Mittwoch, 31. Mai 2017

Running Around



In den vergangenen Tagen hatte ich mich ein wenig verloren. Es war nicht so sehr, dass ich mich... schlecht gefühlt hätte. Vielleicht war es aber auch nicht so, dass ich mich völlig eins mit mir gefühlt hätte. Hier und dort höre oder lese ich vom Leben anderer. Wie sie gerade an einem Punkt in ihrem Leben festhängen oder gerade einen Schritt weitergegangen sind. Wovon sie träumten und träumen, was sich davon erfüllen ließ oder sie es auf  Niemalswiedersehen verabschiedet glauben.

In wenigen Tagen werde ich ein weiteres Jahr älter und beinah bin ich versucht, es so zu halten wie in einem Film gestern Abend: Er kam einfach nicht nach Hause, an diesem Tag nicht, in dieser Nacht nicht, und er glaubte, wenn er diesen seinen Tag nicht feiern würde, dann würde er vielleicht auch nicht dieses eine Jahr älter werden.
Tatsächlich werde ich auch nicht an diesem Tag zu Hause sein, doch wie ich konkret diesen Tag erleben werde, wie ich ihn erleben möchte, wie ich ihn überhaupt gestalten möchte in der Zeit, die mir von diesem Tag bleiben wird - das weiß ich nicht. Weil ich es weder plane noch mir überhaupt irgendetwas vornehme. Und mir wird bewusst, dass mein halbes Leben lang genauso verlaufen ist:
Ich habe einfach nichts geplant.
Ich hatte Träume, ich hatte Wünsche - und das einzige, was mich in all den Jahren unverändert begleitete, war der Traum von und der Wunsch nach der echten Liebe. Nach der Liebe, die nichts fragt und nichts fordert. In die ich mich hineinfallen lassen wie in ein übergroßes Netz, nicht zu straff gespannt und auch nicht so, dass ich auf dem Boden aufkommen würde.
Und doch tat ich es.
Mehrfach.
Und es hat verdammt geschmerzt.
Ich stelle mir nicht die Frage, ob das Herz nur ein Muskel und die Liebe lediglich aus einem Cocktail aus Hormonen und chemischen Verbindungen in meinem Kopf besteht. Ich will das auch gar nicht wissen.
Weil mir an dieser Stelle genügt, was ich fühle, wie ich empfinde - und wie groß sich das Loch in der Brust anfühlt in dem Moment eines Abschieds.

Wie wir alle werde ich ein Jahr älter und ich beginne mich zu fragen, ob ich vielleicht nicht wieder zwanzig sein wollen würde, aber dennoch gerne... jene Sorglosigkeit zurück hätte, mit der ich daran glaubte, dass am Ende einfach alles gut werden würde. Und ob es daran liegt, dass ich eben älter geworden bin, Dinge bewusster wahrnehme, in mir, um mich herum und in jedem Moment, in dem ich Nachrichten schaue oder lese. Und mich frage, ob das alles immer schon so war, irgendwie, oder ob der Mensch tatsächlich immer verrückter geworden ist. Ob ich es mit meinen zwanzig, siebenundzwanzig, dreiunddreißig Jahren nur nicht so wahrgenommen hatte, weil ich insbesondere mit meinen dreiunddreißig Jahren damals ernsthaft glaubte, mir selber die Tür geöffnet und damit mir selber alle Möglichkeiten in meine Hände gelegt zu haben, mit denen ich mir jetzt einfach alles vorstellen konnte. Alles, was sich gut und richtig anfühlen würde. Dass ich es jetzt eben nur richtig machen musste. 



Vielleicht machte es den Eindruck, ziellos, planlos durch die "Welt" gelaufen zu sein, hierhin, dorthin, Menschen kennen gelernt zu haben, weitergezogen zu sein, ruhlos, rastlos, während im Weitergehen das Bisherige verarbeitet werden soll. Was nicht immer so geht, was mich zuweilen auch hemmte, mich zurückhielt und mich an einen Satz denken ließ, den ich einst auf einer Papiertüte las:
"Manchmal, wenn man gar nicht weiß, wohin man gehen soll, bleibt man am besten da, wo man gerade ist."
Und ich kann nicht mal sagen, ob sich das allgemein hin so feststellen lassen kann. Was, wenn ich nicht erkennen würde, dass es Zeit war, weiterzugehen? Was, wenn ich ewig feststehen würde, verharren würde und glauben würde, es gäbe kein... anders mehr? Was, wenn alles am Ende doch umsonst gewesen war? Für mich fühlte sich jeder Tag, jedes Jahr, das ich nicht vorankam, wie Stillstand an. Stillstand, der mir zäh an den Zehen klebte und es mir unmöglich machte, auch nur einen Fuß vor den anderen zu setzen.
All die zergrübelten Nächte.
All die zerbissenen Kissen.
All die Tränen, die ungeweinten tief drinnen  und die, die ich mir aus den Augen und von den Wangen wischte, während ich auf Knien vor der Keramikschüssel hockte.
Erst im Nachhinein begriff ich: Das musste genau so sein. Für MICH musste das genau so sein.
Weil ich mich begriff.
Weil ich mich in all der Zeit aus all den Häuten schälte, in die ich mich gehüllt hatte über all die Jahre hinweg, damit ich.. einfach nicht zerbrechen würde. Damit.. einfach nichts umsonst gewesen war.

Ich glaube nicht an Schicksal. Ich glaube auch nicht an Zufall. Ich glaube an Energie/n.
Das ist mir auch bewusst geworden, als mir mal jemand schrieb, dass meine roten Kleider dementsprechend wären. Ich will mich in nichts ergeben, das sich für mich nicht gut anfühlt - und das tue ich auch nicht. Aber ich habe gelernt zu warten. Auch in dem Bewusstsein, dass es vermutlich nie DEN richtigen Moment, den passenden Moment geben wird. Aber dass man in sich selbst genau den Punkt findet, in dem die Entscheidung steht - und dass sich ab diesem Augenblick auch jeder weitere Schritt richtig anfühlen wird.
Wenn mich all die vergangenen Jahre eines gelehrt haben, dann das, vor allem gut zu mir selber zu sein. Und zu begreifen, wie elementar das ist. Weil wir nichts von uns abgeben können, wenn wir leer sind. Weil wir niemanden glücklich machen können, wenn wir es selber nicht sind.
Mit dieser Begründung habe ich mich aus meiner Ehe verabschiedet. Weil ich es so dachte und so empfand.
Doch was das wirklich bedeutet, haben mir erst die folgenden Jahre und jede einzelne Begegnung danach gezeigt. Und das Gute... das Gute aus den Jahren... Das nimmt man mit sich mit und lässt den Rest irgendwann.. einfach zurück. Jedenfalls wünsche ich uns das.

Dienstag, 30. Mai 2017

"...aber Du bist schon speziell..."

Wenn ein militanter Raucher und eine leidenschaftliche Nichtraucherin einen Dialog beginnen, fängt mindestens die leidenschaftliche Nichtraucherin irgendwann an sich zu fragen, ob es nicht besser für ihr eigenes Seelenheil sei, sie ließe es ganz einfach sein und rede beispielsweise übers Wetter. Obwohl... Wetter... Ist ja auch so was, wo ich immer schmunzeln muss, wenn ich Facebook aufschlage: Es ist immer irgendwas! Kannste den Menschen einfach nie recht machen. Entweder ist es zu kalt oder es ist zu heiß - kaum dass Temperaturen nach oben oder unten ausgeschlagen sind.

Jedenfalls bekam ich gestern via whatsapp ein Bierglas aus irgendeinem Straßencafe (vermutlich) zugesendet - und schickte prompt das Gegenbild aus dem Biergarten.
"Cholera oder Pest - oder warum ist der Biergarten so leer??" wurde ich umgehend gefragt.
Und beging den Kardinalsfehler, der alsdann die Diskussion übers Rauchen im Freien und Rauchen allgemein auslöste, indem ich antwortete: "Ne, der war nicht leer, wir saßen im hinteren Teil, der nur zur Hälfte besetzt war. In der Meute sitzen macht weniger Laune, wenn ringsrum alles quarzt." Noch als ich das tippte, dachte ich für einen Augenblick "Lass! Es! Lieber! Es führt eh zu nix!" Aber ne, der Finger war schneller, außerdem stehe ich ja auch zu meinen Überzeugungen, solange man mich nicht eines Besseren belehren kann, also senden, zack, weg wars - und ebenso zack entbrannte die Diskussion bis in die Abendstunden und munter weiter heute Morgen.

"Frage mich, wie du bis heute überlebt hast.. Bis vor paar Jahren haben doch alle geraucht.. überall."
Ja das stimmt. Das war selbst in meinem Elternhaus so. Eltern, Brüder, Oma - alles hat geraucht und da wurde auch auf nix Rücksicht genommen. Nicht mal am Essenstisch. War der Papa fertig, ging die Zigarette an, egal, ob da noch jemand aß oder nicht.
"Das hier ist mein Zuhause, hier kann ich machen, was ich will."
Ähm. Ne! Wir alle wohnen hier! Es ist unser aller Zuhause. Diesen Widerspruchsgeist jedoch entwickelte ich erst mit der Pubertät, die bei mir wohl erst um den 15. oder 16. Geburtstag rum eingesetzt hatte. Glaube ich. Insofern war die Zeit bis zu meinem Auszug eine.. äh.. doppelt anstrengende für uns alle, aber wie die, die mich persönlich kennen, ja wissen: Es war keine lange Zeit mehr.
Mein heutiger Ex-Mann war auch Raucher, der es gar nicht einsah, zum Qualmen die Wohnung zu verlassen. OK, da war ja auch nix mit Terrasse oder Balkon, und für jede Zigarette ausm Dachgeschoss runter vor die Tür zu gehen.. Da kann man schon mal vom eigenen Schweinehund überwältigt werden, nicht wahr? Außerdem war ich mit meinen gerade 20 Jahren noch eine ganz andere Persönlichkeit, die sich überhaupt nicht durchzusetzen vermochte.

Aber mal ganz ehrlich: Warum tut sich ein Raucher so schwer damit zu akzeptieren, dass eine Zigarette nun mal nicht "duftet", wie mir der Schreiber der abendlichen whatsapp wiederholt weismachen wollte - mal abgesehen davon, was es für die Gesundheit bedeuten kann? Es mag ja sein, dass es dem Raucher allgemein nicht einfach gemacht wird: Tabaksteuer, Preise überhaupt (ich "heule" jedesmal, wenn ich sehe, was Junior I für diese Qualmstengel hinlegt und wie viel Milchkaffee man beispielsweise dafür bekommen hätte), überall frei rauchen darf er auch nicht mehr, und wenn er das tut, beklagt sich das Umfeld etc. pp. Er kriegt permanent auf die Nuss - und eigentlich will der Raucher ja nur genauso genießen wie ich meinen Milchkaffee. Aber!
Das Blöde ist eben... Mit meinen Vorlieben für zum Beispiel Milchkaffee belästige ich niemanden, auch dann nicht, wenn er neben mir sitzt. Ich kann trinken, wie viel ich will - es stört niemanden! Mit meinen Vorlieben für ein Stück Kuchen belästige ich auch niemanden.
Ich dusche regelmäßig und benutze ebenso regelmäßig ein Deo (OK, das mach ich in erster Linie für mich selbst, aber immerhin!) und etwaige... äh.. Methanverpuffungen passieren auch nicht in der U-Bahn oder im aufgeheizten Bus. Nur mal so als Beispiel.
Warum ist ein bisschen Rücksicht an dieser Stelle so schwierig - und warum führen solche geäußerten Gedanken unter Rauchern und Nichtrauchern immer wieder zu Streit? (Also in unserem Falle diesmal nicht, gestern Abend schlief ich einfach ein und heute Morgen.. Ich nehme an, es war dem Herrn einfach noch zu früh ;))
Natürlich wurde früher überall geraucht - weil sie es einfach auch konnten bzw. durften. Die Raucher hats nie interessiert, ob da Nichtraucher saßen oder nicht, und die wiederum hatten nur eine Wahl: gehen oder bleiben und es hinnehmen. Aber mit welcher Berechtigung? Ich kacke dem anderen ja auch nicht vor die Füße, weil ich grad wollte, musste, konnte. 

"Deine Nikotinallergie ist schon anstrengend", bekam ich heute Morgen vorgesetzt - aber da lache ich ja nur drüber. Für mein Empfinden hat das mit Nikotinallergie tatsächlich gar nichts zu tun. Mir stinkt das einfach nur im wahrsten Sinne des Wortes - und wenn ich was genüßlich essen oder trinken will, dann will ich das nicht in einer blauen stinkenden Schmauchwolke tun.

"Ich kenne ja einige Nichtraucher, aber Du bist schon speziell."
Dass das ironisch gemeint war und vielleicht auch diplomatisch ausgedrückt sein sollte, war mir durchaus bewusst. Aber lieber bin ich speziell als Einheitsbrei, auch in dieser Hinsicht - und drehte seine Worte für mich einfach als Kompliment rum. Ist schließlich so ein sonniger Tag heute!

Donnerstag, 18. Mai 2017

Herzlich Willkommen im Club der Angearschten

Nach dem Abendessen heute legte ich mich ein wenig aufs Kanapee und beschloss, dass ich grad irgendwie nur mal ein paar Minuten Pause brauchen würde. Es war der Aufschrei von Herrn Blau, der mich hochschrecken ließ: "Das DARF doch wohl nicht WAHR sein!"
Erst dachte ich ja, es habe ihm ein wenig seine Börsensuppe versalzen, aber huch nee, das war nicht die Börsenseite, die er da fassungslos auf dem iPad anstarrte, sondern seine Kreditkartenabrechnung.
Und die besagte, dass Avis (Ihr erinnert Euch auch? Da war doch was :)) trotz wiederholtem mündlichen und schriftlichen Einspruch munter den unberechtigten (freilich zu hohen) Betrag eingezogen hatte.
"Ich hab der Kreditkartenfirma extra das Widerrufsformular per Fax geschickt."
"Aaah, wer weiß, wo das Fax jetzt liegt?"
"Mir doch egal! Ist doch ihr Service."
"Und dein Geld."
Womöglich besitzt das Faxgerät ja eine Schnittstelle mit dem Papierspender im Toilettenraum nebenan? Nichts Genaues weiß man ja schließlich nie!

Kreditkarten haben es so an sich, dass der Buchungszeitraum für gewöhnlich mitten im Monat beginnt und mitten im Folgemonat endet. Alles, was nach der "Endung" passiert, erreicht einen also erst zum Ende des Folgemonats. Für mich als.. äh.. treue Onlinekundin ist das eigentlich ein ganz guter Kniff, wenn man mit der einen oder anderen Rechnung bisschen jonglieren kann. Aber wenn man was zurückhaben will, isses natürlich blöd. Weils Geld erst mal weg ist vom Konto und man maximal 4 Wochen warten muss, eh mans wiedersieht.
Jedenfalls war ich nun wach und wurde latent genervt genötigt, aufzustehen und mich online an Avis zu wenden, da dieser ganze Buchungsvorgang über mich als ADAC-Mitglied lief. Wer über ADAC bucht, kommt nämlich günstiger. Also eigentlich. Also wenn alles reibungslos läuft. Also vielleicht.
Denn ich war ja eben nun wach und surfte ein bisschen im Internet herum. Gerne auch in Begleitung des Weißweins, den der frustrierte Herr uns beiden alsdann einschenkte.
Was man DA alles zu lesen bekam! Hättenmer mal vorher gelesen, nicht wahr? Nur angearschte Bürger wie wir unterwegs, und die Geschichten ähneln sich alle irgendwie.
Ich schwöre, es liegt am Weißwein, dass ich diese Geschichten amüsiert vorlas, insbesondere etwaige, sich stereotyp wiederholende Statements von Avis gleich dazu.

Irgendwann hatte ich jedenfalls in meinem inzwischen deutlich angeschickerten Zustand eine E-Mail an den Kundendienst abgeschickt, prophezeite angesichts der Stimmung des Mannes nur im Geiste eine Antwort in 10 - 15 Tagen (weil, der Kundendienst liegt denen doch am Häärzen, hamse gesagt!), und weil ich nun wach war, wollte ich auch Blogs lesen (Keine da! Was is los hier? Faul, oder wie?), kommentieren bei Wordpress geht momentan mal wieder gar nicht. Dafür ist die Stimmung des Mannes beim Herumsuchen im Netz besser geworden, nachdem er ein paar Stilblüten von Kindern fand, zum Beispiel "Mein Vater ist ein Spekulatius, er verdient das Geld an der Börse" oder "Schwanger werden ist einfach, man pinkelt auf ein bisschen Papier, das wars" oder "Wenn eine Frau ein Baby bekommt, wird sie eine Gebärmutter". Süß, nicht wahr? Jetzt kichern wir hier herum und jetzt hör ich mal auf mit Schreiben.
In der Hoffnung, dass wir demnächst aus dem Club der Angearschten austreten dürfen.

P.S. Nötige Deinen angeschickerten Partner nie niemals dazu, noch mal auf die nächtliche Terrasse zu kommen. Von wegen Sternenhimmel und so. Weiß doch jeder, dass Sauerstoff alles nur noch schlimmer macht. 
Als er mich beispielsweise ganz harmlos berührte, legte ich eine filmreife Harry & Sally Nummer hin.
Der Nachbar jedenfalls sitzt jetzt immer noch draußen und raucht.
Und ich werde diesen Post vermutlich morgen löschen, wenn ich wieder nüchtern bin!

Montag, 15. Mai 2017

Szenen einer Partnerschaft: "Das könntest du sein!"


Immer, wenn Herr Blau dieses oder ein ähnliches Bild irgendwo im Netz sieht, sagt er: "Das könntest du sein!" und "So warst du garantiert als Kind auch!"
Ja. War ich. Frech wie Oskar, bin jedem übern Mund gefahren (also nur denen, die ich gut kannte; Fremden erschien ich dagegen wie ein Heimchen, die in jedem Fall das Falsche von mir annahmen. Passiert mir auch heute noch, übrigens. So hin und wieder ;))
Grad wenn wir so diskutieren und ich drehe mich dann weg und will den Raum verlassen, dann ruft er mir nach: "Ich seh das, mein Frollein!"

Letztens die Heimreise von der Insel, erst fuhr er, dann ich. Er ist übrigens kein.. äh.. einfacher Beifahrer.
"Wieso fährst du so weit rechts?"
"Wieso fährst du so weit links?"
(Ich weiß nicht, was er immer hat, ich schwörs!)
"Da ist doch noch so viel Platz!"
"Fährst du eigentlich sonst auch immer so schnell?"
(Na aber man will ja irgendwann auch mal ankommen und nicht auf der Autobahn rumeiern.)
"Fahr doch nicht so dicht auf, Herrgott noch mal!"
(Fahr ich nicht, das kann ich beschwören! Aber die Beifahrerperspektive... ist keine einfache, wie es scheint.)
Wirklich, da kann auch frau Nerven lassen, ich sags Euch. Die Musik einfach richtig aufdrehen geht ja nicht, wegen seinem Tinnitus. Aber unlängst las ich, dass das Essen von Keksen übrigens neben dem sinnlichen Explodieren von Geschmacksknospen einen ähnlich entspannenden Effekt hätte: Man hört nicht mehr, was der andere sagt.
Sagen bzw. ihm Einhalt gebieten kannste aber auch nicht, weil das sofort in Streit ausarten würde. Bei irgendwas zwischen 180 und 200 kmh will ich keine Diskussionen führen, da will ich meine Ruhe haben und Musik hören, während er mit Angstgriff an der Tür klammert, um sein Leben fürchtet und mir also erzählen muss, wie ich besser fahren sollte, damit ER heil ankäme - oder aber ich solle ihn aussteigen lassen, und zwar jetzt hier und sofort!
Da bleibt einem ja faktisch nur ein bisschen Dampfausstoß aus der Nase, um wenigstens so ein bisschen den erzeugten Druck abzulassen.
Und... Bild siehe oben!

Vom letzten Einkauf habe ich mir ein paar Mini-Amerikaner mitgebracht. Die liebe ich seit meiner Kindheit. Und vor mir liegt schließlich eine Woche Home Office, die auch mit einigen Annehmlichkeiten gefüllt werden will.
"Boarrr", sagte der Mann gestern, "du hast einfach heimlich Amerikaner gegessen?? Ohne mich?!"
"Du hast doch geschlafen."
"Und da isst du heimlich und wartest nicht auf mich?"
"Woher soll ich wissen, wann du aufstehst?"
"Und da isst du einfach meine Amerikaner?"
"DEINE? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ICH sie gekauft hab."
"Wollten wir nicht immer alles teilen, du Ego-Schnecke?"
"Sind doch noch ein paar da, was regst du dich auf?"
Zwei davon haben ihn übrigens letzte Nacht angefallen, meinte er heute Morgen. Heimtückisch hätten sie sich in der Küche aus dem Hinterhalt auf ihn gestürzt und seien direkt in seinen Mund gefallen..
Bild siehe oben!

Könnte ich endlos fortführen, diese Liste. Macht immer wieder Spaß!

Mittwoch, 10. Mai 2017

Das Frische am Norden

Ich weiß jetzt nicht genau, woher der Spruch stammt, aus irgend ner Werbung in jedem Fall. Und mir fiel irgendwie grad kein besserer Titel ein. Es geht ja auch noch mal um den Norden.
Nämlich den Küsten-Doc. Man sagt von ihm, er sei der Beste im Norden, während meine Schulfreundin sagt, es wäre dort alles "wie am Fließband". Ich denk schon, dass sie recht hat damit, aber das für mich Wichtigste ist: Er nimmt alle seine Patienten ernst.

Er führt seine Praxis in einem Nebengelass der Klinik, alt, klein, knarriger Fußboden mit Linoleum, drei kleine Räume, Empfang und Bad, das wars - und das einzig Technische auf den ersten Blick sind die Rechner-Drucker-Kombi am Empfang und der Bildschirm beim Doc aufm Tisch.

Wir sind eine halbe Stunde zu zeitig (passiert mir eigentlich nie!), ich muss ein paar Fragebögen ausfüllen (im Gegensatz zu den letzten kein einziger, der in Richtung "Wir legen Sie mal wieder aufs Sofa" geht, dabei), die wollen nur wissen, wie groß, wie schwer, ob ich rauche und so. Als ich ankreuze "Nichtraucher" und "nein, auch früher nie geraucht", denke ich kurz an eine alte Schulfreundin, die vor vielen Jahren mal zu mir sagte "Bist du sicher, dass du das Kind deiner Eltern bist? Du bist so ganz anders als deine Familie." Denn in meiner Familie hat wirklich jeder geraucht, auch die, die einst Stein & Bein schworen, sie würden nie niemals und so. Selbst die Omma hat bis zur Herz-OP, die sie leider nicht überlebte, fleißig gepafft, nebenbei Karten mit dem Papa gespielt und zur Begrüßung immer einen Kognak genommen.
Es erweist sich als hilfreich, dass ich noch vor der Bestellzeit eintreffe; vor mir sind nur zwei Patienten, aber nach mir fallen sie ein wie ein Schwarm Fliegen. "Termin haben" zählt nicht so wirklich, das weiß man, das kennt man.

Und dann sitzt er mir gegenüber, ein weißhaariger alter Herr, der mich aus freundlichen Augen anschaut und lächelt "Na was führt Sie zu mir?"
Ich erwähne kurz die Frau Mama, dass sie ihm von mir erzählte, ihm dämmert was, er schlägt ihr Kapitel im Rechner auf und murmelt "Ah ja, Morbus Still, das war das" und dann wendet er sich mir wieder zu. Ich muss ihm meine Hände reichen und soll zudrücken.
"Ihre Hand zittert."
"Ja ein bisschen."
"Wurde das schon mal kontrolliert?"
"Ja. Weil aber im Kopf nix weiter gefunden wurde, geht man von einer harmlosen Ursache aus, der man nicht weiter nachgehen muss."
"Sie nehmens mit Humor, wies aussieht?"
"Das muss ich. Das hilft mir beim Überleben."
Wir grinsen uns an.
Er fragt mich dies und das, tippt alles in seinen PC und ich muss immer grinsen, wenn ich diese Adler-such-Technik des Tippens sehe. Aber ich finde cool, dass er sich in seinem Alter noch drauf eingelassen hat. Mein Hausarzt in L hatte überhaupt keinen Computer in seiner Praxis, auch nicht am Empfang. Die hat alles immer fein säuberlich ins Buch eingetragen.

"Stellen Sie sich mal vor mich. So. Und jetzt gehen Sie mal in die Knie. Ja, richtig runter. Und jetzt wieder hoch."
Ich stütze mich kurz rechts und links ab und ziehe mich wieder hoch.
"Und jetzt machen wir das Ganze noch mal, aber ohne Abstützen."
"Das wird nix, Doktor."
"Wieso nicht? Klar wird das."
"Ne, glauben Sie mir, das wird nix."
"Ach was, klar."
Natürlich schaffe ich das nicht, kippe stattdessen nach vorn und sage: "Sehnse, hab ich doch gleich gesagt, dass ich das nicht kann" und dann lachen wir beide.
"Sind Sie sicher, dass es die Gelenke sind, die schmerzen, oder ist es die Muskulatur?"
"Hm. Hätten Sie mich das vor ein paar Jahren gefragt, hätte ich Stein und Bein geschworen, dass es die Gelenke sind. Aber wenn man sich über die Zeit mal damit befasst und weiß, dass die Muskelenden ja auf den Gelenken liegen... Ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung. Ich bin nicht sicher. Auf jeden Fall spür ich den Schmerz nur in oder auf den Gelenken."
Statt einer Antwort drückt er mir zielgerichtet rechts und links mit dem Daumen in die Oberarme und ich weiß nicht, ob ich spontan an die Decke springen oder in die Knie gehen soll.
"Das ist aber beidseits."
"Ja, das war schon immer so. Schmerzen selbst hab ich trotzdem nur links. Und neuerdings in den Fingern." Und dort nimmts grad wieder zu.

Er lässt mir etliche Röhrchen Blut abnehmen.
"Diesen Flüssigkeitsverlust muss ich nachher gleich mit einem Käffchen ausgleichen!"
"Nehmense nen Pott."
"Natürlich!"
Und ich muss extra dafür unterschreiben, dass sie bestimmte Gene untersuchen dürfen.
"Welche denn?"
"Hat Ihnen der Doktor das nicht gesagt?"
"Nein, der hat gar nichts gesagt, nur, dass er viel Blut braucht."

Das Ergebnis kommt in drei bis sechs Wochen. Plus Schreiben an den Hausarzt mit einer Empfehlung, wie es dann weitergehen soll. Und ich erneuere mein Versprechen an Herrn Blau:
"Das hier war mein allerletzter Versuch. Wenn der auch nix bringt, dann lebe ich damit, dann ist es eben so. Hat es zwölf Jahre geklappt, schaff ich das die restlichen 56 Jahre auch noch. Vielleicht komm ich ja dann dafür ins Kuriositätenkabinett. Oder auf den Sondermüll."
"Mir egal", sagt er, "Hauptsache, du gehst nach mir."

Wir haben uns erfrischend lieb!

Dienstag, 9. Mai 2017

Eine Reise in Bildern

Eigentlich hieß es ja: Alle Feierlichkeiten sind abgesagt.
Eigentlich hieß es ja: Wir feiern irgendwann im Sommer nach.
Eigentlich hieß es ja: Wir kommen nur zum Gratulieren, dass wir nur mal kurz da waren.
Aber nicht umsonst heißt es wohl: "Eigentlich gibt es nicht."
Außerdem hatte ich ein Date mit dem berühmten Küstendoc, das wollte ich nicht verschieben. Man weiß ja nie, wann einem wieder Audienz gewährt wird!

Tag 1 - Die Ankunft
Mir hat der Arsch gebrannt - nach rund tausend Kilometern darf das ja auch. Aber wenn ich nur das Meer rieche, sehe, atme, schmecke... Hach ja, da vergisst man einfach alles. Ist wie mit der Geburt eines Kindes: Tut scheiße weh und kaum ist es da...



Bis zum Date war aber noch bisschen Zeit... Also an

Tag 2 - Altstadtbummel 
uuuuuuuunnndddd.....


...Käffchen natürlich! Der Kuchen gehörte natürlich zu Herrn Blau, ist ja klar. Ihr dachtet doch nicht etwa, oder? :D


Standesgemäßer Empfang in der Pension. Erst wollte ich ja ein Foto von dieser einfügen - habe mich dann aber doch dagegen entschieden. Man weiß ja nie! Wir waren beide jedenfalls ziemlich konsterniert, als wir den Raum betraten. "Omas gute Schlafstube" triffts vielleicht am besten, inklusive Dederon-Tagesdecke und nen Tiger drauf.
Herr Blau schaute mich an, ich schaute ihn an.
"Grrcchhhh", kicherte ich, "hier ist nichts mit Herrenbesuch nach 18 Uhr, mein Lieber!"
Am Abend jedenfalls hat er erst mal gefühlt einhundert Kissen entfernt inklusive des Tigers.
All das gute Zeug flog hinter irgendeinen Sessel.
"Ich hoffe, die Oma ist mir da nicht böse", sinnierte er.
"Ach wo, glaub ich nicht", winkte ich ab, während ich mir ein Kissen wieder hervorangelte. "Ich brauch was zum Anlehnen oder wie soll ich sonst am iPad spielen?"
Die war sowieso ziemlich doll unterwegs. Allein leben in diesem Haus und mit kleinem Hund, der zweifellos gut gefüttert wurde, vor einem halben Jahr einer OP am offenen Herzen unterzogen, und nun tigerte sie schon wieder munter durch die Stockwerke und besserte sich so ihre Rente auf.
Als sie erfuhr, zu welchen Feierlichkeiten wir angereist waren, winkte sie ab: "Ich finde ja, 25 Jahre sind genug. Man gründet eine Familie, zieht die Kinder auf, schmeißt die Kinder dann raus und den Mann gleich dazu und dann fängt man noch mal neu an. Ehrlich, die zweiten Beziehungen sind die besseren!" Als Herr Blau und ich feixten, sagte sie: "Ne ehrlich! Schauen Sie doch mal in die Natur! Die Meisen nebenan beim Nachbarn machen das doch auch nicht anders. Sind die Eier ausgebrütet, bringen sie ihnen das Fliegen bei, dann werden sie aus dem Nest gejagt und gut ist. So muss das auch! Wir haben grad erst wieder zugeguckt. Manche legen sie auf die Mauer, die können doch noch nicht fliegen oder nicht richtig, na gut, fallen sie halt runter und sterben. Das ist die natürliche Auslese."
Äh..... Manchmal bin ich doch froh, ein Mensch zu sein!

Tag 3 - Das Meer!


Man, war das ein Sturm! Er fegte durch die Kiefern, über den feinen Sand, durch die Haare und um die Ohren. Aber es gibt einfach keinen besseren Ort als diesen, sich dort ans Ufer zu stellen, die unfassbare Tiefe und Weite zu ahnen, das Kreischen der Möwen in den Ohren zu haben, während ich genüßlich die Augen schließe und an absolut nichts mehr denke. Nur noch genieße, genau gerade hier zu stehen, hier zu sein. Ein so herrliches Gefühl!!


...und er fährt immer noch, der Rasende Roland.
Nur an den Mietwagen mussten wir uns erst noch gewöhnen. Keine Hebel, kaum Regler für zum Beispiel Warmluft. Alles geht nur noch über das Display. Kein Problem, wenn man einen Beifahrer hat. Ohne diesen finde ich das ziemlich.. waghalsig, während der Fahrt etwas ein- oder umstellen zu wollen.
Den ersten Mietwagen tauschten wir übrigens schon nach gut hundert Kilometern. Keine fünftausend Kilometer Laufleistung - und das Vehikel schaltete mal eben in ein Notfahrprogramm mit der Bemerkung "Bring mich bitte ganz schnell in eine Werkstatt." Wir haben die Verleihstation bevorzugt und uns ein anderes Wägelchen geholt. Immerhin lag noch genug Weg vor uns, da kann man nicht großartig rumsitzen und Kaffee trinken.
Die mir nach dem Wechsel zugemailte Rechnung reklamierte ich - und die Antwort auf meine Reklamation wiederum amüsierte mich:


Sehr geil. Der Urheber des automatisierten Textes jedenfalls bewies einst Humor. Anders jedenfalls lassen sich "höchste Priorität" und "Antwort innerhalb von 10 bis 15 Tagen" nicht erklären.

Tag 4 - Die Feierlichkeiten


Die Goldene Hochzeit UND der 70. Geburtstag der Mama - ne, da darf man gar nicht Nein sagen, wenn der Babba zum Tanz auffordert. Aber ich gestehe: Ich hasse Tanzen, ich mag das überhaupt gar nicht. Und ja, ich gebe zu, weil ich es einfach auch nicht kann. Ich bin da typisch norddeutsch: Starr wie eine Eiche, es sei denn, man hätte sich heimlich einen hintergegossen. Es war also äußerst kontraproduktiv, dass ich das Buffet bevorzugt hatte.
Nu ja. Papas Füße habens überstanden.


Ein bisschen zufällig gefundenes Feuerwerk und Böllerei um Punkt Null Uhr für die Mama, und unmittelbar danach kam die Polizei mit Blaulicht. Sie haben uns aber nicht gefunden :D

Tag 5 - Die Heimreise


Genau mein Motto.
Thats it.

Dienstag, 2. Mai 2017

Alles wie immer!

Bildquelle: http://weheartit.com/entry/283050932/via/mlktalv?context_type=inspirations&inspiration_id=30


Wonnemonat Mai. Na wurde es jetzt endlich doch mal soweit, auch wenn die Temperaturen noch ein wenig hinterherhinken und es so wohl eher nix mit nem Kleidchen zum Geburtstag der Mama wird. Die haben zwar eindeutig schöneres Wetter da auf der Insel - aber auch die eindeutig kälteren Tage.
Kann man sich nun aussuchen, was man will - mild und Regen oder sonnig und kalt.
Egal: Geburtstagskuchen schmeckt mir auch bei 5 Grad, Hauptsache, der Kaffee ist schön heiß!

Am letzten Wochenende jedenfalls ließ ich schon mal einen Blumenstrauß auf die Insel schicken - Goldene Hochzeit feierten sie nämlich auch noch.
Fünfzig Jahre. Holladrihö! Das muss man erst mal aushalten und ich finde schon, dass da insbesondere die Mama eine Tapferkeitsmedaille verdient hat!
"Das Wetter ist jedenfalls besser als vor fünfzig Jahren", meinte der Papa, der inzwischen immer fitter wird und schon wieder auf irgendwelchen Dächern rumkriecht, um hier und da was festzunageln.
"Hats bei euch geregnet?"
"Ne", rief die Mama aus dem Back off, "es hat geschneit damals!"
"Waaaa? Geschneit? Und da erzählen sie uns was von globaler Erwärmung - dabei gibts auch nach fünfzig Jahren immer noch bis Ende April Schnee!"
Haben wir ein bisschen herumgegackert, auch als wir feststellen mussten, dass die zum Blumenstrauß mitbestellten Pralinen nicht mitgeliefert wurden.
"Das Schwein hat die selbst gefressen, weil wir es wagten, ihn bei DEM Wetter auf die Straße zu euch zu schicken!"
Der Papa hat dann dem Ganzen kategorisch ein Ende bereitet: "So Schluss jetzt, wir müssen uns fertigmachen, dein Bruder hat einen Tisch für uns bestellt, wir gehen jetzt schön essen."
Gönn ich Euch ja, von Herzen.
Solange Ihr Kuchen übrig habt, bis wir da sind. Ist ja bald soweit!

Die fehlenden Pralinen habe ich übrigens heute reklamiert und auf Nachfrage gestand der Florist: "Oh Gott ja, das kann gut sein, dass uns das untergegangen ist!"
Hmpf. In Deiner Tasche untergegangen, meinst Du wohl?
Hatte der Babba also den Strauß auch noch ganz umsonst verwüstet, nur um festzustellen: "Zwischen den Blumen ist auch nix!"
"Wir liefern die auf jeden Fall nach!"
Ich weiß nicht wieso, aber ich musste unwillkürlich an den einen Witz denken, wo die Oma immer großzügig Nüsse verteilt und irgendwann fragt mal einer, warum sie immer die Nüsse verschenkt. Und sie sagt dann: "Ich ess doch die Ferrero Küsschen so gerne, aber die Nüsse kann ich nicht mehr beißen!"
Aber ich hab nachgeguckt: Mit Nuss hatte ich nix bestellt.