Samstag, 28. Januar 2017

Riding Home Today



Manchmal denke ich schon, dass ich einen Spleen habe.
Ich mag keine fremden Badezimmer, erst recht nicht, wenn sie öffentlich sind.
Ich übernachte nicht gern woanders, ich schlaf am liebsten zu Hause.
Ich esse nicht gern vom Besteck oder Geschirr, das gerade ein anderer benutzt.
Ich mag nicht die Sachen anderer Menschen anziehen.
Ich mag nicht die Kosmetika anderer Menschen benutzen.
Ich mag nicht auf den Mund geküsst werden - außer vom Mann.
Ich mag nicht von Fremden angefasst werden.
(Insofern werde ich auch nie Kandidatin bei Shopping Queen werden.)

Aber es ist schon echt verrückt. Wenn ich M verlasse und auch nur einen, zwei oder mehrere Tage woanders verbringe, kann ich spätestens dann die Nächte voll durchmachen. Beinah so, als befände ich mich auf Speed. Dann sitze ich großäugig und putzmunter wahlweise auf Sofa oder Bett, mache die Nächte fast komplett durch (oder schlafe schlecht, wenn ich es doch versuche) und bin tagsüber dennoch nicht müde.
Kaum aber trete ich in M durch die Tür, fällt schlagartig alles von mir ab, kehrt die Ruhe in der Seele ein und falle ich wahlweise auf Sofa oder Bett - und stehe zumeist auch ein ganzes Wochenende nicht mehr wirklich auf.

Heute nun fahr ich wieder zurück nach M, den Schlafentzug bemerke ich insbesondere an der nun doppelt quälenden Intensität des andauernden Schmerzes, aber dann dreh ich den Regler nach rechts und die Musik vibriert durch den kleinen Raum. Den einzigen kleinen Raum, der für wenige Stunden mir ganz allein gehört, den ich mit Musik füllen kann, so laut und so viel ich will..
Und ja, ich hab auch gelesen, dass es jetzt Cannabis auf Rezept gibt, sofern man eine willige Kasse bedient und außerdem an den "richtigen" Krankheiten leidet. Aber ich frage mich grade, wenn ich das denn je beantragte und überhaupt bekäme, dann dürfte ich vielleicht kein Fahrzeug mehr führen? Und dann wärs vorbei mit diesen krachend musikerfüllten Stunden? Hm. Muss ich noch drüber nachdenken, was mir wichtiger ist. Oder wie Herr Blau immer sagt: "...dann tuts noch nicht genug weh."

Freitag, 27. Januar 2017

"Heute ist unser Tag." Jeden Tag!



Als ich zum allerersten Mal in Dein kleines Auto stieg und mich neben Dich setzte, glaubte ich noch für einen Moment, Du seist nur eine von den unzähligen Mitfahrgelegenheiten, derer ich mich bediente.
"Macht es dir etwas aus, wenn ich etwas esse?" hast Du mich gefragt und ich verstand die Frage nicht: "Ist doch dein Auto?"
Und dann hast Du sie ausgepackt, diese irre Brotbüchse mit fingerdick geschnittenem Brot und mit irgendwas belegt, das mindestens genauso dick war - und irgendwie habe ich mich fast sofort wie zu Hause gefühlt. Wie ganz früher als Kind, als ich noch klein war und in genau so einer Brotbüchse Kekse versteckte, die ich nicht mit den Brüdern teilen wollte. Du hast gegessen und wir haben geredet, erzählt, Erinnerungen hervorgekramt, als würden wir uns schon ewige Zeiten kennen und hätten uns nur mal eben wiedergesehen.

Noch heute erinnere ich mich an diese Begegnung; ich weiß zwar nicht mehr, ob es Frühjahr, Sommer oder auch schon Herbst war, aber es war sonnig und es ging uns gut.
Von da an sind wir bei jeder möglichen Gelegenheit gemeinsam gefahren, mal ich mit Dir, mal Du mit mir.

Auch als wir zu Deinem Geburtstag ans Meer gefahren sind, konnte es nur genau so gehen und kein bisschen anders. Und wir haben es beide geliebt, genau so wie es war. Chaotisch, planlos, aber kein bisschen ziellos. Wir wussten immer genau, was wir wollten und irgendwie haben wir auch genau das immer erreicht.

Heute schaue ich auf Dich und immer und immer wieder überkommt es mich, dieses Gefühl, so als würde sich mit Dir noch einmal mein ganzes Leben wiederholen. So als stünde ich neben mir und schaute mir selber zu.
Als Du mir heute Abend von Deinem neuen Plan schriebst, da lächelte ich einmal mehr ungläubig.
Es ist immer noch Dein Leben. Es ist immer noch Dein Weg.
Aber es war eben auch meins.
Wir glauben, dass wir lieben, weil wir eigentlich nur fort wollten aus dem Leben bisher. Weil wir glauben, das hier sei die Endlösung und das einzig Mögliche. Wir fühlen uns schuldig an Dingen, die wir nicht zu verantworten haben. Wir verbringen Stunden um Stunden beim Therapeuten, weil "in meine Praxis kommen nicht die, die es nötig hätten, sondern die, an denen es ausgelassen wird". Wir zerfressen uns und hadern mit uns, weil wir glauben, wir müssten dem Spagat aus Fulltimejob, Haus und Kind gerecht werden und können es doch nicht. Wir sehen in den Spiegel und sehen etwas ganz anderes als das, was uns eingetrichtert wird, und irgendwann verschwimmen dann doch die Linien, verschieben sich die Blickwinkel und dann glauben wir zu sehen, dass wir tatsächlich das sind, was er uns sagt: ein Nichts, ein Niemand, hässlich, scheiße und unfähig in allem.. Immer öfter denken wir: Nee, das ist es nicht gewesen, das kann es echt nicht gewesen sein. Nicht so.

Und heute Abend schreibst Du mir: "..Und ich kann mich orientieren, wie du alles geschafft hast."
Nein, mach das nicht. Mach Dein eigenes... Ich bin echt sehr gespannt, wohin Dich Dein Weg führt..
Nur für heute, jetzt und hier.. lass uns unbedingt ganz bald noch mal ans Meer fahren!!! Nur wir zwei!!




Dienstag, 24. Januar 2017

Die Flut an Farben, Gerüchen und Eindrücken - Jodhpur, Tag 9



Jodhpur ist, glaube ich, eine Stadt, die die Klischees von Indien erfüllt: laut, bunt, schmutzig; es ist heiß, es ist unfassbar staubig, und dennoch überrollt mich die Flut an Gerüchen und Farben, und immer wieder fällt mir auf: Das Bunte an Indien sind vor allem die Frauen. Sie kombinieren die verrücktesten, leuchtendsten Farben, die ich je gesehen habe, ihre Arme sind voller Reifen, kaum eine Frau, die nicht auch weiteren Schmuck an den Ohren, in der Nase, um den Hals und an den Händen trägt. Und es steht ihnen! Ich selbst bevorzuge Schlichtheit, aber wenn ich all diese Frauen sehe mit ihren bunten Kleidern und ihrem Körper voll Schmuck, dann bin ich fast versucht, auch so aussehen zu wollen - und das einzige, das mich zurückhält, ist das Bewusstsein, wie ein Christbaum auszusehen. Es passt einfach nicht zu uns Europäern, finde ich. 
Und dann denke ich: Es ist gut wie es ist. Würden wir alle gleich aussehen, wäre es ja langweilig.

Wie vor jeder größeren Stadt werde ich von Herrn Blau gebrieft: "Schau ihnen nicht in die Augen, das verstehen sie als Aufforderung, als Interesse, und dann wirst du sie nicht mehr los."
Offen gestanden, mir fällt das schwer. Menschen interessieren mich und Augen faszinieren mich. 
An ihnen erkennst du einfach sofort, ob ein Mensch tatsächlich lächelt oder nur die Zahnreihen freilegt. Und ich will doch entdecken, ich will sehen, ich will hinschauen und jedem, der mir etwas anbietet, lächle ich ein "No, thanks" entgegen. Ich kann nicht einfach vorbeigehen und so tun, als nähme ich sie gar nicht wahr. Es sind immer noch Menschen, die am Abend eines Tages etwas Geld vom Verkauf mit heimbringen sollen oder müssen. 

Jodhpur, eine Stadt mit rund einer Million Menschen - und man spürt es. Sobald das Auto irgendwo hält, sind sie da, die jungen Mädchen und Frauen mit den Kindern auf dem Arm, den Babies im Arm, und immer wieder krampft sich in mir alles zusammen, wenn ich die kleinen dürren Füßchen sehe, die ausgemergelten Körper der Frauen. 
"Die Frauen wollen nur Geld für Opium", werden wir vom Inder wiederholt gewarnt, wir sollen sie nicht beachten und die ganz hartnäckigen verscheucht er mit einer energischen Handbewegung und ein paar Worten auf Hindi. Noch heute verfolgt mich dieses Geräusch der ersten drei Finger an der Hand, mit der die Frauen und halbwüchsigen Kinder an die Scheiben klopfen. Tok Tok Tok. 



Und Inder sind unglaublich beflissen. Hast du erst einmal ihren Shop betreten, fragen sie nur kurz, wonach du suchst - und dann laufen sie hin und her, erzählen im Vorbeigehen auf Englisch und breiten eines nach dem anderen vor dir aus.
"Du musst sie stoppen", sagt Herr Blau, "du musst schon sagen, wonach du suchst, sonst haben wir hier bald den ganzen Laden ausgebreitet vor uns liegen."
"Ich weiß gar nichts mehr", entgegne ich, "ich bin... komplett überfordert gerade."
Am Ende kaufen wir nichts, denn während ich auf der Suche nach bestimmten Farben und Mustern bin, die ich trotz aller Fülle nicht finden kann, ist Herr Blau ernüchtert von den Preisen, die auf seiner letzten Reise vor 6 Jahren noch ganz andere gewesen waren.
Beinah haltlos benehme ich mich dafür im Gewürzshop, in dem ich vor allem eins wahrnehme: Kardamon. Kardamon soll schmerzstillend wirken, das wussten wir schon vor unserer Reise..



Und ich mag unseren Guide. Ein sehr höflicher und wohltuend unaufdringlicher Mensch; beinah der einzige, der mir in Erinnerung geblieben ist, ohne dass ich erst in unserem Tagebuch nachschlagen muss. Man merkt ihm an, dass er ein Programm abspult, zu oft hat er vermutlich Jodhpurs Geschichte schon erzählt und die Touristen in den Forts herumgeführt.
Im Schloss eines Maharadschas sind verschiedenste historische Uhren ausgestellt, und wir erkennen wieder, was wir einst in einer Reportage gesehen haben: Historische Uhren, für deren Wartung und Reparatur die besten Uhrmacher der Welt zusammenkommen, eine kleine Gruppe in einem Tanzsaal des Palastes, der für die rund zwei Wochen in eine Art Werkstatt umfunktioniert wird. Irgendwie ein cooles Gefühl, die Dinge, die man bislang nur aus dem TV kannte, nun auch live zu sehen.

Vor dem Eingang zum "Baby Taj Mahal", einer sehr kleinen Nachbildung des Originals.


Ein Zelt... Ein Zelt mit echtem Bad, echter Dusche und allem PiPaPo.
Sogar mit einer Klimaanlage ausgestattet, was angesichts der Temperaturen von fast 40 Grad angenehm ist,
besonders nachts.
Ich bin sehr dankbar dafür, aber die Bilder der Menschen draußen vor dem Tor gehen mir nicht aus dem Kopf.
Die Unterschiede können kaum... größer sein.


Montag, 23. Januar 2017

Da, wo wir zuhause sind



Der Ort, wo ich geboren wurde, ist so ganz anders als der Ort, an dem ich jetzt lebe.
Man sagt, man ist immer dort zuhause, wo man geboren worden ist, aber ich bin mir da gar nicht so sicher.
Ich würde nicht dorthin zurückgehen wollen.
Es wäre mir.. zu still in den Wintermonaten, und es wäre mir zuviel in den Sommermonaten.

Von diesem Zuhause ging ich vor über 28 Jahren nach L und tat mich unglaublich schwer mit diesem Ort. Genau genommen entdeckte ich ihn auch erst für mich, nachdem ich mich von meinem Mann trennte und aus diesem Zuhause ausgezogen war. Noch heute sehe ich mich manchmal dort sitzen, am Fenster dieser neuen Wohnung, noch ganz leer, mit nichts außer dem Sofa, dem großen Bild und der Musikanlage auf dem Holzfußboden. Sehe mich am Fenster stehen, auf die Kastanienbäume gegenüber starren und mich versuchen zu erinnern, wie die Farbe meiner Träume ausgesehen hatte.
Wie ich eigentlich leben wollte. Nicht die Frage dominierte, mit wem, sondern wie.
Wie Puzzleteile fielen nach und nach die Erinnerungen an diese Farbe der Träume in meinen Kopf zurück, hinter meine Stirn und fügten sich dort ebenso nach und nach zu einem Bild zusammen.

Ich habe noch nie so gelebt wie ich es mir erträumte.
Ich habe noch nie das Leben geführt, das ich eigentlich hätte führen wollen.
In einer Wohnung mit Holzdielen und viel Platz für Bücher, Schallplatten - und das Malen.
Noch nie in einer Wohnung mit einem Schild an der Tür, das Herz & Namen verbindet.
Noch nie in einer Wohnung, in der ich mich wie früher als Kind auf das Fensterbrett zurückziehen konnte, hinunterzuschauen auf Straßen und Menschen, wie sie ihr Brot einkaufen und gleich draußen vor der Tür hineinbeißen, weil es warm am besten schmeckt. Menschen, die sich zufällig wiedersehen und einander herzlich umarmen und zusammen weitergehen. Menschen, die einem anderen ungeduldig die Vorfahrt nehmen und über den wild gestikulierten Vogel lachen oder die Schultern zucken. Menschen, die abends heimkommen und im Haus gegenüber Licht machen, die Vorhänge zuziehen oder zu mir herüberschauen. Menschen, die in den Bus oder die Bahn steigen und zur Arbeit fahren oder von dort kommen. Menschen, die an ihrem Roller lehnen, reden, lachen, einander verliebt anschauen und sich eine Strähne aus den Augen streichen, während sie ob der Sonne die Augen zusammenkneifen.
Leben, inmitten diesem Leben wollte ich leben.
So sehr, wie ich auch wieder am Meer leben wollen würde, irgendwo.
Das Beste für mich wäre eine Metropole, nah genug am Meer und doch... lebendig genug, um die Abende auf Fensterbänken zu verbringen und Stimmungen aufzufangen. Vermutlich gibt es sie so nicht. Ich muss mich also entscheiden, was ich will. Die Metropole oder das Meer.
Eines Tages muss ich mich entscheiden..

Denn Zuhause.. ist irgendwie doch dort, wo unser "Herz" zuhause ist. Sowohl als auch.
Ich habe keine Angst vor dem Warten.
Auch wenn ich nicht wissen kann, wie viel Zeit einem bleibt.

Dienstag, 17. Januar 2017

...aber was fehlt, ist das Gefühl.


Wenn der Schmerz im Körper überhand nimmt und Wochen überdauert, dann geht mir irgendwann ein wenig die Energie aus. Irgendwann und ein wenig. Was ich bis dahin versuche zu verbergen, kostet Energie, und wenn diese ausgeht, verleitet es mich zu Postings wie unlängst bei FB, die ich einen Tag später wieder lösche und mich schäme für diese Schwäche, Schwäche zu zeigen. 
"Es wird nicht gejammert und es wird nicht gebettelt", hat mich mein Vater früher gelehrt - also versuche ich nichts zu sagen, so lange, wie ich es ertragen kann, so zu tun, als sei gar nichts. 

"Wenn Sie nicht sagen, dass Sie Hilfe brauchen, dann können Sie auch nicht erwarten, dass Sie Hilfe bekommen."
"Aber ich erwarte doch überhaupt nichts."

Wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Wo Entwicklungen - auch und insbesondere in der Medizin, in der Humangenetik und überhaupt - viel Gutes bewirken können, ist auch viel Missbrauch. Da, wo die Dinge eine Eigendynamik entwickeln, die man irgendwann gar nicht mehr kontrollieren kann..
Wo wir vor ein paar Jahren noch ein kleines Kärtchen besaßen, am Abend im schnell übergezogenen Kapuzenshirt, die ungekämmten Haare zu einem Zopf zusammengebunden im spärlichen Neonlicht Videofilme im Laden zwei Straßen weiter ausliehen, genügen heute die Onlineregistrierung und ein Klick mit der Tastatur, um das sehr schmerzhafte Strecken und Beugen der Finger, des Armes, des Beines auf dem Sofa zu umgehen und zu warten, bis das Level wieder erträglich wird. 
Ich gebe zu, derzeit möchte ich am liebsten kaum etwas anderes tun. Natürlich fragt das Leben nicht danach, die Arbeit muss erledigt werden, und auch das Leben zu Hause will ja gelebt werden. Am Leben teilhaben, nicht nur zuschauen und alles vorbeiziehen lassen. 
Aber ich genieße sie, die Abende, an denen wir uns die virtuelle Videothek auf den heimischen Bildschirm holen.
"Ex Machina" ist rein dem Titel nach nicht die Art Filme, die mich reizen - doch dieser hier überraschte mich. Ein fein konstruiertes Szenario aus Mensch und Maschine, aus Klang, Bild und Gefühlen.
Ich weiß gar nicht, wie alt der Wunsch des Menschen ist, künstliche Intelligenz zu schaffen. Diese Technik immer weiter zu vervollkommnen und zu perfektionieren - und demzufolge weiß ich auch nicht, wie alt die Gier des Menschen ist, diese perfektionierte Technik für sich und seine Zwecke zu missbrauchen.
Ich weiß auch nicht, ob es je einen Film gab, der uns nicht aufzeigte, dass selbst im ausgeklügelsten System der winzigste Programmierfehler zu verheerenden Folgen führte. Abgesehen von Baymax, vielleicht. 
"Ich versteh das Ende nicht", sagte Herr Blau, "warum hat sie das gemacht?"
Ich wandte meinen Kopf und schaute ihn nachdenklich an.
"Weil sie lediglich wusste, dass sie eines Tages abgeschalten würde. Ihre hohe Intelligenz signalisierte ihr, überleben zu wollen. Sie hat präzise funktioniert. Aber was ihr fehlte, war das Gefühl. Das ist etwas, das man nicht programmieren kann. Noch nicht jedenfalls. Stattdessen hat sich die Fehlbarkeit der Menschen gezeigt. Weil sie eben nicht nur denken, sondern auch fühlen."

Meistens bin ich froh, ein Mensch zu sein.
Manchmal aber denke ich, wenn die Maschine keine Gefühle haben kann, dann fühlt sie auch keinen Schmerz. Und manchmal.. wäre das besser für mich. 
Aber auch.. nur manchmal.

Montag, 9. Januar 2017

...Du bekommst ein Buch.

Urheber: Ryan McGuire
Quelle: http://www.gratisography.com/

Ich habe als Kind unglaublich viel und gern gelesen. Wenn ich daran denke, tauchen immer wieder dieselben Erinnerungsfetzen in meinem Kopf auf. Ich im Haus meiner Großmutter. Sie wohnte zu ebener Erde, kleine Zimmer, knarrende Dielen. Kleine Fenster, aber herrlich tiefe Fensterbänke, auf denen ich so oft saß, malte, spielte oder in Büchern blätterte. Ab und an hob ich den Kopf und dann konnte ich sehen, wie die Großmutter im Konsum gegenüber Milch und Spritzringe einkaufte.
Ich habe es geliebt, dort zu sitzen, ganze Tage konnte ich dort verbringen. Wenn ich aus dem Schrank rechts unten die Bücher hervorkramte, dann schlug er mir entgegen, der Geruch aus altem Holz, Pfefferminz und alten, verblichenen Buchseiten. Noch heute, wenn ich die Augen schließe und mich darauf zurückbesinne, kann ich mich an diesen Geruch erinnern, als würde er mich tatsächlich umgeben. An die Perlenketten in den Schatullen, von denen sie sagte: "Das kannst du alles haben, wenn ich mal nicht mehr bin."
Ich erinnere mich an ihr Schlafzimmer mit dem Gitterbett für mich, in das sie mich legte und ein Tuch über das Gestänge hängte, um mich vor dem einfallenden Licht aus der guten Stube zu schützen; ich erinnere mich an die dunklen Holzmöbel und dem Emailletopf unter ihrem Bett, denn ein Badezimmer gab es nicht. Man bediente das Plumpsklo im Hof, vor dem es mich immer gruselte, die Wäsche wurde im Topf gekocht und im Zuber gewaschen, gebadet habe ich in einer Zinkwanne auf dem Küchentisch.
Ich habe darin gesessen, den Schaum auf den Beinen verteilt und dann, weil mir das rechte Wort nicht einfiel, sagte ich zu ihr: "Oma, aber jetzt sind meine Federn ganz nass!"
Ihr Küchenbüfett habe ich geliebt, eins mit vielen kleinen Schubladen und -lädchen, alle habe ich geöffnet und hineingesehen, wann immer ich in den Ferien bei ihr war.
So lange ich denken kann, trug sie diese irren Kittelschürzen und darüber diese dunkelblaue grobe Strickjacke mit den braunen Hirschhornknöpfen. Doch das Haus verließen wir nie, ohne uns gut anzuziehen und das Haar sorgfältig zu kämmen.
In ihrem Haus duftete es immer nach Äpfeln, Frischgebackenem und eingekochten Johannisbeeren.
Sie hat sich die Männer genommen, die ihr gefielen, ohne sich aber je zu verschenken und sich auch überhaupt nicht darum gekümmert, was die Leute im Dorf über sie redeten. Ich glaube, sie hat ihr Leben tatsächlich geliebt, aber ich bin nicht sicher, ob die letzten Jahre so waren, wie sie es sich vorgestellt oder gewünscht oder erträumt hatte.

Ich bin schon lange kein Kind mehr und meine Großmutter ist vor rund dreißig Jahren verstorben. Jedoch diese Zeit mit ihr und bei ihr ist so lebendig in meinem Kopf, als müsste ich nur einige wenige Schritte zurückgehen, um nachzuschauen.
Aus diesen frühen Jahren gibt es keine gemeinsamen Fotos, gibt es nichts mehr, das mich an sie erinnert. Nichts außer den Erinnerungen in meinem Kopf. Sie sind die intensivsten meiner Kindheit, die ich habe. An kaum etwas sonst erinnere ich mich, seltsamerweise. Bei ihr jedoch geht meine Erinnerung so weit zurück, dass ich noch immer weiß, wo und wie sie mich wickelte und mich davon abhielt, in ihrer Nachttischschublade nach ihren Tabletten zu kramen.

Heute, viele Jahre später, entdecke ich, dass ich aus dieser Zeit mit ihr und bei ihr sehr viel mehr mitgenommen habe, als ich vielleicht je angenommen hätte.
In meinem Besitz befinden sich heute einige wenige, aber wunderschöne Holzmöbel aus längst vergangener Zeit.
Strickjacken sind für mich das, was anderen Frauen Schuhe oder Handtaschen bedeuten - und bei jeder grob gestrickten werde ich immer noch schwach..
Ich lese noch immer sehr gern und ich liebe es, an einem Fenster zu sitzen, eine Tasse Kaffee oder Kakao vor mir, und ein Buch aufzuschlagen. Nichts geht über den Geruch bereits vergilbter Seiten, nichts geht über diesen beinah liebevollen Handgriff, mit dem man eine Buchseite zwischen den Fingern hält, bevor man sie umschlägt. Nichts geht über die Taschenbücher mit ihren abgestoßenen, abgewetzten Rändern und dem zerknitterten Einband, weil man so oft in ihnen las, dass man sie beinah auswendig kennt und trotzdem möchte man immer wieder in ihnen lesen. Ähnlich einem Gesicht, eingebettet in Runzeln und Lachfalten, aus dem dir wache, aufmerksame Augen entgegenschauen, und dieses Gesicht erzählt dir so viel mehr vom Leben - und in dieses Gesicht möchtest du immer wieder schauen, weil du nicht aufhören kannst, dir diese Geschichten immer wieder anzuhören..
Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir heute nicht mehr an einem Waschbrett stehen, unsere Kinder in Zinkwannen baden müssen, indem wir das Wasser vorher auf dem Kohleofen erhitzten, dass das warme Wasser aus der Wand kommt und ich meine Toilette weder mit Spinnen und anderem Getier und auch nicht mit der halben Hausgemeinschaft teilen muss.
Entwicklung ist etwas ganz Tolles.
"Aber bitte, bitte schenk mir niemals einen eReader", bat ich Herrn Blau schon vor langer Zeit.

Sonntag, 8. Januar 2017

Jahrmarkt der Eitelkeiten



Ich liebe Inspiration. Ich liebe Kopfkino. Ich liebe es, wenn die Phantasie anregende Blüten treibt.
Dazu muss man mir nicht alles sagen oder zeigen - es genügt die Andeutung.
Das ist für mich wie mit einem nackten Körper. Komplett entblößt reizt er mich nicht.

Ähnlich empfinde ich es beim Schreiben und beim Lesen anderer Lebensgeschichten.
Ich wünsche mir, eintauchen zu können in die fremde Welt, die mir dargeboten wird. Aber ich will gar nicht alles wissen, nicht alles bis in das letzte Detail. Die komplett entblößte, nackte Seele reizt mich nicht. Sie lässt mir keinen Raum für Interpretation mehr, für das Spiel in meinem eigenen Kopf.
Damit erhebe ich natürlich keinen Anspruch auf die Rechtmäßigkeit meiner Interpretation - doch darum gehts mir auch nicht. Weil ich nicht bewerten, sondern mitgenommen werden möchte. Für einen Moment lang entführt in eine Welt, die mir möglicherweise fremd oder doch nicht so fremd ist, die anders ist vielleicht als meine oder auch nicht, in der ich aber immer etwas von mir wiedererkenne - oder glaube zu erkennen. Ich möchte lesen von anderem Denken, anderem Tun, möchte mich hineindenken, mich hineinfühlen können. Es gibt immer irgendetwas, das man für sich selbst mitnimmt. Das den Zugang zu den ureigensten Gedanken und Wünschen freilegt..

Über die Jahre des Schreibens und insbesondere Lesens hinweg überkam mich hin und wieder das Gefühl, auch das Schreiben, das Spiel mit dem Wort und die damit gekonnte Inszenierung von Gedanken und Gefühlen in anderen Köpfen gleiche zuweilen auch beinah einem Politikum. Manchmal verwunderte es mich, aber irgendwann verstand ich diese Form des Gedankenaustauschs letztlich auch als das sich Befinden inmitten von Menschen, die die Dinge nicht so sehen und empfinden müssen wie der Autor selbst. Dann liegt es an unseren Eigenschaften, nicht zuletzt auch an unserer Erziehung, wie wir darauf reagieren. Insofern ist es wie im realen Leben auch: Je erfolgreicher jemand ist, desto mehr gibt es Menschen, die es neiden. Je weniger erfolgreich man ist, desto eher neigt man zum Assimilieren, schlüpft in eine (Kunst-) Figur, die es so nicht gibt, aber dem Mainstream entspricht und damit eine möglichst große Zahl an Lesern lockt.
Ist es das, was ich sehen möchte?
Mir muss niemand folgen, nur weil ich mich bei ihm eintrug.
Ich entfolge niemandem, nur weil er bei mir nicht (mehr) liest.
Ich lese, was mich interessiert, und ich höre auf damit, wenn es mich nicht mehr interessiert.
Zugleich fehlt mir irgendwie.. immer mehr dieses.. wie soll ich es beschreiben.. wunderbar Normale. Ich vermisse den gleichnamigen Blog von Miss Friederike, den es nicht mehr gibt. Ich vermisse ihren Blog "Latenerezza", den es auch schon so lange nicht mehr gibt. Vermutlich hatten sie niemals den Anspruch darauf, etwas Besonderes zu sein - und war es womöglich gerade deshalb. Weil ihre Autorin es wie kaum jemand verstand, ihre Gedanken und Empfindungen des Alltags in Seidenpapier zu verpacken und einem beinah liebevoll über den Ladentisch zu reichen.

Stattdessen begegnen mir immer öfter Blogs, die sich in ihrer bis zum Perfektionismus getriebenen Ironie, ihrem geübten Zynismus gefallen und zu überschlagen versuchen, dabei längst real verblichene Autoren zitieren (wenn ich noch mal irgendwo Bukowski lese, erbreche ich mich!) oder sich auf ihn berufen, weil das jetzt einfach mal den Zeitgeist trifft - und nicht, weil sie ihn, respektive seine Werke tatsächlich kennen UND schätzen. Es mag zunächst faszinierend klingen, gekonnt auf alles und jedes zu schimpfen, alles und jeden zu diskreditieren - mich persönlich jedoch (und ich kann ja auch immer nur für mich selber sprechen) langweilt es. Weil es mir zu unecht ist. Weil es nichts auslöst. Worin ließe sich auch Inspiration finden, tagtäglich mit den Füßen in einem Eimer Gülle zu stehen und immer wieder eine weitere Kelle Abfall dazugeschüttet zu bekommen?
Für meine Inspiration kann ich mir natürlich selber meine Quellen auswählen.
Auch kann ich selber darüber entscheiden, ob ich meine Füße tagtäglich in Gülle baden will oder nicht.
In der Welt der mittlerweile unzähligen "lauten" Blogs fehlt mir nur immer mehr genau dieser Feingeist einer Miss Friederike oder einer Lou oder einer Elise, dieses Gespür für die Verbindung von Wort und Gedanken. Diese "stillen", aber unfassbar schönen Blogs der empfindsamen Menschen mit ihrer schönen Seele.
Die sich wohltuend abheben. Weil nicht jeder laut und schmutzig sein muss. Ständige Stille wäre wenig aushaltbar, das ist richtig. Ständige Schreierei aber auch.

Montag, 2. Januar 2017

Das Leben der Anderen

 Die letzte Nacht des Jahres 2016. Menschen setzen sich Partyhütchen auf oder kleiden sich in ihr kleines Schwarzes. Stellen den Sekt kalt und das Essen auf den Tisch, geben sich "Diner for one" zum zwölfunddrölfzigsten Male oder drehen die Musik auf und werfen Papierschlangen und Konfetti.
Während wir in der glitzerkalten Nacht ein Ticket am Parkscheinautomaten zogen und auf einem der vielen freien Sitze im Wartebereich der chirurgischen Notaufnahme Platz nahmen. Wie alle kann ja schließlich jeder. Wir also anders.
Angesichts eines verbliebenen Akkustandes von lediglich 3 Prozent ("Es waren doch grad noch 44?" - "Bei Kälte geht es zack runter, weißt du doch." - "Ich sag ja, Winter ist scheiße." - "Du sollst nicht immer fluchen." - "Du bist nicht mein Vaaaaa-ter.") beschränkte ich mich auf das Lesen einer angebotenen Zeitschrift aus dem Jahr 2011 und widerstand nur schwer der Versuchung, die letzten Groschen am Kaffeeautomaten neben mir einzulösen angesichts einer möglichen Verlängerung am Parkscheinautomat. Manchmal bin ich tatsächlich vernünftig.
Da war die junge Frau, äußerlich scheinbar unversehrt, aber verdammt blass um die Nase.
Da war die alte Dame mit dem blutigen Kinn. Beide in sich versunken, abwartend. Und eben allein. Oft denke ich in solchen Momenten an die Worte von Ella, die mir vor langer Zeit mal in einem Kommentar antwortete, dass man sich einfach nur trauen müsste, sich an einen Tisch mit anderen, fremden Menschen zu setzen - und dass man oft genug positiv überrascht würde. Vielleicht aber ist der Tisch in einem Gasthaus eben auch etwas anderes als der Wartebereich einer Notaufnahme? Weil man ohnehin schon mit sich zu tun hat und auch keinen Wert auf Konversation mit Fremden legt - auch nicht an einem Silvesterabend?
Sie kamen (vermutlich) allein, sie warteten allein, sie gingen allein, still und grußlos. 
Jeder für sich. Ob wohl jemand zu Hause auf sie wartete?

Ganz anders die fünf Menschen mit scheinbar rotgefrorenen Händen und einem offensichtlich ausreichenden Pegel an Alkohol - und einer Dose Sekt und Red Bull in der Hand.
"Muss das sein - mit Alkohol in der Hand in die Klinik?" flüsterte der Mann neben mir und ich kicherte: "Helau, es ist Silvester!" 
Diese fünf Menschen waren weder allein noch still noch leise und innerhalb der nächsten fünfundvierzig Minuten erfuhren wir alle so einiges über den Patienten, der erst lautstark seine Frau herunterputzte, dann mit ihr und der Truppe kurzzeitig verschwand und anschließend in einem Rollstuhl und deutlich ruhiger mit allen zurückkehrte. 
Wir erfuhren, dass er C. hieß, unter einem sehr schmerzhaften, wohl faustgroßen Abzess in der Leistengegend litt, bereits vor einem halben Jahr nach einer schweren Lungenentzündung zwei Schlaganfälle erlitten hatte, wonach er für drei Wochen ins Koma fiel. Und dass er und seine Frau in dieser Klinik ihr Kind verloren hatten.
"Warum wolltest du unbedingt in diese Klinik?" fragte ihn seine Frau immer wieder. "Diese scheiß Klinik!"
Unablässig streichelte sie ihm durch die Haare, nötigte ihn zum Trinken aus der Wasserflasche und redete unaufhörlich mit ihm, während er die Augen längst geschlossen hatte, dann und wann nur ein leises Grunzen von sich gab und vermutlich zwischendurch immer wieder einschlief. "Rede mit mir, C.! Verdammt, rede mit mir!"
"Ich mach mir Sorgen!" sagte seine Frau zur Krankenschwester, die im Beisein zweier weiterer Krankenschwestern eine andere Patientin aufrief.
"Sehen Sie denn nicht, wie schlecht es ihm geht? Er kann kaum noch laufen oder stehen."
"Ja das sehe ich, aber er sitzt ja jetzt im Rollstuhl. Sitzen geht ja noch, oder?"
Der Mann neben mir und ich wechselten einen Blick.
"Und ich sehe auch, dass er sich wohl was gespritzt hat. Deswegen ist er jetzt ja auch ruhig."
Der Mann neben mir und ich wechselten erneut einen Blick.
"Das ist hart", flüsterte ich.
"Vielleicht kennen sie das Paar ja schon", flüsterte er zurück. 
"Was soll das?" kreischte die Frau. "Was glauben Sie denn, wer wir sind? Ich habe studiert! Ich habe Abitur! Wir sind doch keine scheiß Junkies!"
"Das ist diese scheiß Stadt, in der sie alle glauben, sie seien etwas Besseres! Ich hasse diese Stadt! Ich hasse diese Klinik! Meine Schwester hat hier gearbeitet und gekündigt, weil sie es nicht mehr ausgehalten hat!"
"Da hat sie aber recht", flüstere ich dem Mann zu, "ich denke auch oft, dass die Leute hier scheiße arrogant sind und dann frage ich mich, wieso eigentlich und mit welchem Recht?"
Eine Stunde später ist die Behandlung abgeschlossen, der Arztbrief gedruckt und ich gehe nicht, ohne den Patienten alles Gute zu wünschen. Nur eine Frau mit langen blonden Haaren, die sehr krank ausschaut, hebt den Kopf und lächelt. Wir lächeln uns an.
"Kennst du sie? Habt ihr miteinander gesprochen?" fragt der Mann. 
"Nein. Hab mich nicht getraut, das wirkt immer so aufdringlich."

Daran dachte ich auch heute, als wir im Cafe an dem einzigen Tisch mit noch ausreichend Sitzmöglichkeit Platz nahmen, an dem schon eine ältere Dame saß, eine Suppe aß und einen Tee dazu trank.
Irgendwann verabschiedete sich der Mann mit den Worten "Jetzt geh ich mal aufs Örtchen" und dann saß ich da mit der Dame, die ihre Suppe ausgelöffelt hatte und stumm an mir vorbeischaute.
Ich betrachtete ihren roten grobgestrickten Pullover, ihre verwaschenen blauen Augen, die mich an meine Großmutter erinnerten, dann dachte ich an Ellas Worte und ich dachte daran, wie blöd es doch irgendwie ist, dass man gemeinsam an einem Tisch sitzt und kein Wort miteinander wechselt.
Gib dir doch mal einen Ruck, sagte ich mir, und dann ging alles irgendwie wie von selbst.
"Hat Ihnen denn die Suppe geschmeckt?" fragte ich und die Dame schaute mich freundlich an.
"Ja, das machen sie hier schon sehr gut. Eine gute Tomatensuppe."
Wir unterhielten uns angeregt über Rezepte, über Gewürze, über Indien, über das Reisen, sie erzählte von ihrer Tochter, von Menschen, die über die Weihnachtszeit hier in die Stadt kämen, um alle möglichen medizinischen Anwendungen und Operationen zu bekommen. Und die ganze Zeit dachte ich, wie leicht das alles war, wie leicht das alles ging und wie wenig im Grunde dazu gehört, die Brücke zu einem anderen fremden Menschen zu bauen.
Ich hab mich noch mal zu ihr umgesehen, bevor wir den Raum verließen.
Unsere Blicke trafen sich und wir lächelten.

Das neue Jahr 2017, es ist noch so jung und für eine Zehntelsekunde hatte ich die Hoffnung gespürt, es könne vielleicht doch ein gutes Jahr werden?
Klappe ich FB auf, will diese kleine Hoffnung schrumpfen. Zunächst. Kaum ein Posting, kaum ein Statement, das ohne die Ereignisse von Silvester 2015 und 2016 auskommt. Kann man eigentlich überhaupt noch etwas richtig machen? Kann man überhaupt noch etwas sagen, eigener Meinung sein, ohne dafür mit dem Rücken an die Wand oder in eine unpassende Schublade gedrängt zu werden?
Doch dann stelle ich fest: Die Kommentare sind fast ausschließlich sachlich, sie zeigen Ansichten, sicherlich verschiedene Meinungen und Ansichten - aber sie bleiben trotz aller Emotionalität.. sachlich. 
Sollte das tatsächlich die erste zarte Wende andeuten? Dass Menschen einander wieder mehr zuhören und andere Meinungen zulassen, ohne sich verbal zu vergreifen? Dass man wieder miteinander diskutiert, argumentiert? 
Das Jahr 2016 - es ist vorbei. 
Ich schaue eher zuversichtlich auf das neue Jahr 2017 - und ich wünsche uns allen, dass es ein gutes Jahr wird.