Dienstag, 25. August 2015

Rosarot bekloppt. Vielleicht.

 Unlängst wurde in einem anderen (geschützten, deshalb nicht verlinkten) Blog über Pro und Contra der Ehe philosophiert. 
Überhaupt scheint dies ja so ein "Frauending" zu sein. Keine Ahnung, warum es zumeist die Frauen sind, die verheiratet sein möchten. Sicherlich zuallererst "der Versorgung" wegen. Mich hat das immer gegraust. Zwar hätte ich nichts gegen einen Ehevertrag gehabt - aber eine Ehe eingehen reinweg aus wirtschaftlichen Gründen? Verheiratet sein, um abgesichert zu sein?
Das wollte ich nie, das habe ich nie - und das werde ich auch nicht.
Das Geld des anderen hat mich nie interessiert, ich will es auch nicht haben. Das, woran ich mein Herz hänge, kann mir sowieso niemand mehr geben, wenn der andere nicht mehr da ist.
Wenn also der Liebste sein gesamtes Hab & Gut dem Sohn hinterlässt, gerne. Ich will davon nichts, außer die gemeinsamen Fotos und das eine oder andere Erinnerungsstück an eine gemeinsame Zeit.
Das gilt jedoch auch für meine Söhne: Wenn mir etwas passiert, sollen sie abgesichert sein, dann sollen sie das bekommen, was ich mir erschaffen habe.
Dass eine solche Teilung bzw. Sicherung auch ohne Trauschein machbar ist, erfahren wir derzeit mit verschiedenen Modellen, denn niemand weiß, was schon morgen passiert - und geregelt sein muss es. Das begriff ich spätestens 2007, als mein Lieblingskollege an jenem Samstag tödlich verunglückte und am darauffolgenden Sonntag die Ex-Frau vor der Tür der Lebensgefährtin stand: "Meine Tochter ist die alleinige Erbin, und ich will alles, was ihm gehört hat." Die noch völlig geschockte Lebensgefährtin musste sich also hinsetzen und belegen, was einst sie bzw. der Ex-Kollege gekauft hatten. Das wollte ich mir nie niemals antun. So wie ich es auch niemals haben würde wollen, mit einem getrennt lebenden, aber nicht geschiedenen Mann zusammen zu sein. Auch wenn diese keine minderjährigen Kinder mehr hätten - doch insbesondere nach dem Buch "Blinzle bitte einmal" wurde mir bewusst, dass Du als "nur Freundin" einfach nicht... zählst. Es gibt Dich nicht. Jedenfalls rechtlich nicht. Vor allem nicht, wenn Du zu Lebzeiten nichts geregelt hast. Du bist abhängig von anderen Menschen, abhängig davon, wie viel sie Dir zugestehen - und machtlos, wenn sie Dich völlig außen vor lassen. Dann hängst Du völlig in der Luft, quälst Dich Tag und Nacht, wie es dem Partner wohl gehen möge, quälst Dich mit Ungewissheit und der Ohnmacht, alles geschehen lassen zu müssen - ohne Dich.
Wenn ich mir je eines als eine Art "Absicherung" gewünscht habe, dann diese. Dass man mich bitte, bitte niemals in diese Situation kommen ließe. Und diese Aussage "Das würde mein Sohn nie zulassen" konnte ich nicht gelten lassen. Niemand kann die Zukunft vorhersagen. Niemand kann wissen, wie Menschen unter Belastungssituationen reagieren und auf wessen Einfluss sie reagieren.
Wenn ich mich je im Leben niemals von einem Partner abhängig machen wollte, dann erst recht nicht von Dritten. und schon gar nicht von Ex-Partnern.

Ich bin seit Januar 2006 geschieden. Drei Jahre nach dem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung und einem Scheidungskrieg, den ich mir nie niemals im Leben hätte träumen lassen. Wenn man sich einig ist, kann man sich nach spätestens einem Jahr scheiden lassen. Wenn einer dagegen ist, kann man sich erst nach drei Jahren offiziell voneinander trennen. Und so war das bei uns. Gleichwohl gebe ich zu: Ich war erst dann sehr erleichtert, als auch der zweite Sohn volljährig wurde. Zwar hätte mein Ex-Mann nicht über meine Person verfügen können, weder als Patient noch als Verstorbene. Aber als gleichermaßen Sorgeberechtigter hätte er wohl über das Erbe der Minderjährigen verfügen dürfen. Also über das, was ich meinen Jungen hinterlasse. Doch das ist seit gut 2 Jahren Geschichte. Ich lebe, mir geht es gut - und die Söhne sind erwachsen.

Heute lebe ich, wie ich im Großen und Ganzen leben wollte. Vielleicht nicht an dem Ort, wo ich sein möchte. Aber es muss sich ja auch nicht jeder Wunsch, nicht jeder Traum sofort erfüllen. Ich kann warten. Doch, manchmal kann ich das.
Meinen Söhnen geht es gut, mein Job macht mir Spaß - und ich teile momentan das Leben mit einem Mann, neben dem ich im Moment oft wach liege, auf sein Atmen lausche und wünsche, dass dies die nächsten fünfzig Jahre noch so sein möge. Neben ihm liegen. Bei ihm liegen. Ihn berühren und die Augen schließen, mich wohl fühlen, mich geborgen fühlen. Und zu wissen, dass ich genau hier liegen möchte und nur hier.
Warum das nicht die nächsten fünfzig Jahre genauso weiterleben?
Warum noch einmal Ja zu jemandem sagen, zu dem man doch.. auch so Ja gesagt hat?
Weil ich es liebe.
Weil ich es liebe, die Frau von jemandem zu sein.
Weil ich es liebe, verheiratet sein zu können - nur aus Liebe, und dies nicht zu "müssen" wegen Kind oder Finanzen oder was weiß ich.
Weil ich dieses Gefühl liebe, nach innen und nach außen zu jemandem zu gehören - auch wenn das dem Gefühl nach ohnehin so ist.

Als ich geheiratet habe, war ich gerade zwanzig Jahre alt und mein Brautkleid kostete 170 Ostmark. Fast die Hälfte des Monatseinkommens. Das andere Brautkleid kostete 400 Ostmark - ein Traum aus zartem Tüll - und meine Mama hat geweint, als sie mich in der Anprobe sah.
Gekauft haben wir es nicht, weil wir es nicht bezahlen konnten. Wir haben das andere genommen. Und diese typische Party mit Familie und Freunden gefeiert. Als ich so jung war, hatte ich keine Vorstellung davon, wie meine Hochzeit hätte aussehen sollen. Ich habe mitgemacht, was andere organisierten.
Heute würde ich so vieles anders haben wollen. Vielleicht ganz verrückt angezogen, vielleicht auch ganz schlicht, Hauptsache, barfuß und am Meer. Getraut vom Dorfpfarrer, der noch schnell vom Mittagstisch aufsprang und sein Hütchen zurechtrückte. Das Hütchen, das er festhalten muss, damits ihm nicht vom spärlichen Haar geweht wird, und unser JA VERDAMMT schreien wir begeistert in das Tosen der Wellen.
Bei Liebe, bei Ehe denke ich nicht an Ehevertrag, an Versorgung, an Absicherung und auch nicht an die Kosten einer Scheidung.
Wieso sollte ich auch.
Wir sind ja keine Zwanzig mehr.
Und laut Wissenschaft halten die "zweiten" Beziehungen länger, weil man einfach besser weiß, wer man selber ist - und wen man wirklich in seinem Leben haben möchte. Oder eben auch nicht.

Montag, 17. August 2015

Und wer ist Dein Zwilling?

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Als mir meine Freundin vor kurzem nachts die Frage stellte, wem sie tatsächlich ähnlich sehe, sie habe da drei verschiedene Varianten bislang von Freundinnen und Bekannten gehört, fügte sie die Aussage hinzu "Ich bin komisch, oder?"
Darüber musste ich dann doch wirklich schmunzeln und dachte, dass wir wohl alle irgendwie auf der Suche "nach unserem Zwilling" seien - rein optisch gesehen. 
In der Reihe "Schnell ermittelt", von der ich erst zwei Folgen gesehen habe, war ich vom ersten Moment an fasziniert und irgendwie beeindruckt von der irren Ähnlichkeit der Protagonistin Ursula Strauss mit einem Menschen, den ich kenne. Vergleichsfotos kann und werde ich hier nicht reinstellen, da ich sie dazu nicht befragen kann. Doch diese zwei Folgen habe ich nicht schauen können, ohne ständig dabei zu denken: "Genau wie sie. Genau wie sie!!"
"Wer ist denn dein Zwilling?" fragte mich jene Freundin anschließend und ich musste grinsen "Keine Ahnung, ich habe meinen noch nicht gefunden." Und hatte ich nicht selbst mal zu einem ehemaligen Kollegen vor Jahren gesagt: "Ich bin ein Unikat!"? "Ein Unikum vielleicht", hat er geantwortet. 
Von mir aus auch das. Davon gäbe es nun aber wirklich genügend Gleiche!

Miss Potter



Ein stiller, zauberhafter Film.
Der mich daran erinnerte, wie sehr mir das Malen fehlt.
Und der mich einmal mehr daran erinnerte, wie wichtig es ist, dass wir an uns selber glauben, uns selber vertrauen. Wie elementar es ist, wenn wir jemanden haben, der an uns glaubt.
Jeder sollte jemanden haben, der bedingungslos an einen glaubt. 

Mittwoch, 12. August 2015

Mit Leidenschaft

Als ich damals im Alter der Berufswahl war, wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht wirklich, was ich wollte. Irgendwas Kreatives auf jeden Fall. Das, was man heutzutage Werbegrafik nennt - oder so. Auf der ganzen Insel gab es dafür, glaube ich, nur 1 oder 2 Ausbildungsplätze. Hier erfuhr ich auch zum ersten Mal die wahre Bedeutung des Elternspruchs: "Man muss sehr gute Noten haben!"
Machen wirs kurz: Ich war gut. Aber zu wenig ehrgeizig. Mein Kopf war voller Träume und so, die alle nix mit Schule und Noten zu tun hatten. Meine Noten hätten besser sein können. Na gut, außer die in Mathe: Wir mögen uns heute noch nicht. Mit der Drei war ich sowas von zufrieden - denn die Drei bedeutete: Durch!!
Meine Mama war es, die damals sagte: "Geh doch ins Büro. Klimperst doch eh den ganzen Tag auf deiner Schreibmaschine rum." Ich hatte damals so ne kleine Erika Reiseschreibmaschine, kennt die noch jemand? Und mir fetzte das - irgendwie.
"Büro ist eine gute Idee", hatte meine Oma gesagt, "da hast du es immer schön warm."
Also habe ich mich um den Bürojob beworben - und ihn auch bekommen. 6 freie Stellen auf der Insel, eine ging an mich. Puh. Schwein gehabt.
Irgendwie lag mir das auch von Anfang an. Mir hat das wirklich Spaß gemacht. Selbst die Stenografie lag mir. Liegt mir immer noch - und ja, wird auch in unserer Firma oft gebraucht. Finde ich irgendwie auch angenehmer als die Phonodiktate.
Ich glaube, im Job selbst habe ich dann so etwas wie Ehrgeiz entwickelt. Es ging mir nicht darum, die Karriereleiter hochzuklettern - mir ging es darum, meinen Job zu machen, so richtig. Und neben dem Ehrgeiz entwickelte ich die Leidenschaft für diesen Job. Wenn du Glück hast und kommst in ein klasse Team, wo die Leute sich verstehen und nicht beharken, wenn du Glück mit deinem Chef oder deiner Chefin hast - was Besseres kann dir nicht passieren.
OK, ich hab alles irgendwann mal durchlaufen: super Kollegen - scheiße Chef. Scheiße Kollegen - super Chef. Jahrelanges Mobbing ist mir nicht fremd, leider. Wie ich darauf reagiert habe? Zähne zusammenbeißen, Klappe halten - und 150 Prozent leisten. Beruflich wie privat. Anerkennung gab es weder beruflich noch privat.
Also habe ich 2002 beherzt nach der Chance gegriffen, mich beruflich zu verändern - und 2003 habe ich endlich den Mut zur Trennung vom Ex-Mann gehabt.
Wenn ich zu diesem Zeitpunkt dachte, dass die Jahre bis dahin schwierig waren, dann war das eher nichts im Vergleich zu dem, was dann folgte. Beruflich wie privat.
Bereut habe ich es trotzdem nicht, niemals, nicht mal einen Wimpernschlag lang: Zurück wollte ich nie, weder beruflich noch privat. Irgendwie... ging ich auf in der Aufgabe, die ich hatte - beruflich. Oftmals war die damalige Anerkennung der einzige Antrieb, der einzige Strohhalm in dieser verrückten Zeit. Ums mal so zu sagen: Ich habe gearbeitet wie ein Pferd. Um das Leben für mich und Sohn II zu finanzieren, um den Ex zu bezahlen, damit ich vor dem meine Ruhe hatte - und vor allem hoffte ich, dass es dann leichter würde für Sohn I, der damals entschieden hatte, beim Vater bleiben zu wollen. Eine Entscheidung, die ich damals akzeptierte - aus verschiedenen Gründen - die ich aber bis heute bitterlich bereue und die wohl größte Narbe meiner Seele darstellt. Die ich aus Angst auch nicht umzukehren vermochte: "Wenn du das versuchst, war das dein letzter Tag. Dann habe ich eh nichts mehr zu verlieren."
Also habe ich mich in die Arbeit gekniet und um die Existenz von Sohn II und mir und um die Liebe von Sohn I gekämpft. Ich habe immer relativ gut verdient, jedenfalls für die örtlichen Verhältnisse. Wenn man jedoch alles allein finanzieren muss, das Leben, die Miete, das Auto, die Kinder - dann bleibt am Ende eines Monats nicht viel. Zehn Jahre lang bin ich nicht mehr in den Urlaub gefahren, abgesehen von den Zeiten auf der Insel bei den Eltern. Ist uns deshalb etwas abgegangen? Ich denke nicht. Glaube ich nicht, denn vor etwas über einem Jahr postete Sohn II auf meine Pinnwand bei FB, dass er dankbar sei für die Kindheit, in der er nichts entbehren musste und alles hatte, was er brauchte - und dass er ein glückliches Kind gewesen war.
"Wenn du nicht genug Geld für Urlaub hast oder rechnen musst, ob du mal ins Kino gehst oder einen Kaffee trinken gehen möchtest, dann musst du eben schauen, was du verändern kannst. Entweder einen anderen Job mit mehr Geld oder mehr leisten. Vielleicht arbeitest du ja auch nicht genug?"
Diesen Satz vor ein paar Jahren werde ich nie niemals in meinem Leben vergessen. Er hat mir so unglaublich weh getan. Eine Klatsche mitten ins Gesicht. Und wie habe ich reagiert? Nichts gesagt, die Zähne zusammengebissen und 200 Prozent gegeben. Beruflich wie privat. Und immer noch mit der Leidenschaft aus den ersten Jahren im Büro. Immer noch mit dem vollen Spaß an dem, was ich tue. Seit Ende 2011 endlich genieße ich die Früchte dieses Kraftaktes. Ich genieße die Anerkennung, die sich vor allem auch darin zeigt, ein Mensch des Vertrauens geworden zu sein. Der in so viele Dinge einbezogen wird, um Rat oder Meinung gebeten wird. Daraus resultierte auch ein höheres Maß an Verantwortung. Und ich stellte fest: Es liegt mir. Es macht mir Spaß. Ich mag es, mit meinen Kollegen zusammenzusein, mit ihnen zu arbeiten und auch mit ihnen zu feiern. Sicherlich verdiene ich seitdem auch 3 Taler mehr - aber ich habe mir das auch wirklich schwer erarbeitet. Schwer verdient.
Vielleicht neige ich dazu, mich oft zu sehr reinzuknien.
Vielleicht neige ich dazu, zu oft meine eigenen Grenzen zu überschreiten.
Vielleicht ist es so, dass anderes manchmal zu kurz kommt, wenn man eben erst weit nach 18 Uhr die Bürotür hinter sich zuschloss oder - wie momentan - dann und wann erst um 20 Uhr den Rechner ausknipst. Das ist nicht die Regel, aber es kommt vor. Und sicherlich kommt es häufiger vor, dass ich den Rechner erst um 17 oder 18 Uhr ausknipse, obschon mein Vertrag eigentlich etwas ganz anderes besagt. Den ich extra so gestrickt habe, weil ich vor allem eines wünschte: Umziehen, zur Ruhe kommen, gesund werden. Wieder mehr Zeit vor allem für mich haben.
Betrachte ich das eine Jahr hier in M, frage ich mich: Habe ich effektiv mehr Zeit für mich?
Und ich sage: Ja.
Es mag sein, dass man oft abends noch sitzt. Es ist aber auch so, dass es tagsüber immer mal Momente gibt, in denen ich durchatme. Wo ich die Waschmaschine befülle, das Bügeleisen aufstelle oder die Wohnung von Staub befreie. Alles Dinge, die vor M warten mussten, bis ich abends daheim war. Oder wo ich statt dreißig Minuten mal eine ganze Stunde Mittagspause mache - und keiner meckert oder stört sich daran.
Und wenn ich dafür dann doch mal eine einzige Einladung absage, weil es mir zu stressig ist, um 18.30 Uhr den Rechner auszuknipsen, in den Biergarten zu hetzen, nur um dann heute die Tasche zu packen und nach L zu düsen - dann möge man mir bitte diese Freiheit, "Nein" sagen zu dürfen, auch zugestehen. Ich hätte sicherlich nicht bis 18.30 Uhr arbeiten müssen - aber ich wollte es. Weil bis Freitag Termin ist. Weil ich heute, an diesem Reisetag, nicht arbeite. Weil die zwei Tage vor Ort im Büro bis zum Bersten gefüllt sind. Beruflich und privat. Ein Kraftakt. Weil ich seitenweise Zahlen prüfen und bewerten muss. Eine Fleißarbeit, die vor allem eins kostet: Zeit. Zeit, die ich nicht mehr habe bis zum Freitag. Weil mein Job mir nicht nur Geld verdienen bedeutet. Weil ich meinen Job auch mit Leidenschaft mache. Weil ich liebe, was ich tue.
Es ist schade, dieses Freiheit, "Nein" bzw. absagen zu dürfen, offenbar nicht zu haben. Irgendwie tut es weh. Und was tue ich? Beiße die Zähne zusammen... und sage nichts mehr. Bin müde. Enttäuscht und traurig.

Dienstag, 11. August 2015

Hundert Prozent

Mit hundert Prozent Urlaubsfeeling bin ich zurückgekommen. Habe mich auch gestern nicht von der allgemeinen Hektik anstecken lassen. Frei nach dem Motto: Nö!
Auch habe ich mit doch einiger Erleichterung feststellen dürfen, dass die Nachbarin mitsamt ihrem Schreikind dieser Tage womöglich ebenfalls im Urlaub weilt - das versprach ruhige Tage und auch ruhige Nächte. Wobei ich hinzufügen muss: Ich habe nicht vergessen, wie anstrengend so ein Schreikind ist und wie hilflos man sich daneben oft fühlt. Mein Großer hatte das drei Jahre lange jede einzelne Nacht exerziert, da kann man schon mal blöde werden. Ich mag sie trotzdem nicht. Ihren Sohn auch nicht - auch wenn der nix dafür kann, dass der im Hausflur geparkt wird. Egal. Man wird sich ja auch mal ein bisschen Abneigung gönnen dürfen.
Allerdings wurde bereits am Samstag ganz schnell klar: Unruhe gibt es trotzdem im Haus, diesmal über uns. Hatten wir uns Samstagmorgen nach 9 Stunden Fahrt um halb acht wie tot ins Bett fallen lassen, standen wir um kurz nach 11 in eben diesem, weil ein Hämmern und Bohren das Haus durchdröhnte. Der Mann begab sich dann um kurz nach eins in die Etage über uns, immer dem Hämmern und Bohren folgend. Was soll ich sagen... Die Wohnung über uns ist vor kurzem frei geworden (leider keine größere als die unsrige - ein Wechsel lohnt also nicht) und nun werden da Wände rausgekloppt, Böden rausgestemmt und Fliesen von der Wand gehämmert, dass es (k)eine Freude ist.
"Ich nix verstehn!" sagte die Latzhose zum Mann, als der höflich an die Ruhezeiten erinnerte.
"Nix verstehn? Aha. Polizei? Du verstehn? Die dir erklären!"
Nach zwei Minuten verstummten Bohren und Hämmern, nach fünf Minuten verließen zwei oder drei Latzhosen das Haus. Bis Montagmorgen Punkt 8 Uhr. 
Seitdem leide ich. Blödes Home Office! Und neige dazu, die Nachbarin zurückhaben zu wollen im Tausch gegen die Latzhosen. Pest oder Cholera, nun ja!
Nichtsdestotrotz blieb ich gestern relativ ruhig und immer noch entspannt. Klar. Bei gefühlten vierzig Grad ächzt der Akku und lässt nur die überlebensnotwendigen Aktionen zu. Alles andere erst nach 23 Uhr. 
Knipste kurz nach 17 Uhr den Rechner aus getreu der Einstellung: "Morgen is auch noch ein Tach."
100 Prozent Urlaubsmodus

Und der Morgen begrüßte mich dann gleich mal so:



"YAY!" postete ich begeistert (sagte ich schon, dass ich mein iPhone liebe? :) DAS geht immer!) - und "Hitzefrei!" 
Selbiges wiederholte ich gegenüber Chef am Telefon, als er ein paar Aufgaben bereden wollte. Fand er dann nicht so lustig - ich schon! Habe mir also erst mal ein Brot geschmiert und ein Käffchen gekocht und als dann immer noch nix ging, versuchte ich den Affengriff. Soll man nicht, weiß ich. Hat eh nix gebracht. Also den Kaltstart. Soll man erst recht nicht, weiß ich auch. Ging aber nicht anders.
Zweimal noch im Lauf des Tages brachte er mir so ne Meldung oder warf mich gleich ganz aus dem Netz.
Kaum lief alles wieder, setzten über mir wieder ohrenbetäubende Bohr-, Klopf- und Hämmergeräusche ein.
"Kannst du mich überhaupt verstehen bei dem Krach da?" schrie Chef ins Telefon und ich schrie zurück: "Hitzefrei? Gute Idee!" 
100 Prozent Urlaubsmodus

Na ja. Half alles nix. Die halten sich übrigens auch nicht an Ruhezeiten so am frühen Nachmittag. Oder müssen die das nicht? Ich weiß das nicht. Doch um die Latzhosen daran zu erinnern, müsste ich mir ja was anziehen. Dank der Hitze laufe ich zwei Tagen lediglich in ein langes Flattertuch gehüllt. Für zu Hause völlig in Ordnung - für die Belehrung von Latzhosen jedoch denkbar ungeeignet. 
Aber anziehen? 
Treppen hochsteigen?
Mich mit Leuten rumstreiten?
Och na ja nee. 
100 Prozent Urlaubsmodus

Der große Bruder
Der kleine Bruder
Schaue ich einfach leicht trübsinnig in die Welt und auf meine selbstgezogenen Orangenbäumchen. Na gut, was mal Bäumchen werden wollen.
Immerhin ist bislang schon gut was aus ihnen geworden - von wegen "einfach nur in die Erde stecken und gießen wird dir nix bringen." Pah! Und ob! Einfach mal machen. Sag ich ja immer!
100 Prozent... Durchhaltevermögen: Der Feierabend ist nicht mehr weit und dann gehts raus in den Biergarten. Gott sei Dank. Und morgen bin ich eh weg.


Montag, 10. August 2015

Sehnsucht ist ein Notfall

Bei FB habe ich dieses Tortenfoto gepostet mit dem Aufschrei "Im Paraadieeessss!!" - und so habe ich mich überhaupt in dieser einen Woche gefühlt. Sommer, Sonne, Sonnenschein, das Meer und wir - und gefühlt eine Million anderer Badegäste. Da braucht man schon ein wenig Ortskenntnis (oder wenigstens jemanden, der sich mit der Insel noch auskennt ;)), um nicht Schulter an Schulter (schlimmstenfalls noch beharrt *uargh!*) zu liegen. "Wie Sardinen in einer Büchse" - ist jedenfalls eine Beschreibung zu recht. Eine ganze Woche lang, in der man die Beine von sich streckt, die Seele baumeln lässt, alle Sensoren runterfährt und dem süßen Nichtstun frönt. Doch, hier und jetzt hatte ich das gebraucht. Bevor die Synapsen überkollern oder der Akku verschmort. Vor uns Regen, nach uns Regen - wir haben dieses Glück mit beiden Händen gegriffen.Waren die Badeorte immer so voll oder kam es mir nur so vor?"Die Insel platzt aus allen Nähten", hat der Papa gesagt, und dann hinzugefügt: "Ist ja auch klar, wenn man Nachrichten schaut. Überall krachts." Im Grunde genommen habe ich schon auch versucht, mich diese eine Woche lang all diesem zu entziehen. Nicht aus Bequemlichkeit. Nicht aus Ignoranz. Nicht aus dem Grund des auf dem Sofa sitzen und nicht über den Tellerrand schauen wollen.
Und musste dann feststellen, dass, wenn man sich dem Ganzen wirklich mal für einen Moment entziehen will, man sich tatsächlich auf eine einsame Insel zurückziehen sollte ohne Laptop, Handy und TV. 

Wobei... Ich hatte mein iPad dabei und mich von der Mama inspirieren lassen, mir doch mal das Mahjong zu installieren. Hätte ich mal bloß nicht! In dieser einen Woche habe ich so viel Zeit mit diesem Spiel verbracht, dass ich nachts, wenn ich die Augen schloss, die Würfelsteine vor mir sah "Nimm den und den, nein, nicht den und den anderen". Na gut. Dafür habe ich aber noch andere Dinge gemacht, als nur an der digitalen Welt zu kleben. Zum Beispiel auch ein ganzes Buch durchgelesen ("Sehnsucht ist ein Notfall"; ja, klingt wie die meisten derartigen Bücher sehr kitschig, der Inhalt jedoch war es ganz und gar nicht) - und liebe Freundin, die es mir zum Geburtstag schenkte: Ich danke Dir hiermit noch einmal ganz herzlich! Ein kurzweiliges, aber stellenweise doch sehr fesselndes und manchmal richtig tiefgehendes Buch. Dass das Ende offen blieb, hat mich zuerst gestört, so irgendwie, aber dann dachte ich: Ja OK, jeder muss tatsächlich für sich selbst entscheiden, ob er in der Beziehung bleibt oder geht. Dafür gibt es keinen Ratgeber - außer dem eigenen Bewusstsein, dem eigenen Gefühl. Ich selbst habe damals 9 ganze Jahre lang gebraucht, um den Mut und die Entschlossenheit zum Gehen zu finden. (Heute frage ich mich immer noch ab und an, wie bekloppt ich eigentlich war.) Ja, auch der Kinder wegen überlegte ich doppelt und dreifach und konnte mich nicht aufraffen. Glaubte immer, anderen ginge es ja noch viel schlechter und vielleicht läge das alles ja auch ohnehin nur an mir?
An diesem Buch hat mir gefallen, dass Frau zwischen zwei Männern steht, die beide auf ihre Weise anziehend waren, keiner ein Arschloch-Typ, von dem man denkt: "Das musste ja so kommen!"
Und dass es dennoch passieren kann, dass man eines Tages an der Weggabelung steht und nicht weiß: Wohin will ICH denn eigentlich? Dass es passieren kann, sich im Alltag zu verlieren - oder aber mit der Zeit festzustellen, dass einem eben doch etwas fehlt, möglicherweise sogar von Anfang an? Zu Beginn der Beziehung aber "überleuchtet" vom Schein der rosaroten Brille - und nach einer Zeit der Beziehung "überschattet" von der Gewohnheit und dem nicht mehr-loslassen-wollen, weil der Mensch seine Geborgenheit wähnt in den Dingen, die er kennt - und alles Neue ihm fremd ist und entsprechend Angst macht.

"Werden Sie bleiben?"
"Ich weiß es noch nicht. Nichts von dem, wie ich es mir vorgestellt habe, ist auch so gekommen."
"Das mag sein. Aber das, was wir stattdessen bekommen, ist manchmal ein richtiger Knüller."

"Angst macht uns nur, dass alles so bleibt wie es ist. Also sollten wir Veränderungen feiern. Denn am Ende ist alles gut. Und solange es nicht gut ist, ist es auch noch nicht das Ende."
(Zitate aus "Best Exotic Marigold Hotel", glaube ich :))