Ich habs grad mal gegoogelt: Onlinedating gibt es schon seit 1995. Mich selbst gab es dort erstmals im Frühjahr 2003. Und das auch nur, weil mir meine damalige Freundin immer wieder und sehr eindringlich dazu riet: Nach dem schwierigen Ehe-Aus und einer schmerzhaften Trennung meinte sie, es sei unbedingt gut für mich, etwas Ablenkung zu finden. Ganz egal, was dabei rauskommen würde - Hauptsache, ich käme mal auf andere Gedanken.
Also habe ich das irgendwann einfach gemacht. Von nix ne Ahnung gehabt, einfach gestartet und auf mich wirken lassen. Und klar hatte ich Zweifel. Ich glaubte ernsthaft, alle Männer in dem von mir bevorzugten Alter *kreisch* seien sowieso alle (glücklich) vergeben, mir bliebe jetzt nur noch ein Jungbrunnen oder ein Opa.
Worauf ich damals schon nicht eingestellt war (Stichwort: von nix ne Ahnung!), war die Tatsache, dass solche Art Plattformen eben auch ideale Plattformen waren und sind für all diese verkrachten Menschen: Männer geben sich als Frauen aus, Frauen sich als Männer, Ehepartner geben sich als Singles aus oder als getrennt (wovon die bessere Hälfte übrigens gar nix wusste) - kurz, man kann im Netz sein, wer man will, die Anonymität machts leicht. (Man kann das in der Realität natürlich genauso, also jedenfalls Single sein; der Rest würde freilich schwierig ;))
Was die Anonymität im Netz genauso einfach macht, erlebe ich seit 2008, seit ich zum Beispiel auch bei FB herumschwirre, immer wieder - und trotz allem Wissens erschüttert es mich auch immer wieder: Die Art und Weise, wie Menschen miteinander umgehen, und je anonymer Du Dich selbst dort hältst, desto rauher wird der Ton. Zumindest war es vor wenigen Jahren noch so. Zwischenzeitlich gehen die Leute "offen" auf andere los, beschimpfen, beschmutzen, was das Zeug hält - und man muss sich mittlerweile wirklich gut überlegen, ob man sich überhaupt noch an einer Diskussion beteiligt oder es besser lässt. So für den eigenen Seelenfrieden und die eigenen Nerven und so.
Aber ist es nicht auch wirklich erschütternd, dass es kaum noch ein Thema gibt, bei dem es sowas wie eine Diskussionskultur gibt? Ich habs schon öfter gefragt, aber ich frage mich das in der Tat auch immer öfter selbst: Was ist nur mit uns Menschen los?
Selbiges dachte ich auch beim Thema der pinkfarbenen Handschuhe für die Entsorgung der monatlich benötigten Hygieneartikel der Frau. Wirklich rein zufällig haben der Mann und ich diesen Abschnitt der Sendung mit den Löwen gesehen. Ich weiß noch, dass der Mann zu mir meinte: "Na ja, aber da kannste auch deine kleinen Tütchen für nehmen, brauchste nicht extra nen Handschuh." Gemeinschaftlich befanden wir außerdem: Drei Euro für zehn Torpedos und zehn pinkfarbene Handschuhe zum Entsorgen sind zu teuer. Und überhaupt schon wieder Plastikmüll, ach na ja ne.
Und irgendwie war das Thema für uns dann auch erledigt.
Umso überraschter war ich, was im Anschluss an diese Sendung im Netz lostobte.
Vor allem nach der Kritik der beiden Erfinderinnen der Periodenunterwäsche. Zwei Frauen, die vor zwei Jahren auch bei den Löwen waren - und ohne einen Deal wieder von dannen ziehen mussten.
Und jetzt mokieren sie sich und empfinden es als einen Angriff auf die Frau, weil ein Mann etwas erfindet und dafür auch noch belohnt wird, während die Frau etwas für sich selbst erfindet und nix bekommt?
Ich sags mal so: Neu ist diese Erfindung des Handschuhs an sich sicherlich nicht - und ob der Handschuh nun pink sein musste oder nicht, ach Gottchen, na ja, also wisster. Mir persönlich isses scheißegal, ob nun blau oder grün oder pink oder schwarz. Und vielleicht ist das Ganze auch nach vier Jahren Nachdenkzeit noch nicht ausgereift gewesen, wenn zwar der Handschuh recyclingfähig ist, aber er ja zusammen mit einem Torpedo im Müll landet - und dann sieht die Recyclingfähigkeit schon wieder etwas diffiziler aus.
Den Grundgedanken an sich aber fand ich persönlich jetzt trotzdem nicht so verkehrt: Je nach Intensität einer Erdbeerwoche kann ja auch das Entfernen in eine Sauerei ausarten. Wenn man dann das Ganze gleich noch in eine Hülle auffangen kann - wieso nicht? Und ich bin auch eine Frau, die sich für ihre Erdbeerwoche nicht schämt oder so n Scheiß, ich hab da auch keine Komplexe und der Mann auch kein Problem - aber ich hab es trotzdem gerne sauber und diskret und will obendrein auch nicht irgendwelche durchgesibschten Teile in meinem Müll wiedersehen, wann immer ich den Deckel öffne. An guten Tagen können da gerne auch mal zehn Stück zusammenkommen. Was ist mit Euch Frauen los, die der Meinung sind, sowas muss man nicht tabuisieren, das gehört nun mal zur Frau dazu und soll ruhig jeder sehen? Na klar gehört das dazu - aber deswegen ist das trotzdem immer noch nix Schönes, das ich mir immer wieder angucken muss?! Ihr kackt doch auch nicht anderen vor die Tür und hebt dann die Schultern "Ja sorry, konntsch nicht mehr halten, aber is ja auch was ganz Natürliches und mit der Zeit sogar biologisch abbaubar!"
Und ja, auch die Frauenartikel können riechen - und wenns um Gerüche geht, gleich welcher Art, da bin ich empfindlich. Ich muss das nicht haben und bin da für jede Idee, jede Lösung offen.
Und ich bin eine Frau, die im Gegenzug mit so nem Erdbeerschlüpper nix anfangen kann und auch nicht will. Mir persönlich ist das viel zu unhygienisch, ähnlich wie das Tragen von Binden - auch wenn die Schlüpper vermutlich das ökologisch Nachhaltigste sind.
Ich mags trotzdem nicht haben.
Meiner Meinung nach reguliert sowas einfach auch der Markt: Entweder wird ein Produkt angenommen - oder es wird nicht angenommen. Und mir persönlich ist das sowas von egal, ob da ein Mann für die Frau erfunden hat oder die Frau für die Frau. Das Produkt muss gut sein - der Rest ist doch wurscht!? Die Pille hat übrigens auch ein Mann erfunden - sollen die Frauen die jetzt auch nicht nehmen, bloß weil da ein Mann seine Griffel im Spiel hatte? Und die Pillen, wenn ich mich recht erinnere, waren früher auch pink bis rosa. Hat auch bloß niemanden interessiert und das beste ist: An der Farbe is auch niemand kaputtgegangen, die hat doch tatsächlich niemandem geschadet.
Beim Anschauen des Kritikvideos der Schlüppershopgründerinnen auf Instagram jedoch überkam mich vor allem ein Gedanke: Ey, eure Kritik klingt vor allem nach Neid, nur weil die zwei Typen nen Deal bekommen haben und ihr nicht. Vielleicht war Euer Produkt aber auch einfach nicht so der Brüller?
Mit über 3 Millionen Klicks haben sie außerdem nebenbei gleich noch n bisschen Werbung für sich und ihr Produkt gemacht, kann ja auch nicht schaden, nicht wahr? Man macht ja genau genommen schon Werbung in der Löwen-Sendung, ganz egal, ob man mit nem Deal da rausspaziert oder nicht. Wenn was wirklich gut ist, setzt sichs auch anschließend durch. Ob die zwei Schnaken genau davor möglicherweise Angst hatten?
Wirklich erschüttert aber war ich dann heute Abend, als ich las, wie es den beiden Männern und ihrem Handschuh inzwischen ergangen ist:
"Die Gründer schreiben in ihrem Statement auch über das Ausmaß der Kritik: 'Was uns nachhaltig sehr trifft, ist die Tatsache, dass wir einer heftigen Welle an Hass, Mobbing und Gewaltandrohungen bis hin zu Morddrohungen ausgesetzt sind. Wir werden auf offener Straße attackiert und beschimpft.'“
Echt jetzt? So weit ist das Ganze gegangen? Wegen nem Handschuh in Pink?? So sehr haben sich die Frauen im Netz gegenseitig selber hochgeschaukelt, teils anonym und dann ganz in echt auf offener Straße?? Seid Ihr noch zu retten?? Ob das auch so ausgeartet wäre, hätten da nicht zwei Männer, sondern zwei Frauen gestanden? Man darf es tatsächlich bezweifeln.
Da möchte man doch sagen: Schämt Euch, Ihr zwei Weiber von Instagram, für das, was Ihr da losgetreten habt und Euch vermutlich immer noch im Recht damit fühlt. Ob das dem Feminismus wirklich gutgetan hat oder Ihr beide genau den Grund dafür liefert, warum Feministinnen bis heute so belächelt und so wenig ernst genommen werden, da bin ich mir echt auch nicht mehr sicher.
Und ich bin wirklich eine Frau, manche von Euch konnten sich davon auch schon live überzeugen.
Ich persönlich finde es jedenfalls einfach nur noch traurig, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft mit jedem Jahr weiterentwickelt.
Ich bin übrigens auch eine Frau mit mehr Freundinnen als Freunden - und als solche zeigte ich gestern bei FB dieses Foto mit der Frage, die ich dem Mann zuvor gestellt hatte: "Sach ma... schlägst du mich manchmal nachts heimlich?"
Denn dieser blaue Fleck war am Abend zuvor noch nicht da, gestoßen hatte ich mich auch nicht - aber nachdem ich mich morgens am Schreibtisch niedergelassen hatte, stellte ich eine leichte Verfärbung fest, die im Laufe des Tages immer deutlicher wurde.
Was soll ich sagen... Kommentiert hatten nur Freundinnen - und alle waren für den Mann und alle gegen mich. Pffff. Sind wahrscheinlich alles keine Feministinnen ;)