Heute, in meiner ersten Schaffenspause, las ich ein wenig in meinen Lieblingsblogs herum und stieß dabei auf
diesen hier, der mich nachdenklich machte. Der mich an die Worte meiner Mutter erinnerte: "Ich gebe das, was ich habe, lieber mit der warmen Hand, als dass es hinterher Streit drum gibt. Oma hat auch immer gesagt: Es muss nur so viel da sein, dass ihr mich ordentlich unter die Erde bringt, dann gibt es auch keinen Zank."
Für mich gehören Streitereien um Geld, ob zu Lebzeiten oder danach, zu den widerwärtigsten, die es zwischen Menschen geben kann. Vor ein paar Jahren noch habe ich immer gesagt: "Ich habe erst gar keins, damit gibts auch keinen Streit." Was sich in der Realität aber eben anders zeigt.
Als 1994 meine Schwiegermutter starb, hatte der Schwiegervater auch Angst vor dem, was nun kommen könnte. Dass die Kinder sich hinstellen und ihren Pflichtteil fordern an der soeben erworbenen Eigentumswohnung, die es noch lange abzuzahlen galt. Ich fand das ganz erschütternd, dass er diese Befürchtungen überhaupt hegte - letztlich zeigt ja aber die Realität, dass solche Ängste leider Gottes nachvollziehbar waren und sind.
Überhaupt finde ich es bestürzend, dass Eltern sich in ihrem Leben Geld zusammensparen, davon eine Wohnung, ein Haus oder was auch immer kaufen - und sobald einer stirbt, haben die Kinder ein Anrecht auf einen Pflichtteil dessen, was dem Verstorbenen gehörte. Ich kanns nicht nachvollziehen! Was haben denn die Kinder in ihrem Leben je dazu beigetragen, was die Eltern sich ansparten und dadurch erwarben? Warum ist es nicht so geregelt, dass man diesen Anspruch erst dann erwirbt, wenn beide Eltern nicht mehr da sind? Und wenn bis dahin nix mehr übrig ist, ja dann ist halt nix mehr übrig! Wenns der Zurückgebliebene verprasste, ist das doch auch sein gutes Recht, weil er doch Zeit seines Lebens sparte und zurücklegte, nicht die Kinder?
OK, das gilt für den Otto Normalbürger. Es mag etwas anderes sein, wenn ein Elternteil von Haus aus wohlhabend war, der andere "dazukam" bzw. "einheiratete". Doch für diesen Fall kann man doch auch vorsorgen? Dass man im Fall seines Todes verfügt, wer was bekommen soll? Weil man vielleicht den Partner kennt und weiß: Bevor der alles sinnlos verprasst, gebe ich den Kindern noch dies und jenes?
Es gibt ja auch zerrüttete Familien, bei denen die Kinder diejenigen sind, die sich so gar nicht um die Eltern kümmern, aber angerannt kommen und die Hand aufhalten, sobald es Geld geben könnte. Das habe ich ganz live in meinem Umfeld, und es erschreckt und entsetzt mich immer wieder, wie habgierig Menschen sein können.
Mich schockiert immer wieder, welches "Gesicht" Menschen zeigen, sobald es um Geld geht. Wobei ich der Meinung bin, dass Geld den Charakter nicht verändert, aber sehr wohl zeigt, was tatsächlich in einem drin steckt. Wer man wirklich war und ist.
Momentan ist bei mir verfügt, dass das Geld, das ich hinterlasse, meinen Söhnen zukommt - und momentan traue ich ihnen durchaus zu, dass es zwischen ihnen keinen Streit darum geben wird. Jeder zu gleichen Teilen das, was bleibt. Und ich kann nur hoffen und wünschen, dass sie ihr Leben mit Frauen teilen werden, die kein bislang verstecktes Gesicht zum Vorschein bringen. Die kein böses Blut entfachen und die Brüder entzweien.
Mein Schwiegervater und ich haben uns nie wirklich verstanden. Er hat mir immer unterstellt, ich würde meinen Mann betrügen. Lange Jahre schon, sehr lange, bevor ich mich wirklich im letzten gemeinsamen Jahr auf jemanden anderen einließ und irgendwann die Entscheidung traf: Egal wie es weitergeht - aber mit dem Ehemann auf keinen Fall mehr.
Und mein Schwiegervater befand immer, dass ich zu wenig für ihn tat. "Da habe ich nun eine Tochter und eine Schwiegertochter, und keine kümmert sich um mich." Ein Mann Mitte Fünfzig, invalid geschrieben aufgrund eines Herzleidens, aber körperlich rüstig und fit und optisch immer wie jemand, der gerade aus der Karibik zurückgekehrt war. Ein Mann Mitte Fünfzig mit einem Hund in einer Einraumwohnung - und dem wollte noch der Haushalt geführt werden. Fenster putzen, Wäsche waschen und bügeln und sowas. Der den ganzen lieben langen Tag Zeit dafür hatte. Während jeder einzelne Tag bei mir um 3.30 Uhr begann, um dem eigenen Mann das Frühstück zuzubereiten, die Kinder zu versorgen und mit ihnen "unter dem Arm" aus dem Haus zu stürzen, um sie im Hort und Kindergarten abzugeben, damit man Punkt 6.30 Uhr im Büro stand. Wo einen der Chef erwartete, den Blick demonstrativ auf die Uhr und die Augen nach oben verdrehend, weil ich es eben erst um 6.35 Uhr ins Büro geschafft hatte. Bei Gleitarbeitszeit, übrigens.
Abends zwischen 17 und 18 Uhr nach Hause hetzen, einkaufen, Abendessen zubereiten, die Kinder versorgen, den Haushalt versorgen - und keinen kümmert es, wie du das machst und schaffst und ob du irgendwann vielleicht doch auf dem Zahnfleisch kriechst. Keine Anerkennung für das, was du jeden Tag leistest, alles selbstverständlich
"weil das alle anderen Frauen auch schaffen, sogar noch besser als du", dafür immer Streit, wenn irgendwas nicht den Vorstellungen entsprach.
Sohn II und seine Cousine sind gleichaltrig, sie besuchten beide denselben Kindergarten. Der Opa hat nur die Enkeltochter abgeholt, den Enkel ließ er stehen: "Deine Mutter kommt ja auch bald."
Und zu meinem Ex sagte er:
"Na klar könnte ich den Jungen auch mit abholen, aber dann würde ich deiner Frau ja einen Gefallen damit tun, und ich will ihr aber keinen Gefallen tun."
Ob er sich dabei jemals gefragt hat, wie der Kleine sich dabei gefühlt hatte, wenn der Opa nur die eine mitnahm und ihn nicht?
Doch was es auch immer für Auseinandersetzungen gab - mir war immer wichtig, dass mein Ex sich letztlich mit dem Vater vertrug: "Es ist am Ende immer noch dein Vater. Wenn irgendwann etwas passiert und ihr seid im Streit auseinander gegangen, wirst du es dir vielleicht nie verzeihen?"
"Mir egal. Mein Vater ist mir echt egal."
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dir wirklich egal ist. Er ist doch immer noch dein Vater."
Und so ist er auf ihn zugegangen, zuletzt im November 2002. Sie haben sich versöhnt, wieder miteinander gesprochen und ein Bier getrunken. Und ein paar Tage später ging der Vater abends zu Bett und stand morgens nicht mehr auf. Das war für uns alle ein Schock, auch für mich, auch wenn ich selbst nie ein Band zu diesem Menschen hatte. Trotzdem ging das doch nicht, dass der einfach so starb? Selten zwar, aber hin und wieder, gerade beim Lesen des Posts von Tikerscherk, denke ich an diese Zeit - und bin immer noch sehr froh, dass die beiden sich versöhnten, bevor die letzte Möglichkeit dazu vertan war.
Mir ist bewusst, dass das nicht auf jede Lebenssituation und zu jedem Menschen passt. Mir ist auch bewusst, dass ein konsequenter Schnitt manchmal für beide Seiten das Beste ist.
Das Leben zeigt aber auch immer wieder, dass Menschen sich da entzweien, wo es einfach nur an der Kommunikation mangelt. Dass Menschen sich stur zurückziehen und auch den Schritt auf sie zu nicht annehmen wollen. Manchmal bleibt unverständlich, warum Familien auseinanderbrechen und es einfach nicht möglich ist, sich auszusprechen. Warum Vorbehalte allen anderen, aber nicht dem Betroffenen selbst mitgeteilt werden. In der eigenen Familie habe ich oft vermittelt - aber man kann nicht vermitteln, wenn nur eine Seite sich willens zeigt und die andere stur auf einem Standpunkt beharrt, für den es keine Argumente gibt, nur die Aussage "Nö, ich will aber nicht." Muss man dann auch akzeptieren, so schade es auch ist.
Sicherlich habe ich nicht jeden Tag vor Augen, dass ich Auseinandersetzungen nicht führen sollte oder sie zumindest beilegen sollte, sobald der andere das Haus verlässt, weil man ja nie weiß und so. Ich spreche Dinge an, wenn sie mich belasten, bedrücken, quälen, auch wenn sich nicht immer sofort eine Lösung ergibt und es manchmal auch bedeutet, mit klopfendem Herzen im Bett zu liegen und nicht in den Schlaf zu finden.
Mein Vater hat mich sehr lange Zeit seine Ablehnung spüren lassen, als er erfuhr, dass ich im letzten Jahr meiner Ehe einen anderen Mann geliebt habe. Genau genommen zehn Jahre lang. Für ihn war unverzeihlich, dass ich mich überhaupt auf sowas eingelassen hatte. Ich habe seine Meinung akzeptiert, auch seine Aussage "Erzähl mir nichts darüber, ich will nichts davon wissen." "Das ist OK, Papa, aber dann verurteile mich doch auch nicht."
Erst in den letzten zwei Jahren gehen wir wieder entspannter miteinander um. Er wird 72 in diesem Jahr. Meine Mum ist vor zwei Jahren schwer erkrankt und wie es aussieht, hat sie sich noch immer nicht wirklich davon erholt. Seit Jahren pendle ich über vierhundert Kilometer hin und her - erst der Liebe wegen, jetzt des Jobs und der Kinder wegen. Nur selten noch denke ich an den schweren Unfall vor 9 Jahren mit der defekten Lenkung, aber fahre immer noch lieber mit Bus oder Bahn, sobald das Wetter schlecht wird: Ob er auch manchmal denkt, dass man sich besser miteinander versöhnen sollte, bevor es eben nicht mehr geht?