Sonntag, 21. Februar 2010

Die Einen Geh'n Zum Karneval...


...die and'ren geh'n ins Hospital.Hatte ich mir nach gut zwanzig Jahren vorgenommen, mich herrlich schräg und verrückt angezogen mal wieder ins närrische Treiben zu stürzen, Faschingsluft zu atmen und wunderbar ausgelassen zu sein, so fand ich mich statt dessen eines schönen Abends in der Notaufnahme eines Klinikums wieder, stundenlang liegend auf einer Unterlage, mit der man mich bequem über diverse Gänge zwischen den Abteilungen "Urologie" und "Innere" hin und her schob, ehe man sich einigen konnte, wohin ich denn nun gehörte. Zwischendurch lag ich auch mal irgendwo auf einem Gang, wie bestellt und nicht abgeholt. Offen gesagt, mich selbst kümmerte das inzwischen herzlich wenig, befand ich mich doch auf dem Weg zwischen Himmel und Erde, zwischen Fiebertraum und Wirklichkeit, schlief ich auch mal mit angezogenen Beinen auf eben dieser Unterlage ein, ehe mich eine Krankenschwester wie zufällig fand und in das nächste Untersuchungszimmer schob und sich mal der eine, mal der andere Arzt mit dem Ultraschallkopf Einblicke in meinen Körper verschaffte, mir Blut genommen oder Substanzen injiziert wurden, ehe man sich entschloss, der Einfachheit halber doch mal einen ständigen Zugang zu legen.Für diesen Zugang war ich spätestens dann echt dankbar, nachdem der Assistenzarzt seine Untersuchungen an mir bestimmt zum vierten Mal schlagartig unterbrach, fluchtartig das Zimmer zum nächsten Notfall verließ und statt seiner eine Schwester mit gezückter Spritze erschien: "So, jetzt gebe ich Ihnen mal ein bisschen CDA!"Was auch immer CDA sein mochte (sofern ich es richtig verstanden hatte in meinem ganz persönlichen Nirvana) - der Assistenzarzt kehrte noch rechtzeitig zurück, um zu erklären, dass jene Spritze zur Patientin im Nebenzimmer gehörte ;-)Ich weiß noch, den ersten Tag, den ich mich wieder auf meinen Beinen bewegen konnte, orientierte ich mich in diesem Krankenhaus nur mit zurückgelegtem Kopf: Etwas anderes als die Deckenmalereien hatte ich ja bis dato noch nicht kennen gelernt ;-)Die unangenehmen und unschönen Details, wie man sich ansonsten noch Einblicke in das Innere eines Menschen verschaffen kann, erspare ich Euch an dieser Stelle ;-) Wichtig ist ja ohnehin, dass ich inzwischen die Klinik verlassen konnte mit einem halbwegs wiederhergestellten Gesundheitszustand, dass ich auch wieder auf meinen Beinen stehen und gehen kann und in hoffentlich alsbaldiger Zeit auch sonst alles wieder so ist wie es vorher war. Als lustig empfand ich dennoch jenen Abend, als die Nachtschwester zu mir ans Bett trat und mir nach einem Blick auf die Spritze in ihrer Hand schlagartig die Vorzüge einer adipösen Bauchdecke bewusst wurden. Trotzdem tat sie weh - aber was dann passierte, war einfach nur genial: "Jau Helma, du kannst fliegen! Los, ab offs Fensterbrett und hoch die Arme, mach die Flatter!" Mir war so leicht und goldig zumute, dass ich das am liebsten auch getan hätte, einzig die Infusionskabel hielten mich zurück und auch der Gedanke, dass es im Gegensatz zu meinem Bett draußen eisig kalt war.
"Was für ein Teufelszeug", erklärte ich begeistert der Frühmorgenschwester, "sagen Sie, war das ein Mittel zur Verjüngung? Soll ich mich wieder wie vierzehn fühlen? Schauen Sie sich mal mein Gesicht an - so viele Pusteln hatte ich aber da nicht mal in der Pubertät!"
Geantwortet hat sie nicht, sich aber auf dem Absatz rumgedreht und mir ob der heftigen allergischen Reaktion auf das Medikament den nächsten Klinikarzt an den Hals geschickt ;-)
Und wenn ich heute so meine Arme beschaue, dann bin ich froh, dass keine Sommerzeit ist, wo ich mit Sicherheit Gefahr gelaufen wäre, an der Straßenbahnhaltestelle als Drogenjunkie aufgegriffen zu werden.

Und so kehrte Yeti Helma eines Tages wieder nach Hause, zurück in eine menschenleere, kalte Wohnung ohne Blumen zur Begrüßung, dafür aber mit einem gut geleerten Kühlschrank, in dem die hinterlassenen Reste fröhlich vor sich hingammelten, und auch sonst mit einigem zu tun, um es halbwegs wieder heimelig zu bekommen. Anschließend gönnte ich mir ein Bad und entfernte jeglichen Haarwuchs, der in der Klinikzeit munter vor sich hingewuchert war. Immerhin hatte ich einen Freund in der Nachbarschaft gebeten, mir so einen Einwegrasierer in der Klinik vorbeizubringen, woraufhin er mich entgeistert fragte: "Sach ma, hast du keine anderen Sorgen?" und ich antwortete: "Nur weil ich mich scheiße fühle, muss ich ja nicht auch so aussehen und ich hab leider meine Pinzette nicht dabei." Mir diesen Rasierer zu bringen hat er leider bis heute nicht geschafft - aber nun bin ich ja wieder daheim und somit in Besitz von Pinzette, Epilierer & Co. ;-) Und nach einigen sehr unschönen Telefonaten und Anrufen, die Erkrankungen zuweilen mit sich bringen können, sperrte ich meine Wohnungstür ab, verbarrikadierte mich an diesem wundervoll milden Wochenende in meiner Wohnung, verließ sie nur einmal, um etwas Futter heranzuschaffen und verkroch mich ansonsten, um meine Wunden zu lecken, brav meine Medikamente zu nehmen und ansonsten neue Lichtungen in den Wald zu schlagen, der sich ungetüm und scheinbar undurchdringlich vor mir aufgetan hatte. Aber eben nur... scheinbar... Manchmal können wir Dinge und Entscheidungen ewig lang vor uns herschieben und dann genügt ein einziger Moment, um uns auf die Beine zu bringen. Nun, vielleicht sollte ich doch die Lesung "Aufschieberitis" besuchen und mir dort das letzte Handwerkszeug in die Hand legen lassen, das mir noch fehlte, um endlich aktiv zu werden. Die Erinnerung dazu jedenfalls lag in meinem Postkasten und entsorgt habe ich sie noch nicht. Vielleicht aber... sollte ich einfach auch endlich mal mit der Theorie aufhören und in die Praxis übergehen. Mit oder ohne Lesung, schließlich weiß ich doch, was ich will. Und was vor allem nicht!
Denn eins ist mir klar geworden: Werde ich nicht aktiv, trage ich das ganze Jahr die Narrenkappe - ob nun Fasching oder nicht. Und was es mit diesem "aktiv werden" genau auf sich hat, erzähle ich Euch... zu gegebener Zeit ;-)
Jetzt lege ich mich erst mal schlafen, das macht nämlich auch gesund.

Eure Helma

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