es muss alles immer noch wirtschaftlich bleiben", meinte er abschließend.<br />Worauf ich mir ein Lächeln nicht verkneifen konnte.<br />"Der, der vielleicht kommt, nimmt den Platz von dem, der jetzt geht. Das kompensiert sich also. Und wenn Du im Mai raus bist, können wir für das Geld noch drei andere einstellen."<br />Er hat verblüfft gelacht. <br />"Du bist aber heute streng mit mir."<br />"Ne Chef. Nur ehrlich."</span></p><p><span>Zum Feierabend rief mich dann noch jemand an, mit dem wir beide gut zusammenarbeiten.<br />Er fragte mich, wie ich denn mit der Prokura zurechtkäme.<br />"Ich hab Angst vor mir selber", antwortete ich wahrheitsgemäß.<br />"Ist es jetzt leichter oder anstrengender?"<br />"Viel anstrengender. Viel mehr Arbeit."<br />Der andere lachte. Ich auch: "Aber die Arbeit hätte ich vermutlich auch, wenn ich die Prokura nicht bekommen hätte. Also bekomm ich wenigstens Schmerzensgeld. Ach ne, Chef sagt ja immer, es ist Schweigegeld."<br /></span></p><p><span>Vielleicht wäre ich heute entspannter gewesen, hätte ich vergangene Nacht nicht nur vier Stunden Schlaf gehabt, die dazu auch noch recht unruhig gewesen waren. Trotz des vorangegangenen intensiven Sportprogramms und der anschließenden wunderbaren Entspannung im Körper und im Kopf. <br />Diese wunderbare Entspannung in Körper und Kopf hat heute aber auch die kleine runde Schokoladenwaffel geschafft. Ist wirklich wahr. Mein Sportprogramm hab ich trotzdem heute am späteren Abend noch durchgezogen. Doch anstatt mich irgendwann danach in die Decke zu kuscheln und in den Schlaf hinüberzudämmern, liege ich hier im Bett und blogge. Während der Mann hunderte Kilometer weit weg vermutlich längst schnarcht nach dem ausgiebigen Tag auf den Skiern. <br />Irgendwas mach ich offensichtlich falsch. </span></p><p>Jetzt hab ich Appetit auf ein Käffchen. Und in knapp fünf Stunden klingelt der Wecker. </p><p>Einen Bonbon muss ich Euch aber heute noch mitgeben. Wer bei Instagram unterwegs ist, der sucht mal nach PaulBokowski. Wenn Ihr den nicht sowieso schon kennt, ich bin ja eh immer so ein Spätzünder.<br />Aber über den hab ich heute mega gelacht! Die Story mit den gelben Pullovern, wirklich, ich dachte, ich brech ab. So geil. Oder die Windsor Castle Story. Herrlich!<br />Diese Art von Humor wirkt bei mir wie eine Kombination aus Sport und Schokoladenwaffel. Schokoliertes Synapsenyoga quasi.<br />Hättsch vielleicht gestern Abend entdecken sollen.<br />Paul hat jetzt jedenfalls zwei neue Follower. Meine Freundin und mich. </p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com15tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-82574074732010697682024-01-22T22:29:00.000+01:002024-01-22T22:29:07.026+01:00Aura<div style="text-align: center;"><iframe frameborder="0" height="400" src="https://youtube.com/embed/86yE_rimOHY?si=xS33Q7TSWGFfyzUl" width="800"></iframe></div><div style="text-align: center;"><br /></div><div style="text-align: left;">Spoiler: Das ist ein Autofahrlied, das muss man richtig dolle laut hören - ist aber nix für Tinnitusgeplagte. Stellte jedenfalls der Mann irgendwann mal augenrollend fest. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Jedenfalls, heut Morgen in aller Herrgottsfrüh hab ich mich auf den Weg ins Büro gemacht. Ich liebe sie, diese dunkle, noch halb verschlafen wirkende Stunde, in der sich gemächlich ein Auto an das andere reiht, die Menschen geduldig an der Ampel warten (das ist übrigens ein absoluter Unterschied von L zu M; in M wird man gnadenlos angehupt oder gleich die Vorfahrt genommen - eine hektische Stadt ist das) und dann bin ich schon eins-zwo-fix auf dem Highway, kann mich noch entspannter zurücklehnen, die Musik aufdrehen, dass der Sitz vibriert. Die Gedanken treiben lassen. Da denke ich noch nicht an den Büroalltag, meistens jedenfalls nicht. Da denke ich tausend Gedanken, eine kurze Reise in die Vergangenheit, eine kurze Tagträumerei ob der Vorstellung, dass ich gerade eben nicht ins Büro, sondern zum Beispiel vielleicht ans Meer fahren könnte, ein Verweilen in der Gegenwart - und das alles untermalt von diesem Track, der sich mit am beständigsten in meiner Playlist hält, die ständigen Anpassungen unterworfen ist.</div><div style="text-align: left;">Sagte ich schon mal, dass ich Spotify echt liebe? Musikgenuss war nie so einfach wie damit :)</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Und dann.. irgendwann auf diesem Weg, da machte es irgendwie Knax in meinem Kopf - so als hätte sich in diesem Augenblick irgendein Knoten gelöst. Ich dachte darüber nach, dass ich ja eigentlich meinen Weihnachtsurlaub gerne noch mal um weitere drei Wochen verlängert hätte, wenn ich denn gekonnt hätte. Vielleicht auch noch länger als diese drei Wochen. Ich fühlte mich einfach so "durch", dass ich dachte, ich komm irgendwie überhaupt nicht mehr auf die Beine. </div><div style="text-align: left;">Heute Morgen aber.. in dieser samtig dunklen Stunde und den überraschend milden Temperaturen.. da dachte ich mit einem Mal, dass es ganz gut so war und ist, den Urlaub eben nicht verlängert haben zu können. Dass es gut so war, dem Alltag wieder zu begegnen. Mich zu lösen aus dem Gedankenkreisel, aus der emotionalen Berg-und-Tal-Fahrt all der Dinge, die mir das Leben schwer machten. Heute morgen überkam mich irgendwie die Gewissheit, dass ich mich vermutlich noch mehr zurückgezogen, mich noch mehr eingeigelt und damit auch keinen einzigen Schritt weitergekommen wäre. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Natürlich ist es hauptsächlich die Musik, die mich immer auf die Beine hebt. Aber es tut mir auch gut, morgens so heiß zu duschen, dass sich die Haut noch rot und warm anfühlt, wenn ich mich längst angezogen, die Haare zu einem Knoten gewunden, den Lidstrich gezogen und mit dem Laptop unter dem Arm das Haus verlassen hab. Mich gedanklich auf ganz andere Themen einzustellen. Mich mit anderen Menschen auszutauschen über Gott und die Welt. Mich gedanklich und emotional auf andere Menschen einzulassen. </div><div style="text-align: left;">Die Sorgen laufen mir nicht weg.</div><div style="text-align: left;">Die Verpflichtungen laufen mir nicht weg.</div><div style="text-align: left;">Aber heut Morgen, so eingereiht, Rücklicht an Rücklicht, die Musik und ich, und dann die Freiheit auf dem erstaunlich leeren Highway, da wusste ich, das tut mir gut. Das ist gut für mich. </div><div style="text-align: left;">Und ab diesem Moment fühlte ich mich auch wirklich endlich wieder besser.</div><div style="text-align: left;">So ein Gefühl, dass es wieder viel mehr ist als nur zu funktionieren. </div><div style="text-align: left;">Ich glaub, ich bin wieder da. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjZYUGxGwhTRdCzCHiH4iGx_VSfn530jGopOIVa1tg7uGcftDR6aY8rSZ-gxFbKRazHhQVl7NPTP84opYM0XpPGKAYKCXAuNPk4b7pvEQW2EeknWq6zc-qWzPcKx1d71Xfwx9l2K9ktCX4Qzrs4qMoqyNS669IYl0sQR538BtBAHVPsLODVpGeVTHar0Co/s1856/IMG_9915.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1856" data-original-width="1782" height="640" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjZYUGxGwhTRdCzCHiH4iGx_VSfn530jGopOIVa1tg7uGcftDR6aY8rSZ-gxFbKRazHhQVl7NPTP84opYM0XpPGKAYKCXAuNPk4b7pvEQW2EeknWq6zc-qWzPcKx1d71Xfwx9l2K9ktCX4Qzrs4qMoqyNS669IYl0sQR538BtBAHVPsLODVpGeVTHar0Co/w614-h640/IMG_9915.jpg" width="614" /></a></div><br /><div style="text-align: left;"><br /></div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com5tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-55573142611942663222024-01-13T00:36:00.001+01:002024-01-13T00:36:33.021+01:00almost one year around<div style="text-align: center;"><iframe frameborder="0" height="400" src="https://youtube.com/embed/giEOcBLcnfE?si=NiKqfwMuIs3CvF0Q" width="800"></iframe></div><div style="text-align: center;"><br /></div><div style="text-align: left;">Fühlt es sich nur so an oder verfliegt die Zeit so unfassbar schnell?</div><div style="text-align: left;">Ich ertappe mich dabei, wie ich auf Fragen antworten möchte, dass wir erst im letzten Jahr geheiratet haben. Dass wir erst seit wenigen Wochen von M nach L gezogen sind. </div><div style="text-align: left;">Dabei werden es schon bald zwei Jahre her sein, als wir für das gemeinsame Ja unterschrieben haben - und noch eher wird es ein Jahr her sein, dass wir hier in L wohnen, uns hier eingerichtet haben.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Bevor die Weihnachtstage begannen, hatte ich mir vorgenommen, endlich meine Steuerunterlagen der letzten drei oder vier Jahre anzufertigen. Endlich die Fotowand kreieren, um der neuen Wohnung mehr von meinem Ich zu verleihen. Mehr Farbe, mehr Wärme, mehr Herzlichkeit. Zum Mut für Farbe an der Wand konnte ich den Mann noch nicht begeistern, aber zumindest stimmte er meinen alternativen Plänen hierfür zu.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Und nun.. Ist mit heute der letzte Tag von drei ganzen langen Wochen Urlaub geendet. Was hab ich von dem erledigt, das ich tun wollte? Nichts wirklich.. Lediglich der neue digitale Ordner blinkt, der mit den wenigen Fotos, die ich dem Mann für unsere Fotowand vorschlug und über die wir uns noch einigen müssen. Aber sonst... Sitze ich hier im Schneidersitz auf meinem Sofa, die Stöpsel in den Ohren, wie so oft in den letzten Tagen, und weil der Mann sich heut Abend schon schlafengelegt hat; ich hör Musik und.. überwinde mich zu schreiben.</div><div style="text-align: left;">Ja, es kostet mich momentan noch immer Überwindung. </div><div style="text-align: left;">Zugleich fühlt es sich aber auch wieder gut an.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Und wie fühlen sie sich an, diese ersten zehn Monate in unserem neuen Zuhause?</div><div style="text-align: left;">Gib dir Zeit, hab ich mir oft gesagt, du warst acht Jahre fort.</div><div style="text-align: left;">Zurückgekehrt bin ich an den Ort, wo ich zuvor etwa fünfundzwanzig Jahre gelebt hab. Vieles hat sich verändert - und irgendwie doch nicht verändert. Dennoch fällt es mir irgendwie schwerer als angenommen, mich hier wieder einzugewöhnen. Mich auch in die neue Wohnung einzugewöhnen. Es liegt wohl wirklich hauptsächlich daran, dass ihr eben noch.. meine "Seele" fehlt. Es ist noch nicht "meins", ich bin einfach noch nicht fertig. Und ist es ja nicht auch gerade das Schöne daran, dass man so langsam hineinwächst, über die Zeit hin gestaltet, verändert? </div><div style="text-align: left;">Dafür entdecke ich immer wieder etwas Neues, das mir gefällt, das schön ist. Diese vielen kleinen Dinge, die es für mich ausmachen. </div><div style="text-align: left;">Im Gegenzug bittet der Mann immer öfter: "Lass uns zurückgehen."</div><div style="text-align: left;">Manchmal sagt er das so oft, dass ich mich beginne zu fragen, ob das alles richtig so war. Ob wir überhaupt alles richtig so gemacht haben. München war nie als Endlösung gedacht. Es war immer sicher, dass es nur eine Lösung auf Zeit sein würde. Auch wenn ich mich überraschend schnell eingewöhnt hab. Auch wenn es bis heute Dinge gibt, die ich vermisse. Auch wenn überhaupt nicht klar ist, ob sich der Traum vom Meer eines Tages erfüllen lässt. </div><div style="text-align: left;">Aber was, wenn er hier nicht mehr glücklich werden kann? Was, wenn das Heimweh und seine Sehnsucht nach den Bergen zu groß werden?</div><div style="text-align: left;">Was, wenn ich nicht wieder mit zurückgehen möchte, weil ich hier noch eine Aufgabe zu erfüllen hab?</div><div style="text-align: left;">Was, wenn ich nicht wieder mit zurückgehen möchte, weil München nicht mein Lebensmittelpunkt ist für den Rest meines Lebens?</div><div style="text-align: left;">Manchmal kann ich spüren, wie mir die Flügel erlahmen, wenn er gereizt, genervt auf Dinge reagiert, über die wir normalerweise lachen. Wie hilflos ich mich fühle, wenn er sagt, dass wir nie von München hätten fortgehen sollen. Dann hab ich mich auch schon ertappt dabei zu sagen: "Dann machen wir es so. Du gehst zurück und ich suche mir hier eine kleine Wohnung."</div><div style="text-align: left;">Darauf ist der Mann nicht eingegangen, kein einziges Mal. </div><div style="text-align: left;">Wieder ein Leben auf Distanz führen - wollten wir das überhaupt wirklich? </div><div style="text-align: left;">Die Bedingungen haben sich verändert - wir können, wenn wir das wollen, öfter von zu Hause aus arbeiten. Wären nicht mehr so angestrengt und gestresst wie noch vor neun Jahren, als wir erst am Ende einer langen, arbeitsreichen Woche die Reise zueinander antreten konnten. </div><div style="text-align: left;">Aber könnte uns das retten?</div><div style="text-align: left;">Oder würden wir uns viel mehr an dieses Leben auf Distanz gewöhnen - und uns voneinander entwöhnen? </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Gib ihm Zeit, sage ich mir im Gegenzug öfter. Er war sehr viel länger von hier fort als ich. Und im Gegensatz zu ihm bin ich ein Zugvogel.. Ich kann mich überall dort niederlassen, wo ich mich wohlfühle.. Und zumindest eine ganze Zeitlang dort verweilen. So lange, bis es mich wieder weiterzieht...</div><div style="text-align: left;">"Du hast viel mehr Leichtigkeit als ich", hat der Mann heut Abend zu mir gesagt. Und mich dann angeschaut, weil ich darauf nicht geantwortet hatte. </div><div style="text-align: left;">Er hat schon recht. Auch wenn es sich momentan so anfühlt, als wären meine Flügel immer noch lahm irgendwie. Immer, wenn ich aufatme oder das Gefühl hab, dass alles schön so ist wie es ist, kommt jemand oder irgendwas, das mir ein neues Gewicht an die Flügel hängt. Eine komische Zeit ist das. </div><div style="text-align: left;"><br /></div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com6tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-72374891804556449782024-01-08T20:37:00.007+01:002024-01-08T20:45:39.419+01:00Einatmen - Aufatmen<div style="text-align: center;"><iframe frameborder="0" height="400" src="https://youtube.com/embed/3ZvmHqfiV5A?si=HCIrz8Fsj--wnwPC" width="800"></iframe></div><div style="text-align: center;"><br /></div><div style="text-align: left;">Ich hab mir immer einen schönen Holztisch gewünscht, um den ich mit der Familie, mit Freunden sitzen würde. Wir würden Gläser auf den Tisch stellen, etwas zu trinken, etwas zu essen. Wir würden reden, lachen, an Sommerabenden die große Tür zur Terrasse öffnen, um die letzte Wärme des Tages in das Haus zu lassen. Musik würde im Hintergrund durch den Raum perlen, ich würde mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht schieben und lächeln.. Dankbar sein für den Moment, für den Augenblick - und für die Menschen, die diesen mit mir teilen.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Solange ich denken kann, hatten meine Eltern einen großen Tisch in ihrer Küche. Daran wurde gefrühstückt, zu Abend gegessen, am Wochenende zu Mittag. Es wurde dabei über alles mögliche geredet. Über den Tag, über die Ereignisse, über Sorgen und Probleme - und über die Höhepunkte des Tages oder der Woche. Es wurden Pläne geschmiedet oder welche verworfen.</div><div style="text-align: left;">Später, als die Brüder schon ausgezogen waren, da kamen sie immer vorbei, kaum dass die Mama den Wasserkessel auf den Herd gestellt hatte, um Kaffee zu kochen.</div><div style="text-align: left;">"Als würden sie es riechen", hat sie immer gelacht.</div><div style="text-align: left;">Und dann wurde gemeinsam ein Käffchen getrunken, über dies und jenes geratscht - und dann ging jeder wieder seiner Wege. </div><div style="text-align: left;">Ich hab mir immer einen solchen Familientisch gewünscht.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Heute, in der Mitte meines Lebens, da haben wir so einen Tisch. </div><div style="text-align: left;">Noch immer denke ich an die Zeilen von Anonym aus dem Kommentar zu meinem letzten Post:</div><div style="text-align: left;"><i>"Vielleicht hat sich das mit dem Umzug und der beruflichen Verantwortung und Mehrbelastung auch nicht das erfüllt, was Sie sich wünschten."</i></div><div style="text-align: left;">Ich habe diesen Satz mehrfach gelesen, ihn hin und her gewendet, von verschiedenen Seiten betrachtet. Und wenn ich so darüber nachdenke... </div><div style="text-align: left;">Weniger im Home Office und mit mehr Präsenz im Büro - daran muss ich mich noch immer gewöhnen. Morgens sehr viel eher aufstehen, abends durch den Berufsverkehr nach Hause schlängeln, müde sein..</div><div style="text-align: left;">Dem Mann zuhören, der sich wiederum an die Stille des Home Office gewöhnen muss. </div><div style="text-align: left;">Dem das Heimweh in der Seele brennt.</div><div style="text-align: left;">Und dann war da auch immer diese Idee, diese Vorstellung in meinem Kopf: "Wenn die Jungen erwachsen geworden sind, ihr eigenes Zuhause haben, dann wohne ich ganz in ihrer Nähe und dann kommen sie immer mal vorbei. Vielleicht nach der Arbeit, vielleicht vor der Arbeit, vielleicht mal auf einen Sprung am Wochenende."</div><div style="text-align: left;">Die Realität ist, dass der Jüngere viel zu oft keine Zeit hat. Wir wohnen seit zehn Monaten wieder in L - und ich habe ihn in all der Zeit wohl um die vier- oder fünfmal gesehen. Nein, ich dränge ihn nicht, mahne ihn nicht, bettle ihn nicht. Ich weiß, dass er gern öfter hier wäre - und ich weiß, dass er sich so schon zwischen den Welten zerreißt. Und dem Älteren.. dem fehlt die Energie.</div><div style="text-align: left;">Lange Zeit nahm ich an, es sei der Tribut dessen, einen Vollzeit- und einen Minijob zu haben. Lange Zeit dachte ich, er sei das lebende Beispiel dafür, was es mit einem Menschen macht, der zuviel allein ist. Lange Zeit vermutete ich, den einen quälen Depressionen, weil er zuviel allein ist; und der andere bekäme langsam Depressionen, weil er zu wenig allein sei.</div><div style="text-align: left;">Dabei zusehen zu müssen, hat mich innerlich fast zerrissen.</div><div style="text-align: left;">Und dann stellten sich beim Älteren Symptome ein, die ich anfangs nicht miteinander verband. Sie kamen schleichend, und dann wurden sie immer deutlicher. </div><div style="text-align: left;">Wirklich Angst wurde mir, als die Sprache undeutlich wurde. Darauf reagierte ich sofort. </div><div style="text-align: left;">Diese verschiedenen Verdachtsdiagnosen, von denen eine innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit ausnahmslos zum Tod führt, entzog mir von einem Moment auf den anderen den Boden. So viele Tränen in mein Nachtkissen, so viele stummen Gebete zu wem auch immer und mit diesem Wunsch: "Nicht er, bitte, nicht er. Dann lieber mich."</div><div style="text-align: left;">Ein so tiefer Fall, ein so tiefer Schock, dass ich - auch wenn ich längst weiß, dass sich keine dieser schlimmen Diagnosen bestätigt hat, sondern die Lösung sehr viel "einfacher", weil - wenn auch auf Lebenszeit - behandelbar ist - mich bis heute nicht wirklich davon erholt hab.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Die Zeit um Weihnachten, die Tage danach... Hab ich gelebt, hab ich geatmet, hab ich gegessen, getrunken, geschlafen? Ich weiß es nicht mehr. </div><div style="text-align: left;">Mein Kopf war so leer, meine Seele war leer. Die einzige Energie, die ich aufbringen konnte, war die, meinen Jungen zu Terminen zu fahren oder zu begleiten, für ihn zu sorgen. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Der eigentliche Plan hatte vorgesehen, die Zeit zwischen Weihnachten und dem 7. Januar mit Weihnachtsfilmen, heißer Schokolade oder heißem Kaffee in Flanellhosen und mit Stricksocken der Mama zu füllen, mich auf dem Sofa zu fläzen, endlos ausschlafen und dem süßen Nichtstun zu frönen. Freunde besuchen oder einladen. Puzzeln. Malen. Lesen. Sowas vielleicht - oder vielleicht auch gar nichts von all dem.</div><div style="text-align: left;">"Was willst du mit zwei Wochen Urlaub machen?" hatte der Mann gefragt und ich hatte die Augenbrauen gehoben: "Ich versteh die Frage nicht."</div><div style="text-align: left;">Wieso <i>machen</i>? Ich wollte genau NICHTS machen. Nicht gefordert werden. Nicht gefordert sein. Nur.. ich sein. Me-Time nennt man das wohl heute. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi6pnOcSeSHqQGh0ziK2KYS69L1LAg1o8GZUOFVgMgxJWDj4WlSQ3ItjI4fjioLpXXeHtl1cEUB_XGDAaGdKbMo4cc89nke9LJsxk9GD99K86eI1ngQ8idMZOsjZ0_XUuWVMfoD2wjR-UlyvhnDvPE7b1KwuH3CB6Z-lwRNs02Uu_4lHp_BjAjQJ1dip50/s1476/IMG_0418.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1476" data-original-width="1169" height="640" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi6pnOcSeSHqQGh0ziK2KYS69L1LAg1o8GZUOFVgMgxJWDj4WlSQ3ItjI4fjioLpXXeHtl1cEUB_XGDAaGdKbMo4cc89nke9LJsxk9GD99K86eI1ngQ8idMZOsjZ0_XUuWVMfoD2wjR-UlyvhnDvPE7b1KwuH3CB6Z-lwRNs02Uu_4lHp_BjAjQJ1dip50/w506-h640/IMG_0418.jpg" width="506" /></a></div><br /><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Die Realität ist, dass ich nichts von meiner eigentlichen Vorstellung umgesetzt habe. </div><div style="text-align: left;">Die Realität ist, dass ich kurzfristig an die geplanten zwei Wochen Urlaub eine dritte Woche angehangen habe.</div><div style="text-align: left;">Und langsam, so ganz langsam spür ich meine Energie wieder. Meinen Tatendrang. </div><div style="text-align: left;">Es ist, als hätte ich vor einigen Wochen die Luft angehalten... und könnte so langsam wieder aufatmen. Frei atmen. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Mit 2023 habe ich inzwischen meinen inneren Frieden machen können. Nichts ist so schlimm gekommen wie es klang. Und das Wichtigste: Die Jungen sprechen wieder miteinander. Sitzen wieder gemeinsam am Tisch. An unserem Familientisch.</div><div style="text-align: left;">Für 2023 war das hier mein wichtigster Erfolg. </div><div style="text-align: left;">Aber ich bin froh, wirklich froh, dass das Jahr vorbei ist. Es hat an mir geklebt und mich beschwert. </div><div style="text-align: left;">Für 2024 habe ich keine Vorstellung und keine Vorsätze. </div><div style="text-align: left;">Ich hab nur die Hoffnung, dass es irgendwie wieder leichter wird. </div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com9tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-61021035578057874122023-11-08T22:56:00.001+01:002023-11-08T22:56:51.065+01:00Die kostbaren Augenblicke<div style="text-align: center;"><iframe frameborder="0" height="400" src="https://youtube.com/embed/WTMRnHLF_TY?si=BJhiYqrvzxjS3_ix" width="800"></iframe></div><div style="text-align: center;"><br /></div><div style="text-align: left;">Die Zeit, sie vergeht so irrsinnig schnell. </div><div style="text-align: left;">Gerade haben wir noch mit Herzklopfen das neue Jahr ersehnt, uns vorgestellt, was es an hoffentlich Gutem bereithalten würde, haben Pläne geschmiedet oder auf eine Zeit gehofft, die losgelöster wäre von Zweifeln, Ängsten. Auf eine Zeit, die Gutes mit sich bringen würde.</div><div style="text-align: left;">Gerade haben wir noch das erste zarte Grün in den Gärten und an den Bäumen in der Straße bewundert, die Mäntel gegen die Sommerkleider getauscht, im Meer gebadet, barfuß Muscheln und Steine gesammelt und über den weiten Horizont des Meeres geschaut, die Augen mit der Hand abgedeckt ob der Sonnenstrahlen. In der Sonne gelegen und in der Nacht die verbrannten Stellen auf der Haut mit leichter Creme abgedeckt.</div><div style="text-align: left;">Und hat man sich nur ein einziges Mal umgewendet, ist der Herbst schon herangekommen, hat die Bäume in goldrote Farben getaucht, für kurze Zeit nur, und jetzt rieseln sie Tag für Tag zu Boden.. Das Schnarren der Raben kündigt sie an, die kalte Zeit..</div><div style="text-align: left;">Und nun ist es beinah zum Greifen nah, das Ende dieses Jahres. Ein Jahr, von dem ich für mich noch nicht entschieden habe, wie es sich anfühlen soll.</div><div style="text-align: left;">"Geht es dir gut?" hat der Mann mich gestern Morgen gefragt.</div><div style="text-align: left;">Was soll ich darauf antworten?</div><div style="text-align: left;">Ich habe ein schönes, warmes Zuhause.</div><div style="text-align: left;">Ich habe einen Job; einen fordernden - aber einen guten.</div><div style="text-align: left;">Ich habe gesunde Kinder, soweit.</div><div style="text-align: left;">Ich bin selber gesund, soweit.</div><div style="text-align: left;">Was kann man anderes darauf antworten, als dass es einem gut ginge?</div><div style="text-align: left;">Und dennoch.. kann ich nachts kaum noch schlafen, drehe und wende ich mich hin und her, decke mich auf, decke mich zu, starre mit großen Augen in die Dunkelheit und versuche, all diese Gedanken aus meinem Kopf herauszubekommen, die mich am Schlaf hindern. </div><div style="text-align: left;">Eine Zeitlang habe ich mich gefragt, ob es am Älterwerden liegt, dass so viele Dinge mich sorgen. Doch wenn ich mich so umhöre.. Dann ist es längst keine Frage des Alters mehr. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Es hat mal eine Zeit gegeben, in der ich mir einen Raum für mich gewünscht habe. Ein kleines Hotelzimmer irgendwo in irgendeiner Stadt, die ich nicht kenne. Fremde Straßen, fremde Hausnummern, fremde Zimmer mit einem Bett darin nur für mich ganz allein. Einer Kommode, einem breiten Fensterbrett, auf dem ich mich niederlassen und hinausschauen könnte. Mich herauslösen aus dem Alltag und hineintauchen in eine fremde Welt, die meine Sinne inspiriert und mir Zeit und Raum nur für mich selbst ermöglicht. </div><div style="text-align: left;">Als ich den Song "Motel" für mich entdeckte, fühlte ich mich an längst vergangene Zeiten und längst verblichene Erinnerungen berührt. An Nächte in irgendwelchen Motels. An meine Sehnsucht, zu verreisen, die Tasche hinten auf dem Rücksitz mit nichts darin außer einigen Kleidern, ein paar Büchern und dem Strohhut. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Die Realität aber hier und jetzt ist, dass ich von früh bis abends arbeite und immer dann, wenn ich denke, endlich mal wieder etwas Luft am geschnürten Hals zu bekommen, neue Forderungen auf den Tisch bekomme. Den Deadlines und Terminen hinterherjage, weil dieses "was heute nicht wird, wird morgen" nicht das meine ist. Weil die Gleichgültigkeit anderer mich wahnsinnig macht. </div><div style="text-align: left;">Im Kopf all die Arbeit und all die privaten Sorgen, die mich bis unter die Haarwurzeln belasten, die ich hier aber nicht ausbreiten mag. Aber da ist dieses Gefühl... dass alles an mir zerrt und zehrt. Dass ich nicht mehr zur Ruhe finde, im Kopf nicht und in der Seele nicht. Und dabei zusehe, wie ich jeden Tag an meiner Mühe scheitere, versuchen zu wollen, dass es allen gut geht, dass alle gut zueinander sind.. </div><div style="text-align: left;">Schon längere Zeit zittern meine Hände, vibriert mein ganzer Körper, die Herzfrequenz am Anschlag.</div><div style="text-align: left;">Ich weiß gar nicht, wie lange das her ist, dass es mir so ging, aber gestern Mittag hab ich mich im Büro im Badezimmer eingeschlossen und nur geweint. So richtig geweint wie früher als Kind. </div><div style="text-align: left;">Darüber sprechen kann ich nicht, weil ich gar nicht weiß, mit wem. </div><div style="text-align: left;">Den wenigen, denen ich im Büro vertraue, mag ich es nicht sagen. Wir haben alle unsere Sorgen, wir haben alle zu tun. </div><div style="text-align: left;">Der Mann hat mit sich zu tun. </div><div style="text-align: left;">Den wenigen, denen ich außerhalb des Büros vertraue, haben ganz andere, elementare Sorgen - da muss ich ihnen nicht mit meinen Luxusproblemen kommen. </div><div style="text-align: left;">Stattdessen höre ich mir die Sorgen und Probleme anderer an und denke mir, worüber beklage ich mich eigentlich..</div><div style="text-align: left;">In den letzten Wochen habe ich oft gemalt - aber ich spüre schon, bevor ich mich an meinen Maltisch setze, ob "es fließt oder nicht". Und da fließt irgendwie nichts mehr. Der Kopf ist blockiert, die Seele nicht frei. Ich habe Angst bekommen vor der Zukunft, wenn ich höre und sehe, was in der Welt passiert, was hier bei uns passiert. Ich frage mich, wohin ich gehen kann, um mich all dem zu entziehen - und wie ich es anstelle, dass der Mann und meine Kinder mit mir kommen. </div><div style="text-align: left;">Ich zucke zusammen, wenn ich höre und lese, wie Menschen miteinander sprechen, miteinander umgehen. </div><div style="text-align: left;">Mir wird das Herz schwer, wenn ich höre und sehe, wie innerhalb der Familie übereinander gesprochen und miteinander umgegangen wird. </div><div style="text-align: left;">Mir wird das Herz noch schwerer, wenn ich mich fragen muss, ob dieser eine Geburtstag der letzte Geburtstag sein wird, den wir feiern.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Ein kluger Mensch hat mal gesagt: "Wir brauchen viele Jahre, bis wir verstehen, wie kostbar Augenblicke sein können."</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Und warum leben wir sie dann nicht?</div><div style="text-align: left;"><br /></div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com14tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-62757167897983729872023-09-19T01:11:00.002+02:002023-09-19T01:11:29.372+02:00Nachtgedanken<div style="text-align: center;"><iframe frameborder="0" height="400" src="https://youtube.com/embed/lYMt7xMd5NM?si=TeB9bmW7dVRiJeSB" width="800"></iframe></div><div style="text-align: center;"><br /></div><div style="text-align: left;">Vor kurzem hab ich ein Mini-Interview gesehen mit einer Krankenschwester aus England, glaube ich. Sie hat schon viele Menschen beim Sterben begleitet und auf die Frage, was diese Menschen so kurz vor ihrem Abschied am meisten beschäftigte, antwortete sie: Als erstes sagen die Menschen, sie hätten weniger arbeiten und mehr das Leben genießen sollen. (Das zweite habe ich vergessen.) Und als drittes sagen die Menschen, sie hätten das Leben führen sollen, das sie wirklich wollten - und nicht das, was man von ihnen erwartete.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Mir gingen bei diesen Worten zwei Dinge durch den Kopf. Zum einen, dass ich nach all den Jahren immer noch sehr erleichtert darüber bin, dass das Leben vor nun genau zwanzig Jahren eine völlig andere Richtung eingenommen hatte. Damals sagte ich zu dem Mann, von dem ich mich gerade erst getrennt hatte, dass wir beide alle Möglichkeiten in der Hand hielten und nun jeder für sich etwas daraus machen könnte. Das Richtige für sich tun könnte. </div><div style="text-align: left;">Würde ich diesen Weg nicht gegangen sein, damals, dann wäre ich vermutlich Jahre später nicht mehr gegangen - und würde irgendwann vor meinem Ende all das bedauern, was ich eben nicht getan habe..</div><div style="text-align: left;">Mir gingen auch die Worte des heutigen Mannes durch den Kopf, der vor sehr langer Zeit mal zu mir sagte, dass ich vielleicht nicht genug arbeiten würde, wenn ich nicht so viel Geld verdiene.</div><div style="text-align: left;">Dazu muss ich sagen: Ich hab immer gern gearbeitet, weil ich es liebe, eine Aufgabe zu haben. Etwas habe, an dem ich mich messen und an dem ich wachsen kann. Das, was ich mache, hab ich immer mit Herzblut gemacht. Arbeit habe ich nie gescheut. Vielleicht kann man eher sagen, dass ich in einer Berufsgruppe unterwegs bin, für die mir die eine oder andere Zusatzausbildung oder Qualifizierung fehlt, um dort mehr Gehalt zu bekommen. </div><div style="text-align: left;">Bis heute habe ich weder das eine noch das andere nachgeholt - die Gründe hierfür sind verschieden - aber wo ich heute angekommen bin, das erfüllt mich mittlerweile doch mit einem guten Gefühl. Oder Stolz - darf man Stolz überhaupt noch sagen? Inzwischen sind ja so viele Worte und Empfindungen negativ besetzt, dass ich heute schon noch mehr überlege, was ich sage und wie ich es ausdrücke.</div><div style="text-align: left;">Jedenfalls, die Position, die ich heute hab, verbunden mit dem Gehalt, das ich seither bekomme, fordern eben auch ihren Tribut. Dass ich arbeite, auch wenn ich erkrankt bin; dass ich auch mal arbeite, wenn ich im Urlaub bin; dass ich vor allem im Home Office oft zehn Stunden am Tag arbeite - das hab ich alles schon vor Gehalt und Position gemacht - aber heute werde ich eben auch dafür bezahlt. </div><div style="text-align: left;">Ich denke, ein Stück weit wird einfach von mir erwartet und auch vorausgesetzt, keinen Dienst nach Vorschrift zu machen. Das war zwar noch niemals meine Einstellung, dennoch führt meine Arbeitsweise auch heute noch immer wieder zu Diskussionen mit dem Mann. Er wünschte sich, ich würde weniger arbeiten - nur wäre ich ohne Herzblut und Engagement eben nicht da, wo ich heute bin..</div><div style="text-align: left;">Gleichwohl ist Abgrenzung nach wie vor ein großes Lernthema für mich. Sicherlich bin ich da schon vorangekommen, aber da.. ist noch Luft nach oben, würde ich sagen. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Nach dem Urlaub im Sommer hab ich mich so herrlich entspannt und erholt gefühlt - und dieses Empfinden hielt eben einfach nicht lange an. Jetzt sind wir für einige wenige Tage nach Italien gefahren. Ich liebe dieses Land, ich liebe diese Lebensart - auch wenn ich immer wieder schmunzeln muss, weil die Italiener so furchtbar hektisch sprechen. Aber ich liebe ihr Essen, ihre Lebensart, insbesondere der Menschen in der Toskana, fernab von größeren Metropolen. Ich bin wirklich sehr gern hier - und frage mich öfter: Wo möchte ich später mal sein, wenn ich nicht mehr arbeiten muss?</div><div style="text-align: left;">An die Küste - und welche? Kann ich das auch dann bezahlen, wenn der Mann nicht mehr bei mir ist? </div><div style="text-align: left;">Wie finanziert sich mein Leben dann überhaupt? Genügt die Vorsorge? Genügt das Einkommen nach dem Arbeitsleben? Was brauche ich selbst und wieviel brauche ich, um glücklich zu sein?</div><div style="text-align: left;">Ich glaub, diese Antwort ist.. ziemlich einfach.</div><div style="text-align: left;">Eigentlich.. brauche ich nur die Musik und das Malen. </div><div style="text-align: left;">Einen kleinen bezahlbaren Wohnraum für mich finde ich ganz sicher, ganz gleich wo. </div><div style="text-align: left;">Eigentlich.. mache ich mir da nicht wirklich Sorgen. </div><div style="text-align: left;">Nur Gedanken. Hin und wieder. Mal mehr, mal weniger..</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Und inmitten dieser Gedanken stolperte ich über die Gedanken einer anderen Bloggerin und deren "Prokrastinationsstöckchen".. Wann immer ich solche Fragen lese, formuliere ich selbst beim Lesen fremder Antworten meine eigenen...</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>1. Wo ist Dein Handy?</b></div><div style="text-align: left;">Neben mir. "Du und dein Handy" murrt der Mann ja oft. Irgendwie hat er recht. Das Teil und ich sind vermutlich schon sowas wie ne Symbiose eingegangen. Aber da ist einfach auch alles drauf, was ich brauch. Ganz voran - dank Spotify - eine ungeahnte Fülle an für mich toller Musik.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>2. Dein Partner?</b></div><div style="text-align: left;">Steht grad draußen in der Nacht aufm Balkon. Er hatte schon geschlafen, war wieder aufgestanden und nun wartet er, dass ich hier fertigwerde und mich mit ins Bett begebe :)</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>3. Deine Haare?</b></div><div style="text-align: left;">Wachsen wieder. Gott sei Dank. War doch bisschen erschrocken, wieviel beim letzten Friesemeistergang abgesäbelt worden war. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>4. Deine Mama?</b></div><div style="text-align: left;">Die ist beim Papa.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>5. Dein Papa?</b></div><div style="text-align: left;">Der ist bei der Mama.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>6. Dein Lieblingsgegenstand?</b></div><div style="text-align: left;">Hm. Ich habs nicht so mit Superlativen. Vermutlich bin ich da typischer Zwilling: Kann mich so schlecht festlegen :)</div><div style="text-align: left;">Der Mann hingegen würde ja jetzt sofort sagen: "Na dein Handy!"</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>7. Dein Traum von letzter Nacht?</b></div><div style="text-align: left;">Hm, gruselig.. Ich träumte, ich stünde in einem Wohnhaus (irgendwie ähnelte es dem Haus, in dem ich mit dem Ex lebte) unten an der Tür und irgendein Mann wollte, dass ich rauskomme und mit ihm mitgehe. Mir wurde jedoch bewusst: Eh das geht schief, der ist gefährlich.</div><div style="text-align: left;">Also hab ich die Tür zugeschlagen und versucht, in eine der Wohnungen zu fliehen, bevor der Mann die Tür öffnen und mich jagen konnte. Aber da gab es keine Wohnungen und in diesem Haus und keine Tür, die sich für mich öffnete.. Da bin ich aufgewacht.</div><div style="text-align: left;">Ich hatte sehr, sehr lange Ruhe vor beklemmenden oder gar Alpträumen. </div><div style="text-align: left;">Jetzt geht die Scheiße hoffentlich nicht wieder von vorne los.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>8. Dein Lieblingsgetränk?</b></div><div style="text-align: left;">Na gut, das ist einfach ;)</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>9. Dein Traumauto?</b></div><div style="text-align: left;">Klein und handlich muss es sein. Und ich bin noch immer ein Fan von Audi. Kann mir nicht helfen, war schon immer so. Der Mann zeigte mir heute so nen kleinen Fiat 500 oder so - kennt Ihr sie noch, diese alten, runden Modelle? Er meinte: "Das wird später mal dein Stadtauto" und ich grinste breit. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>10. Der Raum, in dem Du Dich befindest?</b></div><div style="text-align: left;">Im Wohnbereich der Ferienwohnung. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>11. Dein Ex?</b></div><div style="text-align: left;">Ich denke an dieser Stelle nach vorn, nicht zurück.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>12. Deine Angst?</b></div><div style="text-align: left;">Oh, hm, mehrere: vor Höhe, vor Enge. Begraben, verbrannt zu werden, ohne wirklich tot zu sein. Am schlimmsten: Angst um die Kinder. Je oller, je doller. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>13. Was möchtest Du in 10 Jahren sein?</b></div><div style="text-align: left;">Glücklich. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>14. Mit wem verbrachtest Du den gestrigen Abend?</b></div><div style="text-align: left;">Mit dem Mann. Ich malte, er las. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>15. Was bist Du nicht?</b></div><div style="text-align: left;">Geduldig. Knitterfrei. </div><div style="text-align: left;"><b><br /></b></div><div style="text-align: left;"><b>16. Das Letzte, was Du getan hast?</b></div><div style="text-align: left;">Grußkarten malen. Verlege mich grad vom Steine bemalen auf Grußkarten malen und übe mich hierbei in Aquarell. Da ist aber noch wirklich ganz, ganz viel Luft nach oben. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>17. Was trägst Du?</b></div><div style="text-align: left;">Ein Sommerkleid.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>18. Dein Lieblingsbuch?</b></div><div style="text-align: left;">Ein ganzes halbes Jahr. Da ist sooo unfassbar viel von mir in der Protagonistin.</div><div style="text-align: left;">(Und grad stell ich fest, ich kann ja doch in Superlativen ;))</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>19. Das letzte, was Du gegessen hast?</b></div><div style="text-align: left;">Spaghetti Bolognese. Selbst gemacht. Danach war ich so satt, dass ich kein Abendessen mehr brauchte.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>20. Dein Leben?</b></div><div style="text-align: left;">Es fühlt sich vieles neu und ungewohnt an. Mit dem Rückzug von M nach L haben der Mann und ich die Seiten getauscht. Jetzt ist er fast ausschließlich im Home Office, während ich wieder mehr ins Office gehe. Wie sehr mich das noch anstrengt, spüre ich daran, wie sehr ich mich auf diese kleinen Kurzurlaube freue. Kein "wir machen nur einen Urlaub im Jahr", sondern "wir verteilen unsere freien Zeiten auf zwei-, dreimal im Jahr" - und ich genieße das nicht nur, ich brauche das momentan wirklich. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>21. Deine Stimmung?</b></div><div style="text-align: left;">Ausgeglichen. Entspannt. Hier hab ich überlegt, ob ich das schreibe. Weil.. Immer, wenn ich hier im Blog schrieb, dass es mir grad gut geht oder so, dann und wirklich immer dann ist im Anschluss irgendetwas vorgefallen, was mir genau diese Stimmung wieder genommen hat..</div><div style="text-align: left;">Ich bin nicht abergläubisch, aber nach der x-ten Wiederholung schleicht sich dann doch ein etwas mulmiges Gefühl ein. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>22. Deine Freunde?</b></div><div style="text-align: left;">Fast alle wieder in der Nähe - nur liegts hauptsächlich an mir, dass ich nur wenige wiedergesehen habe und es auch noch keine Wiederholungen gab. Ich muss mich noch reinfinden in den neuen Rhythmus in L. Womit ich auch wieder beim Lernprozess des Abgrenzens wäre ;)</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>23. Woran denkst Du gerade?</b></div><div style="text-align: left;">Oh da bin ich typisch Frau und typisch Zwilling: In meinem Kopf gehts grad zu wie auf nem Jahrmarkt. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>24. Was machst Du grad?</b></div><div style="text-align: left;">Na bloggen??!!</div><div style="text-align: left;"><b><br /></b></div><div style="text-align: left;"><b>25. Dein Sommer?</b></div><div style="text-align: left;">Oh, ich hab eins festgestellt: Ich bin kein Sommerkind mehr. Am Winter mag ich nicht, dass die Bäume kahl und die Landschaft oft so trist ist.</div><div style="text-align: left;">Was liebe ich also? Genau. Den wundervollen Herbst mit seinem goldgelben Kleid. Ich freu mich so auf die Zeit meiner rosafarbenen Strickhandschuhe, den Strickstrümpfen und den Boots, dem Schal und den heißen Kakao oder Milchkaffee.. DAS ist einfach meine Zeit!</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>26. Was läuft in Deinem TV?</b></div><div style="text-align: left;">Nichts. Im Urlaub brauchen wir den nicht. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>27. Wann hast du das letzte Mal gelacht?</b></div><div style="text-align: left;">Heute Abend über den Mann. Oder besser gesagt: Wegen dem Mann ;) Ein kleiner, aber bedeutender Unterschied. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>28. Das letzte Mal geweint?</b></div><div style="text-align: left;">Das ist eine Weile her und es ging um meinen Jungen. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>29. Schule?</b></div><div style="text-align: left;">Ich lerne jeden Tag etwas dazu.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>30. Was hörst Du gerade?</b></div><div style="text-align: left;">Obigen Song (in Dauerschleife). Das ist so eine Kategorie, das hör ich am liebsten beim Autofahren, beim Bummeln in der Stadt, beim Sitzen in der Sonne...</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>31. Liebste Wochenendbeschäftigung?</b></div><div style="text-align: left;">Ausschlafen. Malen. Musik hören. Radeln. Spazieren gehen. Entdecken. Sehen. Freuen. Genießen. Alles - Hauptsache stressfrei.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>32. Traumjob?</b></div><div style="text-align: left;">Öhm... Vor etlichen Jahren hätte ich noch gesagt: Was Soziales, was mit Kindern. Inzwischen bin ich mir darin nicht mehr so sicher. In Zeiten, wo selbst Grundschulkinder mit Dingen in die Schule kommen, mit denen ich nicht mal als Erwachsene in Berührung kommen wollte, weiß ich nicht mehr, ob das was für mich wär. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>33. Dein Computer?</b></div><div style="text-align: left;">Passt, wackelt und hat Luft. Sagt man so, oder? Grundgütiger, was soll ich denn zu nem Computer sagen? Was is das für ne Frage?</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>34. Außerhalb Deines Fensters?</b></div><div style="text-align: left;">Hier? Oder zu Hause? zu Hause hab ich endlich meinen geliebten Kastanienbaum vor dem Fenster. Nicht ganz soooo nah, wie ich mir das gerne gewünscht hatte, aber er ist da, es gibt ihn - und ich kann ihn mir jeden Tag anschauen, wenn ich frühstücke oder zu Abend esse.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>35. Bier?</b></div><div style="text-align: left;">Äh igitt. Never ever.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>36. Mexikanisches Essen?</b></div><div style="text-align: left;">Habe ich vor vielen Jahren mal gegessen. War sehr lecker. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>37. Winter?</b></div><div style="text-align: left;">Ist jetzt nicht so meine bevorzugte Jahreszeit. Ja es sieht toll aus, so eine verschneite Landschaft. Ich hab aber lieber trockene Straßen - und das ist für manche Städte noch immer eine Herausforderung. Die scheinen jedes Jahr aufs Neue überrascht, dass es sowas wie Schnee gibt.</div><div style="text-align: left;">In diesem Jahr aber freu ich mich vor allem auf die Weihnachtstage. Das erste Weihnachten, an dem wir nicht fahren müssen - und trotzdem die Familie bei uns haben. </div><div style="text-align: left;">Für den Mann ist das hier nicht so einfach - er vermisst M und er vermisst seinen Sohn. </div><div style="text-align: left;">Ich kann das absolut nachempfinden, das hab ich die letzten acht Jahre auch so empfunden. Es wird für immer unser Spagat bleiben, denn meine Kinder werden nicht nach M wechseln - und der Sohn des Mannes nicht (zurück) nach L.</div><div style="text-align: left;">Und M selbst.. Es ist nicht so, dass ich die Stadt nicht vermisse. Es ging so schnell und so einfach, mich dort einzuleben, das hab ich nie gedacht. </div><div style="text-align: left;">Wohnen möchte ich dort dennoch nicht für den Rest meines Lebens.</div><div style="text-align: left;">Zu weit weg vom Meer, zu teuer für mich allein, sollte es eines Tages so kommen. Es ist auch einfach zu weit weg von meinen Söhnen, von denen einer noch mit vielem hadert und dankbar ist, nicht vergessen zu werden.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>38. Religion?</b></div><div style="text-align: left;">Ich habs nicht damit. Im Namen der Religion ist schon so unendlich viel Unglück über die Menschen gebracht worden. Wenn überhaupt, würde ich am ehesten zum Buddhismus passen. Unterwerfen würde ich mich jedoch keiner Religion. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>40. Auf Deinem Bett?</b></div><div style="text-align: left;">Da liegt aktuell jetzt wieder der Mann, weil dem das hier alles zu lange gedauert hat :)</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><b>41. Liebe?</b></div><div style="text-align: left;">Liebe ist ein großes Wort. Auf Worte gebe ich nichts mehr. </div><div style="text-align: left;">Aber es ist ein wunderbares Lebensgefühl. Und davon hab ich, glaub ich, ganz viel. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">So, und weil es jetzt 1:10 Uhr ist und ich auch langsam müde werde, verabschiede ich mich von Euch und meinen Nachtgedanken.</div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-57441694930629449762023-09-11T21:59:00.003+02:002023-09-11T22:02:45.198+02:00Auf leisen Sohlen<div style="text-align: center;"><iframe frameborder="0" height="400" src="https://youtube.com/embed/jNCMvCGivgk?si=GkEuEGj1uVjLdx2D" width="800"></iframe></div><div style="text-align: center;"><br /></div><div style="text-align: left;">Da hab ich mich nur einmal kurz umgesehen - und schon neigt sich der Sommer dem Ende entgegen. Auch dann, wenn er noch einmal so richtig auffährt und alles aus sich herausholt, was dem Menschen um diese Zeit noch geboten werden kann.<br />So wie am gestrigen Tag, als wir uns die Fahrräder nahmen und zum See radelten.<br />"Gib auf deinen Rock acht", mahnte der Mann, während ich ihm lachend davonfuhr und es genoss, wie Sonne und Wind die Haut streichelten und der Rock im Wind flatterte. <br />Ich meine.. wir sind inzwischen im September angekommen - und haben gestern im See gebadet, der noch so gar nichts von Spätsommer oder gar Herbst anmuten lassen wollte. Auch färbt sich noch nicht einmal das Laub.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Aber da ist der Ruf der Raben vor unserem Fenster, die mit ihrem Schnarren den Herbst ankündigen. Wie sie da sitzen im Kastanienbaum auf der einen Seite oder auf der Platane, wenn ich von meinem Bett aus zum Fenster hinausschaue. Es war übrigens genau dieser Blick, der den letzten Ausschlag gab, dieser Wohnung zuzusagen. Gibt es etwas Schöneres, als vom Bett aus auf sattes Grün schauen zu können? Ja freilich, gibt es - das Meer :) <br />Gleichwohl.. wäre da ja immer noch mein ganz persönliches Dilemma - die Frage des Wohnens am Meer oder in einer Metropole - oder bestenfalls mit beidem zusammen. Jedoch dazu das Land verlassen zu müssen, dazu wäre ich zumindest in der aktuellen Zeit noch nicht bereit.<br />Erst wenn sie ihren eigenen Lebensmittelpunkt gefunden haben, die beiden Jungen.. Erst wenn ich weiß, dass es da jemanden gibt, der ihre Ängste, ihre Sorgen, ihre Glücksmomente, ihr Lachen teilt - erst dann könnte ich es mir vorstellen zu gehen. Noch einmal ganz woanders hinzugehen..</div><div style="text-align: left;">Beim Jüngeren stehen die Zeichen sehr gut hierfür, der Ältere wird mehr Zeit dafür benötigen. <br />Es hat eine Zeit gegeben, in der ich mir sagte: Er hat alle Zeit der Welt und auch ich kann warten auf das, was mir, was uns wichtig ist.</div><div style="text-align: left;">Jedoch las ich unlängst diese Zeilen "<i>Es gibt Dinge im Leben, die man nie sagt, weil man glaubt, man hätte noch ein ganzes Leben lang Zeit. Man hat kein Leben lang Zeit. Nie.</i>"</div><div style="text-align: left;">Und irgendwie.. stimmt das ja auch. So irgendwie halt. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh_wrCELaM7V9kOWzxxLaapisu7DkH8Ka7EeTMPQ7vTf-NhyOU6iu5l4XfvdhbLFXvsdD8UetXbBV7Q2t8hzUYBhT0s0PyFtWL6WkNIUqz2kGlA5cwkZapkM-zKNrrpnucn1tZm2fW4mv0y5XHi_fRYj07eSoPYul8QWhXXXJDLYdzdDhRywyC_k34oF88/s1836/bahnhof.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1377" data-original-width="1836" height="480" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh_wrCELaM7V9kOWzxxLaapisu7DkH8Ka7EeTMPQ7vTf-NhyOU6iu5l4XfvdhbLFXvsdD8UetXbBV7Q2t8hzUYBhT0s0PyFtWL6WkNIUqz2kGlA5cwkZapkM-zKNrrpnucn1tZm2fW4mv0y5XHi_fRYj07eSoPYul8QWhXXXJDLYdzdDhRywyC_k34oF88/w640-h480/bahnhof.jpg" width="640" /></a></div><br /><div style="text-align: left;">Vor einigen Tagen stand ich am Bahnsteig und habe gewartet. Auf die Bahn und auf einen Menschen, der mir sehr viel bedeutet.</div><div style="text-align: left;">Ich stand dort, ich hatte meine Musik in den Ohren und während der Blick langsam all die Menschen einfing, ihre Gesichter, ihre Mimiken, ihre Gestiken, da wünschte ich mir, ich könnte in die Bahn steigen. Würde irgendwo hinfahren, irgendwo aussteigen und mir anschauen, was mir dort begegnen würde. Und sei es einfach nur für diesen einen Tag. Vielleicht auch doch ein Zimmer irgendwo nehmen und anderentags wiederkommen. Reich angefüllt mit Eindrücken, mit Ideen, mit Inspirationen.</div><div style="text-align: left;">Das ist die eine Seite an mir.</div><div style="text-align: left;">Die andere ist ja - realistisch betrachtet - jene Seite, die Furcht entwickelt. Die, solange sie nicht losgelaufen ist, Furcht vor dem Weg entwickelt; davor, nicht wieder heil und gesund heimzukommen. Aus ganz verschiedenen Gründen, die - bei Tag betrachtet - ja alle irgendwie völlig substanzlos sind. </div><div style="text-align: left;">Wenn ich daran denke, wie sorglos ich noch vor einigen Jahren war... Wenn ich daran denke, wie leichtsinnig ich genau genommen vor einigen Jahren noch war... Dann bin ich tatsächlich auch dankbar. Dankbar dafür, dass ich bei all den Dummheiten, die ich angestellt habe, immer noch Glück hatte.</div><div style="text-align: left;">Gerade muss ich ein bisschen lachen, weil mir die Tage an der Küste einfallen, zu denen ich mich spontan entschlossen hatte. Einfach ein Ziel herausgesucht, eine Unterkunft gebucht - und losgefahren. Um vor Ort festzustellen, dass sich das Zimmer, das ich meinte, gebucht zu haben, leider doch nicht im ersten Stock mit dem kleinen niedlichen Balkon und dem wunderbaren Blick auf das Meer befand, sondern im Erdgeschoss. Was zur Folge hatte, dass ich, kaum dass der Abend nahte, alle Vorhänge sorgfältig zuzog, auf dem Sofa statt im Schlafzimmer übernachtete (ich hab bis heute noch nicht verstanden, warum sich ein Sofa für mich sicherer anfühlt als ein Schlafzimmerbett) und mich blind und taub stellte, als jemand an der Wohnungstür rüttelte, während mir das Herz bis unter die Haarwurzeln schlug. Das Telefon mit eisernem Griff in der Hand, bereit, sofort den Notruf zu wählen, sollte die Eingangstür auch nur ein <i>bisschen </i>nachgeben wollen. </div><div style="text-align: left;">Vielleicht war ja jener Zeitpunkt etwas ungünstig gewählt, vielleicht war die Jahreszeit weniger ansprechend. Vielleicht hätte ich mehr Menschen auf den Straßen, im Haus gebraucht, die mir ein Gefühl von Sicherheit vermittelten. Der Mann träumt ja oft von einem Haus in den Bergen. Er weiß, dass er mich davon niemals wird überzeugen können. Für ihn ist es der Reiz der Natur, der Stille, der Ruf der Berge. Für mich jedoch bedeutet es Einsamkeit und gruselige Nächte. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Am Ende werden wir sehen, wohin es uns treibt. Wichtig ist doch eigentlich nur, dass uns die Zeit für all das bleibt, wovon wir träumen, was wir uns wünschen. Dass wir - wider besseren Wissens - eben doch alle Zeit der Welt haben, irgendwie. Weil man sein Leben doch nicht auf Kosten anderer führen kann. Oder besser gesagt.. Ich kann das nicht. Oder noch besser: Ich möchte das nicht. </div><div style="text-align: left;">Unlängst sagte ich einer Freundin: "Mach mehr von dem, was sich für dich gut anfühlt". Woraufhin sie antwortete: "Würde ich ja gern, wenn nicht alle zwei Minuten jemand was von mir wollte."</div><div style="text-align: left;">Im ersten Affekt wollte ich antworten: "Dann grenz dich ab."</div><div style="text-align: left;">Ich habs dann aber nicht geschrieben. Weil Abgrenzung wichtig ist - aber nicht immer über allem und jedem steht. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Mit dem Herbst, der nun auf leisen Sohlen naht, fühle ich jedoch, wie auch ich wieder <i>stiller </i>werde. Ich spüre das vor allem an der Musik, die ich momentan bevorzuge. Die Klänge werden langsam sanfter, sinnlicher, auch melancholischer. Die Gedanken werden sanfter, nachgiebiger, ruhiger. So als würde ich mich in einen Kokon aus eigen Gedanken, aus der Musik und den Bildern, die ich malen möchte, die ich ausprobiere zu malen, hüllen. Und wenig von dem, das um mich herum ist, durch diesen Kokon dringen kann. Mir tut sie gerade gut, diese Zeit. Um nicht zu sagen: Ich liebe diese Zeit. </div><div style="text-align: left;">Dass das den Mann etwas verunsichert, kann ich spüren. Ich kann es fühlen, wenn er mich manchmal anschaut; ich kann es fühlen an dem, was er sagt und was er denkt. Für mich jedoch.. ist der Herbst irgendwie.. eine Zeit, in der ich mich befreie von all dem, was sich über das Jahr in meinem Kopf und in meinen Gedanken angesammelt hat. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Sagte ich eigentlich schon, dass ich den Herbst unfassbar liebe? Ich bin schon sehr lange kein Sommerkind mehr. </div><div style="text-align: left;"><br /></div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-50778392887419544232023-08-08T22:05:00.003+02:002023-08-09T08:15:25.886+02:00...cause when I wake up, I'm alone.<div style="text-align: center;"><iframe frameborder="0" height="400" src="https://youtube.com/embed/1TlckH2mCmI" width="800"></iframe></div><div style="text-align: center;"><br /></div><div style="text-align: left;">Viel zu lange wieder nicht geschrieben. Als gäbe es nichts zu erzählen oder wenigstens zu sagen. Ist ja nicht so, als wäre der Kopf nicht beschäftigt. Das ist er, ständig rollen alle möglichen Dinge hin und her. Manchmal beinah der Versuchung nachgegeben, etwas aufzuschreiben. Manchmal der Versuchung nachgegeben, Gedanken auszusprechen. Reaktionen abgewartet, diese im Kopf arbeiten lassen - und letztlich wieder geschwiegen. Dinge im Raum stehengelassen.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Jeden Morgen auf dem Weg ins Büro und jeden Abend auf dem Weg nach Hause lass ich die Fenster meines kleinen Grauen hinunter, weil ich es fühlen will: den frischen Wind, wie er mit den Haaren spielt, mit dem Rock. Ich liebe es, wie er mir um die Beine wuselt, unter dem Rock, unter der Bluse. Dann drehe ich diese Musik so sehr auf, dass der Sitz vibriert, dass die Noten buchstäblich auf der Haut tanzen. Dann fühle ich mich.. irgendwie frei. Frei im Kopf und in der Seele. Beinah so frei wie in den gerade zurückliegenden Tagen am Meer. Hineinspringen, ob der Kälte zittern, kreischen, eintauchen, auftauchen, in die Wellen werfen, mich von ihnen ans Ufer tragen lassen und doch wieder zurücktauchen, zurückschwimmen... Unendliche Weite wie ein kleiner Fisch in einem Ozean, unendliche Freiheit. Hineinwerfen in die weißen Schaumkronen, bis es überall prickelt auf jedem Zentimeter meiner Haut. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><span style="font-family: Playfair Display; font-size: medium;"></span><blockquote><span style="font-family: Playfair Display; font-size: medium;">"Du hattest so ein geiles Strahlen um dich herum, als du aus dem Urlaub kamst. Aber einen Tag drauf wars schon wieder vorbei."</span></blockquote></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Wir haben keinen einzigen Tag ferngesehen, wir waren jeden Tag im Meer baden, ganz gleich, ob es regnete oder die Sonne schien. Haben die Halbinsel mit dem Rad erkundet, wundervolle kleine reetgedeckte Gasthöfe entdeckt, unter deren Dach selbstgebackener Kuchen geboten wurde. Ich liebe es, die Augen zu schließen und dem breiten ruhigen Dialekt der Einheimischen zuzuhören, die Beine auszustrecken und an nichts denken zu müssen. Abends die Spielkarten auszupacken oder auf ein Konzert zu gehen, mitzusingen, so aus vollem Herzen, bis die Stimme bricht und die Augen funkeln. An anderen Abenden mich ins Bett zurückziehen können, in einem Buch lesen, während sich die anderen im Wohnbereich über Gott und die Welt unterhalten. Dem Regen lauschen und die Augen schließen.. Ich liebe es, ab und an allein zu sein, für mich allein zu sein. Ich <i>muss </i>ab und an für mich allein sein.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Der Kopf war frei, die Seele atmete frei - ich war frei. Vermutlich ist das auch der Grund, dass es sich für mich immer so anfühlt, als käme ich aus einer völlig anderen Welt, wenn ich wieder nach Hause zurückgekehrt bin. Das neue Zuhause, an das wir uns noch immer nicht so ganz gewöhnt haben. Zu groß der Raum, den wir wählten. Und inzwischen weiß ich auch, woran es liegt: Es fehlt noch meine ganz persönliche Note. <br />Vermutlich sind Küche und Schlafbereich am ehesten das, was an mich erinnert. Bunt, geradlinig und zugleich verspielt, gelassen und zugleich unruhig... Lebendige Farben in einem ruhigen Rahmen..</div><div style="text-align: left;">In beiden Räumen mischen sich am ehesten mein nicht-erwachsen-werden-können-und doch-längst-den-Sandalen-entwachsen...</div><div style="text-align: left;">Das ist es vermutlich auch, warum ich mit dem Wohnbereich noch nicht "fertig" bin: Er ist für mich zu geradlinig, zu erwachsen... Über Wochen habe ich darüber nachgedacht, was ich anders gestalten, was ich anders haben möchte. Vorgestern Abend endlich die zündende Idee.. Es sind Bilder, die noch fehlen.. Bemalte Leinwände. Die Motive arbeiten im Kopf, eigentlich sind sie aber auch schon fertig... Mit der Umsetzung wird es etwas länger dauern.<br />Für den langen Weg vom Wohn- in den Schlafbereich habe ich den Mann von meiner Idee überzeugen können: großformatige schwarz-weiß-Fotografien in schwarzen Rahmen. Eher ruhige, sinnliche Motive.</div><div style="text-align: left;">Wenn wir doch nur die Zeit finden könnten für das, was wir uns überlegt haben.<br />Wenn wir doch nur überhaupt Zeit finden könnten..<br />Seit wir nach L zurückgekehrt sind, fühlt es sich an, als würden die Tage zwischen meinen Fingern zerrinnen. Würden die Zeiger der Uhr wesentlich schneller rotieren und die Abfolge aus Tag und Nacht wie im Zeitraffer vor meinem erstaunten Blick vorüberziehen.</div><div style="text-align: left;">Möglicherweise dem Umstand geschuldet, dass ich wieder mehr im Büro als im Home Office bin.<br />Mir ist bewusst, dass ich anderes hätte aushandeln können. Dass ich andere Bedingungen hätte festmachen können. </div><div style="text-align: left;">Wie oft ich darüber nachgedacht hatte, das Unternehmen zu verlassen. Die Angebote, die mir das ermöglicht hätten. Bis das Unternehmen verkauft und mir in diesem Zuge eine neue Rolle übertragen worden war, der ich mich verpflichtet fühle. Die mir Angst macht vor mir selbst, in die ich mit jedem Tag mehr hineinwachse und die mich zugleich jeden Tag neu meine Grenzen spüren lässt. </div><div style="text-align: left;">Wenn ich am Abend die Tür aufschließe, fühle ich mich unendlich müde. Möchte nicht reden, nicht zuhören, nicht gefordert sein. Doch dann... Meist hat der Mann schon etwas zum Abendessen vorbereitet. Er erzählt von seinem Tag, während ich den Blick nach draußen auf den herrlichen Kastanienbaum richte. Ich liebe Kastanienbäume so unfassbar sehr!</div><div style="text-align: left;">Manchmal schweifen die Gedanken ab, manchmal kann ich die Konzentration halten, manchmal antworte ich, meistens lasse ich ihn einfach nur reden und höre zu. Und dann.. dann kann ich fühlen, wie die Ruhe in meinen Körper kriecht, sich in jedem Zentimeter von mir ausbreitet. Wie Gedanken langsam austrudeln ähnlich einem Brummkreisel von einst in der Ecke liegenbleiben. Manchmal lassen wir die Musik im Hintergrund spielen, während wir uns ein Glas Weißwein einschenken und ich den Mann zwischen den Korbstühlen und den Blumen auf dem Balkon zum Tanzen verführe. Dann lehne ich meinen Kopf an seine Brust, schließe die Augen, völlig selbstvergessen.. kann alles um mich herum und in meinem Kopf ausblenden, irgendwo ganz tief nach hinten in den letzten Winkel des Bewusstseins schieben.. und einfach nur genießen..</div><div style="text-align: left;">Manchmal aber schlüpfen wir abends noch in die Turnschuhe, fassen uns an die Hände und laufen hinein in den Park, atmen die Wärme des Tages.. Und dann erzählt der Mann von Gott und der Welt. Hin und wieder schmunzle ich über seinen Redebedarf. So wie ich mich fühlte in den ersten Jahren nach dem Umzug nach M. </div><div style="text-align: left;">Manchmal aber.. machen wir einfach auch gar nichts. </div><div style="text-align: left;">An dieser Stelle muss ich grad unwillkürlich grinsen, weil mir der Inder einfällt, der damals, 2016 auf unserer Reise durch Rajasthan, zum Mann sagte, ich sei ganz anders als er - er sei so ein Unruhegeist, wolle so viel wie möglich an Erlebnissen in einen Tag verpacken, während hingegen ich diejenige sei, die in sich ruhe und nicht so viel braucht, um glücklich zu sein. Interessant, oder? Dass ein Mensch so punktgenau das Wesen eines anderen erfassen kann, den er ja eigentlich gar nicht kennt. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Jedenfalls.. seit ungefähr zehn Tagen sind wir wieder da, sind wir zurück vom Meer. In Momenten wie diesem hier gerade jetzt fühle ich mich wohl. Ich sitze hier im Küchenbereich an genau dem Holztisch, den ich mir immer gewünscht habe. Es ist dunkel, nur Kerzen stehen im Wohnbereich, die ihr zartes Licht hier herüberbringen. Es gibt zwar eine Trennwand zwischen Wohnbereich und Küche, aber keine Türen. Ich liebe es.. Luftige Räume, an die wir uns aber eben auch beide erst gewöhnen mussten. </div><div style="text-align: left;">Ich höre den Song im Dauerrepeat, so wie ich es aktuell jeden Morgen und jeden Abend tu.</div><div style="text-align: left;">Und schmunzle grad bei dem Gedanken an den Blick des Mannes vor zwei Tagen, als er am Abend vor dem Haus auf mich wartete und ich da angefahren kam, die Scheiben heruntergelassen, das Haar zerwühlt, der Rock aufgebauscht, die Wangen rosa und die Musik...</div><div style="text-align: left;">"Sag du nochmal, ich soll die Musik leiser machen", hat er mich gerügt und ich hab einfach gelacht. </div><div style="text-align: left;">Manchmal .. ist die Musik alles, was ich für den Moment brauche. Ich liebe sie genau aus diesem Grund, diese dreißig Minuten zwischen Büro und Zuhause.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Denn.. Viel zu oft liege ich nachts wach, kann nicht schlafen, kann nicht einschlafen, drehe mich von der einen Seite auf die andere, liege ausgestreckt auf dem Rücken und schaue in die Nacht. Betrachte das Lichtspiel vorbeifahrender Autos auf der Jalousie vor dem Fenster. Denke an Themen, die mich beschäftigen, an die Menschen, die in meinem Kopf wohnen, an die Kinder, an meine Familie, an politische Debatten, an denen ich mich nur noch selten beteilige, weil ich zunehmend skeptisch bin bei Menschen und Meinungen, die nur eines zulassen: den eigenen Standpunkt. </div><div style="text-align: left;">Der Mann weiß das alles. <br />Und er hat geschimpft, als ich vor etwa zehn Tagen jemanden zum Haus des Vaters begleitete, in dem jener überraschend zwar, aber wenigstens in einem hohen Alter zwei Tage zuvor verstorben war. Das ist.. ein Anblick, den zumindest ich nicht so einfach vergessen kann. </div><div style="text-align: left;">Am Abend, als ich heimkam, da wollte ich.. irgendwie nix mehr. Nichts essen, nichts trinken, nicht reden, nichts hören: Ich war durch. Empfand nur noch dieses tiefe Bedürfnis, mich in mein Bett zurückzuziehen, die Decke über mir auszubreiten und die Augen zu schließen. </div><div style="text-align: left;">"Haben wir denn nicht genug mit unserem Leben zu tun?" hat der Mann geschimpft und ich weiß genau, er hat nur geschimpft, weil er sich sorgte. Das sind dann immer so Momente, in denen ich in mich hineinlächeln muss: Mich beschäftigen sehr viele Dinge; mir gehen viele Dinge sehr oft und sehr tief unter die Haut und manches überwinde ich nie. Aber es.. schwächt mich nicht. Ich muss dann nur Zeit für mich haben, Zeit für die Musik. Und Zeit für einen Pinselstrich. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgt-ihp9KhVN5-l1S4rTdISbhgOGElqo8wqJvdUfJ8-1IOrSp5Nk9tIf11hYoAGYVCRr_6v4esQvzPt6h_XldXJHPCe46dIM-VfCPn6MVPZ8ywl9RFoutELB10uONkHHn7MOdEUTdrEiYhaeUeF_kuL-_0BsnqJ3ib7GIdod6qNv4CJW1cYf69TKEbdlGc/s1558/IMG_8188.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1558" data-original-width="1169" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgt-ihp9KhVN5-l1S4rTdISbhgOGElqo8wqJvdUfJ8-1IOrSp5Nk9tIf11hYoAGYVCRr_6v4esQvzPt6h_XldXJHPCe46dIM-VfCPn6MVPZ8ywl9RFoutELB10uONkHHn7MOdEUTdrEiYhaeUeF_kuL-_0BsnqJ3ib7GIdod6qNv4CJW1cYf69TKEbdlGc/w300-h400/IMG_8188.jpg" width="300" /></a></div><br /><div style="text-align: left;">Dieses Bild ist eigentlich eine Fotografie, die ich vor einer Weile auf Instagram entdeckte und die mich wirklich ganz sehr berührt. Manchmal denk ich, es gibt viel zu wenig Liebe - und dabei ist Liebe.. doch ein Grundbedürfnis.. Vielleicht, weil die Menschen ja immer denken, sie hätten noch genug Zeit für alles? </div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com7tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-49165052820504577382023-06-29T21:56:00.000+02:002023-06-29T21:56:51.071+02:00I feel too much and drive too fast<div style="text-align: center;"><iframe frameborder="0" height="400" src="https://youtube.com/embed/tuq9ImF1uoQ" width="800"></iframe></div><div style="text-align: center;"><br /></div><div style="text-align: left;">Bist Du eigentlich auch ein Fan von Grey's Anatomy gewesen?</div><div style="text-align: left;">Und kannst Du Dich erinnern, dass die immer dann, wenns mal wieder richtig beschissen lief, in ihrer Butze getanzt haben wie die Blöden? Arme hoch, Beine abwechselnd hoch - sich so richtig die Seele freitanzen.</div><div style="text-align: left;">So habe ich heute Abend bei diesem Song hier getanzt, wild und völlig unkoordiniert, und dann habe ich mich aber trotzdem nicht wirklich besser gefühlt, sondern so sehr geweint, dass mir das Wasser buchstäblich zugleich aus den Augen und aus der Nase lief. </div><div style="text-align: left;">Wir haben uns alle noch nicht erholt vom Schock über den Tod unseres ersten Enkelkindes. </div><div style="text-align: left;">Ich habe mich aber auch noch immer nicht erholt vom Schock über die schweren Erkrankungen in meiner Familie und bei Menschen, an denen mein Herz so sehr hängt. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Ist es nicht komisch, dass ich mich an unsere letzte Begegnung kaum erinnern kann, dafür aber unsere allererste Begegnung vor vielen Jahren in mein Gedächtnis gebrannt ist? Ich weiß sogar noch genau, was Du anhattest und wie Du Dein Haar trugst. Wir kannten einander überhaupt nicht zu jener Zeit, wir wussten überhaupt nichts voneinander - aber es war einer der schönsten Abende in meinem Leben. </div><div style="text-align: left;">Vielleicht, weil es nicht so oft passiert, dass man jemandem begegnet, von dem man meint, man würde einander schon ewig kennen und sei nur mal eben kurz fort gewesen. Genau genommen.. passiert genau das ja.. eher selten. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjYgVlr0IBXdz4ZR1QOJxsY7_0TMtYigNfI8YiS7wwaeEZKKMdpfWxmJX3fnKZ5mJUYnbx_Lz4VCqPYyR1MaqDdEN12KR6Gos8mrEnD5uzGPlK6znSfg2QL46JbRTw4eBt2Rrlz8DTXft1CMugJJUbJsuXUvBBSVnJjWGhW0IKhc6lq2F4GXzDaUQq9JcM/s1334/you.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1334" data-original-width="750" height="847" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjYgVlr0IBXdz4ZR1QOJxsY7_0TMtYigNfI8YiS7wwaeEZKKMdpfWxmJX3fnKZ5mJUYnbx_Lz4VCqPYyR1MaqDdEN12KR6Gos8mrEnD5uzGPlK6znSfg2QL46JbRTw4eBt2Rrlz8DTXft1CMugJJUbJsuXUvBBSVnJjWGhW0IKhc6lq2F4GXzDaUQq9JcM/w477-h847/you.jpg" width="477" /></a></div><br /><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Mindestens genauso intensiv erinnere ich mich an unsere Trips nach Berlin, im Sommer und auch in den Vorweihnachtstagen. Soll ich Dir sagen, dass ich dieses Foto von unserem Trip nach Berlin so total liebe? Ich liebe es, daran zu denken, wie wir uns das größte Stück Torte schmecken ließen, das Starbucks zu bieten hatte. Voll fett Buttercreme und Schokolade, was soll der Geiz, so zart kommen wir ja doch eh nie wieder zusammen. </div><div style="text-align: left;">Ich liebe den Moment, als Du meinetwegen in der Tiefgarage des Kaufhauses blank gezogen hast, weil Du nicht mehr hören konntest, wie sehr ich Deine Bluse bewunderte. </div><div style="text-align: left;">Noch immer seh ich mich ängstlich an den Fensterriegel krallen, als Du auf meine Worte: "Also ich könnte das ja nicht, so mit dem Auto durch Berlin fahren, ich würde mich hier nie niemals zurechtfinden" unbekümmert antwortetest: "Ich war hier auch noch nie, ist für mich auch das erste Mal."</div><div style="text-align: left;">Ich liebe dieses Foto, weil es mich an diese unbeschwerte Zeit erinnert, die wir meistens hatten. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Mindestens ebenso deutlich erinnere ich mich an unser Telefonat vor über einem Jahr. Seh mich noch immer dort liegen, in meinem Bett, nach links gewandt, den Kopf auf das Kissen gebettet und das Telefon zwischen Ohr und Kissen. Seh mich, wie ich die Augen geschlossen hatte, während wir miteinander sprachen, leise, flüsternd beinah. Mit sanften, zarten Worten hast Du die Träume in den Papierkorb zerknüllt, die wir seit Jahren in den wundervollsten Farben in unsere Köpfe malten. Kurioserweise hatte sich genau das irgendwie.. total richtig angefühlt. Es war Zeit, das Träumen zu beenden, das Träumen über Dinge, die sowieso - bei Tag betrachtet - keine reelle Chance bekommen hätten.</div><div style="text-align: left;">Du hast viel geredet an jenem Abend, vielleicht, weil niemand wusste, ob Du nach der Operation am Tag darauf noch würdest sprechen können.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Konntest Du. </div><div style="text-align: left;">Bis auf dass alle Deine Haare weg und unzählige Klammern in die Haut getackert waren, warst Du... warst Du einfach wieder da. Für Dich hätte ich mir aus Solidarität tatsächlich auch den Kopf geschoren, es tatsächlich ernsthaft erwogen - aber irgendwie war ich dann doch auch erleichtert, dass Du das bei weitem gar nicht von mir erwartet hast. Ich meine, ich wurde mit einem Eierkopf geboren und das hat sich leider auch bis heute immer noch nicht verwachsen. S is halt nur Haar über diese Eierei gewachsen.</div><div style="text-align: left;">Bei unserem ersten Wiedersehen danach in Deinem Zuhause hast Du mich derart mit Koffein versorgt, dass ich fast schon argwöhnte, dass hier Restbestände zu entsorgen seien, bevor sie bitter würden. </div><div style="text-align: left;">An unser vorerst letztes Wiedersehen erinnere ich nur noch den Augenblick auf der Bank bei Deinem Lieblingsbäcker, höre ich Dich reden wie Du immer gesprochen hast und wie vertraut der Klang Deiner Stimme auf mich wirkte.</div><div style="text-align: left;">Du sehnst Dich nach Alltag, nach Normalität, vielleicht sogar nach wild rumliegenden Socken in Deinem minimalistischen, wunderbar aufgeräumten Zuhause, sofern die das einzige sein würden, die Dir das Leben schwermachten. </div><div style="text-align: left;">Dieser Alltag war so nah, zum Greifen nah schon - und jetzt ist alles so ganz anders gekommen.</div><div style="text-align: left;">Ich habe es gelesen, während ich gerade dabei war, mich auf den Weg zum Supermarkt zu machen.</div><div style="text-align: left;">Ich habe es gelesen und nicht sofort begreifen können. Las Deine Zeilen mehrmals. Wieder. Und wieder. Und wieder. Konnte mich nicht mehr auf den Weg zum Supermarkt besinnen, fand einfach den Weg nicht mehr. Wusste nicht mehr, was ich einzukaufen hatte, wusste nicht mehr, wo das Brot liegt, wo die Milch steht. In meinem Kopf war einfach nur noch Leere. Aber in meinem Bauch, da war so viel mehr los. Wer braucht schon Milch, wer braucht schon Brot? Wie sehr wollte ich alles einfach nur stehen- und liegenlassen, wie sehr wollte ich einfach nur zu Dir fahren und Dich in die Arme nehmen. Einfach nur festhalten. </div><div style="text-align: left;">Aber im Moment kannst Du das nicht und im Moment willst Du das nicht, hat mir Dein Mann geschrieben - und ich kann das so wahnsinnig nachempfinden. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Ständig schleiche ich um mein Telefon herum, nehme es ebenso oft in die Hand und lege es dann doch wieder zur Seite. Ich will nicht ignorant sein und meine Bedürfnisse über Deine stellen. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">I feel too much and I drive too fast.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Es hat mehr als eine dieser Zeiten gegeben, in denen Du Deinen Hut genommen hast. So oft ich das verflucht habe, so sehr habe ich jede Zeit abgewartet, bis Du wieder da warst. </div><div style="text-align: left;">Und genauso... mach ich das jetzt auch.. Und vielleicht.. versuche ich bis dahin das ja mit dem Raustanzen nochmal. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">I feel too much and I drive too fast.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Das Leben ist so richtig beschissen grad. Im Film wärs jetzt die richtige Stelle für ein Happy End. Oder wenigstens so was in der Art. Das wünsche ich mir nicht für mich. Ich wünsche es mir so sehr für Dich. Und für M. Für die Kinder und für meine Familie. Ich weiß, ist ne Menge. </div><div style="text-align: left;">Zum ersten und zum letzten Mal eine höhere Institution, so sie es denn gibt, habe ich 2016 angefleht, damals auf dem Rückweg von Delhi nach München. Drei Wochen Indien - und ausgerechnet auf die letzten Meter erwischt es mich dann doch noch, so eine fiese Magen-Darm-Geschichte und hohem Fieber. Ja und dann quälst Du Dich da auf so ner blöden Bordtoilette, alles ruckelt und dann erzählt der Pilot was von unerwarteten Turbulenzen und dass sich alle anschnallen sollen. </div><div style="text-align: left;">Ich sags noch mal: Bord-toi-let-te. Heruntergelassene Hosen, weil... na ja Du weißt.</div><div style="text-align: left;">Das war dann wirklich so ein Moment, wo ich mal eben kurz die Augen schloss und inniglich flehte: "Lieber Gott... wenn es dich wirklich gibt.. dann lass mich BITTE nicht so unwürdig ums Leben kommen!"</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Du siehst.. Ich bin hier. Hier in meinem alten Zimmer in Leipzig. </div><div style="text-align: left;">Was es auch immer da draußen gibt, ich hoffe, es hilft..</div><div style="text-align: left;"><br /></div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com8tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-77632231270112570342023-05-27T00:11:00.000+02:002023-05-27T00:11:09.139+02:00Der Morgen über der Stadt<div style="text-align: center;"><iframe frameborder="0" height="400" src="https://youtube.com/embed/2VNPKlBF_t0" width="800"></iframe></div><div style="text-align: center;"><br /></div><div style="text-align: left;">Früh am Morgen.</div><div style="text-align: left;">Über der Stadt ruht noch ein wenig der Schleier der Nacht, es ist still hier. Es sind kaum Menschen anzutreffen, während ich über den Gehweg eile, die Hände in den Taschen vergraben, den Kopf meist Richtung Boden geneigt.</div><div style="text-align: left;">Links von mir, auf der anderen Straßenseite, steht der Mann vom kleinen Getränkeladen in der Tür.</div><div style="text-align: left;">Er sagt nichts, er schaut nur, er lächelt, er winkt zum Gruß. Vor mir, ihm schräg gegenüber, öffnet ein Paar seinen kleinen Geschenkeladen. Sie reden leise miteinander, während er bedächtig die Markise herunterlässt. Über die Straße hinweg rufen sie einander einen guten-Morgen-Gruß zu.</div><div style="text-align: left;">Es ist genau dieser Moment, der mich im Bruchteil dieser Sekunde zurückversetzt in eine Zeit, eine ganz lange Zeit vorher. Eine wohlvertraute Zeit mit in Zucker gewälzten Apfelstückchen. Mit der kleinen Küche ohne Warmwasseranschluss. Mit der Toilette im Hof. Mit der gestärkten Wäsche draußen auf der Leine, die mit einem langen Stock oben gehalten wird. Mit Märchenbüchern und Geschichten von Gnomen und ihren Bärten aus Preiselbeerstrauch. Mit dem Kaufmannsladen gegenüber der Haustür und den leckersten Spritzringen meiner kleinen Welt. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Wäre ich für einen Moment auf diesem Gehweg stehengeblieben, würde ich für einen Moment lang die Augen geschlossen haben.. dann wäre ich wieder dort. Dann könnte ich es nicht nur fühlen, dann könnte ich es nicht nur riechen: Ich wäre dann wieder dort, damals, vor so langer Zeit, vor der niedrigen Gartenpforte, barfuss im T-Shirt und dem knielangen, blau-weiß geblümten Rock mit der weißen Borte. Die Haare zu Zöpfen gebunden. Ich könnte wieder die Unbeschwertheit fühlen, mit der ich im Kirschbaum herumkroch, Kartoffelkäfer in den Eimer sammelte und Zuckererbsen von den Sträuchern pflückte. Mit der ich mit nackten Füßen über staubige Feldwege lief, zurück zum Haus der Großmutter, die für das anschließende Bad ihre Zinkwanne auf den Küchentisch stellte und das Badewasser in einem Teekessel auf dem Kohleherd anheizte.</div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Einfach war es weiß Gott nicht, dieses Leben. Aber ich selbst.. Ich wusste nichts von der Ernsthaftigkeit, die auf einen wartet, wenn man erwachsen geworden ist. In meinem Kopf war die Blumenwiese so hoch und prächtig, dass ich mich hineinlegen konnte wie in ein Bett, und von da aus konnte ich in den Himmel schauen, über mir die Schwalben und die Resthitze des Sommertages.. In meiner Welt.. war alles irgendwie noch an seinem Platz, war der Raum gefüllt von bunten Blumen, dem Duft nach Sommer und eben.. nach Unbeschwertheit. Ich wusste da noch nichts von dieser unendlichen Traurigkeit, die man fühlt, wenn ein Kind auf diese Welt kommt ohne einen Herzschlag. Wenn man selbst eine Mama ist, dann kann man diesen unfassbaren Schmerz irgendwie erahnen. Irgendwie..</div><div style="text-align: left;">Und dennoch.. steht man letztlich nur daneben und weiß, dass man nie wirklich erfahren wird, wie sehr der andere Mensch leidet. Ich muss zugeben, ich hatte bis zu dem Moment, wo die Kleine auf die Welt kam, die Hoffnung, die Ärzte würde irren. Ich meine, das tun sie doch öfter mal, oder nicht? Es könnte doch auch jetzt so sein, oder nicht?</div><div style="text-align: left;">Nein. Sie haben nicht geirrt. Und das war dann der Moment, an dem ich den ganzen Abend lang geweint habe. Gemeinsam mit dem Mann. </div><div style="text-align: left;"><br /></div><div style="text-align: left;">Gestern habe ich an der Straße gestanden und auf die Bahn gewartet. Die Hände in den Taschen vergraben, die Augen geschlossen und das Gesicht der Sonne zugewandt. Er hat mir gut getan, dieser Moment. Da war ich beinah wieder in jener Zeit meiner Großmutter. Und für einen Moment lang konnte ich irgendwie verstehen, warum Peter Pan nie erwachsen werden wollte. </div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com6tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-61245857105380464352023-04-08T13:09:00.001+02:002023-04-08T13:09:33.074+02:00Angekommen und noch nicht angekommen<p> Da waren wir nun. Zurück in L. Mit ungefähr einhundert statt dreißig Umzugskisten. Der Mann genervt vom ganzen Stress, der körperlichen Anstrengung und der Gesamtsituation. Ich müde und am Anschlag. Nochmal, da waren wir uns erst mal einig, werden wir einen Umzug nicht mehr selber machen. Sondern alles abgeben an Menschen, die das täglich machen. Auf jeden Fall aber werden wir dann an beiden Wohnorten Parkverbote beantragen, besser ist das ;) Also beantragt und genehmigt waren sie ja, die Papiere dazu hatte der Mann auch überall dabei - aber der Mann dachte, eben auch, er könnte sich das Geld für die Verbotsschilder sparen, weil da in M schon seit Wochen welche standen, an die wir dann einen Zettel anbrachten. Beachtet hat die Schilder natürlich kein Schwein, und in M, wo die Polizei für solche Sachen zuständig ist, wurde von den Beamten freundlich erklärt: "Diese Schilder sind leider nicht DIN-gerecht. Wenn sie das wären, könnten wir sofort abschleppen lassen, so aber dürfen wir das nicht." Herzlich willkommen in Deutschland :) Hat mich sehr amüsiert. </p><p>Andererseits frage ich mich: Was genau wollen wir eigentlich abgeben? Das Einpacken würde der Mann sowieso wieder selber machen wollen - immerhin bewahrt er eine Unmenge an Erinnerungsstücken auf, an die er keine fremden Finger lässt. Möglicherweise hat sich das auch ausgezahlt - es ist tatsächlich nichts kaputtgegangen, nichts bis auf ein einziges Teil aus Glas, von dem ich mir ein erleichtertes Grinsen nicht verkneifen konnte "Es gibt doch noch einen Glas-Gott!" Ich meine, Dekanter mögen gut und praktisch sein. Aber wenn man in der Realität so ein Teil lediglich im Schrank zu stehen hat, das nicht nur Platz wegnimmt, sondern auch pottenhässlich aussieht, dann kann man schon mal dankbar sein, dass einzig dieses Teil sich von dieser irdischen Welt verabschiedet hat ;) Aber auch sonst war ich in den letzten Monaten beim Einpacken und auch jetzt zuletzt beim Wiederauspacken immer wieder erstaunt, WAS der Mann da so alles aufbewahrt. Also nicht, dass mich wer falsch versteht: Ich mag es, Erinnerungsstücke aufzubewahren, die habe ich auch. Und ich mag es, Dinge zu schätzen. Aber.. muss man wirklich ALLES aufheben? Nein, ein Messi ist er nicht, Gott bewahre. Aber zuletzt standen in unserem Wohnbereich noch acht Kisten. Acht, von denen er sagte: "Das mach ich mal in Ruhe, du kannst ja schon mal anfangen und deins da ausräumen." Nur dass da von mir gar nichts mit drin war: Jede Kiste geöffnet, hineingeschaut, wieder zugemacht: Was seins war, sollte und wollte er selber verräumen. Nicht nur einmal hatten wir uns in diesen Tagen angefaucht: "Fass einfach meine Sachen nicht an!"</p><p>Als die Kisten dann aber so drei, vier Tage immer noch rumstanden, wurde es mir unter den Fingernägeln doch etwas kribblig. Bevor mein innerer Vesuv aber ausbrechen konnte, erbarmte er sich, sortierte aus und um und die leeren Kisten wurden zusammengefaltet, verschnürt und in den Keller gebracht. Im Gegenzug drohte sein Lavastrom alles im Umkreis von rund fünf Metern gnadenlos zu vernichten, als wir bei Ikea vorm Click & Collect standen, der Typ mit dem Lastenwagen kam und ich zum Mann meinte: "Siehste, geht doch" - und der Typ dann aber sagte: "Wartense mal ab, da kommen noch zwei!" Als diese drei Lastenwagen vorm Gefährt des Mannes standen, da wurde mir selbst etwas mulmig und ich dachte noch: "So, jetzt krachts gleich" und dann brach der Ätna auch schon aus: "Sag mal spinnst du, was hast du denn da alles eingekauft?!" "Alles das, was auf meinem Merkzettel stand, den wir am Montag extra noch mal Stück für Stück durchgegangen sind", erklärte ich sanft, aber mit etwas Sicherheitsabstand, den ich dann flugs vergrößerte, als ich feststellte, dass ich versehentlich einen Juteteppich zuviel eingekauft hatte. Kann ja mal passieren, immerhin bastelten wir wochenlang an dieser Ikea-Liste, bis ich final auf Kaufen gedrückt hatte. Diesen überzähligen Juteteppich konnte ich auch problemlos zurückgeben und wir waren noch nicht mal ganz zu Hause, da war die Erstattung auch schon an mich unterwegs. Also manchmal macht mir das ja schon alles ein bisschen Angst, wie digital die Welt geworden ist, wieviel nur noch digital geht - und ob wir da noch hinterherkommen, wenn wir dreißig Jahre älter geworden sind. Aktuell aber stelle ich immer wieder fest, dass diese digitalen Möglichkeiten tatsächlich auch wirklich was Gutes haben. Es geht halt einfach so vieles einfacher und schneller.</p><p>Jedenfalls habe ich nicht nur festgestellt, dass ich, wenn man nicht alleine, sondern mit einem gemeinsamen Hausstand umzieht, natürlich nicht alles an einem einzigen Abend verräumen und morgens alles an seinem Platz wiederfinden kann; ich habe aber auch festgestellt, dass mir das in all den vierzehn Tagen auch irgendwie regelrecht schietegal war. Wir waren beide tagelang müde und irgendwie am Anschlag, wir haben einfach nur geschaut, dass die wichtigsten Dinge, wie Essen & Schlafen, geordnet waren, und der Rest folgte nach und nach in aller Ruhe.</p><p>Jetzt wohnen wir seit drei Wochen in L, genießen den herrlichen Platz, den wir mit der doppelten Quadratmeterzahl genießen, genießen, was wir von hier aus fußläufig alles erreichen können: zur einen Seite den wunderbaren Park, zur anderen Seite die Innenstadt oder auch die Mama des Mannes. Ich genieße, dass ich, wann immer ich will, innerhalb von zehn Minuten meine Jungs sehen kann und dass ich bei jedem morgendlichen und abendlichen Verkehrschaos immer anti-zyklisch fahre und trotz Weg ins Office immer entspannt unterwegs bin. Das einzige, woran ich mich gewöhnen muss, ist, dass ich jetzt eben nicht mehr bis 7.45 Uhr im Bett liegen, anschließend Zähne putzen, Käffchen kochen und mich entspannt am Schreibtisch niederlassen kann, gerne auch in Flanell-Schlafhosen mit Strickpullover und dicken Socken - sondern dass der Wecker nunmehr beinah jeden Morgen noch vor sechs Uhr klingelt und ich vor sieben Uhr mit müden, verquollenen Augen hinaus in die Kälte muss. Das bedeutete in den ersten Tagen, dass ich bereits abends noch vor acht auf dem Sofa gähnte und unmittelbar danach auch einschlief - aber der Mensch gewöhnt sich ja an alles, man muss ihm nur die Zeit dazu lassen ;)</p><p>Jedenfalls.. Wir sind wieder da - und auf die Frage im Umfeld, ob wir uns schon angekommen fühlen, musste ich überraschend gestehen: Noch nicht. Die Wohnung fühlt sich noch ungewohnt an, fast wie eine Ferienwohnung, die wir nur vorübergehend besiedeln. Im Gegenzug ist es selbst für mich ein komisches Gefühl, dass die Wohnung in M jetzt nicht mehr unsere ist, dass wir dorthin nie mehr zurückkehren werden. Ich werde meinen Hausarzt vermissen und auch meinen Rheumadoc. Ich werde die Isar vermissen und sogar die U-Bahn. Überhaupt werde ich einiges vermissen, tatsächlich. Aber wie ich ja grad sagte: Der Mensch gewöhnt sich an alles, solange man ihm die Zeit dazu lässt :) Und ich bin hauptsächlich froh, wieder da zu sein. </p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com10tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-56067997505303643512023-02-28T20:48:00.003+01:002023-02-28T20:55:33.862+01:00In einer Welt vor dieser Zeit<p>Seit ich damals aus dem Elternhaus auszog, da hatte ich diesen Wunsch:<br />Eines Tages wollte mir einen richtig schönen Esstisch kaufen, so einen echten aus Holz. Nichts Geschnörkeltes, nichts mit geschnitzten Verzierungen oder kunstvollen Details. Einfach einen schlichten, echten rechteckigen Holztisch.<br />An diesem wollte ich mit der Familie sitzen, frühstücken, zu Abend essen, Karten spielen, Backgammon oder Halma oder Scrabble spielen, Probleme besprechen.<br />So kannte ich das aus meiner Kindheit: Sämtliche Familienangelegenheiten wurden zumeist in der Küche besprochen, am großen Esstisch, alle ringsrum versammelt. <br />Bis heute vermittelte das für mich.. ein Zuhause - und kann es nur schwer erklären oder begründen.</p><p>In meiner ersten eigenen Wohnung gab es keine Küche, nur eine kleine Nische mit einem Zweiplattenherd ohne Backofen. In meiner zweiten Wohnung gab es eine schmale Küche, aber mir fehlte nicht nur das Geld für einen Tisch, sondern schlichtweg auch der Platz. <br />Platzgründe verhinderten auch in der dritten eigenen und auch in der Wohnung des Mannes hier einen solchen Tisch. </p><p>Es hat mich einiges an Überredungskünsten gekostet, den Mann von einem solchen Tisch in der neuen Wohnung zu überzeugen. Doch dann haben wir gemeinsam einen solchen ausgesucht und eingekauft. Im Mai wird er zu uns gebracht - und in meinem Kopf formten sich schon vor dem Kauf die Bilder, die Vorstellungen, wie das dann sein würde - die Familie und ich. Der Mann und ich. Die Jungen und wir. <br />Mir wurde da echt ganz warm von.</p><p>Als mein Jüngster geboren wurde, war der Älteste sechs Jahre alt. Ich sehe es heute noch vor mir, wie er in das Klinikzimmer gelaufen kam, die dicke Jacke noch an, die Mütze noch auf, keine Zeit, Hauptsache, das Baby sehen, den Bruder betrachten, der da friedlich im Glasbettchen schlief, die winzigen Fäuste rechts und links an den Wangen. <br />"Oooaarrrhh ist der niedlich! Können wir den mit nach Hause nehmen? Versprich mir, dass wir den mit nach Hause nehmen!"<br />Und ich lachte und entgegnete: "Was denkst du, sollen wir denn sonst mit ihm machen?"<br />Ich sehe diese Szene vor mir, als wäre es gestern gewesen. Ich durchlebe sie, als wäre es erst gestern gewesen.</p><p>In all den folgenden Jahren haben die beiden sehr viel miteinander gespielt und mindestens genauso viel gestritten, wer was aufzuräumen hatte und wem was gehörte.<br />Je älter sie wurden, desto rauher wurde der Ton zuweilen.<br />Ich habe mich so lange aus allem herausgehalten, wie die Kraftausdrücke in ihrem Zimmer blieben und es auch nicht handgreiflich wurde. Es wurde auch nie handgreiflich, abgesehen von einigen Matchbox-Autos, die dann und wann hin und her flogen. Wirklich wehgetan haben sie einander nie.<br /></p><p>Dann kam die Zeit die Trennung. In dieser Zeit, so empfinde ich das vor allem heute, die dieses Netz aus Sicherheit und Geborgenheit zerriss, da hatten die Jungen vor allem einander. Möglicherweise vermittelte kaum etwas anderes mehr Sicherheit und Verlässlichkeit wie der jeweilige Bruder.<br />Ich weiß, dass sie viele Dinge miteinander beredet haben, von denen wir nichts wissen. Es hat sie noch mehr zusammengeschweißt, nahm ich an.</p><p>All das veränderte sich, sobald der Jüngere begann, sich für Mädchen zu interessieren. Sich mit Mädchen zu verabreden oder abends mit Kumpels auszugehen. Der Ältere war noch nicht so weit zu jener Zeit, der wartete zu Hause, bis der Bruder wieder zurückkehrte und man den Rest der freien Zeit miteinander verbrachte.<br />Doch der Jüngere wollte mehr. Mehr leben, mehr sehen, mehr erkunden. Er war jung, die Welt stand ihm offen - und warum sollte er sich genau diese nicht anschauen und erleben wollen? Ihm fiel irgendwie immer all das in den Schoß, wofür der Ältere Zeit seines Lebens zu kämpfen hatte. Und je mehr der Jüngere sich löste, desto mehr wartete der Ältere. Ließ sich vertrösten auf "später". Nur dass dieses "Später" nie wirklich eintrat.<br />Es hatte schon irgendwie etwas Schmerzhaftes zu sehen, wie bemüht der Ältere war, es dem Jüngeren so angenehm wie möglich zu machen - und ihn an das Miteinander zu binden.</p><p>Ich habe mich früher oft gefragt, wie die Freundin sein würde, die die Jungs eines Tages mit nach Hause bringen würden. Ich habe mich hin und wieder gefragt, ob sie jemand sein würde, die den anderen derart beanspruchen würde, dass keine Zeit mehr für die Familie sein würde. Kein gemeinsames Käffchen nach Feierabend, kein gemeinsames Bier am Küchentisch, keine hochgelegten Beine, während man zufrieden auf dem Sofa lümmelte oder gemeinsam irgendein Spiel zockte. <br />In meinem Kopf malte ich mir so einige Szenarien aus und dachte immer: "Mal gucken."</p><p>Aber auf die Idee, dass die Jungs einander entzweien könnten, darauf bin ich nie niemals gekommen.<br />Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass einer so rigoros mit dem anderen brechen würde.</p><p>Doch dass genau das aktuell geschieht, belastet mich enorm. Vor allem, wenn ich an den letzten Geburtstag denke, an dem der Ältere wortlos aufstand und den Raum verließ, sobald der Jüngere durch die Tür trat - und der Jüngere anschließend mit mir in der Küche blieb, bis er begann zu weinen. So ein Weinen ganz aus der Tiefe heraus. </p><p>Ich fühle mich so unfassbar hilflos.. Weil ich nicht weiß, ob ich vermitteln kann. Ob ich überhaupt vermitteln soll. Sollten sie das nicht untereinander regeln - so wie früher, als noch die Matchbox hin und her flogen?<br />Nur.. Es sind doch meine Jungen, meine beiden Jungen, die eigentlich einander lieben. Nur dass der eine zutiefst enttäuscht worden ist - und das vermutlich einfach einmal zuviel. Und der andere sich und mich fragt: "Wie konnte das nur passieren? Wie konnte das nur so entgleiten?"<br />Ich habe darauf keine Antwort, ich habe ihn einfach nur an mich gedrückt und ganz sehr festgehalten.</p><p>Das Geburtstagsgeschenk vom Jüngeren hat der Ältere bis heute nicht geöffnet und das gemeinsame Geschenk lehnt der Ältere ab, solange der Jüngere dabei sei. Mir ist bewusst, dass er nicht nur Mauern um sich herum hochgezogen, sondern diese inzwischen auch mit Schlössern und Riegeln gesichert hat. Mir ist auch bewusst, dass dies sein Schutzmechanismus ist. Aber es tut weh.. Es tut unfassbar weh, beide so zu sehen und beide so zu erleben. </p><p>Meine beiden Hasen.. Kann denn nicht alles wieder so sein wie früher? Die Bindung aneinander so wie früher, auch wenn sie heute eigene Wege gehen? Könnten sie sich nicht lieber einfach mit Matchbox bewerfen und es auf diese Weise regeln, als in kompletter Funkstille zu enden, in der der eine dem anderen konsequent aus dem Weg geht, damit ihm der andere nicht wieder zu nah kommt?<br />Diese frühere Welt mit zwei Brüdern, die vor allem eins hatten: sich?</p><p>Ich hatte immer diese Hoffnung, dass es möglich sein würde, beide einander wieder näher zu bringen, wenn wir wieder in L wohnen. In mir lebte der Gedanke, dass es vermutlich gerade noch so rechtzeitig sein würde. Doch nach dem heutigen Telefonat mit dem Älteren treibt mich die Sorge, dass es möglicherweise doch nicht mehr rechtzeitig sein wird. Und die Frage, was dieser Bruch mit beiden Jungen machen wird. <br />Und mit mir. <br />Im Moment jedenfalls.. zerreißt es mich.</p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com11tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-83011581073807171452023-02-27T19:14:00.005+01:002023-02-27T19:14:45.266+01:00Etikette, Contenance und Anstand<p>Als ich mich 2014 umzugsbedingt überwiegend ins Home Office begab, jauchzte die Seele: Endlich wieder sowas wie ein pünktlicher Feierabend. Man schiebt Stift und Block zur Seite, knipst den Laptop aus und ist in Sekundenbruchteilen im Feierabend. Was im realen Leben oft bedeutete, anschließend in ein paar Sandalen zu schlüpfen, die Korbtasche galant auf der Schulter und die Sonnenbrille auf der Nase zu balancieren und im naheliegenden kleinen, aber feinen Cafe einen Milchkaffee zu ordern, ein Buch aufzuschlagen und dort zu warten, bis der Mann aus dem Büro heimkehrte. </p><p>Was mir insbesondere in M auffiel: Menschen schauen der Bedienung erschreckend selten in deren Gesicht. Gern auch gepaart mit dieser Kombi: "Ich bekomm dann einen Milchkaffee und das Croissant."<br />Noch schlimmer (finde ich): "Milchkaffee und Croissant."<br />Was ist mit Bitte und Danke? Was ist mit vollständigen Sätzen? Und was ist mit "Schau mich an, wenn du mit mir sprichst?"<br /><br /></p><blockquote><p><span style="font-family: courier; font-size: medium;"><i><span style="background-color: white; color: #333333;">"Sie mag es immer noch, in Cafes zu sitzen und durch das Fenster den Blick nach draußen auf die Menschen zu führen. Manchmal ist sie nicht sicher, ob die dabei in ihr ausgelösten Empfindungen misanthropische Züge angenommen hatten oder sie einfach nur genervt ist vom Umgang der Menschen miteinander.</span><br style="background-color: white; box-sizing: border-box; color: #333333;" /><span style="background-color: white; color: #333333;">„Guten Tag“ oder „Auf Wiedersehen“, ein „Bitte“ oder „Danke“ gehören für sie ebenso zum Elementaren wie Essen, Trinken, Schlafen oder Sex.</span><br style="background-color: white; box-sizing: border-box; color: #333333;" /><span style="background-color: white; color: #333333;">Wenn sie sich einen Kaffee bestellt, dann sagt sie nicht: „Einen Espresso, bitte“, während sie den Blick nicht von ihrem Handy löst und intensiv weitertippt. Wenn sie sich einen Kaffee bestellt, schaut sie der Bedienung in das Gesicht, lächelt freundlich und sagt: „Ich möchte einen Espresso, bitte.“ So viel Zeit muss sein, und so viel Respekt dem anderen Menschen gegenüber, der dir den Weg und die Aufwendung abnimmt, dich selber um deinen Espresso zu kümmern.</span><br style="background-color: white; box-sizing: border-box; color: #333333;" /><span style="background-color: white; color: #333333;">Als Kind wird einem beigebracht, in ganzen Sätzen zu sprechen, und sie missbilligt den Hang der heutigen Zeit, Sätze auf das größtmögliche Minimum zu reduzieren und auf diese Weise nicht nur zu zerhackstücken, sondern auch jegliche Umgangsformen vermissen zu lassen. Sie liebt ihre Sprache und sie empfindet es als ausgesprochen schade, wie sehr ihre Sprache versinkt in einem Mix aus Deutsch und Englisch, so dass sie mitunter nicht mal mehr weiß, wie das eigentliche Wort auf Deutsch lautet oder das deutsche Wort fremd und falsch in ihren Ohren klingt."</span></i></span></p></blockquote><p>Ich habe mich auch deshalb daran gewöhnt, von zu Hause aus arbeiten zu können. Empfinde immer noch Erstaunen über mich selbst, wie diszipliniert ich sein kann. Dass ich meinen Tag strukturieren kann auch dann, wenn mir niemand dabei zusieht. Ich liebe die Ruhe, mit der so ein Tag bereits beginnt. Niemand, der den ganzen Tag lang deinen Namen ruft, nur um dich zu sich zu rufen (anstatt zu dir zu kommen); keine drei Telefone, die gern gleichzeitig klingeln und gern auch gleichzeitig von verschiedenen Menschen bedient werden.<br />Wenn ich abends nach Hause kam, war ich so oft müde und erschöpft - und das nicht davon, wie viel Arbeit auf dem eigenen Tisch lag. Es war die Summe des Ganzen. Im Home Office ist das anders. </p><p>Home Office bringt jedoch insbesondere mit sich, dass man viel telefoniert. Sehr viel. Noch mehr als sonst, denn man ist zwangsläufig physisch nicht erreichbar. Alles wird am Telefon besprochen, dienstliche Belange, private Sorgen, Frust, Kummer - die ganze Bandbreite des menschlichen Seins. Manchmal über eine Stunde lang, während du nebenbei verzweifelt versuchst, Zahlen sinnvoll auf dem Papier zu ordnen, E-Mails zu beantworten und Ausgaben korrekt zu kontieren. <br />Für manche Menschen hat sich die Gewohnheit eingeschlichen, dass ich immer erreichbar bin. Dass ich zumindest in der Zeit von acht bis siebzehn Uhr erreichbar sein <i>muss </i>- ganz gleich, für welche Angelegenheiten. </p><p>Obschon ich nach wie vor ein Mensch bin, der nicht gern telefoniert, weil ich mich einfach nicht an einen Ort, an einen Punkt, an eine Situation fesseln lassen möchte, in der ich nur zuhören und sonst nichts anderes tun kann, ohne dem anderen zu vermitteln, <i>nicht hundertprozentig für ihn da zu sein</i>, habe ich mich daran gewöhnt. An das Vieltelefonieren, an das Langtelefonieren, an das Zuhören und das Zeit-für-den-anderen-haben-und-nehmen.<br /></p><p>Nur an eines gewöhnte ich mich in all den Jahren (auch des Telefonierens) nicht:<br />Dass Menschen in meiner Gegenwart wiederholt geräuschvoll die Nase hochziehen. <br />Dass Menschen in meiner Gegenwart sich geräuschvoll mit offenem Mund räuspern. <br />Dass Menschen Dich etwas fragen, Dir aber nicht zuhören, Dich dann auch nicht ausreden lassen und mit privatem Kram dazwischengrätschen.<br />Dass Menschen Dich anrufen und nach ein paar Sekunden wieder auflegen mit den Worten: "Warte mal, ich melde mich gleich noch mal, da kommt grad ein wichtiger Anruf." <br />Dass Menschen während eines Telefonats mit dir ungeniert ihre Flatulenzen ausleben.</p><p>Menschen sind keine Selbstverständlichkeit.<br />Es ist nicht selbstverständlich, dass dich im Cafe jemand freundlich bedient.<br />Es ist nicht selbstverständlich, dass dir jemand zuhört, ganz gleich, ob am Telefon oder in der Realität. <br />Es ist nicht selbstverständlich, dass sich jemand Zeit für dich nimmt.<br />Warum verhalten sich Menschen dann so, als sei der andere eine Selbstverständlichkeit?</p><p>Je älter ich werde, desto weniger verstehe ich es und desto weniger dulde ich es.<br /></p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com6tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-47301850763861938732023-02-24T13:09:00.004+01:002023-02-24T13:40:20.095+01:00Ein Junkie der besonderen Art<p> Letzte Nacht konnte ich ewig lange nicht einschlafen. Wieder mal nicht. Erst quälte mich die letzten zehn Tage lang bevorzugt nachts der fiese trockene Corona-Husten, der anstandslos genug war, mich schätzungsweise aller fünf Minuten dahingehend erfolgreich zu reizen, dass an Schlaf gar nicht zu denken war - und nun bin ich wieder genesen, doch die schlaflosen Nächte gehen weiter.<br /><i>(Hab ja mal gelesen, dass, wer nachts nicht schlafen könne, jener in den Träumen eines anderen wach sei. Los! Raus mit der Sprache: Wer ist das Schwein? *kreisch*)</i></p><p>Und weil ich ja schon seit vielen Jahren bevorzugt nachts munter durch die Gegend flirre (könnte aber auch rein erblich bedingt sein, die Mama hat da ja auch so Allüren von wegen nachts um zwei noch n Käffchen kochen, weil der Krimi grad so spannend wird), wurde ich irgendwann ein Fan von Medical Detectives. Mich fasziniert daran vor allem die forensische Aufklärung. Ist es nicht irre, wie die aus kleinsten Kleinstteilen den Täter identifizieren und nachweisen können?<br />Letzte Nacht allerdings überkam mich irgendwie so ein Gedanke, ob dieses doch recht kontinuierliche Konsumieren dieser Sendung vor allem in der Nacht nicht doch einen eher unguten Einfluss auf meine mentale Befindlichkeit hätte?<br />Ich meine... Angst vor der Dunkelheit habe ich, seit ich denken kann. <br />Da fühle ich mich auch heute noch äußerst unwohl, wenn der Weg vom Lichtschalter zum Bett größer als eine Schrittlänge ist. Wenn der Mann mal außerhäusig ist, gibts den schon auch immer noch mal, diesen beherzten Satz und Sprung aufs Federbrett. <br />Es gab andererseits aber eben auch diese Zeiten, also gerade in meinen wilden Singlezeiten, da war ich - wenn ich das mal so rückblickend resümiere - absolut vertrauensvoll und ziemlich unbedarft im Umgang mit anderen Männern. Bin in fremde Städte gereist, habe fremde Wohnungen besucht, bin in fremde Autos gestiegen. Wenn ich da heute so drüber nachdenke.. ist es eigentlich unfassbar, was für ein unglaubliches Glück ich all die Jahre hatte.<br />Grad wenn man sich eben so diese Sendungen in Erinnerung ruft! Es ist ja tatsächlich in den seltensten Fällen ein Zufallsopfer. Meistens kannte man sich - entweder Ex-Partner oder welche aus Deinem Umfeld, die gerne Dein Partner wären. Und wenn die Dich nicht haben können, soll Dich halt auch kein anderer haben. Oder die Dich (wie in einer Folge der letzten Nacht zu sehen) für irgendwas bestrafen wollen, was Du irgendwann mal gesagt hast und dem anderen nicht passte. Oder eben Datingfeinde, die auf diesem Weg so leicht wie sonst nie an ihre Opfer kommen. </p><p>Mit dem nunmehr so nah gerückten Umzugstermin steigt zwar die Vorfreude, aber ich stelle auch fest, dass sich mulmige Gefühle einschleichen. Wer wohnt dort mit uns, wer wohnt im Umfeld, was sind das für Menschen? Können die in unsere Fenster schauen? <i>(Also die Fassade hochklettern wie hier in M dank dieser Holzjalousien draußen am Balkon ist da schon mal nicht möglich. Obwohl... Kommt aufs Equipment an... eventuell...)</i> Weckt man Begehrlichkeiten? Kann sich jemand in der Tiefgarage verstecken und mich dort hinterrücks abmurksen, ohne dass mich je ein Schwein hört? Leute, ich hab so gut wie nie Bargeld einstecken - dat lohnt nich! Zahngold habe ich auch nich. Nur den Ehering und den Verlobungsring - aber das sag ich Euch, Griffel weg, Ihr Klauschweine, sonst gibts Schmorze! <br />Aber mag ich in der neuen Wohnung allein schlafen, wenn der Mann verreist? Oder quartiere ich mich bei Sohnemann mit ein, der immerhin sehr bestechlich ist, wenn ich ihm dafür etwas Leckeres zu essen zubereite? <br />Letzte Nacht habe ich dann beispielsweise gegoogelt, was es so für technische Schutzraffinessen an Wohnungseingangstüren gibt. Habe mir Rezensionen durchgelesen, wo einer schrieb: "Vergesst den ganzen Scheiß, klemmt Euch einfach nen Keil von innen gegen die Tür, kommt auch keiner rein."<br />Ich las das und dachte so bei mir: Joar... Simpel, aber geil. Wenn es denn auch funktioniert! In meiner Phantasie ist ja aber leider... ach fragt bloß nicht, was DA alles möglich ist! Da werden sämtliche physikalischen Gesetze ausgehebelt, da ist alles, wirklich al-les möglich!</p><p>Der Mann lacht nur noch über mich und rügt: "Hör einfach auf, deine Detectives-Scheiße zu gucken!" und ich glaube, er hat echt recht. Sag ich nicht so gerne, ist vermutlich aber so. Wenn ich so drüber nachdenke, vor wem und vor was ich alles so Ängste entwickle... <br />Als er gestern Abend also fragte, ob ich Lust auf nen schönen Film hätte, er hätte da mal was vorbereitet, da meinte ich "Au ja!" und er startete die Serie "Wednesday". Weiß ja nicht, ob das einer von Euch schon mal gesehen hat - aber auch wenn ich weiß, dass es im Real Life keine Monster mit langen spitzen Klauen gibt: Im nebelwadernden, dunklen, lediglich wolkenverhangen-mondbeschienenem Wald damit den Bauch rasiert zu bekommen - na ich weiß ja nicht, ob DAS nun schön(er) ist!?</p><p>Vielleicht fange ich ja doch mal mit Guidos Deko-Queen an. Inspiration kann man schließlich immer gebrauchen - und bei Guido scheint die Welt immer irgendwie so in Ordnung. </p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com7tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-91674023513075966862023-02-18T19:56:00.000+01:002023-02-18T19:59:05.685+01:00Und die Spiele dauern an<p> Das Lager ist zweigeteilt: Die einen verstehen, dass wir etwa acht Wochen vor dem Umzugstermin begonnen haben zu packen. Andere verstehens nicht. Immerhin hat es ja nicht lange gedauert, ehe dieser Effekt einsetzte von wegen: "Weißt du zufällig, in welche Kiste...?" <br>Wir haben die Umzugskartons ja gebraucht gekauft, ist ja irgendwie sonst auch schade - nur einmal benutzen und dann entsorgen. Das hatte freilich zur Folge, dass die Kartons mitunter schon ein-, zweimal beschriftet worden waren. "Reste Küche" wurde beispielsweise durchgestrichen und stattdessen "Hosen Kai" angebracht. Aus dieser hatte ich dann "Kreativ" gemacht - weils eine schöne große Kiste war, die auch schwer beladen werden darf. Und glaubt mir, Farben haben ein ganz schönes Gewicht. Grad wenn man nicht nur zehn, zwölf Tuben hat ;)<br>Dann aber kam der Mann, beäugte das Ganze misstrauisch und meinte dann: "Ne! Hätteste mich mal vorher gefragt, die Schwerebox hatte ich für was anderes gedacht."<br>Also hat er alles aus- und umgepackt und jetzt steht neben der Resteküche, dem Hosenkai und dem Kreativ "Arbeitszimmer/ LPs" *kreisch*</p><p>Inzwischen haben wir beschlossen, gar nichts mehr auf die Kartons zu schreiben. Wir werden einfach alles umziehen und dann in der neuen Wohnung die Kartons sortieren. Zumal mittlerweile in einer Box mehrere Dinge einsortiert sind: Küche, Arbeitszimmer, Schuhe.<br>Ich sach da schon lange nix mehr dazu - ich lass dem Stapelmonster einfach seinen Einpackmechanismus und begnügte mich inzwischen damit, mir Säcke zu kaufen und die Klamotten einzusortieren und zu beschriften. Einmal zugeschnürt, bleiben die Säcke schließlich, wie sie sind. Nebenher surfte ich ein wenig im Netz und schlich wochenlang um ein Reinigungsset herum, elektrisch und mit verschiedenen Bürstenköpfen ausgestattet, das mir insbesondere das Reinigen der Fliesenfugen und -ecken erleichtern sollte. Das ganze Bad immer nur rein manuell zu schrubben war mir auf Dauer einfach zu nervig und zu anstrengend. Könnte mich ja jetzt herausreden mit körperlichen Gebrechen und so - aber die Wahrheit ist: Wenn etwas zu lange dauert, verliere ich die Lust. Bei mir muss es in den allermeisten Fällen immer zack-zack gehen, jedenfalls dann, wenn ICH mir was in den Kopf gesetzt hab :)<br>Als vor vielen Jahren die Zwillinge-Geborenen mal damit beschrieben wurden, dass es ihnen zu langweilig sei, ein ganzes Haus zu bauen, sie würden stattdessen lieber drei Baugruben ausheben, da habe ich zustimmend gelacht. <br>Gestern dann hat der Mann gemeckert, von wegen, wir wollten uns doch immer abstimmen und so, bevor einer was kauft. Fairerweise müsste er aber wissen: ER hat das gesagt und gefordert. ICH hab darauf aber gar nix geantwortet, sondern geschwiegen und gedacht: "Öhm... nö..." ;)<br>Ist übrigens auch so einer der Gründe, warum ich kein gemeinsames Konto will: Wir verdienen beide unser Geld, wir wirtschaften gemeinsam, wir legen gemeinsam zur Seite - und was jeder mit dem Rest macht, will ich weder wissen noch rechtfertigen. </p><p>Jedenfalls sind wir inzwischen eigentlich ganz gut vorangekommen. Leichte zerbrechliche und wertvolle Dinge habe ich Stück für Stück bzw. Fahrt für Fahrt mit in meine kleine Wohnung nach L genommen, das holen wir dann alles später ab, wenn wir in unsere große Wohnung in L gezogen sind. Rund 35 gepackte Kisten stapeln sich mittlerweile um meinen Home Office-Arbeitsplatz (ich errichte sozusagen Mauern um mich herum ;)), im Schlafzimmer ist auch schon einiges abgebaut - aber irgendwie... So wirklich Land in Sicht sehe ich da noch nicht. Auch empfand ich es als anstrengend, dass der Mann kleine Häufchen zu sortieren begann, die überall auf den Kisten herumlagen: "Das kommt mal in die Kiste, wenn wir das und das packen; das kommt in die andere.." usw. <br>Das machte mich wahnsinnig. Das machte mich nervös. Der Monk kreischt schon gar nicht mehr, der hängt demonstrativ mit den Füßen nach oben in der Ecke und heult jeden Tag ein bisschen leise vor sich hin. <br>Und weil der Mann gestern eh schon scheiße drauf war, habsch noch einen draufgesetzt und ihn dazu gebracht, dieses kleine Krimskrams-Zeug alles in eine oder auch zwei neue Kisten zu verpacken. Und dann hab ich mein Bürstenset rausgeholt und im Bad begonnen zu testen.<br>Erst hat er ja ein bisschen rumgemeckert von wegen abstimmen und so, aber dann stand er doch ganz interessiert neben mir, schaute mir über die Schultern, sprach irgendwann nur: "Hm na ja" und ging dann. </p><p>Das Bürstenset ist jetzt vielleicht nicht ganz so wie erwartet, Fliesen zu polieren geht beispielsweise nicht so wie gedacht (wie man damit also Fenster putzen soll, ist mir echt ein Rätsel). Nachwischen mit einem trockenen weichen Lappen ist also immer noch ein Muss. Aber Seifenreste bekommt man damit super aus den Fugen geputzt, ohne sich großartig anzustrengen. Fetzt mir. Gefällt mir. Und weil der Mann und ich aktuell wieder an Corona erkrankt sind (also er erstmals, ich ein zweites Mal innerhalb von zwei Monaten - erst brachte es im Dezember der Sohn mit heim, dieses Mal der Mann), gefällt mir der Gedanke, alles ohne große Kraftanstrengung reinigen zu können, umso mehr.</p><p>Meine Mama jedenfalls lacht nur noch und sagt: "Ihr werdet das schon machen."<br>Das denke ich auch. Aber ich werde auch nicht drei, sondern mindestens zehn Kreuze setzen, wenn wir das hier alles hinter uns haben.<br></p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com13tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-75884816939145732412023-02-08T21:20:00.005+01:002023-02-08T22:28:55.909+01:0033<p> </p><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj7oyv9pRaEvfv26WXOk65kKRFCU8ubnyfGABfnhjjiXBqEGdoBImzhJLS2dEOFGrfxmMBC866Lv6OFb-hRsLm4dK4YOqb5P-QGJTqESLx64xcUoZyPKcsotPh-k7tSHHm3fbNn8uGWg84VtFYcdgTMJ-heSFO-KRIhgNLf6xeTG6FieEyimb66kegL/s1207/IMG_5951.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1207" data-original-width="743" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj7oyv9pRaEvfv26WXOk65kKRFCU8ubnyfGABfnhjjiXBqEGdoBImzhJLS2dEOFGrfxmMBC866Lv6OFb-hRsLm4dK4YOqb5P-QGJTqESLx64xcUoZyPKcsotPh-k7tSHHm3fbNn8uGWg84VtFYcdgTMJ-heSFO-KRIhgNLf6xeTG6FieEyimb66kegL/s16000/IMG_5951.jpg" /></a></div><br /><p></p><p>Als ich Dir heute morgen um Null Uhr Fünf gratulierte, weil wir beide um diese Zeit noch nicht schlafen konnten, da erzählte ich Dir, dass ich vor genau 33 Jahren nachts um diese Zeit mit Deinem Vater den Klinikgang auf und ab ging und es trotzdem noch bis 9.29 Uhr dauerte, bis Du endlich auf dieser Welt warst. Ich weiß noch, wie sie Dich das allererste Mal noch im Kreißsaal in meinen Arm legten und ich spontan dachte, dass Du die winzige Miniaturausgabe Deines Opas seist :)</p><p>Ich fragte Dich letzte Nacht, ob ich die Kerzen auf Deinem Geburtstagstisch anzünden sollte, damit Du Dir etwas wünschen könntest, bevor Du sie auspusten würdest. <br />Aber Du hattest keinen Bock mehr aufzustehen nach der langen Schicht in der Klinik. Überhaupt bist Du heute der Meinung, dass Du keine Feier, keine Geschenke, keine Gratulanten und auch überhaupt nix brauchst. <br />Aus Deiner Sicht ist Dein Geburtstag nichts Besonderes - für alle anderen um Dich herum aber, die Dich lieben, ist er etwas Besonderes: Weil DU besonders bist. <br />Ich kenne kaum jemanden, der so feinfühlig ist wie Du. Du spürst immer und immer sofort, wenn irgendetwas nicht stimmt. Meist noch bevor überhaupt jemand etwas gesagt hat. <br />An Dir jedoch erlebe ich jeden Tag, was es mit einem Menschen macht, wenn er zuviel allein ist. <br />"Er hat ein Herz aus Gold", hat Dein Bruder früher öfter über Dich gesagt - und absolut Recht damit.<br />Du selbst empfindest es überhaupt nicht mehr so, willst es auch nicht mehr so sehen und sobald Dir jemand zu nah kommt, fährst Du sofort Dein ruppiges Schutzschild hoch. Du willst an nichts mehr glauben und willst auch nicht mehr vertrauen. <br />Auch meinen Worten und meinen Gedanken und meiner tiefen inneren Überzeugung willst Du nicht glauben, dass das Leben auch für Dich noch ganz viel Wundervolles vorbereitet hat. Weil das Glück zu jedem Menschen kommt, der es auch verdient. Und Du bist einer dieser wunderbaren Menschen, die (leider) zu sehr an sich selbst zweifeln. <br />Weißt Du, in Norwegen sagen die Menschen: "Alles kommt zur rechten Zeit für den, der warten kann." Mich selbst hat ja dieser Gedanke, dieses Lebensgefühl durch ganz viele schwierige Zeiten getragen, die alles andere als gut und schön waren.<br />Und genau das wünschen wir Dir so sehr von Herzen: dass Du das bekommst, was Dich glücklich macht - und dass wir dann bei Dir sein und das miterleben dürfen. Und auch wenn Du noch so die Augen verdrehst, abwinkst oder schroff reagierst: Ich empfinde wirklich tiefe Zuversicht darin, dass auch Du Dein Glück findest. Bei Dir hat alles immer länger gedauert als bei anderen - also was solls? :)<br /><br />Heute, rückblickend, kann man doch eins sagen: <br />Über das Leben hast DU mich das Grundlegendste gelernt. Wie man sich durchsetzt. Wie man sich widersetzt.<br />In der 4. Klasse sollte ich Dich ausschulen und auf eine Sonderschule oder wenigstens eine Sprachheilschule bringen. <br />Weil Dein Geist so wendig und beweglich war, dass Du schneller dachtest als Du sprechen konntest - und Dich damit oft verhaspelt und zu oft zu viele Dinge gleichzeitig erzählen wolltest. Für mein damaliges Empfinden rechtfertigte das weder eine Sonderschule noch eine Sprachheilschule. Also habe ich Dich auch da gelassen, wo Du warst - und alles war gut und richtig so!<br />Deine Noten bewegten sich zwar eher immer im mäßigen Bereich - außer in den Fächern, die Dich interessierten: Astronomie und Geografie. <br />Aber so war es eigentlich immer: Was Dich nicht interessierte, fiel komplett "hinten runter". Und Du sagtest selber mal: "Wär ich nicht so verspielt gewesen, ich hätte viel mehr erreichen können."<br />So war es auch in Deiner ersten Ausbildung zum Elektroniker. Jahre später sagtest Du mal zu mir, dass Du in der Zeit der Ausbildung noch viel zu verträumt gewesen warst - und deshalb den Bogen nicht mehr spannen konntest, um die Ausbildung nicht nur abzuschließen, sondern anschließend auch in diesem Beruf arbeiten zu können.<br />Deine Berufsschule bestellte Deinen Vater und mich ein und legte uns nahe, auf Dich einzuwirken, die Ausbildung abzubrechen - ein halbes Jahr vor dem Abschluss. Sie waren der Meinung, Du würdest das Ziel sowieso nicht erreichen.<br />Aber Du hast es erreicht. Du hast Deinen Abschluss bekommen - und im selben Jahr die Ausbildung im medizinischen Bereich begonnen. <br />Nebenbei hast Du Deinen Führerschein gemacht - selbst vom eigenen knappen Geld abgespart. Und Dir von Deinem eigenen Geld ein erstes, wenn auch altes, gebrauchtes Auto gekauft. Ganz ehrlich? Menschen wie Dich liebe ich: Die brauchen keine Statussymbole, die wollen auch keine. Natürlich haben Menschen wie Du Träume - aber sie müssen sich kein Leben auf Pump und Protz und Gloria aufbauen, nur um der Welt zu zeigen: Ey, ich bin wer, ich kann was, ich hab was.<br />Dir war immer wichtig, dass Du Dir DEINE Träume erfüllen kannst - und nicht die anderer. <br />Ich erinnere mich noch so gut an diese Jahre. Wie oft ich geflucht und mir das Haar gerauft hatte ob Deiner Unbefangenheit und Verträumtheit - aber auch unfassbar stolz auf Dich war. <br />Du hast allen immer und immer wieder das Gegenteil ihrer pessimistischen Prognose bewiesen. Und auch dafür liebe ich Dich sehr!<br />In jeder Deiner Entwicklungsphasen erkannte und erkenne ich mich selbst immer wieder. <br />Nach Deiner zweiten Ausbildung hat es Jahre gedauert, ehe Du im medizinischen Sektor Fuß fassen konntest. Zwar bist Du über etliche Umwege heute im Klinikalltag gelandet und auch in einem ganz anderen Bereich als dem, den Du gelernt hast. Aber nach zwei Jahren "Probezeit" haben sie Dich ohne Wenn und Aber übernommen - und Dein vorheriger Arbeitgeber hat monatelang um Dich gekämpft. Dass Du bleibst. Dass Du zurückkommst. <br />Ich bin so, so froh, dass Du Dich nicht überreden lassen hast, weil das Vorherige einfach keine Perspektive für Dich bot. Inzwischen scheint die Zeit zu beweisen, dass ich damit auch ziemlich richtig lag.<br />Gleichwohl hat es mich wirklich sehr gefreut, dass da endlich mal Arbeitgeber waren, die unbedingt DICH wollten. Du hast endlich eine Wertschätzung erfahren, die Dir schon so lange gebührte. <br />Und dass Du mal eines Tages mit dem Rauchen aufhörst, daran hat auch keiner geglaubt. Wenn ich ehrlich sein soll: Auch ich nicht ;) Du hast so unfassbar viel geraucht, dass es selbst für mich als Nichtraucher schwer vorstellbar war, dass Du so einen Willen auch nur ansatzweise aufbringen könntest. <br />Und auch hier hast Du uns alle, wirklich ALLE überrascht: Seit dem 5. September hast Du keine Zigarette mehr angefasst - das sind allein bei diesem ersten Versuch immerhin schon fünf stolze Monate. Und ich bin auch hier wirklich wahnsinnig stolz auf Dich, mein Hase. </p><p>Dass wir wieder nach L zurückkommen nächsten Monat, hat auch etwas mit Dir zu tun. Ich weiß, dass ich kein Ersatz bin für das, was Du eigentlich brauchst - und das versuche ich auch gar nicht zu sein. Denn ich weiß auch, dass man immer noch für jemanden da sein kann. Dass man jemanden auf zurückhaltende Weise begleiten kann. Und sei es nur, indem man sich Zeit für den anderen nimmt, wann immer der andere es braucht. Dass man an einem Tisch sitzt, dem anderen etwas zu essen bereitet oder einfach nur gemeinsam auf dem Sofa lümmelt. Dass wir miteinander sprechen oder auch einfach nur miteinander zocken können. Dass Du mit dem Mann zum Fußball gehst oder zu dritt mit dem Bruder durch die Kneipenmeile ziehst. Dass Du wieder mehr unter die Menschen kommst, wieder mehr in das Leben zurückfindest, an dem Du zu gern teilhaben möchtest, solange man keine Hoffnungen in Dir schürt, die dann gedankenloserweise wieder enttäuscht werden. </p><p>Natürlich denkst Du, dass niemand auch nur ansatzweise nachvollziehen kann, wie Du Dich fühlst. Du siehst den Mann und mich, Du siehst Deinen Bruder mit seiner Freundin, Du siehst die Menschen in ihren Beziehungen um Dich herum. Aber weißt Du, nicht jeder ist eben auch glücklich bzw. hat es für ganz viele auch ein halbes Leben gedauert, ehe sie sagen konnten: "Ich bin jetzt genau da, wo ich sein wollte."<br />Und dieses Gefühl, mein Junge, das beginnt im Kopf. Das beginnt bei einem selbst. <br />Wenn man mir genau sowas früher sagte, wusste ich überhaupt nicht, was man mir da eigentlich erzählte. Ich konnte es auch dem Gefühl nach nicht "greifen". Und mir ist bewusst, dass Du Dich genauso fühlst, wenn Du das hier liest oder wenn ich es Dir sage. <br />Aber eines Tages wirst Du erfahren, was ich damit meine.. Früher oder später wirst Du es wissen. Vielleicht später, weil bei Dir ja alles immer irgendwie etwas später kam als bei anderen. Auch in diesem Punkt kommst Du haargenau nach mir :) Später heißt aber nicht nie. Egal wie Du jetzt rumfauchen wirst, wenn Du das hier hörst oder liest. Mein stachliger, ruppiger, liebenswerter, empfindsamer Wassermann :) <br />Ich lieb Dich wirklich sehr und bin sehr dankbar, dass wir Dich haben. Und selbst wenn Du eines Tages einhundert Jahre alt bist, bist Du immer noch mein Junge und ich..</p><p>..Deine Mama <br /><br /><br /><br /></p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com4tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-46102871824336734172023-01-31T21:50:00.004+01:002023-02-01T09:21:05.559+01:00Im Innen & Außen<p> Meine Freundin hatte mir einen Floh ins Ohr gesetzt: Sie erzählte mir, dass sie alle Sachen, die sie nicht mehr braucht oder will, für fünf Euro je Stück verkauft. Ob sie damit Erfolg hat, habe ich sie nicht gefragt - aber ich dachte wieder daran, als wir begonnen hatten, die ersten Umzugskartons zu packen.<br />Und weil der Mann unlängst für schlappe sieben Tage im Wintersport weilte, dachte ich mir: "Könntsch ja eigentlich auch mal probieren? Zeit genug haste abends ja.."<br />Gesagt - getan. Ich sortierte aus, was entweder nicht mehr passt, nicht mehr zu mir passt - oder was mir schlichtweg einfach nicht mehr gefällt. Und fand das alles ziemlich aufwendig. Ein Foto auf dem Bügel, eins angezogen. Ich weiß ja, wie mir das geht: Ich seh ganz gerne, wie Klamotten angezogen aussehen - da können Welten zwischen liegen!<br />Irgendwann gegen Mitternacht war ich damit durch - und da rieselten schon die ersten Nachfragen rein.<br />Bei Kleidungsstück 51 wurde ich vom System informiert, dass nur die ersten 50 Anzeigen je Monat kostenlos sind; ab dem 51. Stück kostet es knapp nen Euro je Anzeige. Klar könnte ich diesen Euro auf das Kleidungsstück aufschlagen, wollte ich aber irgendwie auch nicht - und dann hatte der Mann die irre Idee: "Kannst ja meinen Account mit nutzen, ich geb dir mein Passwort."<br />Es konnte ja keiner ahnen, was da abgeht!<br /></p><p>Nach Tag 3 jedenfalls war ich komplett erschöpft: Tagsüber Stress im Office, mit Zahlen, mit Werten, mit Angeboten, ein Projekt nach dem anderen auf dem Tisch - ich wusste so schon kaum noch, wo hinten und vorn ist. Im Anschluss zig Nachrichten und Nachfragen beantworten nach Maßen, Produktdetails - dazu das Feilschen um Versandkosten. <br />Boar ey. <br />Nicht nur, dass ich jeden Tag bis weit nach Mitternacht schrieb, Päckchen packte, Häufchen sortierte - ich musste mir auch ab Tag 2 schon Listen anlegen, auf denen ich mir notierte, wer was geordert hatte und wer davon bezahlt hatte und wer nicht. Und dann immer aufpassen, auf welchem Kanal man eigentlich gerade ist und wem man gerade schreibt. Das ist wie jede Woche in einem anderen Hotel zu übernachten und sich morgens zu fragen, wo man eigentlich gerade sei. Eine Mammutaufgabe - ich hätte eigentlich keinen Job gebraucht ;)<br />Und wie das hier aussah!<br />Die Stimme des inneren Monks war schon schrill und heiser geworden vom hysterischen Kreischen - aber morgens um 2.30 Uhr hatte ich einfach keinen Bock mehr auf Ordnung machen. Da wollte ich nur noch schlafen. Auf dem Rücken, mit offenem Mund und alle Viere von mir gestreckt. Für etwa drei, vier Stunden, dann ging der Irrsinn weiter. <br />Ordnung habe ich erst am Abend zuvor gemacht, bevor der Mann aus dem Skiurlaub heimkehrte.<br />Und inzwischen hat er dank mir einige Follower mehr und seine Beliebtheit ist auf "Besonders freundlich" hochgestuft worden. Wenn DIE wüssten! :D </p><p>Zwischendrin musste ich auch wieder nach L fahren. Office vor Ort ist schon noch eine ganz andere Hausnummer. Zwar weiß ich inzwischen, dass ich durchaus sehr diszipliniert im Home Office arbeiten kann und das auch tu. Aber es ist einfach anders als vor Ort. Keiner, der ständig nach einem ruft. Niemand, der permanent die Tür aufreißt und Fragen stellt. Keine drei Telefone, die gern zeitgleich klingeln. Dazwischen eine Unmenge an Aufgaben und ein offenes Ohr für den Frust und den Kummer anderer haben. Abends heimfahren, Essen zubereiten, Ordnung machen und noch den Rest des Abends mit dem großen Jungen verbringen. Nebenbei Löcher in Sachen stopfen, bügeln, Wäsche waschen. <br />Ich schlief wenig in diesen Tagen und mehr als einmal hatte ich so ein Gefühl, wie wenn ich gleich einen Infarkt bekäme. Bekam ich natürlich nicht, bin ja eine robuste nordische Stranddistel, auch wenn man mir das nicht unbedingt so ansieht. <br />Wenigstens aber einen Wutschrei bin ich losgeworden am Samstag auf dem Heimweg. Rund vierhundert Kilometer lang fast durchweg Stop & Go - ich dachte, ich würde wahnsinnig. Ich war müde, ich war wirklich erschöpft. Kam nicht mittags, sondern erst am späten Nachmittag nach Hause, aß eine Kleinigkeit und legte mich für eine halbe Stunde schlafen. Dann aufstehen, duschen und zu Freunden des Mannes fahren, die ja extra für uns gekocht hatten. Es war auch wirklich ein schöner Abend - aber gegen 22.30 Uhr war ich einfach nur müde und wollte heim.<br />Sonntag die Freundin treffen in der Stadt, anschließend mit dem Mann und dessen Wanderfreund noch auf eine Kaffeerunde - dann war ich durch. Komplett durch. <br />Wir haben am Abend trotzdem noch ein bisschen weiter eingepackt und der Mann meinte noch: "Also wenn das so entspannt weitergeht mit dem Packen, dann freut mich das."<br />Das war Sonntag. Heute ist Dienstag - und er kam schon genervt nach Hause. <br />Er hasst es, wenn irgendein Plan nicht funktioniert - und fauchte dann entsprechend hier rum. Alles müsse er allein machen und wenn er mich was frage, bekäme er keine Antwort.<br />Irgendwann fauchte ich dann auch zurück. Schließlich war ich mit dem Job noch nicht ganz durch, hatte mich auch ordentlich zu konzentrieren - Budget, Budgetnachträge, Zahlungsanweisungen, da darf mir kein Fehler unterlaufen - da konnte ich nicht sofort auf alles reagieren.<br />"Dann hätte ich mich gar nicht so stressen und eher heimkommen müssen", murrte er.<br />"Ich wusste ja gar nicht, dass du das vorhattest", gab ich zurück (Stichwort Kommunikation - ha!), knipste dann den Laptop aus, schnappte mir ein Päckchen, das es noch wegzubringen galt - und begab mich hinaus an die eiskalte Luft.<br />Hätte ihm ja eigentlich eher gutgetan, sagte ich mir, aber huch ne, von da war er ja grad erst heimgekommen. <br /></p><p>Er ist heut Abend dann doch noch zum Yoga gegangen, obwohl er gar keine Lust hatte ("Hab einfach den Kopf grad nicht frei!"), während ich letzte Nachrichten zum Kleiderverkauf beantwortete, noch zwei weitere Päckchen verpackte mit Karten schreiben und einen Stein dazulegen (ja, die müssen ja irgendwie auch noch unter die Leute, sonst haben wir ein paar Kilo Ballast mehr :)) - und dann legte ich die Beine hoch. Überlegte, ob ich für ein paar Minuten die Augen zumache und entschied mich dann doch dagegen, weil ich sonst wieder die halbe Nacht aufbleiben würde. <br />Stattdessen sitze ich hier, schreibe einen Post darüber, wie es hier so weitergeht mit unserem "Projekt L" und überlege in Gedanken, von welchem Geschirr ich mich trennen möchte (natürlich entscheide ich nur über meins ;)) und was ich jetzt schon einpacken kann, ohne in den kommenden fünf Wochen nochmal wild in den bereits gepackten Kisten rumkramen und rumsuchen zu müssen. </p><p>Eine Freundin fragte letzte Woche wiederholt, wie ich das eigentlich alles mache und aushalte, gerade auch mit diesem Irrsinn im Office, und immer noch so gelassen bin. Na ja, ich wirke nach außen vielleicht so ;)<br />Aber ansonsten.. Wisst Ihr, ich kann eigentlich an kaum etwas anderes denken als an die Zeit, wenn wir in L sind und ich wieder mehr Zeit mit und für meine Söhne habe. Dort laufen die Wege gerade nicht so wie sie sollten. Der eine leidet unter Depressionen, weil er zuviel allein ist. Der andere steuert aktuell geradewegs darauf zu, weil er zu wenig allein ist. Ich werde Entwicklungen nicht verhindern können - aber ich weiß, dass es möglich ist, Entwicklungen positiv zu beeinflussen. Allein dadurch, dass man DA ist. Dass man zuhört. Etwas zu essen macht. Sich Zeit nimmt. Auffängt. Abfängt. Ihren Weg gehen sie am Ende allein - und sie können das auch.<br />Und ich freue mich auf die Zeit, in der es wieder leichter und einfacher wird, für sie da zu sein. So wie sie es brauchen. Und wollen. Und zulassen. Ich freue mich auf die Zeit, in der das Leben wieder ruhiger wird, innen und außen. Und mir dann auch wieder genug Zeit bleibt für das Malen und die Musik.</p><p>Ich freue mich auf die Zeit in L, weil es mir vor allem auch mehr Zeit ermöglicht für die Menschen, die schon da sind, die dann hoffentlich immer noch da sind - und die ich einfach nur ganz sehr umarmen möchte. Es ist so vieles, auf das ich mich freue, und ich sehe viel mehr davon als von dem, was mich hier gerade umgibt. Das ist es, was mich immer wieder neu antreibt und mich zugleich im Inneren auch völlig entspannt. Und ich hoffe, das bleibt noch eine Weile so. </p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com7tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-83266826765607991582023-01-23T23:33:00.005+01:002023-02-01T09:21:21.217+01:00Die Spiele mögen beginnen!<p>Wir sind ja jetzt hier nicht im römischen Reich (glücklicherweise nicht), aber die Spiele haben tatsächlich begonnen: Nachdem der Mann am vergangenen Samstag nach sieben Tagen Spaß im Schnee auf Skiern, Schneeschuhen und Wanderschuhen zurückkehrte, ausgeruht, ausgetobt und wohlig entspannt, da lümmelte er hier zu Hause bei einer Tasse guten Kaffees, ließ den Blick schweifen und meinte dann: "Eigentlich könnten wir doch heute schon mit dem Verpacken beginnen."</p><p>Wir haben noch circa acht Wochen bis zum errechneten <strike>Geburts </strike> Umzugstermin, aber ich hatte längst eingesehen, dass meine bisherige Umzugsmasche nicht ziehen konnte: Als ich aus der damaligen Wohnung anno 2003 im Januar auszog, nahm ich nichts mit außer das Bett und den Kleiderschrank aus dem Kinderzimmer - und unsere Kleidung. Da war ein Umzug mehr als easy, da bedurfte es keiner großartigen Planung und auch keines großen Kraftaktes. Da wurde erst am Abend vor dem Umzug alles in Kisten verpackt und verstaut, weil mein innerer Monk eine Kette an Zusammenbrüchen erlebt, wenn er im Chaos hausen muss - und das hat auch immer super funktioniert, weil ich eben einfach auch nie viel hatte. Diese erste eigene Wohnung ist mir in mein Gedächtnis gebrannt, als wäre es erst gestern gewesen. Das Klappsofa einer Freundin, auf dem ich mit meinen Söhnen schlief, einer rechts, einer links, in der Mitte ich - und aus der winzigen Musikanlage auf dem Holzfußboden spielte leise die Musik, während ich mit großen Augen in die Nacht starrte. Die erste eigene Anschaffung war ein grün-rotes XXL-Bild mit einem großen Herzen und einem roten Rahmen. Dieses Bild besitze ich bis heute und will ich auch nicht hergeben: Es stand und steht für einen völligen Neuanfang. Es steht für all das, was zur Trennung vom Ex-Mann geführt hat, es steht für alles, was in den folgenden Jahren auf mich eingestürmt ist - und dass ich inmitten all dieser auch schlimmen Zeit immer in einem Punkt sicher war: Zurück geht es auf gar keinen Fall. Insofern steht dieses Bild auch für den Mut trotz aller Angst - aber ich muss auch hinzufügen, dass ich mir damals weitaus weniger Gedanken um alles und noch viel weniger geplant als einfach gehandelt habe. Meine Intuition war damals wirklich sehr gut ausgeprägt; heute wird sie leider viel zu oft vom Kopf überstimmt. </p><p>Egal, was wollte ich erzählen.. Ach ja: Ich hatte also nicht viele Möbel - ich brauchte auch nie viel, um mich glücklich zu fühlen. Da war diese Musikanlage auf dem Fußboden, das Klappsofa für die Kinder und mich, das Herz-Foto, das auf der anderen Seite des Zimmers an der Wand lehnte - und im Zinkeimer standen mitten im Februar die ersten Kastanienzweige mit noch zarten Blüten. Das war ich. So war ich. So brauchte ich das und so brauchte es meine Seele. Alles, was ich brauchte und hatte, ließ sich entspannt an einem Abend verstauen und am nächsten Tag problemlos in das neue Nest transportieren. Dort saßen wir dann auf Kisten, aßen einen Döner vom Laden um die Ecke, tranken, schwatzten - und wenn sich die Meute verabschiedet hatte, dann begann das große Einräumen. Ich hasse es, aus Koffern oder Kisten leben zu sollen - und lieber wühlte ich bis tief in die Nacht (oder besser gesagt: bis der Morgen graute), aber DANN konnte ich auch in aller Seelenruhe ins Bett sinken, sozusagen tot hineinkippen - aber wenn ich dann nach ausreichend Schönheitsschlaf wieder erwachte und aufstand, dann war alles an seinem Platz, bis hin zum Kaffeelöffel und zur Zahnbürste. Alles. SO liebe ich das, SO brauche ich das! <i>(Off Tonic: Meine Mama ist sich nicht mehr sicher, wann genau ich eigentlich zur Welt gekommen bin. Also den Tag weiß sie schon noch, sie is ja nich senil - aber mit der Uhrzeit haperts eben doch. In meinem ganz bescheidenen Falle krankt es an genau einer Stunde - und diese eine Stunde entscheidet darüber, ob ich im Aszendenten eine Waage oder doch eine Jungfrau bin. Humbug hin oder her - ich amüsiere mich da jedesmal drüber, weil alle Tendenzen mittlerweile doch zur Jungfrau neigen. Zwar brauche ich es harmonisch und ausgeglichen für meine Seele, aber ich brauche vor allem auch Ordnung und eine Struktur. Also jedenfalls, je älter ich werde ;) Und Letzteres ist eigentlich nicht das, was man einer Waage nachsagt ;))</i></p><p>Jedenfalls, um nun endlich mal zum Eingangswort zurückzukehren: Der Mann in seiner grandiosen Entspanntheit nach dem ausgiebigen Skisport beschloss spontan, den Sonntag zu opfern, übers Kleinanzeigenportal ein paar Umzugskisten zu ordern und - wenn wir schon mal bei <i>spontan</i> sind - auch gleich mit dem Abbau des ersten Übels unserer Wohnung zu beginnen: dem Bücher- und Schallplattenregal in unserem Wohnraum. Ein zwei mal zwei Meter-Teil, das irgendwie unscheinbar wirkt, aber letztlich doch eine ungeahnte Fülle beherbergt. <i>(Fun Fact: Bei mir ist das genau andersrum: Meine ungeahnte Fülle beherbergt Unscheinbares. Bücherregal müsste man sein! *kreisch!*)</i></p><p>"Wohlann", sprach der Mann, zückte die ersten Kartons, faltete diese fachgerecht zusammen, stellte flugs den Werkzeugkoffer dazu - und dann konnten die Spiele beginnen. Und glaubt mir, ich wusste genau, dass die heilige Stimmung nur bis zur ersten Schraube reichen würde, die sich nicht sang- und klanglos aus teils lädiert anmutenden Bohrlöchern drehen lassen wollten. Wies halt so is mit Möbeln, die man schon dreimal auseinander- und wieder zusammengeschraubt hatte. Da fliegt nicht nur - zack! - schnell mal ein unflätiges Wort durch den Raum, da fliegt auch ganz gerne mal irgendein Gegenstand durch das Zimmer, dem ich lediglich interessiert nachschaue, was getroffen wird und ob Flugobjekt und Zielobjekt das Ganze überstanden hatten. Sagen darf ich da nix und ich werde mich auch schwer hüten! Man rennt ja schließlich nicht freiwillig mit einer Fackel ins Munitionslager. Aber weil ich ihn kenne, weiß ich auch: So schnell, wie dat explodiert, so schnell geit dat auch wieder aufn Boden zurück - und man kann in aller Seelenruhe weiterpacken. Wir haben dann tatsächlich auch wirklich nur dieses eine Regal an diesem Sonntag ausgeräumt, in Kisten verpackt, das Skelett anschließend nochmal entstaubt, dann auseinandergeschraubt, die Teile an die Wand gelehnt, die Kisten davorgestellt - und dann warn mer fertsch. Der Mann hatte anschließend Rücken und ich Kaffeedurst - und zwar ordentlichen. </p><p>"Das kann ja was werden zum Umzug", sinnierte der Mann und im Stillen pflichtete ich ihm bei. Gesagt hab ich aber nix - man muss ja die Motivation hochhalten. </p><p>Ich habe dann heute noch zwei weitere Kisten gepackt, bevor der Mann am Abend aus dem Büro heimkehrte. Das heißt, hier lagern jetzt bereits zehn Kisten voll verpackt, hübsch sorgsam und ordentlich an die Seite gestellt, so dass man nicht sofort einen Schreikrampf bekommt. Doch ich frage mich ernsthaft, wie man eine Zwei- bis Dreizimmerwohnung mit fünfundzwanzig Kisten kalkulieren kann?? Also nicht wir - das habe ich in einem Angebot gelesen. Und noch ernsthafter frage ich mich: WER HAT ALL DIESES GANZE ZEUG GEKAUFT??? Das waren doch nur Bücher, Schallplatten und unsere Ordner mit unserem Schriftkram. Und der Mann ist nun wirklich ein Packkünstler; ich staune immer, wieviel er selbst in kleinsten Taschen unterbringen kann. In unserem Keller stehen jetzt noch dreißig weitere Kartons, die auf ihren Einsatz warten. Ich hoffe nur, die reichen auch wirklich. Und ich hoffe, mein innerer Monk dreht bis März nicht völlig ab. </p><p>Am meisten aber staune ich, was so eine Wohnung tatsächlich alles (er)tragen kann. Irre. Also ich könnts nicht. Aber ich bin ja auch kein Bücherregal - und auch kein Betonklotz :)</p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com14tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-50770938228661296742023-01-05T17:39:00.005+01:002023-01-05T17:42:20.293+01:00KnickKnack<p> Ich muss zugeben, ich hab den Mann ja immer ein wenig belächelt. Zwar kann ich von mir nicht behaupten, dass ich zu sorglos mit meinen Onlinedaten umgehe - aber ich kann jetzt auch nicht von mir behaupten, ein Freak zu sein. Den Mann hingegen hielt ich für einen solchen. Sein Laptop glich für mich eher einem HighTech-Alcatraz in seiner schlimmsten Form. Ich konnte nie einfach nur den Browser bedienen, irgendwas aufrufen, ohne nicht je-den ein-zel-nen verdammten Schritt extra freigeben zu müssen. Mir war das zu mühselig, deshalb nutzte ich seinen Laptop auch nie gern fürs Bloggen oder so. </p><p>Einen ersten Knacks bekam ich, als ich im letzten Sommer eine E-Mail von einem meiner bevorzugten Onlineshops erhielt - allerdings aus Holland, in holländisch und mit einer Bestellung über ein Paar rosafarbene Sneakers, die ich sowieso nie bestellen würde, real aber tatsächlich eben auch nie bestellt habe. Da ist mir schon das Herz in die bunten Shorts gerutscht - aber ich sah auch, dass als Zahlungsmethode Paypal angegeben worden war. Dort nachgeschaut, war alles in Ordnung. Musste auch, ist ja mit Zweifaktorauthorisierung abgesichert - da geht nix ohne meine Freigabe vom Zweithandy. Ich habe mich dennoch sofort an den Onlineshop sowohl in Deutschland als auch Holland gewandt, eine Antwort aber bis heute nicht bekommen. </p><p>Nun werden wir ja demnächst umziehen und die ganze Gestaltung und Dekoration hat schon für einigen Sturm im Hause Blaues Ziggenheim gesorgt. Was im aktuellen Wohnbereich easypeasy hinsichtlich der Soundanlage des Mannes (Frontboxen, Rückboxen, Centerbox, Subwoofer - da wirste blöde, wirklich) gelöst werden konnte, sorgte für den neuen Wohnbereich für ein ordentliches Nussknacken. Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten müsste ich damit leben, dass da oder dort ein Kabel zu sehen wäre, das über den Parkettboden gelegt würde. Ähm. Ja. Ne! Nicht nur mein innerer Monk, auch mein ästhetisches Auge bekamen beinah sofort Schnappatmung. Zwar haben wir im neuen Wohnbereich Steckdosen hinterm Sofa, so dass man die Rückboxen, die bei dieser Unternehmung tatsächlich die einzige Nuss darstellen, drahtlos verbinden könnte. Bis der Mann erfuhr, dass Boxen des Herstellers seines Vertrauens zwar eben Boxen verkaufen, die das können - aber seine aktuellen könnens eben nicht. Also kauft er zu den Sendern/ Empfängern entweder noch einen Verstärker und landet damit bei ca. 800 Euro - oder er kauft die Funkboxen zum schlappen Preis von 1400 Euro. Ähm. Ne. </p><p>Er hat sich dann auf die Suche gemacht und wurde fündig bei Ebay Kleinanzeigen, die ein anderes Funkset, aber passend und vor allem wesentlich günstiger für uns anboten. Knackpunkt: Er konnte sich nicht in seinen Account einloggen - angeblich sei sein Konto gehackt worden und die Freischaltung müsse er erst neu beantragen. Also bat er mich, den Kauf abzuwickeln, was ich natürlich nur zu gerne tat, wenn der Preis dafür war, keine blöden Kabel übers Parkett geführt zu bekommen. Auch nicht für Kurzstrecken ;) Inmitten all der folgenden Konversation wurde dann sein Account wieder freigeschalten - und siehe da: Es war tatsächlich geknackt worden. Irgendjemand hatte sich als eine Sabine ausgegeben und irgendwelches Küchenzeugs angeboten, für das er/sie/es offenbar mehrfach Geld einstrich, aber freilich keine Ware verschickte. Alle entsprechenden Nachrichten waren noch sichtbar. Soweit bereinigt, soweit alles wieder gut. Bis er vor zwei Tagen eine E-Mail erhielt mit einer offenen Forderung in Höhe von über 500 Euro von einem Versandhändler, bei dem er im letzten Juni eingekauft hatte. Wohlgemerkt: Er besaß dort kein Konto, hatte damals lediglich als Gast bestellt. Zunächst ging er also von einer Fake-Mahnung aus, aber nachdem ich mir die mit angeschaut hatte, überkamen mich Zweifel. Also telefonierte er und tatsächlich stellte sich heraus: Da hat jemand seine E-Mail-Adresse genutzt und für sich eingekauft. Interessant nur: Weder bekam der Mann auf seine E-Mail-Adresse jemals eine Bestellbestätigung noch eine Rechnung - nur eben die Mahnung. Und die wird auch nicht ausgesetzt; es sei denn, er stellt Strafanzeige bei der Polizei und übermittelt das Aktenzeichen an Onlineshop und Zahlungsdienstleister. Genau das hat er dann gestern auch gemacht. Seitdem herrscht erstmal Ruhe im Wald..</p><p><i>(Fun Fact: Ermittlungen werden übrigens seitens der Polizei nicht geführt, weil (noch) niemand zu Schaden gekommen ist - und der Shop ein englischer Shop ist und obendrein dieses Verfahren selbst anstrengen muss. Meine Annahme, dass man solchen Betrügern ja aber dennoch mal einen richterlichen Denkzettel überziehen wollte, stellte sich als "leider falsch" heraus. Woarrh! Können diejenigen schadlos weitermachen und die Onlineshops um ihr Geld bringen - und kein Schwein interessierts?)</i></p><p>Mich stimmte das wirklich sehr nachdenklich. Sowieso ist der Mann ja Apfelfan, die sollen grundsätzlich schon mal besser gegen Angriffe von außen aufgestellt sein. Aber sein Apfel ist eben auch noch ein Alcatraz, also extra noch mit allen möglichen Schikanen gesichert. Heute habe ich mir dann die Mühe gemacht und in sämtlichen meiner Onlinekonten E-Mail-Adresse und Passwörter geändert und da, wo möglich, eine Zweifaktorauthorisierung eingeführt. Mache ich zwar ohnehin, aber ich gebe zu: nicht oft genug, weils mir einfach auch zu mühselig war... Und als käme es wie gerufen, lief gestern Mittag auf ZDFinfo noch ein Beitrag über Cyberkriminalität. Wenn man das alles so sieht und hört, dann war ich schon versucht zurückzukehren zu Stift, Papier, Bargeld und Analogtelefon. Nur.. Die Digitalisierung in ihrem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf - und die Ziggenheimern schon mal gleich gar nicht ;) Aber e bissl Fracksausen kriegt man da schon!</p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-28453919675050748972023-01-05T15:56:00.001+01:002023-01-05T15:56:20.999+01:00Das Pling im Kopf<div class="x11i5rnm xat24cr x1mh8g0r x1vvkbs xdj266r x126k92a" style="caret-color: rgb(5, 5, 5); color: #050505; font-family: system-ui, -apple-system, BlinkMacSystemFont, ".SFNSText-Regular", sans-serif; margin: 0px; overflow-wrap: break-word; white-space: pre-wrap;"><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>Man muss Geduld haben</i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>gegen das Ungelöste im Herzen,</i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,</i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>wie verschlossene Stuben,</i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>und wie Bücher, </i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.</i></span></div></div><div class="x11i5rnm xat24cr x1mh8g0r x1vvkbs xtlvy1s x126k92a" style="caret-color: rgb(5, 5, 5); color: #050505; font-family: system-ui, -apple-system, BlinkMacSystemFont, ".SFNSText-Regular", sans-serif; margin: 0.5em 0px 0px; overflow-wrap: break-word; white-space: pre-wrap;"><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>Es <span style="font-family: inherit;"><a style="color: #385898; cursor: pointer; font-family: inherit;" tabindex="-1"></a></span>handelt sich darum, alles zu leben.</i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>Wenn man die Fragen lebt,</i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>lebt man vielleicht allmählich,</i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>ohne es zu merken,</i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>eines fremden Tages</i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>in die Antwort hinein.</i></span></div></div><div class="x11i5rnm xat24cr x1mh8g0r x1vvkbs xtlvy1s x126k92a" style="caret-color: rgb(5, 5, 5); color: #050505; font-family: system-ui, -apple-system, BlinkMacSystemFont, ".SFNSText-Regular", sans-serif; margin: 0.5em 0px 0px; overflow-wrap: break-word; white-space: pre-wrap;"><div dir="auto" style="font-family: inherit; text-align: center;"><span style="font-size: large;"><i>(Rainer Maria Rilke)</i></span></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; font-size: 15px;"><br /></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; font-size: 15px;"><br /></div><div dir="auto" style="font-family: inherit; font-size: 15px;">Als ich diese Worte heute las, machte es Pling in meinem Kopf. </div><div dir="auto" style="font-family: inherit; font-size: 15px;">Heute, zwanzig Jahre danach, bin ich in die Antwort hineingewachsen. Bin ja norddeutsch - da dauert vieles länger. Wie guter Wein oder auch guter Käse - gut reifen lassen ist augenscheinlich mein Zauberwort. </div><div dir="auto" style="font-family: inherit; font-size: 15px;"><br /></div></div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-91599830689603039902023-01-05T14:48:00.000+01:002023-01-05T14:48:02.415+01:00Im Wandel<div style="text-align: center;"><iframe frameborder="0" height="400" src="https://youtube.com/embed/F-J6l17wtqs" width="800"></iframe></div><div style="text-align: center;"><br></div><div style="text-align: left;">Da sind wir nun. Angekommen in einem neuen Jahr, von dem ich mich inzwischen nicht mehr frage, was es für uns bereithalten würde. Von dem ich mir nichts wünsche - nur erhoffe: dass es friedlich sein möge. In uns, um uns, mit uns. </div><div style="text-align: left;">Nichts ist beständiger als der Wandel, hat schon Heraklit philosophiert - und ich musste an diese Worte denken, als einer meiner Jungen mir vorhin schrieb, ob wir schon gewusst hätten, dass sich aus unserem Haus in L ein weiteres Paar verabschiedet hat. Für immer. Mich hat diese Mitteilung völlig überraschend getroffen - und entsprechend erschüttert. War mir doch erst zwei Tage vor Weihnachten die Frau des Paares begegnet. Schmal, blass - aber lächelnd. </div><div style="text-align: left;">Mit der Tasse Kaffee in beiden Händen hab ich hier auf meinem Sofa im Schneidersitz gesessen, nachdenklich in den Kaffee geschaut, in dem der Schaum so etwas wie ein Herz formen wollte - und resümiert, wer von denen nun noch in diesem Haus wohnt, in das ich im Herbst 2006, kaum dass ich nach dem schweren Unfall wieder vernünftig laufen konnte, gezogen war. </div><div style="text-align: left;">Bis auf das Paar direkt über mir und die ältere Dame im Erdgeschoss... niemand mehr. Neue Gesichter, junge Gesichter. Was waren das noch für Zeiten, in denen der Mann schräg unter uns tatsächlich beinah wöchentlich die Hausverwaltung anrief, weil er nicht einverstanden war, dass mein Sohn Fußball im Hof spielte und ebenso verlangte, dass ich meine Wäsche nicht so sichtbar auf dem Balkon zu trocknen hätte. Dass unsere Schuhe nicht im Hausflur stehen dürften. Dass ich mein Auto nicht im Hof abstellen dürfte - jedenfalls nicht länger als jene drei Minuten, die man für ein Be- und Entladen hatte. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;">Ist das alles wirklich schon so viele Jahre her oder war es nicht doch erst gestern?</div><div style="text-align: left;">Wann ist das passiert, dass der Mann schräg unter uns nicht nur einmal vom Sofa fiel und man einen meiner Söhne, inzwischen zu stattlichen 1,95 Meter herangewachsen, darum bat, dem Mann wieder aufzuhelfen? Wann ist das passiert, dass der andere Junge beherzt nach den Einkäufen der Frau griff und diese in den 1. Stock trug, während genau jener Mann anerkennend meinte, er habe doch eine hübsche Mutter? </div><div style="text-align: left;">Wann ist das passiert, dass die Jungen sich in ihrem Zimmer nicht mehr mit Matchbox bewarfen und sich mit Worten betitelten, von denen meine Ohren schier zu erblinden drohten, während ich mittendrin in aller Gelassenheit frische Bettwäsche aufzog und nur dann dazwischen ging, wenn es körperlich zu werden drohte? Wann ist das passiert, dass der eine Junge Nachhilfe im Französischunterricht bekam und innerhalb von nur wenigen Wochen von einer satten Fünf auf eine ordentliche Drei rutschte - und dann im Folgejahr begehrte, das Gymnasium zu verlassen?</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;">"Seit wann hörst du solche Musik?" fragt der Mann in letzter Zeit öfter und wundert sich. Argwöhnt, ich würde durch jemanden anderen dazu inspiriert - oder jemanden anderen damit verbinden.</div><div style="text-align: left;">Die Wahrheit ist, dass meine musikalischen Vorlieben eigentlich nie anders waren: Jedes Genre hat irgendwie seine Zeit für mich. Und aktuell kehre ich eher zurück zu den Anfängen, als ich mir das Haar aufrüschte, einen Lidstrich zog und nachts durch Diskotheken zog, begleitet von dieser flirrenden Aufgeregtheit, ob sich jemand fände, mit dem man tanzen oder vielleicht auch küssen konnte? Begleitet von der Sehnsucht nach einem Leben, das ich bis dahin noch gar nicht kannte, mir aber wieder und wieder ausmalte. Und aktuell.. fühle ich mich irgendwie zurückversetzt in jene Zeit.. In der alles sein konnte, aber nichts musste. In der das Leben sich vor mir ausbreitete wie ein irrsinniger Teppich voller Möglichkeiten, voller Überraschungen - und dieser Lust am Leben. Und wenn es eben nicht hier rum ging, dann ging es eben da rum. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;">Das Leben ist Veränderung, und das ist ja auch gut so. Im gestrigen Telefonat sagte mein Sohn: "Juhu, ein weiteres langweiliges Jahr" und ich lächelte und sagte: "Das werden wir ja erst noch sehen. Vergiss nicht, jeder neue Tag hat neue Möglichkeiten und das können auch gute sein."</div><div style="text-align: left;">Aber.. ist es die Veränderung, die uns ängstigt? Oder ist es vielmehr das Gefühl, die Dinge könnten uns aus den Händen gleiten, wir könnten die Kontrolle verlieren? Wann ist das passiert, dass wir zuviel denken und zu wenig fühlen? Weil wir die Summe unserer Erlebnisse und Erfahrungen (geworden) sind? Was braucht es, dass wir uns an uns erinnern; dass wir uns auf uns besinnen, auf die Kraft, die in uns steckt; auf die Zuversicht, die uns auf die Beine hilft, wenn es mal wieder beschissen lief?</div><div style="text-align: left;">Bei mir ist es ja eben.. die Musik. Allem voran die Musik. Manchmal, denke ich, hilft aber ab und an auch ein Blick zurück, der uns zeigt, bis wohin wir gekommen sind - und dass es durchaus mehr als einen Grund gibt, stolz auf sich selbst zu sein. Oder wir schreiben uns all unsere Glücksmomente auf kleine Zettel und stecken sie in ein Glas. Dann können wir sie lesen, wann immer wir wollen, wann immer wir es brauchen und wann immer uns das Vermögen fehlt, uns zu erinnern.</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;">Insofern.. finde ich diese Blogstöckchen gar nicht so schlecht, die einen dazu bringen, sich zurückzulehnen, den Blick in die Ferne zu richten und darüber nachzudenken, was denn eigentlich in den vergangenen zwölf Monaten alles so passiert ist - und dass das Jahr am Ende.. vielleicht doch gar kein so schlechtes Jahr war?</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;">So let's start...</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>1. Ganz grob auf einer Skala von 1 bis 10: Wie war Dein Jahr?</b></div><div style="text-align: left;">Ich denke, ich kann das mit einer ganz soliden 8 bewerten. Es hat mehr Überraschungen für mich bereitgehalten, als ich je für möglich gehalten hätte. Was mir an der 10 fehlt, sind die Überraschungen, die mir das Herz zerreißen.</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>2. Zugenommen oder abgenommen?</b></div><div style="text-align: left;">Mal so, mal so - es ist ein stetiges Auf und Ab, bewegt sich allerdings auch nur bei 2 - 4 Kilo. Vor elf Jahren musste ich für ein halbes Jahr ein Medikament nehmen, das mir zwar den Schmerz nicht nahm, aber einige Kilos mehr bescherte. Die bin ich seither auch nicht wieder losgeworden, und seit Kortison & Co. besteht mein Kampf auch nur noch darin, dass es nicht noch mehr wird. So, wie ich aktuell aussehe, gefalle ich mir. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>3. Haare länger oder kürzer?</b></div><div style="text-align: left;">Viel kürzer. War eigentlich dem Umstand geschuldet, dass meine Friesemeisterin die Haare grün färbte und das Ergebnis ganz erschrocken noch mal zweimal versuchte zu überfärben und dann alles irgendwie nach Stroh aussah. Aber im Moment mag ich das Kürzere tatsächlich lieber.</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>4. Kurzsichtiger oder weitsichtiger?</b></div><div style="text-align: left;">Was weiß ich. Keine Ahnung. Ohne Lesebrille jedenfalls geht inzwischen immer weniger ;)</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>5. Mehr Kohle oder weniger?</b></div><div style="text-align: left;">Mehr. Beruflich hat mich dieses Jahr tatsächlich überrascht - aber so ein klein wenig hadere ich noch immer mit diesem Gefühl, dass ich Angst vor mir selber bekomme - und vor Erwartungen, die ich vielleicht gar nicht erfülle?</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>6. Besseren Job oder schlechteren?</b></div><div style="text-align: left;">Das kann ich noch nicht sicher beantworten. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>7. Mehr ausgegeben oder weniger?</b></div><div style="text-align: left;">Ich würde sagen, das hält sich die Waage im Vergleich zum Jahr 2021. In 2023 wird es auf jeden Fall entschieden mehr, allein schon durch den Umzug zurück nach L und den damit verbundenen Nestbau. Der Mann und ich haben uns auch geeinigt über die Aufteilung der Miete, ein gemeinsames Konto lehne ich weiterhin ab - und so schlug er vor, dass wir wenigstens ein weiteres Konto eröffnen, auf dem wir jeden Monat einen Festbetrag einzahlen, den wir dann für Urlaub und so verwenden. Wenn ich also davon ausgehe, dass ich einen Mietanteil bezahle, das Urlaubsfestgeld einzahle und auch meinen Sparstrumpf weiter versorge, dann wird 2023 ein teures Jahr. Aber wie sagte ich es erst gestern zu einer Freundin, die sich nun entschied, so wie wir in die Heimat zurückzukehren und die mich fragte, ob wir nicht Heimweh bekämen und Angst hätten und so weiter? </div><div style="text-align: left;">"Ja, mir wird von M auch einiges fehlen. Aber ich fokussiere mich auf das, was ich stattdessen bekomme."</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>8. Dieses Jahr etwas gewonnen, und wenn, was?</b></div><div style="text-align: left;">Ich denke, auch bei mir besteht der Gewinn vor allem in Erkenntnissen. Eine von diesen half mir, mit etwas abzuschließen, das mich seit vielen Jahren begleitet und nie wirklich losgelassen hat. Die Erkenntnis, dass einem jahrelang etwas vorgemacht wurde, ist keine wirklich schöne. Eine, die auch nach all der Zeit noch schmerzt. Aber wenn sie hilft, endlich den Abschluss zu finden, dann sollte es so sein. Ich sags ja immer: Am Ende macht alles seinen Sinn - und früher oder später erkennen wir diesen auch. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>9. Mehr bewegt oder weniger?</b></div><div style="text-align: left;">Hm, schwierig zu beantworten. Sportlich gesehen vermutlich mehr. Aber habe ICH mehr bewegt? Vermutlich nicht, aber ist das meine Aufgabe? ;)</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>10. Anzahl der Erkrankungen dieses Jahr?</b></div><div style="text-align: left;">Eine - und das war auf die letzten Meter dieses Jahres (was mich auch nicht wundert, irgendwie packt mich jedes Jahr im Dezember ir-gend-was). Als Corona bei mir ausbrach, registrierte ich verwundert, dass das Schmerzlevel spürbar sank. Lag das jetzt daran, dass der Körper mit anderem beschäftigt war und der sich ja nun auch nicht um jeden Quatsch kümmern konnte? Oder lag es daran, dass Corona ja irgendwie eine systemische Erkrankung ist? Ein systemisches Dilemma in einem kaputten Körpersystem - und haben wir nicht in der Mathematik gelernt, dass Minus und Minus gleich Plus ist? </div><div style="text-align: left;">Ich war ja Anfang Dezember nach L gependelt in dem Bewusstsein, am dritten Tag wieder heimzufahren. Am Samstag hätte ich mich dann wieder spritzen müssen. Daraus wurde ja nix, weil der Sohnemann Corona aus der Klinik mit ins Haus brachte und ich zum Schutze aller Unbeteiligten darauf bedacht war, wenigstens die Inkubationszeit abzuwarten. Dass der Mann mir die Spritzen schickt, fiel auch aus, weil dann die nötige Kühlkette unterbrochen würde. </div><div style="text-align: left;">"Vielleicht ist es besser so", sinnierte ich krächzend am Telefon, "die Spritzen unterdrücken ja mein Immunsystem, also genau das, was ich jetzt eigentlich brauche."</div><div style="text-align: left;">Während sich Symptome auf- und nach jeweils drei Tagen wieder abbauten, blieb die enorme Schlappheit konstant. "Long Covid", diagnostizierte die Stief-Schwiegertochter und ich grinste schief: "Na ja, nach nicht mal drei Wochen von Long Covid zu sprechen, is vielleicht e bissl voreilig."</div><div style="text-align: left;">Heute, dreieinhalb Wochen nach Ausbruch der Erkrankung, habe ich meine ersten dreißig Minuten Sporteinheit vollzogen - und lieber erstmal wieder aufgehört, nachdem der Puls an die 170 klopfte.</div><div style="text-align: left;">Wenigstens schlafe ich keine 12 Stunden mehr in der Nacht und 5 am Tag. Ich kann schon wieder Medical Detectives schauen bis morgens 5 Uhr (letzte Nacht erfolgreich getestet) und trotzdem kurz vor 10 aus dem Bettchen fallen direkt vor das köstlichste Heißgetränk der Welt. </div><div style="text-align: left;">Beim Sport habe ich registriert, dass die Bewegungen noch längst nicht wieder so flüssig sind wie vorher. Aber hey, das heute waren die ersten dreißig Minuten. Morgen kommen die nächsten, übermorgen die übernächsten und so weiter - ich schätze, da geht noch was. Muss auch, denn das Schmerzlevel kehrt leider nach und nach auch wieder zurück. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>11. Davon war für Dich die Schlimmste?</b></div><div style="text-align: left;">Ach Gott na ja ne, also schlimm... Also aus heutiger Sicht würde ich schon sagen, dass ich unter den Immunsuppressiva tatsächlich Glück hatte, mit vermutlich Omikron und nicht Delta in Kontakt gekommen zu sein. Delta war sicherlich schon noch ne andere Hausnummer und ob ich da so davongekommen wäre, wüsste ich nicht sicher. Wusste ich auch damals nicht sicher. </div><div style="text-align: left;">Insgesamt hat sichs angefühlt wie früher die Virusgrippen, die mich erst tage- und nächtelang ans Bett fesselten und mir obendrein vermittelten, dass allein der Gang ins Badezimmer einem Marathon gleichkäme. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>12. Der hirnrissigste Plan?</b></div><div style="text-align: left;">Sowas gibts, glaube ich, bei mir nicht mehr. Inzwischen bin ich in einem Alter, in dem ich gut abwäge ;)</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>13. Die gefährlichste Unternehmung?</b></div><div style="text-align: left;">Wenn mein Leben mich eines gelehrt hat, dann Sicherheit. Insofern gibt es in meinem Leben keine Entscheidungen, die nicht mindestens mit einem Netz und doppeltem Boden abgesichert sind. Und vor allem gibt es keine Entscheidungen, die mich abhängig machen vom Partner. Alles ist so angelegt, dass es notfalls auch wieder allein weitergehen würde, nur diesmal etwas besser vorbereitet ;)</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>14. Die teuerste Anschaffung?</b></div><div style="text-align: left;">Ach herrje, weiß ich gar nicht. In Summe vermutlich meine Malfarben, die haben mich in diesem Jahr ne ganze Stange Geld gekostet. Morgen verzichtet der Mann aufs Home Office und geht ins Büro, während ich ja diese Woche noch frei habe. Kann ich mich morgen also breitmachen am Tisch und all die tollen Farben wieder auspacken. Ich sags Euch, ich freu mich wie bekloppt auf die Wohnung in L! In unserem gemeinsamen Zimmer (Ihr erinnert Euch, leider nur drei statt vier) baue ich mir meinen eigenen Maltisch auf. Hatte da ne ganz eigene Idee und war dann doch ein bisschen verwundert, dass ganz viele bei Instagram dieselbe hatten :) Will mir jedenfalls im Obi so ne Arbeitsplatte kaufen, etwa 2,50 m lang. Darunter kommt ein türkisgrüner Bürocontainer auf der einen Seite und weiße Metallfüße auf die andere Seite. Dann kann ich in der einen Ecke mit schätzungsweise 60 cm den Arbeitsplatz einrichten und rolle dann entspannt zur anderen Seite, wo ich noch auf rund 1,90 m Platz habe, all meine Malfarben auszupacken, die ich dann nie nie wieder abends wegräumen muss, nur weil man am nächsten Tag arbeiten muss. Hachz! An die Wand werde ich mir was montieren, wo ich dann die Pinselstifte, die Bleistifte und die Acrylstifte unterbringe, ohne dass es zu überladen wird. </div><div style="text-align: left;">Ich sagte es ja schon, 2023 wird erst das teure Jahr - also fragt mich in 12 Monaten nochmal :)</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>15. Das leckerste Essen?</b></div><div style="text-align: left;">Diese Frage habe ich, glaube ich, schon mal beantwortet und sehe sie immer noch so: Es gibt vieles, das ich gerne esse und das lecker schmeckt. Superlative brauchts da keine. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>16. Das beeindruckendste Buch?</b></div><div style="text-align: left;">Ich weiß, dass ich in diesem Jahr was gelesen habe. Wenn ich aber nicht mehr weiß, was das war, waren sie wohl nicht beeindruckend genug. Ach ja, mir fällt wieder was ein: Aus der Reihe der Ostseekrimis hab ich was gelesen, war aber tatsächlich nur mittelmäßig begeistert. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>17. Der ergreifendste Film?</b></div><div style="text-align: left;">Eher kein Film im klassischen Sinn - sondern eine Reportage. Die Biografie von Anna Lang in der Reihe "Lebenslinien", die hat mich sehr nachhaltig berührt. Die Lebensgeschichte einer kleinen zarten Frau, die 107 Jahre alt werden <i>musste</i>, damit sie ihre lieblosen Eltern, ihre lieblose Ehe überleben konnte, um in ihren letzten Jahren ihr Leben überhaupt noch einmal auskosten und genießen zu können - so gut ihr das noch möglich war. Mich hat das sehr berührt. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>18. Der meistgehörte Song?</b></div><div style="text-align: left;">Hm. Keine Ahnung, wie ich das rauskriegen soll. Weiß einer von Euch, ob Spotify so ne Option anbietet? Gibt ja auch Leute, die ne Statistik bekommen, wieviel Musik sie im ganzen Jahr hörten - aber ich habe bis heute noch nicht rausgefunden, wie ich an meine ganz persönliche Statistik kommen kann.</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>19. Das schönste Konzert?</b></div><div style="text-align: left;">Keins - weil ich schon länger auf keinem mehr war :)</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>20. Die meiste Zeit verbracht mit?</b></div><div style="text-align: left;">...der Musik, dem Malen und dem Mann.</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>21. Die schönste Zeit verbracht mit?</b></div><div style="text-align: left;">...der Musik, dem Malen und den Menschen, an denen mein Herz hängt. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>22. Letztes Jahr zum ersten Mal getan?</b></div><div style="text-align: left;">Aus Liebe geheiratet. </div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>23. Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?</b></div><div style="text-align: left;">Ja, ich will.</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>24. Dein Wort des Jahres?</b></div><div style="text-align: left;">Friedlichkeit</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>25. Dein Unwort des Jahres?</b></div><div style="text-align: left;">Gendern. (Blogger mag diese Kacke offenbar auch nicht. Dreimal musste ich korrigieren, weil es Gendern automatisch in Ändern ändern wollte ;))</div><div style="text-align: left;"><br></div><div style="text-align: left;"><b>26. Das Jahr war mit einem Wort?</b></div><div style="text-align: left;">Überraschend. </div><div style="text-align: left;"><br></div>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com6tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-18918406320730862842022-12-20T21:17:00.002+01:002023-02-01T09:21:37.436+01:00Von M zu L<p> Im Januar 2014 haben der Mann und ich beschlossen, dass wir zusammenziehen. Nach all der Zeit, all den Höhen und Tiefen, den On-and-Offs unserer Beziehung haben wir entschieden, dass wir nunmehr einen Schritt weiter gehen müssten. Uns trennten etwas über vierhundert Kilometer - und wir waren beide an einen Punkt gekommen, wo wir müde geworden waren. Im Job beide voll beansprucht, jeder mit seinem Alltag - wir wussten: Wir müssen JETZT etwas entscheiden, ansonsten werden wir uns verlieren, weil uns nach gut 7 Jahren Fernbeziehung die Energie ausging. </p><p>Habe ich diese Entscheidung bereut? <br />Nein. Ich denke, sie war wichtig für mich und auch für ihn - und auch für meine Söhne. Das einzige, was mir immer nachhing, war die Trennung von den beiden. Ich bin jetzt keine Übermama, die auf ihren Kindern hockt und nicht loslassen kann oder will. Aber ich wollte, dass es ihnen gut ging. Ich wollte, dass sie sich ihre Wünsche und ihre Träume erfüllten - und ich wünschte mir für sie, dass jemand in ihrer Nähe war, wenn es ihnen gerade nicht gut ging. Dass jemand greifbar war, wenn sie es brauchen würden. <br /></p><p>M ist eine Stadt, in die ich mich sehr, sehr schnell eingelebt habe. Mich persönlich hat das wirklich überrascht: M ist eigentlich bekannt für Schickimicki, für sehen-und-gesehen-werden, für den schönen Schein nach außen, während es im Inneren modert. Das ist nicht meine Welt. Mich interessiert nicht, was jemand an Hab & Gut besitzt und welches Label er spazieren führt. Das beeindruckt mich nicht. Bussi Bussi und falsches Getue widern mich an, genauso wie diese Mädels mit ihren Taschen in der Armbeuge.<br />Was mich fasziniert und interessiert, sind Menschen, keine Darsteller. <br />Nichtsdestotrotz ging es mit M und mir wirklich rasant. Ich gewöhnte mich in Nullkommanix ans U-Bahn-Fahren, obwohl Enge und Gedränge schwierig sind für mich. Nach Japan sollte ich da vermutlich nicht auswandern wollen ;) <br />Es gibt so einige Ecken, in die ich mich verliebte - und die ich auch vermissen werde.<br />Aber es war immer klar: Ich werde nicht für immer in M bleiben, auch nicht dort begraben werden. Es war immer klar, dass ich notfalls auch allein wieder weggehen würde.</p><p>Das Jahr 2022 hat so einiges an Überraschungen für mich bereitgehalten. Die eine war der Antrag vom Mann - und dass wir dann auch wirklich geheiratet haben. <br />Die andere - für mich große - Überraschung war, dass wir eine Wohnung gefunden haben und im März umziehen werden. Und zwar nicht innerhalb von M - sondern zurück nach L.<br />Anfangs konnte ich wirklich nicht glauben, dass der Mann dazu bereit sein würde. Ich war mir sicher, dass er spätestens dann, bevor es wirklich ernst würde, einen Rückzieher machen und genug Gründe finden würde, nicht wegzugehen. <br />Aber auch er überrascht mich immer wieder - auch nach so vielen Jahren noch.<br />Bei unserem vorletzten Besuch in L haben wir uns gemeinsam ein paar Wohnungen angeschaut - und uns für eine von diesen entschieden. Sie hat alles, was uns wichtig war (na gut, nicht ganz, ich vermisse mein Mal-Schreib-Musik-Zimmer, also ein Zimmer ganz für mich allein). Sie liegt in einem der beliebtesten Stadtviertel in L, wir können fußläufig zur Mama oder auch auf einen Kaffee in die Innenstadt, ich habe einen entspannten Weg ins Office - und wenn der Mann seine sportlichen Anfälle bekommt, kann er sich im angrenzenden riesengroßen Park austoben nach Lust & Laune. Und ich kann jederzeit meine Söhne sehen oder sie zu mir einladen, wenn sie es möchten. </p><p>Wir haben den Zuschlag bekommen, obwohl die Wohnung von einem anderen Paar reserviert worden war. Das muss aber wohl schon länger her sein - und jetzt haben wir sie genommen und bekommen. <br />Preiswert ist sie nicht, das muss man sagen. Aber auch hier hat mich der Mann überrascht, als er zu mir sagte: "Du hast nie wirklich schön gewohnt, ich hab nie wirklich schön gewohnt. Wir haben unser ganzes Leben lang viel gearbeitet und sollten uns jetzt einfach mal etwas gönnen."<br />Zurück in M, kündigte der Mann die dortige Wohnung, den dortigen zusätzlichen Tiefgaragenstellplatz, fand in Nullkommanix einen Nachmieter, entwickelte Pläne und Ideen, dass selbst ich kaum hinterher kam. Und natürlich sind wir auch fast sofort in einen Ehekrach gestrandet, weil jeder von uns seine Ideen und Vorstellungen einbringen will, die - klar - nicht zu den Ideen und Vorstellungen des anderen passten.<br />"Wir könnens auch lassen und hierbleiben", hat der Mann gefaucht.<br />"Wir werden uns schon noch einig", hab ich geantwortet, "aber nicht dahingehend, dass alles nur nach deinem Kopf geht."<br />"Aber auch nicht nur nach deinem!"<br />"Natürlich nicht", habe ich breit gegrinst.</p><p>Am Freitag kommt er nach L, am Montag fahren wir zur Wohnung, geben den unterschriebenen Mietvertrag ab, messen alle Räume nochmal genau aus.<br />Auf unserer virtuellen Liste stehen bereits eine Menge Dinge, die wir brauchen werden.<br />Auf Instagram haben wir einige Dinge im Speicher, die uns inspirieren.</p><p>Früher war es ja immer so: Ich habe ungefähr einen Tag vor dem Umzug alles zusammengepackt, am Umzugstag alles transportieren lassen und dann bis in die frühen Morgenstunden so lange geräumt und geputzt, bis ich todmüde ins Bett fallen konnte, irgendwann später wieder aufstand und alles an seinem Platz fand: Vom Kaffeelöffel und Kaffeebecher bis zur Zahnbürste war alles an seinem Platz. So liebte ich das!<br />Dass das hier eine ganz andere Nummer werden wird, ist mir bewusst. <br />Fest steht für mich nur, dass es bei mir und mit mir keine Kisten geben wird, die ungeöffnet irgendwo rumstehen. Der Mann kann sowas - ich nicht. Das stört mein ästhetisches Auge *kreisch*<br />Insofern steht auch fest, dass zwar alles schnell seinen Platz bekommen wird - aber es steht auch fest, dass wir für das Gestalten unseres neuen Zuhauses etwas mehr Zeit brauchen werden. Es muss reifen - mit all den Ideen, die wir jetzt schon haben. <br />Im März ist es soweit, dann gehen wir weg von M zurück nach L und ich denke, dass wir im Juni vielleicht oder auch erst im Juli oder August unsere Einzugsparty feiern werden. <br />Aber Fakt ist vor allem: Wir freuen uns beide wahnsinnig auf diesen Schritt - auch wenn ich es irgendwie noch immer nicht glauben kann - und im Gegenzug der Mann langsam Muffensausen bekommt und auch schon erste Anwandlungen von "Wollen wir nicht vielleicht doch hier in M bleiben?"</p><p>Nein, wollen wir nicht :)</p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com13tag:blogger.com,1999:blog-8638820236853509277.post-68785208363276042932022-12-19T23:36:00.001+01:002022-12-19T23:36:19.411+01:00Wolkig mit der Aussicht auf Wattebällchen<p> Wäre alles nach Plan verlaufen, würde ich heute Abend in M meine Tasche packen und mich morgen früh auf den Weg nach L machen.</p><p>In der Realität aber bin ich von L beim letzten Mal gar nicht erst weggefahren. Sondern buchstäblich im wahrsten Sinne des Wortes einfach liegengeblieben - mit Blick zum Fenster hinaus. Dort ist quasi das Leben an mir vorübergezogen: Sonne, Sturm, Nebel, Regen, Schnee. Begleitet von kannenweise Tee jeden Tag, Fieber, Mörder-Halsweh und Husten.<br />Und ja, es ist Corona. Hat der Sohn aus der Klinik mit nach Hause gebracht. Ausgerechnet derjenige, der sich übervorsichtig verhält. Der Coronapatienten nur im Vollschutz betreuen darf - und auch abseits der Coronapatienten empfindlich darauf geachtet hat, nichts ohne frische Handschuhe zu berühren und sowieso niemandem näher als notwendig zu kommen. Das Bubbelchen.<br />Woher er dann trotzdem die Infektion bekam, kann er sich partout nicht erklären.<br />Jedenfalls meine ist von ihm und begann nachts buchstäblich von einem Moment auf den anderen mit ordentlichem Schüttelfrost. </p><p>Wie fühlt sich Corona momentan für mich an? Wenn ich ehrlich sein soll, nicht anders als früher, wenn eine Virusgrippe ihre klebrigen Griffel nach mir ausstreckte. Damit möchte ich weder etwas relativieren noch verharmlosen. So fühlt sichs einfach an. Und mir sind zwei Dinge aufgefallen: Das Schmerzlevel ist in diesen Tagen deutlich niedriger als sonst. Und ich schwitze natürlich nach wie vor, grad als das Fieber so hoch war - aber ich habe null Schweißgeruch. Ich war immer sicher, dass ich jeden Tag ein Deo nutzen <i>muss </i>- ohne war überhaupt nicht denkbar für mich, auch wenn der Mann noch so beschwor: "Ich weiß gar nicht, was du hast, du riechst nicht!" ICH bildete mir ein, da wäre was; also habe ich jeden Tag Deo benutzt - und aktuell brauche ich das Null. <br />Der Junge brauchte 1,5 Wochen, um wieder fit zu sein - bei mir sinds aktuell auch 1,5 Wochen und ich bin noch nicht ganz so weit wie er. Natürlich hab ich drüber nachgedacht, warum das so ist, unabhängig von dem Bewusstsein, dass ja jeder Mensch anders mit denselben Dingen umgeht.<br />Ich denke, dass es bei mir insbesondere an den Spritzen liegt, die ich mir seit ungefähr einem Jahr jede Woche setzen muss und die mein Immunsystem unterdrücken. Genau das Immunsystem, das ich jetzt eigentlich bräuchte. Stattdessen liegt es sozusagen in der Ecke und guckt mir knurrend wie ein widerwillig gebändigter Kettenhund zu, wie ich mich hier abmühe, meinen Feind quasi mit Wattebällchen zu bewerfen. </p><p>Der Mann schrieb vor ein paar Tagen, es erinnere ihn an unsere früheren Zeiten - er sei dort, ich sei hier, er könne sich nicht um mich kümmern und es würde zwei oder drei Wochen dauern, bis wir uns wiedersehen. Damit wird er nun recht behalten. Wenn er zu Weihnachten nach L kommt, werden wir uns drei Wochen nicht gesehen haben. <br />Dass wir uns also nichts schenken, stimmt damit auch in diesem Jahr nicht wirklich: Wenn ich bis dahin negativ bin, wird er mein Geschenk zu Weihnachten sein. Ich empfinde das umso mehr, wenn ich sehe, was aktuell in anderen Beziehungen um mich herum los ist - und warum. Betrachte irgendwie mit Wehmut, mit einer gewissen Traurigkeit, wie Menschen miteinander umgehen. Die aneinander hängen (bleiben), weil sie Angst vor dem Alleinsein haben, Angst vor einer ungewissen finanziellen Zukunft, aus Unsicherheit. Aus allem möglichen - aber am allerwenigsten aus Liebe. Liebe ist sicherlich nicht alles - aber sie sollte der wichtigste Grund sein, zusammen sein zu wollen. </p><p>Das Jahr 2022 ist fast vorüber, fast geschafft. Viel ist passiert, ganz viel Schlimmes, viel Nachdenkenswertes - und für viele von uns auch viel Schönes. Meine Dankbarkeit dafür möchte ich nicht verlieren. Das, was wunderbar ist, möchte ich auch morgen noch sehen können, sehen dürfen - und wertschätzen. Auch im Jahr 2022 bin ich erschüttert vom Egoismus, der mich mehr oder weniger nah umgibt; von der Gleichgültigkeit und von Desinteresse an Dingen, die für bestimmte Menschen nicht uninteressant sein <i>dürfen</i>. Ich bin enttäuscht von manchen Menschen - und im Gegenzug positiv überrascht von anderen, auf die ich aktuell eher weniger gekommen wäre. So ist es wohl, dieses einzige Leben, das wir alle haben. <br />Manchmal beißt man sich durch mit der Kraft eines Löwen - und manchmal kämpft man mit Wattebällchen. <br /></p>Helma Ziggenheimerhttp://www.blogger.com/profile/14268778484519014730noreply@blogger.com11