Mittwoch, 29. August 2018

Tage wie diese

Ich habe endlich meinen Mut zusammengenommen und den Hausarzt gewechselt. War auch noch froh drüber, den Vorwand vorbringen zu können, dass der aktuelle ja im Urlaub sei, "aber ich bin ohnehin auf der Suche nach einem neuen, weil ich mich.. äh.. nicht so aufgehoben fühle", fügte ich hinzu und die sehr nette Dame an der Rezeption lachte und sprach: "Kein Problem, da leg ich doch gleich mal ne neue Patientenakte an."
Wuuaaahh! Kein Zicken von wegen übervoll und keine Patientenannahme mehr, kein Zicken von wegen "wir sind aber nicht die Vertretung von Dr. XY" (alles schon mal dagewesen) und so n Scheiß - ne, alles easy going. Und als ich dem Mann aus dem Wartezimmer schrieb "Der Doc bietet kostenlos Kaffee und WLAN an!! Ich bin im Paradiiiesss!!", da verdrehte der die Augen "Na super, war ja klar, dass der dich damit gleich hat."
Es war nicht nur das. Es war insbesondere die Tatsache, dass er mir zuhörte, ohne Wenn und Aber die AU der Klinik verlängerte und sich nicht nur davor scheute, die im worst case kostenintensive Behandlung zu übernehmen (was zwei andere Ärzte hier ablehnten übrigens) und noch eine weitere mögliche, möglicherweise von der Großmutter vererbte Erkrankung zu untersuchen, von der ich zwar recht deutliche Symptome habe, aber dennoch hoffe, dass das an der Gesamtsituation liegt, weil ich im anderen Fall sonst Abschied von meinem Traum nehmen muss, 104 Jahre alt werden zu wollen.
Es war aber auch seine Art und Weise, mit mir zu sprechen, sich auf mich einzulassen.
"Joa, i hatt' o a moi a Zeckn am Bein, des hob i gor net gmerkt, bloß a bissl dran rumgefummelt und auf de Badewann' glegt und da erscht gsehn: Äääääähh!!! Da sin ja no Haxn dran!" 
Die Erkrankung meiner Mum kannte er noch nicht, googelte diese erstmal im Netz und schlug sich aufs Bein "Moi, wos es nich ois gibt!"
Für mein Rezept für die Schilddrüse googelten wir gemeinsam über Bildersuche, weil ich mir beim Hersteller nicht mehr sicher war.
Als ich anschließend die Praxis verließ, fühlte ich mich dann doch etwas erleichtert und fragte mich, wieso ich mich so stark für andere machen kann, für mich selber aber nur schwer kämpfen kann? Wieso ich mich - wenn es um mich selbst geht - so zauderlich und zögerlich bin und oftmals viel zu lange warte?
Ob das tatsächlich etwas mit dem eigenen Wertgefühl zu tun hat?
Ein Gedanke, mit dem ich mich insbesondere JETZT auseinandersetzen sollte.

Dieses habe ich zumindest in einem heutigen, möglicherweise wegweisenden Termin ein bisschen aufgepäppelt. Die einen oder anderen Symptome deutlicher als an anderen Tagen, dank eines Friseurbesuchs letzte Woche sehe ich aus wie Angela Davis (sagte der sich köstlich amüsierende Mann) - keine Experimente vor wichtigen Terminen, Herrgott, das weiß man doch!! - und in den einzig "tauglichen" Rock heut Morgen ein Loch beim Bügeln gebrannt.. stürzte ich anschließend bei gefühlten 33 Grad in Jeans und wie ein aufgerissenes Sofakissen zum Termin..

Aber auch da.. alles sehr entspannt. Manchmal muss man sich wirklich einfach nur mal trauen.

Freitag, 24. August 2018

Remember All The Time





"Wenn uns die Menschen, die wir lieben, genommen werden, können wir sie trotzdem behalten, indem wir nie aufhören, sie zu lieben. Gebäude brennen und Menschen sterben, aber die wahre Liebe hält ewig."
ein Filmzitat, ich weiß nur nicht, aus welchem



Manchmal, wenn ich jemanden arg vermisse, dann bin ich froh, wenn etwas von dem Menschen bei mir ist. Das Shirt mit dem Geruch des anderen. Dinge des anderen, die vergessen wurden mitzunehmen oder die mir überlassen wurden..

Letzte Nacht träumte ich von meiner Großmutter. Und als ich erwachte, dachte ich daran, dass es inzwischen 30 Jahre sind, die sie nicht mehr da ist.
Es war noch ganz früh am Morgen, weit vor dem Klingeln des Weckers, also streckte ich müde die Beine aus, verschränkte die Arme unter dem Kopf und schaute auf den langsam beginnenden Morgen. Ich dachte an sie, ich dachte an die Sommerferien, die ich jedes Jahr bei ihr verbrachte. An die Tage, die ich auf ihrer Fensterbank verbrachte, völlig ins Spiel versunken, oder in das Lesen.
Ich schloss die Augen und dann konnte ich erneut so deutlich sehen, was mir schon im Traum wiederbegegnet war: der Eintritt durch die Haustür, der Geruch nach Äpfeln und eingekochten Johannisbeeren. Die Tür linker Hand, durch die hindurch man das kleine Wohnzimmer betrat. Der Sessel neben der Tür, in dem sie immer saß, ihr Lieblingsplatz vor dem kleinen Nähtischchen. Da, wo sie immer saß in ihrer dicken blauen Strickjacke mit den Hirschhornknöpfen.. Wo sie strickte oder Löcher flickte, wo sie las oder mir einen Apfel schälte und kleinschnitt, wo sie einen Zeichenblock zur Hand nahm, um mir zu zeigen, wie das geht mit dem Malen und worauf man achten muss..
Der Geruch nach Waschlauge in der Küche, wo sie ihre Wäsche kochte und im Zuber auf dem Brett schrubbte, um sie im Hof auf der Leine aufzuhängen..
Es gibt so vieles, an das ich mich erinnere... An ihren Küchenschrank, an dem ich immer alle Türen öffnen und hineinschauen durfte. An das Plumpsklo im Hof, vor dem es mir immer gruselte, weil man immer mindestens einer Spinne begegnete.. Eine von diesen großen schwarzen, die viel zu schnell flitzen können..
Ihr ganzes Leben lang führte sie ein einfaches, bescheidenes Leben, in dem nur eines für sie zählte: ihre drei Kinder großziehen zu können, dass sie genug zu essen hatte für ihre Kinder, dass sie im Winter nicht erfroren und immer Schuhe an den Füßen hatten. Als ihre Kinder erwachsen geworden waren, zählten für sie die Enkelkinder - und ich glaube.. vor allem zählte ich für sie.. Weil ich ein Mädchen war.. Weil ich ihr Mädchen war..
Erinnerungen an sie reichen unfassbar weit zurück, dass ich zuweilen unsicher wurde, ob das wirklich Erinnerungen sein konnten - die meine Mum mir aber bestätigte.. Dass sie mich auf ihrem Bett wickelte und puderte, dass sie mich in das Gitterbettchen daneben legte und ein Tuch vor die Stäbe hing, damit das einfallende Licht mich nicht vorzeitig weckte..
Wie sie mir auftrug, die Kartoffelkäfer in den Eimer abzusammeln. Dass ich auf die Bäume kletterte, um Kirschen oder Eierpflaumen zu pflücken. Dass wir auf der Bank neben dem Haus in der Abendsonne saßen, während wir Tomatenstullen aßen und ich die Beine baumeln ließ.. Dass ich in dem Tümpel hinter dem Haus Frösche fing, in die Hand nahm und genau betrachtete und dann wieder freiließ.. Dass wir ihre Schwester im Postamt besuchten und ich mich an den Schalter hing, weil ich nicht darüber hinwegschauen konnte.. Dass wir ihren Vater und ihre Schwester zu Hause besuchten, bis zuletzt, bis dem Vater die Kraft zu leben ausging. Dass ich so oft aus ihrer Kommode ihre schwarze Perlenkette aus der Schatulle nahm und durch die Finger gleiten ließ und sie sagte dann: "Das bekommst du alles mal, wenn ich mal nicht mehr bin."

Ich war nicht da, als sie auf dem Weg aus dem Schlafzimmer in die Küche im Hausflur einen Schlaganfall erlitt und stürzte. Und sie bei dem Versuch, aufzustehen, einen zweiten Schlaganfall erlitt, erneut stürzte und sich den Oberschenkel brach. Das Los der alten Menschen.. Ein Bruch, der operiert wurde und von dem sie sich aber nicht mehr erholte.
All die Zeit ihres Lebens bewohnte sie kleine Räume ohne ein Badezimmer, ohne eine richtige Toilette. Und jetzt, wo sie es nicht mehr wahrnehmen konnte, bekamen sie diese neuen Räume mit einem richtigen Bad und einer richtigen Toilette..
"Das ist nicht mein Zuhause", sagte sie, als man sie auf ihren eigenen Wunsch hin nach Hause gebracht und in ihr Bett gelegt hatte.
"Doch", hat meine Cousine gesagt, "das ist dein Zuhause. Schau, das ist deine Frisierkommode. Das ist dein Bett. Du bist zu Hause."
"Gut", hat sie geantwortet, die Augen geschlossen und nicht wieder geöffnet, bis sie vier Tage später starb.

Bis heute lebt sie in mir weiter. Bis heute sehe ich ihre verschmitzten braunen Augen vor mir, ihr schiefes Lächeln, ihr kurzes dunkles Haar, ihre kleinen schmalen Hände; bis heute höre ich den Klang ihrer Stimme, wenn sie mit dem Opa zankte oder wenn sie mich bei meinem Kosenamen rief, den bis heute nur sie  verwendete und den ich bis heute liebe..
Bis heute wünsche ich mir, sie wäre immer noch da.
Erinnerungen sind so oft das einzige, das bleibt und das einem nicht genommen werden kann, jedoch..
Bis heute tut es mir leid, dass ich ihr nicht öfter geschrieben habe, so wie sie es sich wünschte. Gerade in jenen Zeiten, als wir kein Telefon besaßen, geschweige denn ein Handy oder E-Mails.. Und ich, inzwischen erwachsen geworden, hunderte Kilometer weit weg wohnte..
Dieser Tage ist mir bewusst geworden, dass ich nichts, absolut gar nichts von ihr besitze. Dass absolut nichts von ihr für mich übrig geblieben ist. Und dass ich bis heute... Ich bin verrückt nach dem Geruch von Äpfeln und von eingekochten Johannisbeeren. Mein halber Kleiderschrank ist voller Strickjacken in allen möglichen Farben und Formen. Dabei wünschte ich mir nur diese eine blaue mit den braunen Hirschhornknöpfen.

Man sagt, dass jemand erst stirbt, wenn er vergessen wird.
Dann, meine Oma Martl, wirst Du immer leben.

Mittwoch, 22. August 2018

Und heut Abend bin ich müde

...so ganz völlig normal müde - ohne jede Doppeldeutigkeit. (Off topic, aber weils mir hierzu grad einfällt und was mich wirklich irre macht: Wenn du heutzutage zu jemandem sagst, dass du müde bist, dann denkt keiner an das einfach ganz stinknormal müde sein - nein, jeder denkt und fragt gleich, ob du irgendwelche Probleme oder Stress in deinem Leben hast. Es-kotzt-mich-an. Als habe die ganze Welt ausschließlich nur noch ein Problem - nämlich ein psychisches. Ich weiß, dass die Welt ein Irrenhaus - geworden - ist - aber dazwischen gibts tatsächlich Menschen, denen es gut geht - und die trotzdem einfach mal müde sind.)

Es scheint im Moment, als habe ich heute ein Etappenziel erreicht - auch wenn nach heute immer noch nicht so ganz klar ist, wo die Reise letztlich hingeht.
Klar ist mit heute jedoch, dass die Dinge, die ich in den letzten Tagen und Wochen angestoßen habe, weitergehen können. 

One of these Mornings



“Nothing hurts a good soul and a kind heart more than to live amongst people who cannot understand it.”
Hazrat Ali Ibn Abu-Talib


Es ist so früh am Morgen und ich gebe zu, ich hab ein bisschen Angst vor dem, was jetzt kommt. Aber bevors ganz verrückt wird, sage ich mir: Heute Abend wirst du vermutlich sehr viel ruhiger und entspannter sein - und über dich selbst lächeln. Vielleicht wäre manches zu zweit einfacher. Aber manchmal ist man eben nicht zu zweit - und dann schafft man es auch allein.

Dienstag, 21. August 2018

Free My Mind



Manchmal fließt es und manchmal fließt es nicht - und im Moment will es nicht so recht. Weggeworfene Stöckchen erreichen derzeit nicht mein Interesse, Dialogen weiche ich aus, Begegnungen versage ich mich.
Die allgemeine negative Schwingung um mich herum raubt mir gerade die Energie - und wo ich mich diesem früher stellte, weiß ich heute, wie ich mich dem entziehen kann. Mag sein, dass das nicht immer richtig so ist, diese Vermeidungstaktik, derzeit fühlt sie sich für mich jedoch "gesünder" an.
Ich will grad keine Postings mehr lesen, die nur noch damit beschäftigt sind, Lug & Trug aufzudecken; ich will grad keine Nachrichten mehr sehen, die Angst schüren; ich will keine Statements mehr lesen oder erfahren, die lediglich Türen öffnen, hinter denen sich stapelweise nur übelriechender Müll befindet.
Es "vergiftet" mich, es reißt mich runter, es will mich in die Knie zwingen.
Aber all das will ich nicht.
Ich will glauben und nicht zweifeln.
Ich will mich freuen und nicht ärgern.
Ich will Hoffnung haben und mir diese auch nicht durch vermeintliche Realität zerstören lassen.
Ich will frei sein - in meiner Seele, frei und unbeschwert, so gut das eben möglich ist.

Dieser Tage fühle ich wieder dieses dringende Bedürfnis, mich völlig zurückzuziehen, am liebsten an das Meer zu fahren, am Ufer zu sitzen, die nackten Füße im Sand vergraben, auf das Meer zu starren und an nichts zu denken, an gar nichts. Einfach nur fühlen.
Und weil ich das im Moment nicht kann, ziehe ich mich auf die einzige Insel zurück, die ich aus eigener Kraft erreichen kann: die Musik.

Möglicherweise aber konzentriert sich in mir gerade auch nur alles auf den Termin am morgigen Vormittag hier in L. Seit vier Wochen steht er, all die Tage war ich gelassen und entspannt - und erst jetzt auf den letzten Metern fühle ich die Unruhe in mir. Er wird wegweisend werden - und über die nächsten geplanten und teils auch eingeleiteten Schritte mitentscheiden. Wenn es morgen gut wird, dann wird sich mein Leben ein weiteres Mal verändern - und ob genau das gut ausgeht oder nicht, das weiß ich erst, wenn es soweit ist.
Einmal mehr neige ich dazu, die Dinge an mich herankommen zu lassen, wobei ich überrascht feststelle, dass sich Dinge, die man nicht zu sehr will, offenbar gerade dann erfüllen.


..It's easy to leave things behind

But it's hard to forget them.

Sonntag, 12. August 2018

Momente für das Glas

Erst vor kurzem stellte ich einmal mehr fest, dass ein Blog - wenn man ihn wie eine Art Tagebuch führt - eine herrliche Fülle an Erinnerungen birgt, durch die ich manchmal stöber und dann schmunzle oder die Augenbrauen hochziehe und denke "Uff... War DAS ne Zeit!"
In diesem Zusammenhang erinnerte ich mich an jenes krebskranke Mädchen, das jeden ihrer Glücksmomente auf kleine Zettelchen schrieb und sie in einem Glas aufbewahrte - um sie immer dann hervorzuholen und sich daran wieder aufzurichten, wann immer sie glaubte, dass alles nur noch schwer und bedrückend war. Ich fand diese Idee richtig schön und hatte mir so, so oft vorgenommen, das auch zu tun - und dabei war es geblieben.

Vielleicht.. benutze ich ja einfach meinen Blog dafür und erschaffe hierfür extra ein neues Label ;)
Wobei.. Eigentlich gehören ja alle Momente irgendwie in das "Glas", weil.. Gerade mit Blick auf meine vergangenen 16, 17 Jahre denke ich, dass Du niemals um dieses Glücksgefühl weißt, hoch oben auf dem Gipfel zu stehen, die Augen zu schließen, die Arme auszubreiten - wenn Du nicht schon tief unten im Tal gestanden hast.. Und das, so meine ich, macht das Glücksgefühl umso tiefer, bewusster und wertvoller.

Und was gab es nun in dieser Woche?

Entdeckt..


Die Band HAEVN, ein Duo aus Holland, die sich mit ihren wundervoll melodischen, zumeist streichelzarten Indie-Songs direkt unter meine Haut spielten. Mir gefällt nicht alles von denen - das tuts ja nie - aber das Geschenkguthaben bei iTunes ist nun aufgebraucht. Und es wird wieder arscheng auf meinem Telefon ;)

Gestaunt..

..wie ein Mensch es schafft, ein und dieselbe Sache innerhalb kürzester Zeit vollkommen zu verdrehen und in das Gegenteil zu verkehren - wobei leider nicht immer etwas Positives dabei herauskommt. Oder doch, vielleicht doch: Man bekommt ein konkreteres Gespür dafür, wem man trauen kann und wem nicht.

Gewundert..

..über die Aussage eines Vegetariers, man sei dies aus ethischen Überzeugungen - und bestellt sich im nächsten Atemzug irgendwas mit Lachs. Wie nun? Ein Lachs hat doch auch Augen, ein Herz, ist ein Lebewesen, das atmet - wieso fällt der Fisch dann durch das Veggie-Raster? Versteh ich nicht..
Dafür aber versteh ich die Aussage, dass es weitaus weniger Fleischesser geben würde, müsste derjenige sein Essen selbst jagen, erlegen und zerlegen. Ich gebe zu: Dann wäre ich selbst ab sofort Vegetarier.

Gelesen..

"Morgen kommt ein neuer Himmel" - gekauft auf Empfehlung, kann mich mit dem Buch jedoch nicht recht anfreunden. Eine ziemlich verkrampft konstruierte Geschichte, wie ich finde, die phasenweise nicht nur surreal, sondern regelrecht unrealistisch daherkommt. Ein ganz schöner Schmonz!
..aber die Idee an sich zu diesem Buch finde ich schön. Erinnert ein wenig an den Film "P. S. Ich liebe dich" - den ich wiederum inzwischen wohl um die 15 Mal gesehen habe - und immer noch sehr mag.

Getestet..

..diese Woche die neue A-Klasse - rein optisch fand ich die toll. Aber ich bin froh gewesen, sie wieder abstellen zu dürfen. Mein Herz schlägt für Audi - und dabei bleibe ich wohl auch. Selbst der kleinste seiner Klasse liegt herrlich ruhig auf der Straße, auch noch bei 180 kmh (ab 205 kmh bekam ich Angst vor mir selber und bremste ab, Knautschzone hat er ja nun nicht wirklich).
Außerdem.. Ich brauche ne richtig echte Handbremse, nicht nur so einen blöden Knopf, den man wahlweise drückt oder zieht. Macht sich am Berg beschissen - wenns auch sicher nur eine Frage der Gewohnheit ist. Wie in vielen Dingen ;)
Und außerdem - rückwärts einparken (ich kann irgendwie nur rückwärts) ist echt ein Kunststück - bei der A-Klasse siehst du nix nach hinten raus. Viel zu hoch und viel zu verbaut das Ganze.

Gelacht..

..als ich gebeten wurde, im Netz nach etwas aus dem Arbeitsrecht zu recherchieren - und dabei über die Verlinkung stolperte, ab wann und wie ein Vorgesetzter für das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter sorgen muss, wenn im Büro die Temperaturen auf 33 Grad klettern. Nach Hause schicken ist durchaus eine Option, haben wir gelernt. Hat er aber nicht gemacht - dafür eisgekühlte Cola gekauft ;)

Sehr gefreut..

..über ein unverhofftes Wiedersehen bei Milchkaffee und Donut - die Zeit verging viel zu schnell!!

..über die Reaktion meiner herzliebsten Freundin zu meinem Geburtstagspost für sie - indem sie mir schrieb, ich möge bitte niemals vor ihr ins Gras beißen - das gäbe Saures.

..über die Gänsehautmomente des Mannes, dem ich in diesem Jahr vermutlich genau das Richtige zu seinem Geburtstag ausgewählt hatte.

Berührt gewesen..

..dass das große Kind sich dieses Mal aus der Begrüßungsumarmung gar nicht lösen mochte. Weiß gar nicht, ob das überhaupt schon jemals so war, seit er kein Kind mehr ist.

..vom wiederentdeckten Video aus dem Jahr 2002. Leider noch nicht die richtige Software zum Schneiden gefunden. Mit der einen sieht man kein Bild und bekommt auch nicht das vollständige Video "rein", mit der anderen konnte ich nur einmal schneiden und nie wieder.


Und jetzt öffne ich die Flasche und schenke mir ein Glas Sekt ein. Einfach so. Und proste dem Leben zu. Einfach so.

Samstag, 11. August 2018

Eulen und Lerchen

„Früh ins Bett und frühes Aufstehen macht gesund, wohlhabend und klug.“ — Benjamin Franklin
 „Glaubt nicht an den Nutzen des frühen Aufstehens, wie es der betörende Franklin propagiert...“ — Mark Twain



Der Mann hat manchmal so komische Anwandlungen. Dann kommt er auf die Idee, frühmorgens 5 Uhr aufzustehen und joggen zu gehen. Oder bei 37 Grad unbedingt JETZT Tischtennis im Park zu spielen, weil "Wir sollten die Dinge gleich machen, sonst vergessen wir es oder schieben es so lange auf, bis wir sie doch nicht mehr machen."
Ich verstehe seine Gedanken, ich stelle mich aber trotzdem nicht bei 37 Grad in den Park und jage einem weißen Ball hinterher. Ich bin doch nicht bekloppt. Und auch nicht lebensmüde.
"Dann gehen wir eben abends, wenn die Temperaturen sinken", feilscht er und ich beginne zu lachen: "Wahrscheinlich hältst du es für eine Ausrede, aber ehrlich: Wenn wir um 22 Uhr immer noch 32 Grad haben, ist es mir immer noch zu warm, vor allem aber sehe ich dann schon gar keinen Ball mehr. Ich gehe lieber baden."
Ich glaube, er weiß auch überhaupt nicht, wie man AUSSCHLAFEN überhaupt buchstabiert. Weil er es einfach nicht kennt. Ausschlafen bedeutet für ihn irgendwas nach 7 Uhr, ja, auch am Wochenende. Seit das Unternehmen, in dem er angestellt ist, Räumlichkeiten zusammengelegt und aus vielen Einzelbüros mit maximal 3 Personen mehrere Großraumbüros gemacht hat mit dem Motto: Wer zuerst kommt, nimmt sich den besten Platz, hat er sich dazu entschlossen, das Haus nicht mehr 8 Uhr, sondern spätestens 7 Uhr zu verlassen. Was bedeutet, dass ich mir meinen guten-Morgen-Kaffee allein schmecken lassen muss - etwa so gegen neun Uhr. Und was ihn prinzipiell daran gewöhnt, jetzt immer so zeitig aufzustehen und sich nix draus zu machen.

Hach, was waren das noch für entspannte Zeiten, als ich an Wochenenden bis zehn Uhr schlief, im Bett frühstückte, Zeitung oder Blogs las, ehe ich mich irgendwann weit nach Mittag oder so aus den Kissen wand und beschloss, den Tag so allmählich begrüßen zu wollen.
Genießen? Kann ich! Kann ich beinah bis zum Exzess.
Menschen, die morgens kurz nach 4 im Bademantel auf Balkonen hocken und ihre Tasse Kaffee in den Händen halten, sind immer noch meine Herzliebsten (ja, wenn Du das hier liest - Dich meinte ich ;)) - aber sie sind mir auch auf immer und ewig suspekt. Ich kann ja auch nichts für das, was bei denen offensichtlich schiefgegangen ist *kreisch* - aber so sehr der Mann auch lockt und versucht: Er wird aus mir keine Lerche machen. Nicht in diesem Leben - und über das nächste verhandeln wir, wenn es soweit ist.

Natürlich kann man sagen, wer früh aufsteht, hat mehr vom Tag. Stimmt ja aber genau genommen nicht wirklich: Wer früh aufsteht, wird zeitiger müde und muss dann schlafen gehen, wenn ich tanzen gehen will. Oder schläft neben mir im Kino ein. Und was wird dann mit diesen wunderbaren Sommerabenden, diese herrlich sinnliche Zeit zwischen Abend und Nacht, die man sich in Bars gegenübersitzen und in die Augen schauen kann, die Wangen erhitzt vom Reden, Lachen und vom Gleichklang der Seele? Was ist mit den Sommernächten, in denen man auf der Wiese liegt, gemeinsam aus einer Flasche Wein trinkt und die Sternschnuppen zählt? Was ist mit den herrlich warmen Nächten, in denen man sich nackt in die Wellen des Meeres wirft und ausgelassen herumtobt, bis man mit klopfendem Herzen zurück in den Sand fällt? Was ist mit den Nächten, in denen man auf dem Nachhauseweg barfuß auf der Straße tanzt und die Sandalen in den Händen schlenkert?

Tagsüber ist all das doch gar nicht möglich! Auch wenn es zehn gute Gründe geben mag, die der Autor unter oben genanntem Link sich aus den Fingern gesaugt hatte, um das Hohelied auf die Lerche zu singen. Da halte ich es mit dem einleitenden Zitat des Artikelverfassers:

"Lasst mich aber zuerst eines sagen; wenn ihr zu den Nachteulen gehört und ihr euch gut damit zurechtfindet, dann ist das eine tolle Sache. Es gibt keinen Grund euren Lebensstil zu ändern, vor allem dann nicht, wenn ihr glücklich seid."

Thats it. Ich BIN glücklich. ;)

Freitag, 10. August 2018

An die herzliebste Freundin




In dem Jahr, in dem wir uns das letzte Mal gesehen haben, habe ich Dir zu Deinem Geburtstag eine Fahrradklingel gekauft. Du weißt schon, so eine Ding-Dong-Klingel - passend zu Deinem antiken Rad und inzwischen passend zu Deinem historischen Alter :*
In dem Jahr, in dem wir uns das letzte Mal sahen, bekam ich nicht mehr die Gelegenheit, sie Dir auch in die Hände zu legen - und seither ruhte sie in der obersten Schublade meiner Lieblingskommode. Ab und an strich ich mit den Fingerspitzen darüber, manchmal nahm ich sie nachdenklich in die Hand, nur um sie dann doch wieder in die Kommode zurückzulegen.
Ich konnte mich dennoch nie von ihr trennen, so wie ich mich auch nie wirklich von Dir lösen konnte.

Irgendwann hat mal jemand zu mir gesagt: "Wenn ich nichts mehr von dir höre, dann vergesse ich dich" und ich dachte in jenem Augenblick: "Dann ist es auch nicht das Richtige."
Bei mir, musst Du wissen, ist das nämlich anders: Ich kann mich sehr schnell für Menschen und Dinge begeistern, das stimmt - aber Strohfeuer erkalten auch sehr schnell wieder. Nur wer es einmal auch tief in meine Seele hinein geschafft hat, den behalte ich auch dort für all die Zeit, in der ich noch atme, denke, fühle - und hoffe. Und in meiner Seele haben bisher nur sehr, sehr wenige Menschen ihren Platz gefunden. Die, an die ich umso mehr denke, je länger ich sie nicht sah, je tiefer die Wortlosigkeit wurde, die Schweigsamkeit, von der ich manches Mal nicht einmal mehr wusste, woher sie entstanden war..
Du bist eine der sehr, sehr wenigen. Du bist die, von der ich irgendwie immer wusste: "Sie ist meine herzliebste Freundin." Du bist die, an die ich immer und immer wieder dachte, wenn ich durch den Tag oder durch die Nacht fuhr, die Musik aufdrehte, das Fenster herunterließ, um den Wind in den Haaren wühlen zu lassen - und ich mir einreden konnte: Jetzt würde ich ans Meer fahren, wir würden Cafes besuchen und uns überlegen, welches von denen eines Tages uns gehören würde. Oder wenigstens Ideen klauen, wie es sein sollte - das Cafe. Eins mit wenigen Omasesseln, kleinen Holztischen, Figuren aus Treibholz in den Fenstern, indirektem Licht - und eben dem Regal voller ausgewählter Bücher, keine neuen, keine perfekten, sondern die mit dem Charme des ewig wiederholten Gelesenen. Den Kuchen würden wir selber backen und abends, wenn die Stühle schon hochgestellt sind, würden wir eine Flasche Weißwein öffnen, die Beine hochlegen, den Haarknoten öffnen und ich würde seufzen und sagen "Gleich schlafe ich hier auf dem Stuhl ein" und du würdest sagen: "Na ICH trag DICH aber NICHT nach Hause, wir zahlen schließlich keine Erschwerniszuschläge!"

Nur manchmal habe ich geschrieben, wie sehr ich Dich vermisse.
Aber jeden Tag habe ich es gefühlt, ohne auch nur einen einzigen Millimeter erneut auf Dich zugehen zu können. Das hast Du nun getan - und wenn ich mich auch noch vorsichtig in unseren Welten bewege, zurückhaltend, so denke ich jeden einzelnen Tag, wie ganz sehr glücklich ich darüber bin.

Meine herzliebste Freundin, ich wünsche Dir von ganzem Herzen alles, alles Liebe zu Deinem Geburtstag. Ich wünsche Dir das Lachen, das Deinen Bauch schmerzen und Deine Augen mit Glückstränen füllen lässt. Ich wünsche Dir die Leichtigkeit und die Innigkeit, während Du dabei bist, Dir Deine Träume zu erfüllen, Stück für Stück. Ich wünsche Dir ein Leben voller kleiner Glücksgefühle, die die Seele so unendlich reich machen. Und wenn Du weinst, dann möchte ich mich zu Dir beugen und Dich in die Arme nehmen. Einfach nur festhalten.
Danke, dass es Dich gibt.

Mittwoch, 8. August 2018

Wenn Träume fliegen lernen

Das Kind hat einen Hang zum Minimalismus. Von mir hat er das ganz sicher nicht - ich bekenne mich zu meinem verspielt-verträumten Stil von "Landhaus meets Ikea". Oder so. Auf jeden Fall gemütlich und in warmen, hellen Farben. (Na ja gut, zumindest würde ich das gern - mal sehen, ob wir es noch schaffen werden, eine passende Bleibe zu finden, die ich dann auch gestalten darf, bevor uns Atem und Zähne ausgehen und wir ins Altenheim übersiedeln dürfen.)
Jedenfalls zeigte Sohnemann mir dieses Foto und fragte: "Das kann doch weg oder?"
"Hä was?" rief ich entgeistert. "DU willst MEIN Foto wegschmeißen??"
"Ist doch alt", stellte er vollkommen realistisch, aber herzlos fest, "siehst doch heute eh ganz anders aus."
Ich nahm das Foto an mich.
"Untersteh dich!"

Diese Momentaufnahme aus dem Jahr 1994. Ich erinner mich daran so genau, weil ich das Blumenkleid wiedererkenne, das ich mir in diesem Jahr kaufte und auch nur in diesem einen Jahr trug. Das erste schwierigste Jahr nach der Heirat. Das erste schwierige Jahr, in dem mir die ersten Gedanken gekommen waren, ob ich es vielleicht auch allein schaffen könnte - nur das Kind und ich... Und die ich wieder verwarf, als der Mann sich nach dem Tod der Mutter umso mehr an mich klammerte.
Je länger ich dieses Foto betrachtete, umso mehr Erinnerungen stiegen in mir auf.
Ich als Kind.
Ich als Girlie.
Ich als junge Frau, die völlig überstürzt heiratete.
Ich als junge Frau, die ihr erstes Kind bekam, obschon ich mir zu jenem Zeitpunkt überhaupt nicht sicher war, ob ich nicht vielleicht doch lieber noch gewartet hätte.
Ich als junge Frau mit dem Kopf voller Träume und romantischer Vorstellungen, die noch nicht völlig von der Realität bezwungen worden waren. Die aufgehört hatte mit der Malerei und auch mit dem Schreiben, mit dem Ausdenken von Geschichten über Menschen und die Liebe zueinander.. Die stattdessen versuchte, ihren Platz im Leben zu finden - einem Leben ausschließlich in Verpflichtung, in Verantwortung, als Arbeitskraft, als Hausfrau, als Mama - und die irgendwann ging, weil so viel mehr zu einem wirklich erfüllten Leben gehört.

Wenn ich Fotos von einst und von heute nebeneinander lege, dann denke ich, dass ich damals trotz allem immer noch sehr viel mehr romantische Vorstellungen als heute besaß - und dass ich heute dafür eher konkrete Träume spür. Wenn ich heute Fotos von mir, sehe ich oftmals die Müdigkeit in meinem Blick, in meinem Augen - ungeachtet der Tatsache, dass ich ja auch älter geworden bin.

Vergangenen Sonntag fand ich alte E-Mails einer Freundin an mich, geschrieben vor rund zehn Jahren. Sie beschrieb mich - wie sie mich sah, wie sie mich empfand und unwillkürlich fragte ich mich, wie sie mich eigentlich heute sieht und ob sie immer noch dasselbe von mir sagen würde?
Im Grunde.. ist es vielleicht nicht wirklich wichtig, was ein anderer über dich sagt - sondern wie du dich selber fühlst?

Wenn ich auf meine Fotos von heute schaue, stelle ich für mich fest, dass sich das Mädchen in mir.. wohl endgültig verabschiedet hat.
"Du bist erwachsen geworden", sagte mir mal jemand, dem ich nach Jahren der Kontaktlosigkeit wiederbegegnet war.
Und ich weiß noch nicht, ob ich das gut oder weniger gut finden soll. Ich denke, ich habe geglaubt, den Peter Pan in mir ein Leben lang bewahren zu können. Ich denke, ich habe geglaubt, dass ich meine Träume fliegen lassen kann, ohne dass sie sich zugleich auch davonmachen.

Und jetzt gerade in diesem Moment denke ich.. ich sollte sehr viel mehr von dem ausgraben, das mich an mich selbst erinnert - um mich selber zu bewahren. Und seien es diese alten Fotografien von mir, denen ich noch heute, 24 Jahre später ansehe, dass ich wohl körperlich anwesend war, mit meinen Gedanken jedoch.. bereits ganz woanders.

Montag, 6. August 2018

Wo ich zu Hause bin..



Am Nachmittag schickte mir der Mann ein Video und schrieb dazu "Was ich noch sagen wollte!" Eins jener whatsapp-geeigneten Videos, die an das Bewusstsein appellieren und daran, jeden Tag auszukosten - denn jeder einzelne Tag, der nicht "gelebt" wurde, ist auf immer und ewig verloren, weil man ihn nicht zurückholen kann. Verschenkte, vertane Zeit...

"Hmm".. war meine erste und zunächst einzige Reaktion darauf und späterhin fragte er, wie ich das gemeint hatte.
Ich tat mich ein wenig schwer mit der Antwort.. Manchmal fühle ich mehr als dass ich es in Worte fassen kann. Jedoch er wartete.. Also sprach ich.
"Prinzipiell stimme ich dem Gesagten zu.. Aber irgendwie.. sehe ich darin auch die Gefahr, dass man jeden Tag vollkommen auskosten möchte - mit allem, was geht. Mit wirklich allem und möglichst mit noch mehr. Mit immer noch mehr. Er birgt für mich die Gefahr, dass man verlernt, innezuhalten, den Moment zu genießen. Weil man immer und immer wieder angetrieben wird von dem Gedanken: Bloß weiter, nicht stehenbleiben, keine Zeit vergeuden, der Augenblick, der Moment, der Tag, alles ist nicht mehr rückholbar. Ich glaube, dass das unrastig machen kann. Immer auf der Überholspur stehen zu wollen, um ja nichts zu verpassen. Und damit unfähig, sich fallen zu lassen.."

Manchmal denke ich, dass wir uns unfassbar ähnlich sind.

Für mich ist nicht wichtig, was wir miteinander tun.
Für mich ist entscheidend, WIE wir miteinander sind. Und dass jeder einzelne Tag für mich ein Geschenk ist, den ich genieße. So wie er ist. Weil alles mit ihm mich erfüllt. Ganz gleich, ob wir aufgerüscht zu einem Event gehen oder ein Wochenende daheim auf dem Sofa rumliegen und dem süßen Nichtstun frönen. Oder jeder dem nachgeht, das ihn interessiert.
Home is where your heart is.. ..aber jeder kann ja auch nur immer für sich sprechen, nicht für den anderen.

Manchmal denke ich, dass wir uns unfassbar ähnlich sind.
Und manchmal denke ich, dass wir kilometerweit voneinander entfernt sind..


"Du musst ja auch mal an dich denken."

Dieser Satz eines Freundes auch im Hinblick auf mein aktuelles Arbeitsmodell und die ständigen Fahrten nach L schwebte mir im Kopf herum, als mir eine Freundin einen Beitrag zuschickte, der sich mit dem Pendeln und dessen Auswirkungen auf die Umwelt beschäftigte. Wenn ich ehrlich sein darf, habe ich den Videobeitrag bis jetzt noch nicht angeschaut, mir stattdessen aber alle Kommentare dazu durchgelesen.

Was mich persönlich betrifft: Ich "pendle" zur Arbeit, seit ich meine Ausbildung abgeschlossen habe. Weil die Wohnung immer schon bezogen worden war, bevor ich den einen oder anderen Job annahm.
"Wieso hast du immer noch keinen Führerschein?" hatte mich eine Freundin damals gefragt. "Auto fahren können ist nicht nur praktisch, das ist vor allem auch Freiheit."
Rückblickend kann ich sagen, dass die entscheidenden Wege beruflich und privat tatsächlich erst damit möglich wurden, dass ich lernte, ein Auto zu fahren und dann auch ein eigenes zu besitzen.
Gerade beruflich: Die besten Angebote, die besten Chancen liegen viel zu selten in Greif- bzw. in sprichwörtlicher Laufnähe. Je nach Wohnsituation nicht einmal in günstiger ÖPNV-Lage. Soll man deshalb jedesmal umziehen - oder eben verzichten und nicht die Möglichkeit nutzen, sich nicht nur finanziell, sondern insbesondere auch persönlich weiterzuentwickeln? Hm. Für mich nicht vorstellbar. Was ich auch in all den Kommentaren, in all dem Pro & Contra vermisste: MUSS man denn da wohnen, wo man auch in die Arbeit geht? Betrachte ich das Arbeitsumfeld des Mannes, muss ich offen gestehen: bitte nicht. Eine öde Betonklotz-Gegend, während wir am aktuellen Wohnort absolut die Nähe zu Parks und zur Isar genießen. Fußläufig 5 min, um baden zu gehen und das Abendessen in einem der daneben gelegenen Biergärten zu genießen. Fußläufig 5 min zu Bus & Bahn, zum Supermarkt und zur Apotheke. Und - sollten wir uns für diesen entscheiden - künftig auch nur noch 5 min fußläufig zum potentiellen neuen Hausarzt. Zum Paketdienst 5 min - und wenns mal doch zur Bank oder zur Post gehen muss, sind es maximal 2 Stationen mit dem Bus. In die Innenstadt 4 - 5 Stationen mit der U-Bahn. Wenns mal quer durch die City sein muss, sinds 30 min mit der U-Bahn. Aber dann ist man tatsächlich einmal quer durch die gesamte City gefahren - mit dem Auto bekommt man da eher einen Krampf- oder wenigstens Schreianfall. Vor allem im Berufsverkehr. Was ich immer wieder erlebe, wenn ich mich nicht wöchentlich, aber in regelmäßigen Abständen zwischen 7 und 8.30 Uhr auf den Weg nach L mache. Gute 50 min brauche ich dann, bis ich auf der Autobahn ankomme. Und gute Nerven zuweilen, weil man mir entweder die Vorfahrt nimmt oder mich nicht einfädeln lässt, weil jeder Angst hat, dass er selber dann 5 min später ans eigene Ziel kommen könnte. Ein Wahnsinn, dem ich mich nie und nimmer täglich stellen wollte. Aber ich hab mal drauf geachtet: Die wenigsten führen ein heimisches Kennzeichen an ihrem Kfz spazieren.
Und: Aktuell habe ich - mehr oder weniger - die Wahl. Überwiegend arbeite ich von daheim aus (und mich hat wirklich selber überrascht, wie diszipliniert ich trotzdem bin. Hätte ich tatsächlich von mir nie gedacht ;)) Muss ich dann nach L,  kann ich selbst entscheiden, ob ich 7 Uhr oder doch lieber 11 Uhr fahre, wenn sich aller Irrsinn beruhigt hat. Ich kann mitentscheiden, an welchem Wochentag ich nach L fahre. Für jeden Weg hier innerhalb der Stadt nutze ich das wirklich sehr gut ausgebaute Netz der ÖPNV. Nur - und das ist ein Knackpunkt: Wohnt man außerhalb des U-Bahn-Netzes, sieht alles wieder völlig anders aus. In den Stoßzeiten fahren die U-Bahnen im 5-Minuten-Takt - und glaubts mir: Das ist auch wirklich notwendig bei dem allmorgendlichen Ansturm. Fällt jedoch eine S-Bahn aus, wartet man mindestens zwischen 30 und 45 Minuten auf die nächste. Für jemanden, der in die Arbeit muss, ein No Go - vor allem, da sich dieses "Schauspiel" insbesondere in den Wintermonaten immer und immer wieder wiederholt. Das macht kein Arbeitgeber mit - und man selbst auch nicht, wenn man für den Weg zur Arbeit nicht mehr 30 - 50, sondern 120 min einplanen muss. Vor allem nicht, wenn man diesen Weg täglich bewältigen soll.

Auch in L hatte ich mich im aktuellen Job für das Pendeln mit dem Auto entschieden - aus pragmatischen Gründen. Die Verbindung von meinem Wohnort bis zum Arbeitsort ist derart grottig, dass ich morgens und abends jeweils 90 bis 120 min einplanen muss. Verpasst man abends Bus oder Bahn, muss man schlappe 60 min auf die nächste Bahn warten. Das ist reine Lebenszeit, die man da verschenkt für einen Weg, den man mit dem Kfz bequem (na gut, zügig ;)) in 25 min zurücklegen kann. Vor allem, wenn man bedenkt, dass man es einfach niemals pünktlich aus dem Büro heraus schafft. Jedenfalls nicht in unserem Laden. Und sowieso nie freitags. Nie! "Freitags werden die Faulen fleißig" hieß es schon bei meinem 2. Arbeitgeber nach der Lehre - und erfuhr mit den Jahren recht grimmig, was das bedeutete: Alles, was die Woche über vertrödelt wurde, durften die braven Assistentinnen dann freitags erledigen, während die eigentlich Verantwortlichen spätestens pünktlich nach Hause gingen und dem Dolce Vita fröhnten. Was habe ich DA abgekotzt die Jahre ;) 
Und der jetzige Arbeitgeber: Als ich noch in L wohnte, bin ich in den letzten Jahren regelmäßig nicht vor 18 - 19 Uhr aus dem Büro herausgekommen. Wenn ich dann noch Minimum 90 min bis nach Hause rechnen müsste, hätte ich grad mal noch Energie, um Abendessen zuzubereiten - und das wars dann. Alles private, alles haushaltliche würde sich in das Wochenende verlagern - in die Zeit, die man eigentlich haben möchte, um irgendwas Schönes zu machen, irgendwas, wo man die Seele baumeln lassen und die eigenen Energiereserven wieder auffüllen kann. Anfangs habe ich so oft wochentags bis in die Nacht rein Ordnung gemacht, Wäsche gebügelt, Hausaufgaben kontrolliert, bei der Anfertigung von Aufsätzen.. äh.. assistiert (Sohnemann weiß noch, wie ich morgens gegen zwei Uhr, als wir endlich mit seiner Hausarbeit fertig waren, die natürlich am nächsten Tag abzugeben war, den vorletzten CD-Rohling wutentbrannt durch das Zimmer schmiss, als der Laptop kurz vor Ende des Brennvorgangs meldete "Der Datenträger kann leider nicht beschrieben werden" und meinen Sohn anraunzte "BETE, dass der letzte Rohling funktioniert!"), na ja und so weiter.


Grad die letzten Jahre vor dem Wechsel von L nach M zeigen mir rückblickend, wie ausgebrannt ich irgendwann war: Samstags habe ich ausgiebig ausgeschlafen, im Bett gefrühstückt, gelesen, nachmittags oder abends eingekauft, Wäsche gewaschen, die Wohnung in Ordnung gebracht, gebügelt, keine Verabredungen mehr angenommen oder anstehende abgebogen, ich wollte auch keinen Besuch mehr bei mir daheim haben - weil man den ja nicht einfach rauskomplimentieren kann. Ist man aber bei jemandem zu Gast, kann man aufstehen, sich für alles bedanken und gehen.
Da hatte ich nun sozusagen vor der Nase mindestens 2 Seen, aber die sah ich - wenn überhaupt - nur noch sonntags.
Das ist alles nichts Schlimmes, das ist auch nichts Tragisches, mir ist auch völlig bewusst, dass es all den Pflegern, den Krankenschwestern und überhaupt den Schichtdienstlern noch viel beschissener ging - dennoch stellte ich mir irgendwann die Frage, ob ICH das alles so wollte - und wie lange noch.
Vor dem Wechsel von L nach M bin ich an den Wochenenden auch nur noch mit Mitfahrgelegenheiten gependelt, nicht mehr allein gefahren. Nicht aus Kostengründen. Aber wer schon einmal - wie ich - am Steuer einnickte, der begreift spätestens dann, was er für einen Unsinn betreibt und was er da aufs Spiel setzt. Wer freitags todmüde das Office hinter sich zuschließt, der hat einfach keine vierhundertdreißig Kilometer mehr zu fahren. Punkt, Ende, aus.

Wenn ich heute nach L pendle und in meiner "alten" Wohnung, die ja seit 2014 meine Söhne bevölkern, übernachte, würde ich - vor allem in den Wintermonaten - ja auch am liebsten mit der Bahn pendeln. Grad mit der neuen schnellen Verbindung ist man nach gut 3,5 Stunden in L. Aber dann hätte ich immer noch das Problem mit der Verbindung vom Wohnort in die Arbeit. Und ganz ehrlich - ich binde mir keine zwei Stunden jeweils morgens und abends an die Kniescheibe, dafür ist mir die wenige Zeit mit meinen Söhnen nach der Arbeit einfach auch zu schade. Das hat sicherlich etwas mit Bequemlichkeit zu tun - für mich persönlich aber einfach etwas mit Zeitmanagement.
Fahrgemeinschaften? Nicht umsetzbar, weil ein Großteil der Kollegen im Dunstkreis des Büros arbeitet - und der Rest in L in völlig entgegengesetzter Richtung zu mir.
Denkbar für mich wäre hier eher Car-Sharing - aber solange das Netz in L nicht auch im Outback ausgebaut wird und ich immer noch zuviel Zeit verliere und obendrein "sinnlos" bezahle, weil das Fahrzeug nur vorm Büro rumsteht, bis es wieder heimwärts geht (weil mans dort nicht abgeben und abends wieder ein neues mieten kann - was für die Zeit vor der heimischen Haustür genauso gilt), nutze ich dann doch lieber das eigene Kfz.

Mir ist schon bewusst, dass man nicht jedem die perfekte, passende Lösung auf den Arsch schneidern kann. Aber solange die "perfekt ausgestatteten" ÖPNV-Netze lediglich die Innenzonen von Großstädten abdecken, ist es aus meiner Sicht zu kurz gedacht, dem größten Teil der Pendler das Befahren der Innenstadt zu verbieten oder nur noch mit der Abgasnorm 6 zuzulassen - und den Leuten glaubhaft machen zu wollen, dass damit ein wichtiger Schritt zur Reduzierung der Stickstoffbelastung in den Städten gemacht worden sei.