Ich weiß gar nicht, ob ich Dich noch so nennen darf oder sollte - immerhin bist Du jetzt 30 Jahre jung geworden.
30.
Grundgütiger.
Und doch bist Du immer noch mein Baby, mein Schmunzelhase, mein kleines großes Kind, das mich mittlerweile um mindestens einen halben Kopf überragt (und ich bin nun wirklich nicht gerade klein gewachsen ;))
Mein Baby, das sich in Vorbereitung seines 3. Geburtstages vom Opa ein Messer wünschte.
"Wozu denn ein Messer", hatte Opa geantwortet, "was willst du damit, du schneidest dir nur in die Finger."
"Na gut, Opa, dann will ich eine Pistole haben."
"Ach was willst du denn mit einer Pistole? Das is doch nix."
"Okay Opa, wenn ich kein Messer und keine Pistole bekomme, dann will ich eine Bombe haben."
Das war jener Moment, in dem mein Vater, der bis dahin bemüht war, den Dreikäsehoch zum Mittagsschlaf zu bringen, hinaus auf den Korridor trat, sich die Lachtränen aus den Augen wischte und zu uns sagte: "Macht das mal selber, ich kann nicht mehr!"
Mein Baby, das im Alter von 6 oder 7 Jahren nichts cooler fand als Sharky, den Hai. Wo man Dir selbst damit eine Freude machen konnte, indem man Dir ein Badetuch mit Sharky- Aufdruck schenkte.
Erst der Sharky, dann die Dinos. Oder war es andersrum?
Und jetzt...
Jetzt trägst Du von Dienstes wegen jeden Tag eine Pistole mit Dir herum. Bist längst ausgezogen, um Dir Dein eigenes Leben aufzubauen. Bist im Grand Canyon herumspaziert, in Miami den Fluss entlanggepaddelt, in Krabi auf den Gipfel gestiegen, hast in Island in der Blue Lagoon gebadet, in Marseille auf dem E-Scooter die Stadt erkundet.
Bei allem, das Du Dir in den Kopf gesetzt und auch umgesetzt hast, war ich oft sehr froh, dass ich erst mit den Fotos und Videos erfuhr, was Du da alles so triebst. Und ich fand es toll. Und ich hab Dich bewundert für Deinen Mut, Deine Unerschrockenheit, Deine Unbeschwertheit, Deine Unbekümmertheit. Es fühlte sich so gut und richtig an, wie Du die Welt für Dich entdeckt hast - auch wenn Du noch nicht alles gesehen hast, das auf Deiner Liste steht.
Aber hey...
Die 30 mag sich für Dich uralt anfühlen - aber weißt Du, wie viel Leben Du noch hast, das Du mit Erlebnissen, mit Erfahrungen füllen kannst? Es ist so unendlich viel - und ich wünsche Dir so sehr und von meinem ganzen Herzen, dass Du genau das Leben führen kannst, das Du Dir wünscht. Das Dich erfüllt. Das Dich glücklich macht. Das Dich zufrieden macht.
Ich liebe es so sehr, Dich zu sehen, wie Du Deinen Weg gehst.
Es ist ein so wunderbares Gefühl, Deinen Bruder und Dich wieder an einem Tisch sitzen zu sehen.
Mittlerweile wohnt Ihr auch wieder zusammen - auch wenn es nur vorübergehend sein wird.
Es tut so unfassbar gut, Euch beide so zu sehen. Zu wissen, dass Ihr Euch habt. Zu wissen, dass Du ihn wiederhast.
30.
Und ich weiß es noch wie gestern, wie Du Dich als Baby angefühlt hast. Was für ein Sonnenschein Du warst. Die meiste Zeit hast Du gelacht, gestrahlt. Du warst zufrieden, wenn Du uns hattest, was zu spielen und was zu essen. Vermutlich ist es auch Deinem sonnigen Gemüt zuzuschreiben, dass Du es nie schwer hattest, Dich irgendwo neu reinzufinden. Sei es der Schulwechsel, bedingt durch den Umzug. Sei es die Ausbildung. Seien es die Praktika. Sei es das erste Team nach Deiner Ausbildung. Sei es Dein jetziges Team.
Freunde von Dir sagen, sie würden niemanden kennen, der so gechillt sei wie Du.
Und ich liebe das, dass Du so in Dir ruhst. Wie zufrieden Du bist, wenn es den Menschen um Dich herum gut geht. Vor allem denen, die Du liebst. Wie ehrlich und aufrichtig Du bist; immer darauf bedacht, niemanden zu verletzen - Dich selbst aber auch nicht zu verlieren.
Du trägst eine Stärke in Dir, von der ich mir wünschte, ich hätte sie in Deinem Alter auch schon gehabt.
Vermutlich werde ich Dir nie wirklich sagen können, wie unfassbar stolz ich auf Dich bin, was für ein wunderbarer Mensch Du geworden bist. Dass Du Dich zu einem tollen Menschen mit einem starken Charakter entwickelt hast, der Menschen mit Respekt und immer mit dieser gewissen Prise Unbekümmertheit behandelt, die es einem so leicht machen, Dich zu mögen, Dich liebzuhaben.
Der vor etwas über zwei Jahren durch unsere neue Wohnung hier in L spazierte, alles genau inspizierte, sich dann rumdrehte und fragte: "Und? Wann kann ich hier einziehen?"
Und Du glaubst gar nicht, wie gerne ich am liebsten "Na sofort!" gesagt hätte!
Es tut so gut, Dich und Deinen Bruder so nah zu wissen. Am liebsten noch näher: Unser Traum von einem Mehrgenerationenhaus - am liebsten irgendwo an der Küste.
Ich weiß nicht, ob Du den noch träumst - ich auf jeden Fall. Wir könnten alle umeinander kümmern, niemand müsste in ein Pflegeheim, aber jeder hätte seinen eigenen abgeschlossenen Lebensbereich. Aber wie schön wär das, an Abenden am großen Küchentisch zu sitzen, mit Oma Karten zu spielen, während ich ihr und mir einen Kaffee zubereite und Du Dir die nächste Flasche Apfelsinchenbrause aus dem Korb stibitzt. Während der Mann und Dein Bruder ein neues Fondssparen einrichten und Opa Schlagermusik hört.
Ja, in unseren Köpfen klingt es wesentlich leichter als die Realität es wäre.
Aber... Ich weiß nicht, ob Dir das auch so geht - aber ich denke oft, dass es die Träume sind, die mich durch die Realität tragen.. Weil ich dann sein kann, wo immer ich will. Mit wem immer ich will.
Und Du, mein Schmunzelhase, Du und Dein Bruder, Ihr wärt auf jeden Fall immer dabei.
Auch dann, wenn Du wieder hinaus in die Welt gehst und Dir all das anschaust, was Du noch nicht gesehen hast. Selbst wenn Du entscheiden würdest, vielleicht doch ganz woanders leben zu wollen: Für mich ist das alles okay.
Weil es mir gut geht, wenn es Dir gut geht. Dir und Deinem Bruder.
Wenn Ihr glücklich seid, dann bin ich es auch.
Und was immer Euch dazu fehlt, was immer ich Euch dazugeben kann, dazu tun kann - das gebe ich und das tue ich.
Es gibt kein größeres Glück als das Glück der Kinder. Jedenfalls für mich nicht.
Und darum wünschen wir Dir alle heute und hier alles Glück der Welt. Alle Liebe, die Du verdienst. All die Erfüllung der Träume, die Dich glücklich und zufrieden machen.
Deine Mama
