Dienstag, 29. Januar 2019

"Die Würde des Menschen ist unantastbar"

Daran denke ich oft, wenn ich sie sehe, sitzend an der Wand gelehnt, schlafend in Hauseingängen, oft einen Wagen mit ihren Habseligkeiten nach sich ziehend oder in Plastiktüten neben sich stehend.
Ich denke auch oft an meine Mum, mit der ich vor vielen Jahren durch die Einkaufsstraßen von L zog - und sie mit einem Mal in Tränen ausbrach "Es tut mir leid, aber ich kann da einfach nicht vorbeigehen." Und dann ging sie zurück und legte dem alten Mann ihre letzten Münzen in den Pappbecher.
Auf der Insel, auf der sie immer noch lebt, bekommt sie die Menschen nur selten zu sehen. Wenn denn überhaupt. Damals wie heute.
"Dein Papa ist ein typisches Nachkriegskind", sagte sie mal zu mir. "Die mussten lernen zu überleben, an sich zu denken. Bis heute schaut er nicht über den Tellerrand."
Aber du musstest das doch auch, dachte ich, ihr wart sieben Kinder, nicht nur drei.
"Ich kann das nicht", sagte sie damals. "Wir hatten auch nicht viel. Aber wir haben immer geholfen und immer geteilt."

Als ich heute Abend das Haus verließ, hatte ich es eilig. Der Mann wartete auf mich irgendwo am Supermarkt. Oder im Supermarkt - hoffte ich.
Ich sah den alten Mann wieder dort an der U-Bahn sitzen, kaum dass ich um die Ecke kam. Schmutzig, verwahrlost, eine alte schmutzige Decke auf den Knien, irgendwelche Tüten neben sich.
Er erkannte mich wieder, winkte mir, lächelte. Ich lächelte zurück, eilte in den Bäckerladen neben ihm, kaufte einen Becher heißen Tee und überlegte wie jedesmal, was ich ihm zu essen mitnehmen könnte. Wir sprechen nicht dieselbe Sprache, ich weiß nicht, woher er kommt und was seine Kultur ihm erlaubt zu essen.
Wieder raus vor die Tür, zu ihm geeilt, mich vor ihn gehockt, den Becher in seine Hand gegeben.
"Vorsicht, heiß", bedeutete ich ihm.
Er sagte etwas, das ich wieder nicht verstand. Aber wir lächelten einander an.

Als ich zur Straße eilte, lief ich prompt Herrn Blau direkt in die Arme.
"Du hast dem jetzt nicht wirklich Geld gegeben, oder?"
Scheiße. Ach Scheiße. Warum war er nicht wie sonst schon in den Markt gestiefelt?
"Ich dachte, du wartest im Supermarkt auf mich?"
"Nein. Ich warte hier seit zehn Minuten und du lässt mich hier frieren wegen der Bettlerbande? Wann lernst du endlich, dass die alle zur Mafia gehören?"
Ich schob meine Hand in seine.
"Er sieht nicht aus wie einer von der Bettlermafia", sagte ich. "Außerdem habe ich ihm nur etwas zu essen und einen Tee gebracht."
"Das ist egal. Es ist schade um jeden Cent bei denen."
Da krampfte sich in mir etwas zusammen.
Vielleicht hat er recht, der Herr Blau. Vielleicht aber irrt er sich auch. Ein Mensch ist.. ein Mensch, nicht mehr und nicht weniger.
"Für die wird gesorgt, da musst du dir keine Gedanken machen!"
Ich schaute zurück zu dem alten Mann.
Vielleicht hat er recht, der Herr Blau. Meinem Bauchgefühl nach aber.. kümmert sich niemand um diesen alten, schmutzigen Mann mit seinen paar Habseligkeiten.

Er hatte mich gewarnt, damals vor über zwei Jahren, als wir uns auf den Weg nach Indien gemacht hatten. Selbst Inder warnen vor der Bettlermafia, die ihren Kleinstkindern mit Opium getränktes Wasser zu trinken geben, damit sie die meiste Zeit über schlafen, während sie sie herumtragen und mit ihren Fingerspitzen an die Autoscheiben klopfen. Tok Tok Tok - bis heute verfolgt mich dieses Geräusch. Verfolgt mich der Anblick ihrer winzigen Beinchen, kaum dicker als der Daumen des Mannes, die kleinen Fußsohlen kaum größer als ein Fingerglied.
"Ich weiß, das ist schwer, grad bei Kindern", sagte Herr Blau. "Aber wenn du einmal damit anfängst, wissen sie, dass sie zu dir kommen können. Dann kommen immer mehr und du wirst sie nicht mehr los. Aber du kannst sie nicht alle retten."

Kinder und alte Menschen.. Die wehrlosesten unter uns.

Ich weiß, ich kann sie nicht alle retten. Das versuche ich auch gar nicht. Aber ich bin wie meine Mama. Ich kann nicht einfach so an ihnen vorbeigehen. Wir mit unserem ordentlichen, warmen Zuhause, den dicken Wintersachen und dem Essen auf dem Tisch.

Weil ich es mir wert bin

Ich hab mich entschieden.
Hinter dem Rücken des Mannes, sozusagen, weil ich mit dem zwar über die Möglichkeit, die Verfahrensweise und die erhoffte Wirkungsweise sprach - er aber dagegen war.
"Wenn du das in L machst und es passiert dir was, dann bin ich viel zu weit weg und kann dir nicht helfen", wandte er (sicherlich begründet) ein.
Es ist mir wohl naturgegeben, dass ich mir meist wenig Gedanken mache - dafür einfach losagiere.
("Du bist ein echter Zwilling", wurde mir schon öfter nachgesagt, "heute so, morgen so! Zwei Gesichter!" Und ich hab dann nur gelacht: "Ach Quark! Ich mache wie ich denke, ich denke nur eben nicht jeden Tag dasselbe. Ich bin offen für alle möglichen Gedanken." Haha. Gut gedreht, nicht wahr? Aber so bin ich wirklich.)

Über die Thematik der Eigenbluttherapie hatte ich mich belesen, aber dass auch so Risiken wie Embolien oder so auftreten könnten, grad wenn man - wie ich - das Ganze nicht mittels Injektionen unter die Haut, sondern via Infusion in die Vene praktiziert, das wurde mir erst vergangene Woche bewusst, als ich da nun zum ersten Termin in L war. Heimlich, wie gesagt - aber hoffnungsvoll. Erwartungsfroh. Oder wie auch immer man das nun nennen will.
Wie lief das Ganze ab? Sie kennt mich seit Sommer 2018. Sie kennt mein Blut, meine Vorgeschichte, überhaupt meine Geschichte.
Der Plan: Sie nimmt mir in mindestens 10 Behandlungen jeweils gut 100 ml Blut ab, es wird mit einem Medikament für das Immunsystem bzw. meine Lymphen, einem Blutverdünner (eben damit es nicht klumpt) und Ozon angereichert und über die Infusion wieder zurückgeleitet.
So war der Plan und so wurde er auch umgesetzt.
Die ersten beiden Male in der vergangenen Woche, die ich in L war, neben dem Renovierungsstress (Ha! Fast alle Räume geschafft - Küche, Bad, Flur und Zimmer von Junior I - nur Junior II, da hatte ich dann wirklich keine Energie mehr. "Deinen Jungs gehört der Arsch versohlt, dass die ihre Mutter das alleine machen lassen!" wurde ich angewütet. "Wieso?" wunderte ich mich. "Die sind doch gar nicht da. Abends, wenn die heimkommen, sind alle Messen doch schon gesungen? Ich hab doch zwei Tage extra frei genommen, muss nur Mittwoch und Donnerstag ins Büro." "Dann gehört DIR der Arsch versohlt!" "Wieso? Ich mach das gerne, ich hab das schon immer gerne gemacht. Und ich will, dass die es schön haben. Auch wenn sie zehnmal sagen: Mutsch, das brauchste doch nicht machen. Die zwei schaffens ja auch nicht. Und nach vier Jahren muss echt mal wieder was gemacht werden." "Okay! Dann komm her, ich hab hier auch noch ne Wohnung zum Malern."), dem intensiven Job im Office (Meine Lieblingskollegin ist erkrankt. Shit. Nun muss ich mich selber um meinen Kaffee kümmern *smile*) und auch den Kontrolltermin bei der anderen Ärztin speziell für Frauen.

Dem Mann habe ich diesen Therapiestart erst "gebeichtet", als ich wieder zurück in M war und er zeitgleich erholt, entspannt, glücklich aus dem Skigebiet zurückkehrte. Der perfekte Moment des Beichtens, dachte ich. Ich kann ja so berechnend sein ;)
Aber er musste zugeben: Bereits nach der zweiten Behandlung ist ein erster Erfolg sichtbar geworden: Meine rechte Hand hat fast vollständig aufgehört zu zittern.
"Ich wage mir gar nicht zu hoffen, dass das schon von der Behandlung kommen soll?" fragte ich in L nach.
"Wie lange zittert Ihre Hand?"
"Seit 2 Jahren. Oder länger?"
Sie lächelte. Ich lächelte.
"Es bestätigt, was ich Ihnen schon letztes Jahr sagte: In Ihrem Körper steckt eine Infektion, ob nun im Nervensystem oder doch im Kopf, und mit dieser Therapie werden genau diese versteckten Infektionen behandelt und, wenn alles klappt, ausgeheilt."

Was ich bis zur 2. Behandlung nicht wusste: Grad zu Beginn der Therapie sollte man diese wöchentlich durchführen. Also muss ich auch hier in M gehen. Musste jemanden finden, der diese Behandlung praktiziert - und dessen Kosten mich nicht völlig arm machen.
Möglicherweise habe ich Glück: Gestern fand ich jemanden, zu denselben Konditionen wie in L. Ein Glücksgriff - oder bestätigt sich hier, dass das Leben in L mittlerweile genauso teuer geworden ist wie in M, abgesehen von den Mietpreisen?
Wie dem auch sei, morgen kommt die dritte Behandlung - und wenn ich damit nur dieses Zittern und dieses unsichere Gehen wieder loswerde, dann wäre ich schon echt extrem dankbar. Man wendet diese Therapie zum Beispiel auch bei chronischen, rheumaähnlichen Beschwerden an - aber darauf wage ich nicht zu hoffen, ehrlich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es nach nunmehr 14 Jahren Leben mit dem pausenlosen Schmerz möglich sein soll, diesen zu eliminieren.

Und die Kosten? Falls es jemanden interessiert? In L habe ich für die ersten beiden Sitzungen 165 Euro bezahlt, die Kosten in M sollen gleich liegen. In Abhängigkeit davon, ob und welches Medikament dem Blut zugeführt wird. Aber das passiert ohnehin nur mit meinem Einverständnis.
Und ja, bei der Krankenkasse habe ich nachgefragt. Sie öffnen sich den alternativen Heilmethoden, grad wenn die Schulmedizin an ihre Grenzen gekommen ist. Nur.. Die Kostenübernahme gilt nur bei approbierten Ärzten, die einerseits auch auf Naturheilkunde setzen und andererseits einen Vertrag mit der Kasse haben. Und: Die Kostenübernahme gilt nur für das Erstgespräch und etwaige folgende Beratungen. Sie schließt keine Behandlungen und keine Medikamente mit ein. Da musste ich lachen: "Hm, aber das ist ja eigentlich das Teuerste an allem. Der Kern des Ganzen."
Die (wirklich sehr nette) Dame am Ende der Leitung lachte ebenfalls und antwortete: "Ja das stimmt schon. Aber mehr ist derzeit nicht möglich. Vielleicht kommt das ja noch."

Und Nebenwirkungen? Der "Drehmoment" in meinem Kopf ist etwas deutlicher geworden - und meine ganze Haut empfindlicher. Strickpullover oder ähnliches zB kann ich derzeit kaum anziehen. Aber das soll wohl zu Beginn der Behandlung normal sein und dann nachlassen. Schauen wir mal.
Wichtig ist am Ende nur, dass es hilft. Wenn schon alles andere bislang versagt hat. Und das.. wünsche ich mir wirklich. Dass auch dieser Versuch nicht umsonst sein wird.
"Ja, das ist teuer, aber ich muss es versuchen", habe ich zum Mann gesagt. "Wenn es mir hilft, ist es mir das alle Mal wert. Das muss ich mir wert sein."

Montag, 14. Januar 2019

Mein Wochenende in Bildern

Freitagabend:



Samstagabend:

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Sonntagabend:

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Kenner verstehen das :)

Freitag, 11. Januar 2019

Ein Satz mit X

...das war leider.. nix.
Ich habe mich aus mehreren Gründen arg gefreut, nach Hause zu kommen - und ich muss latent beschämt gestehen: Ja, auch weil heute das neue Handy gebracht werden sollte.
Was es auch wurde.
Kennt Ihr eigentlich auch den Witz? "Stubenarrest von heute ist, etwas mit DHL liefern zu lassen."
OK, vermutlich kennt ihr nicht den Witz, dafür aber die Erfahrung.
Seis drum.
Der Mann hatte heute Home Office und als ich mittags eintraf, übernahm ich, damit er raus vor die Tür konnte. Joggen. Bei geschätzten dreißig Zentimetern Neuschnee. Na wenns schön macht.
Wir haben bis 18.30 Uhr gewartet, dann schaute ich in die Sendungsverfolgung.
Erfolgreich zugestellt. Beim Nachbarn. Du kriegst die Tür nicht zu....
"Wer ist Frau Lange? Und wo zum Teufel wohnt die?"
Wir haben das Paket gefunden, ausgepackt und ich habe mich mega gefreut, ich gebs zu.
Und dann begann ich mich schon zu wundern, dass das Teil das Backup einfach nicht nehmen wollte. Dieselbe Scheiße wie schon beim Alt-Modell: "Die ID ist falsch."
Ne. Isse nich. Mehrfach getestet.
Und jeder Schritt so derart langsam, dass selbst ich als nordisches Untier Schwämmchen bekam - und ahnte: "Da stimmt doch was nicht."
"Vielleicht stimmt ja mit deiner Karte was nicht", mutmaßte der Mann. "Immerhin hat die ja auch Badewasser abbekommen."
Tja nun.
Sein Handy genommen, ausprobiert - alles funzt. An der Karte liegts also nicht.
Irgendwann doch endlich die ID angenommen, whatsapp aus der Cloud geladen.
"Das dauert zu lange. Ey..."
Wenn du nicht mal ein scheiß billiges Statusbildchen von XY Müller Meier Eckehart anschauen kannst und stattdessen in den Millionsten Timeout rennst, dann bleibt nur noch eins: auf Werkseinstellungen zurücksetzen, ordentlich verpacken, Retourenaufkleber drauf und weg damit.

Fragt ja nicht nach meiner Stimmung!

Da hat mir auch die für mich mit Liebe geschmierte "Sei wieder lieb"-Stulle nicht geholfen.
Da hat auch der mit Liebe für mich gekochte Kaffee den Frust nicht runterspülen können.
Ich habe wirklich extrem selten Synapsenkoller - aber heute war dann doch so ein Punkt erreicht. Ehrlich, ich hätte am liebsten den ganzen Shop dort angezündet. Glücklicherweise habe ich die Rezension erst geschrieben, nachdem ich das Käffchen ausgetrunken hatte. 500 ml heiße Brühe müssen erstmal den Weg durch die Kehle finden - bis dahin beruhigt sich das Blut. Ein bisschen.

Morgen fahren wir in die City und schauen uns vor Ort um. Dann leg ich eben nochmal fuffzsch Euro drauf, auf die kommts dann auch nicht mehr drauf an. Es muss nur funktionieren.

Mittwoch, 9. Januar 2019

Erste neue Ziele

Es gibt nicht viele Plätze, die ich in meinem bisherigen Leben gesehen habe. Vermutlich gibt es viel mehr Plätze, die ich überhaupt erst noch sehen möchte.
Und möglicherweise kommt man in den allermeisten Gegenden mit Englisch am weitesten.
"Dein umgangssprachliches Englisch ist viel besser als meins", sagt der Mann oft, dem eher das technische und vertragliche Englisch liegen. Aber ich spreche zu wenig Englisch, vor allem auch, weil ich es im Job nicht brauche. Vom Auffrischkurs von vor etwas über einem Jahr ist schon wieder vieles verloren gegangen. Ich finde das echt schade, grad weil mir schon zu Schulzeiten bescheinigt wurde: "Sprachen liegen Ihnen." Und mit dem Wissen darum, zu vieles bereits wieder vergessen zu haben, bauen sich in mir Hemmungen auf, die mich zaudern lassen, überhaupt auf Englisch zu kommunizieren.
Wie oft ist mir das schon passiert, dass ich, wenn ich denn mal beginne, fast sofort anschließend denke: "Du Blödi, Blödi, Blödi!! Das hätteste doch viel besser so und so sagen können!"

Am Freitag soll nun das neue Handy geliefert werden - und damit besteht wieder die Möglichkeit der Sprach-Lern-App. Nachteilig an der von mir bisher benutzten: Man muss sich für nur eine Sprache entscheiden, mehrere sind nicht möglich. Englisch würde ich also nach der Neuanmeldung nicht nochmal wählen - sondern Spanisch. Für mein Empfinden eine der erotischsten Sprachen überhaupt, so wundervoll weich und melodisch. Ich freu mich schon sehr auf das Lernen! Zwar habe ich gerade gelesen, dass in dem von uns in diesem Jahr präferierten Urlaubsland Spanisch gar nicht empfohlen wird, sondern die Landessprache - auch wenn sich die Sprachen ziemlich ähneln sollen. Aber egal. Spanisch wollte ich schon so lange lernen - und wenn ich wieder zu Hause bin, ist das Telefon da und dann gehts auch gleich los :)

Bildquelle: https://grusskartenwerk.de/de/Spruchkarte--Humorkarte--Postkarte--Lebensweisheit--Man-muss-das-Leben-tanzen-----Grusskarte--Karte-mit-Spruch-136-138-314-315-316-317-318-390.html

Dienstag, 8. Januar 2019

Sie sind da!!

Als ich heute Nachmittag in L ankam, lag ein großer Briefumschlag auf meinem Sofa.
"Nicht öffnen!" war mein erster Impuls. "Du kennst den Absender gar nicht! Briefbomben!"
(Ich muss immer noch über mich lachen.)
Ich las den Namen einmal, zweimal - und dann hats endlich Klick bei mir gemacht. Menschen aus dem Norden brauchen ja manchmal etwas länger - das ist allgemein bekannt!
Ach, was hab ich vor Freude getanzt in meiner Küche! Man kanns auf dem Foto ja nicht richtig erkennen (aaaber: lieber eine schlechte Kamera im Uralt-Ersatzhandy als gar kein Handy ;)) - aber die Farbe der mir versprochenen und in herrlichem, wunderbaren Rot selbst gestrickten Socken passen perfekt zu den roten Nähten meiner Lack-Boots.

Meine Kollegin morgen wird aber sowas von Augen machen!! Vor kurzem musste ich herzlich lachen, als sie zu mir sagte: "Ey... Du hast gestern so toll ausgesehen, dass ich mir abends vor lauter Frust was Schönes zum Anziehen bestellt habe."
Gibt es ein größeres Kompliment? Wohl kaum :)

Liebes Karamellkätzchen - ich bin Dir wahnsinnig dankbar und kann gar nicht wirklich in Worte fassen, wie sehr ich mich über diese Socken freue!! Und Deine Karte, das kannst wissen, die hebe ich mir auf! Sowas Schönes habe ich lange nicht geschrieben bekommen :*
Ich überlege mir noch etwas, wie ich mich revanchieren kann. Nicht weil ich es muss - sondern weil ich es möchte :)

Montag, 7. Januar 2019

"Bist du glücklich?"



Den gleichnamigen Film "Bist du glücklich?" haben wir gestern Abend angesehen - er hat mit dieser Frage geendet und vielleicht offen gelassen, ob es ein Happy End geben wird oder nicht. Ein - für mich - sehr guter Film in gekonntem ständigen Wechsel zwischen Rückblende und Gegenwart. Ein Film, der - für mich - die Konsequenz deutlich macht, wenn man nicht mehr wirklich miteinander spricht.

"Ich glaube, du kennst mich gar nicht wirklich", sagt der Protagonist irgendwann zu ihr, nach 13 Jahren Ehe.

"Den Satz habe ich auch gerade erst von jemandem gehört", sagt der Mann im Vorbeigehen zu mir.
Wenn ich so darüber nachdenke.. könnte ich mir vorstellen, dass dies ein ziemlich weit verbreitetes Symptom ist, in so ziemlich sehr vielen Beziehungen.. So oft haben wir uns gefragt, warum wir hier sind und nicht woanders, was es denn überhaupt (noch) Liebenswertes gäbe, wenn.
Ich frage mich, in was wir verliebt sind - in den Menschen neben uns oder in unsere eigene Vorstellung von ihm?

"Liebe ist die Fähigkeit, über die Macken des anderen hinwegzusehen", sagt der Protagonist auf die Frage, was er denn unter Liebe verstünde.

Ich für mich selbst fand diese Frage sehr.. treffend beantwortet.
Wenn wir einander begegnen, dann freuen wir uns über Gemeinsamkeiten, wir finden aber auch die kleinen Ungleichheiten gut, weil sie die Möglichkeit geben, auch aneinander reiben zu können. Ich denk schon, dass wir das brauchen. Jeden Tag Harmonie würde mir als Ideal nicht erscheinen - es würde mir eher eines Tages das Gefühl vermitteln, all die gemeinsamen Jahre nur an der Oberfläche geblieben zu sein, nie wirklich in die Tiefe gegangen zu sein - und nie wirklich erfahren zu haben, wer der andere eigentlich wirklich ist.
Ob das vielleicht der Punkt ist, an dem so viele Beziehungen scheitern?
Weil man nicht lernt, den anderen wirklich zu sehen und vor allem auch genau so anzunehmen, und stattdessen darauf wartet, dass eines Tages die Dinge sich schon noch so fügen werden, wie man selbst es sich vorgestellt hat?

In diesem Januar, so kommt es mir vor, wird gerade überall so einiges ordentlich durchgerüttelt. Es bleibt abzuwarten, was am Ende übrigbleibt.

Donnerstag, 3. Januar 2019

Treffer: Versenkt

Zum ersten Mal seit 16 Jahren ist mir das nun auch passiert, dass sich mein Handy aus meiner Hand in die Tiefe meiner Badewanne stürzte. Ob nun endgültig zu Tode, werde ich in etwa drei Tagen wissen. So lange ruht es im Reisbett und habe ich mein Vorgängermodell reaktiviert. Zwar ohne Backup dank veralteter Software, die leider keine Aktualisierung mehr zulässt, kein Zugriff auf den App-Store, keine Bedienung der Apps aus der Cloud - aber immerhin kann ich wieder angerufen werden, ich kann E-Mails auch unterwegs lesen und das Wichtigste: Ich habe meine Musik wieder dabei. Und wenigstens die Rufnummern meiner Söhne aus meinen E-Mails fischen können. Manchmal zahlt sich eben doch aus, dass man dann und wann ihre Lebensläufe schrieb ;)

Alles andere.. Muss warten. Kann warten. Am allerwichtigsten war mir die Musik..

Ich kenne leider den Urheber dieses Bildes nicht..

Quelle: https://stocksnap.io/photo/0BUP2KGIZ9

Quelle: https://stocksnap.io/photo/XDUMGWPQMS

Silence



Talking

Why's everyone always talking?

Noise in my head, but it’s nonsense
I can't feel nothing

Guarded
Don't overthink how we started
Knew from the second you walked in
This could be something

Everybody’s looking for love to start a riot

But every time I look in your eyes

The world gets quiet
So let it go, let it fall, let it fly

We'll keep on trying

'Cause I knew I was in love with you
When we sat in silence
Dreaming

I'm wide awake while I'm dreaming

Seeing in your eyes what you're thinking
So please don't worry

Waiting
Know that I'll always be waiting
Do you believe what I’m saying? (no)
I’m in no hurry
Everybody's looking for love to start a riot

But every time I look in your eyes

The world gets quiet
So let it go, let it fall, let it fly

We’ll keep on trying

'Cause I knew I was in love with you
When we sat in silence
Sat in silence

Sat in silence

Sat in silence
When we sat in silence
Sat in silence
Sat in silence
Sat in silence
When we sat in silence
'Cause I knew I was in love with you
when we sat in silence




When we sat in silence


Mittwoch, 2. Januar 2019

Remember Me



Wenn der Winter seine Schneedecke über der Stadt ausbreitet, dann.. werden die Straßen hell und die Stadt wird leiser.. Viel leiser. Alles scheint wie in Watte gebettet.
Das ist meine Zeit.. Meine Zeit, in der ich die Furcht vor der Dunkelheit verliere. In der ich mich in Mantel und Schal hülle, die Hände in den Strickhandschuhen in den Manteltaschen vergrabe. In meinen Ohren Musik. Natürlich die Musik. Weil es ohne nicht gehen kann, während ich die Straßen entlanggehe, langsam, bedächtig beinah.. mich treiben lassend wie die zarten Schneeflocken um mich herum..
Die Begegnung mit erleuchteten, unverhüllten Fenstern, die den Blick auf ihr Inneres freigeben..

Die Oma, die allein, aber mit einem irgendwie glücklichen Lächeln in ihrem Fernsehsessel sitzt, über sich, um sich Decken gehüllt, ihr Sofa, ihre Schrankwand, das ganze Zimmer angefüllt mit Nippes, Deckchen, Blumen aus Plastik. Ich schmunzle in meinen Schal hinein und frage mich.. Werde ich eines Tages auch so dasitzen? Vielleicht mit Katzen in meiner Wohnung oder doch lieber ganz allein, weil dann immer noch unabhängig?

Die Familie mit ihren Kindern, von denen mindestens eines Nacht für Nacht viel zu spät zur Ruhe findet und den Eltern viel zu wenig Zeit zum Durchatmen gönnt - und dennoch möchte man keinen Moment missen. Auch dann nicht, wenn man das Kleinste manchmal auf einer Rakete mitsenden wollen würde. Ich schmunzle in mich hinein, noch immer so nah die Erinnerungen an eigene, unendlich viele durchwachte, verzweifelte Nächte.. Sie werden bleiben, diese durchwachten, mitunter verzweifelten Nächte der Kinder wegen, auch wenn sich die Farben der Sorgen ändern werden. Und was ebenso bleibt.. ist diese Liebe zu ihnen. Die einzige bedingungslose Liebe, die ich kenne.

Dort die Frau an einer Wegkreuzung, die nicht sagen kann, wie sie weitergehen kann, wie sie weitergehen soll, die sich letztendlich gegen das Herz und für den Kopf entscheidet und der ihr im allerletzten Moment die Möglichkeit gegeben wird, diese Entscheidung zurückzunehmen und völlig ins Gegenteil zu verkehren.. Nur um in diesem Moment zugleich festzustellen, dass diese Entscheidung nicht genug Trauer in sich trägt, sondern vielmehr.. ein Gefühl von Klarheit. Von Freiheit. Ich schaue nachdenklich, während ich langsam weitergehe, Schneekristalle auf der Zunge zergehen lasse und mich frage.. Wie viel muss der Mensch erst sehen, bevor er sieht?

Da die Single-Frau hinter den sich wähnenden Gitterstäben, gegen die sie in jedem Jahr wieder und wieder ankämpft, deren glasklarer Verstand errechnet, wie viele Wochenenden, wie viele Sonntage eines Jahres verloren scheinen, weil in ihrer Welt diese Tage den Familien, den Paaren gehören. Und der dabei - für mein Empfinden - ein entscheidender Rechenfehler unterläuft.. Dass nicht jeder Tag eines Monats dem Ziel "geschuldet" sein sollte, das passende Puzzlestück zu finden und einsetzen zu können.. Für mein Empfinden.. für die Erfahrung, die ich selbst machte in vergangenen Jahren, ist das Wissen darum, dass man es auch mit sich allein schön haben und einen Moment von Glück mit sich selbst haben kann, nicht dasselbe, wie wenn dieses Lebensgefühl auch in der Seele angekommen ist.
Verzweiflung.. kann man in den Augen lesen, im Lächeln erkennen. Verzweiflung.. umgibt uns wie ein schwerer Mantel, dessen Last man nicht tragen möchte..
"Verzweiflung kann man riechen", sagte irgendwer vor Jahren zu mir, "aber das ist nicht das, was man einatmen möchte."
Ich wende den Blick ab vom Fenster, schaue nach vorn, das leise Schneetreiben vor mir, meine Füße, die deutliche Spuren im noch frischen Schnee hinterlassen, während ich langsam immer weitergehe..

Die kleine Oma im Café, das der Heimeligkeit einer Wohnstube anmutet, die Oma, die mit ihren kleinen wachen Augen, die ihren Schal und ihren Mantel ablegt und mich herzlich anlächelt, bevor sie sich setzt, einen Tee bestellt und ihr Kreuzworträtsel auf den Tisch legt. Ich weiß nicht, ob sie allein lebt, ob sie die Weihnachtstage allein verbrachte, ob sie Kinder hat, die wieder abgereist sind, ob sie einen Motzstoffel zu Hause hat, dem sie für den Moment eines Glases Tee entkommen ist - ich weiß nichts von ihr. Das einzige aber, das ich sehe und wahrnehme, das sie umgibt, ist eine unfassbare liebevolle Ruhe und Gelassenheit. In diesem Moment lehne ich mich zurück und in mir drin wird alles ganz hell.
Genau so wird es für mich sein sein, eines Tages. Mit dem Blick auf dieses kleine wunderbare Ömchen überkommt mich mit einem Mal diese unabdingbare Zuversicht: Genau so wird es für mich sein.

Seit den Weihnachtstagen in L haben wir hier in M nicht wirklich viel gemacht. Wir haben lange geschlafen, zwischendurch etwas zu Essen zubereitet und einen Film nach dem anderen aus der Mediathek, aus den Streamingportalen ausgegraben. Dem Hang zwischen Thriller und Märchenfilmen gefrönt.
"Coco" ist einer von denen, die besonders in mir nachklingen. Eine Farbgewalt, wie ich sie nur selten gesehen habe. Eine wunderbare (kindliche) Botschaft, die mir wie kaum eine andere unter die Haut geht in diesen Tagen: Dass niemand wirklich geht - solange er nicht vergessen wird.
Ich denke an meine Großmütter und daran, dass ich noch kein einziges Foto von ihnen zwischen meinen Büchern aufgestellt habe - und dass ich nicht versäumen darf, meine Mama um ein Foto zu bitten.

Am Ende des Jahres 2018 habe ich nicht nur darauf verzichtet, auf dieses vergangene Jahr zurückzuschauen - ich habe insgesamt darauf verzichtet, überhaupt auf alles zurückzuschauen.
Ebenso habe ich darauf verzichtet, obligatorische Weihnachts- und Neujahrswünsche zu senden, die einem ohnehin niemand mehr glaubt - weil sie zu allgemein (geworden) sind. Umso verwunderter habe ich auf die Bildchen und Videos geschaut, die gefühlt 50 Mal ohne auch nur ein einziges persönliches Wort in meinem Whatsapp eingegangen sind, selbst aus der eigenen Familie.
Was soll mir das sagen?
Dass der Absender bequem ist und sein Bild mit "an alle Kontakte versenden" übermittelte?
"Weitergeleitet" steht jetzt übrigens auch da. Um die ganze leere Worthülse noch leerer zu verdeutlichen ;)
Oder dass man selbst dem Absender nicht wichtig genug ist, auch nur ein einziges persönliches Wort gesagt zu bekommen?
In diesem, nein, im nun vergangenen Jahr habe ich sehr wenige Zeilen in den Weihnachtstagen und in der Zeit des Jahreswechsels versendet, entsprechend wenige persönliche Wünsche an den anderen formuliert. Aber in jedem Moment, in dem ich jemandem schrieb, war ich auch genau da, war ich in Gedanken genau bei demjenigen. War ich genau da, wo ich sein wollte - oder mich hinwünschte, um denjenigen ganz sehr zu umarmen. Einen langen herzlichen Moment lang.
Mir ist nicht wichtig, aufzufallen, aus dem Rahmen zu fallen. Ich bin nichts Besonderes und darum geht es mir auch nicht. Aber ich möchte.. wahrgenommen werden.
Mit den Spuren, die bleiben, wenn der Schnee längst aus den Straßen und Wegen getaut ist..

Ich wünsch mir, dass etwas da bleibt, wenn ich gegangen bin.