Menschen denken gern von mir, dass die Dinge mir einfach zufielen. Sie schauen mich an, sie lächeln. Drehen sich weg und denken: "Klar hat die es einfach."
Aber so ist es nicht. Das ist nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist: Alles in meinem Leben ist erarbeitet. Erkämpft. Mit Herzblut. Mit Leidenschaft. Mit Trotz auch, zuweilen.
Und bei all dem hab ich gelernt, zuzuhören. Auf Zwischentöne zu achten. Zwischen den Zeilen zu lesen. Mir ist nicht wichtig, was du hast und was du redest. Darauf gebe ich nichts.
Was mich überzeugt, ist, wer du bist. Wie du bist. Was du zeigst. Wofür du stehst. Wofür du lebst.
Wenn Menschen dir erzählen, wie wertvoll du sein sollst mit dem, was du tust, dann hör ich vor allem... Dissonanzen. Du kannst nicht jemandem sagen, wie ach so groß die Wertschätzung ist, während du ihm im Gegenzug Dinge ersatzlos wegnehmen willst. Dinge, die einst Wertschätzung und Anerkennung ausdrückten.
Dann stimmt etwas nicht, da stimmt etwas ganz sehr nicht.
Und dann schauen sie dich an, erwartungsfroh, wie wenn man einem Hund ein Leckerli hinhält und auf nur die einzig mögliche Reaktion wartet. Jedoch ich wedle nicht mit dem Schwanz. Ich lehne mich zurück und schaue mein Gegenüber an. Etwas, von dem der Mann hin und wieder sagt: "Ich mag diesen Blick von dir nicht nicht. Dann fühl ich mich so durchbohrt."
An dieser Stelle kämpfe ich nicht. Reagiere nicht. Hier agiere ich. Lege schonungslos alles auf den Tisch, jeden einzelnen Aspekt, jeden einzelnen Gedanken, der "Ich.scheiß.auf.dein.Leckerli." verpackt.
"Vermutlich hat er bisher noch keinen gehabt, der ihm so die Stirn geboten hat wie du", sagen Kritiker der Ereignisse. Doch darum geht es nicht - und das hilft mir auch nicht.
Sie wollen dich ja nicht verlieren. Sie wollen dir halt nur das Bananenbrot geben, während die anderen die Torte zu fressen kriegen. Deinen Titel als Kirsche obendrauf. Und vermutlich die einen oder anderen Dinge von dir auch, weil die "bei dir in der Peripherie eigentlich nicht vorgesehenen sind".
Du darfst halt nur weiter die ganze scheiß Arbeit machen, bis zu zwölf Stunden arbeiten, Verantwortung tragen.
Da kann ich nur noch müde lächeln.
Doch was wirklich nach wie vor echt schmerzt, ist der Vertrauensbruch. Die Art und Weise, wie dabei vorgegangen worden war. Das lässt sich auch nicht mehr reparieren. Nicht in der aktuellen geplanten Konstellation.
Ein Gespräch hab ich inzwischen geführt. Ein anderes soll demnächst noch folgen. Dann fehlt nur noch meine Entscheidung.
Dazwischen jeden Tag hoffen, dass der Papa jeden neuen Morgen erlebt. Dass da noch etwas geht, auch wenn die Ärzte meinen, das wärs jetzt. Mit der Mama im warmen Sand am Meer sitzen, damit sie wenigstens für einen Moment lang etwas anderes sieht. Aufs Meer schauen und sich fragen: Was zählt am Ende eines Tages wirklich?
Wenn ich morgens aufstehe, fühl ich mich nicht gut.
Wenn ich mich abends schlafen lege, fühl ich mich auch nicht gut.
Wälze mich ruhelos hin und her, während der Mann neben mir einschläft. Beruhigendes, gleichmäßiges Atmen, während in meiner Brust ein wildes Vögelchen flattert und der Kopf nicht zur Ruhe kommt.
Manchmal denk ich... Es ist genug. Mehr geht nicht mehr. Hör auf zu kämpfen. Lass dich fallen. Immer noch ein bisschen mehr. Doch dann.. steh ich eben doch wieder auf. Vielleicht gibt es nichts, auf das ich vertraue. Aber es gibt am Ende irgendwie immer noch etwas, an das ich glaube.
3 Kommentare:
Hallo, du Liebe da in der fernen Stadt - hier in Berlin würde ich von Süd nach Nord oder von Ost nach West fahren, um dich einmal in den Arm zu nehmen. Das löst zwar deine Probleme nicht - nicht die in der Arbeit und auch nicht deine Sorge um deinen Vater - aber es will dir wenigstens zeigen, dass ich alles gelesen und auch alles verstanden habe - manchmal sind die Sorgen einander ähnlich - nur die in der Arbeitswelt habe ich nicht mehr, brauche ich auch nicht.
Jetzt umarme ich dich hier einfach nur virtuell und wünsche dir Kraft zum Durchhalten und zum besseren Aufstehen können, nach einer wenigstens etwas erholsameren Nacht als jetzt.
Ganz herzlich von Clara
Diese "Vogel friss oder stirb!"-Mentalität....sie setzt sich scheinbar immer mehr durch. Seitdem unsere Klinik "verheiratet" ist mit dem grossen "Mutterhaus" macht sie sich auch bei uns bemerkbar. Aber wie du würde auch ich niemals einfach "fressen", wenn es für mich nicht stimmen würde. Also bleib tapfer und wehrhaft und setz dich für deine Werte ein. Das ist nur richtig so.
Für deinen Papa wünsche ich, dass es gut kommt. Und wenn das "gut" im Moment auch völlig falsch erscheint- rückblickend fügt sich alles. Weisst du, ich kenne dieses flatternde Vögelchen auch, es hat lange für Unruhe gesorgt bei mir. Aber du stehst auch das durch, das wünsche ich dir.
Herzliche Grüsse, bleib stark!
Zuersteinmal alles gute für Deinen Papa und mit der Mama am Meer sitzen ist eine gute Wahl. Ja man stellt sich unweigerlich viele Fragen. Geht weit in sein Innneres und doch können wir Stolz auf uns sein. Jede von uns für sich. Wenn auch anders aber doch im Ungefähren haben wir die gleiche Problematik. Ich hatte kein Ehedrama, aber zwei Sorgenkinder und das immer noch. Und bei der Arbeit, ja da war ich einfach die Dumme. Eine Frau, eine Mutter, zu still, zu leise und hintergangen und nicht beachtet. Hinweise und Vorschläge von mir wurden nicht gehört. Es gab Momente, da wäre ich gerne aufgestanden, dann gab es wieder diese Existenzangst und Sorge und Ängste der Platz hatte ja auch seine Vorteile und zum Schluss bin ich dann einfach in den früheren Ruhestand. Jetzt dann in wenigen Tagen ein Jahr. Und dann ganz leise im Hinterkopf ja und ja ich würde gerne noch arbeiten. Aber auch dieser Wunsch ist nur eine Flucht. Eine Flucht aus den Problemen im privaten.
Ich wünsche Dir alles alles Gute und drücke ganz fest die Daumen. Liebe Grüße Ursula
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