Dienstag, 31. Januar 2023

Im Innen & Außen

 Meine Freundin hatte mir einen Floh ins Ohr gesetzt: Sie erzählte mir, dass sie alle Sachen, die sie nicht mehr braucht oder will, für fünf Euro je Stück verkauft. Ob sie damit Erfolg hat, habe ich sie nicht gefragt - aber ich dachte wieder daran, als wir begonnen hatten, die ersten Umzugskartons zu packen.
Und weil der Mann unlängst für schlappe sieben Tage im Wintersport weilte, dachte ich mir: "Könntsch ja eigentlich auch mal probieren? Zeit genug haste abends ja.."
Gesagt - getan. Ich sortierte aus, was entweder nicht mehr passt, nicht mehr zu mir passt - oder was mir schlichtweg einfach nicht mehr gefällt. Und fand das alles ziemlich aufwendig. Ein Foto auf dem Bügel, eins angezogen. Ich weiß ja, wie mir das geht: Ich seh ganz gerne, wie Klamotten angezogen aussehen - da können Welten zwischen liegen!
Irgendwann gegen Mitternacht war ich damit durch - und da rieselten schon die ersten Nachfragen rein.
Bei Kleidungsstück 51 wurde ich vom System informiert, dass nur die ersten 50 Anzeigen je Monat kostenlos sind; ab dem 51. Stück kostet es knapp nen Euro je Anzeige. Klar könnte ich diesen Euro auf das Kleidungsstück aufschlagen, wollte ich aber irgendwie auch nicht - und dann hatte der Mann die irre Idee: "Kannst ja meinen Account mit nutzen, ich geb dir mein Passwort."
Es konnte ja keiner ahnen, was da abgeht!

Nach Tag 3 jedenfalls war ich komplett erschöpft: Tagsüber Stress im Office, mit Zahlen, mit Werten, mit Angeboten, ein Projekt nach dem anderen auf dem Tisch - ich wusste so schon kaum noch, wo hinten und vorn ist. Im Anschluss zig Nachrichten und Nachfragen beantworten nach Maßen, Produktdetails - dazu das Feilschen um Versandkosten. 
Boar ey. 
Nicht nur, dass ich jeden Tag bis weit nach Mitternacht schrieb, Päckchen packte, Häufchen sortierte - ich musste mir auch ab Tag 2 schon Listen anlegen, auf denen ich mir notierte, wer was geordert hatte und wer davon bezahlt hatte und wer nicht. Und dann immer aufpassen, auf welchem Kanal man eigentlich gerade ist und wem man gerade schreibt. Das ist wie jede Woche in einem anderen Hotel zu übernachten und sich morgens zu fragen, wo man eigentlich gerade sei. Eine Mammutaufgabe - ich hätte eigentlich keinen Job gebraucht ;)
Und wie das hier aussah!
Die Stimme des inneren Monks war schon schrill und heiser geworden vom hysterischen Kreischen - aber morgens um 2.30 Uhr hatte ich einfach keinen Bock mehr auf Ordnung machen. Da wollte ich nur noch schlafen. Auf dem Rücken, mit offenem Mund und alle Viere von mir gestreckt. Für etwa drei, vier Stunden, dann ging der Irrsinn weiter. 
Ordnung habe ich erst am Abend zuvor gemacht, bevor der Mann aus dem Skiurlaub heimkehrte.
Und inzwischen hat er dank mir einige Follower mehr und seine Beliebtheit ist auf "Besonders freundlich" hochgestuft worden. Wenn DIE wüssten! :D 

Zwischendrin musste ich auch wieder nach L fahren. Office vor Ort ist schon noch eine ganz andere Hausnummer. Zwar weiß ich inzwischen, dass ich durchaus sehr diszipliniert im Home Office arbeiten kann und das auch tu. Aber es ist einfach anders als vor Ort. Keiner, der ständig nach einem ruft. Niemand, der permanent die Tür aufreißt und Fragen stellt. Keine drei Telefone, die gern zeitgleich klingeln. Dazwischen eine Unmenge an Aufgaben und ein offenes Ohr für den Frust und den Kummer anderer haben. Abends heimfahren, Essen zubereiten, Ordnung machen und noch den Rest des Abends mit dem großen Jungen verbringen. Nebenbei Löcher in Sachen stopfen, bügeln, Wäsche waschen. 
Ich schlief wenig in diesen Tagen und mehr als einmal hatte ich so ein Gefühl, wie wenn ich gleich einen Infarkt bekäme. Bekam ich natürlich nicht, bin ja eine robuste nordische Stranddistel, auch wenn man mir das nicht unbedingt so ansieht. 
Wenigstens aber einen Wutschrei bin ich losgeworden am Samstag auf dem Heimweg. Rund vierhundert Kilometer lang fast durchweg Stop & Go - ich dachte, ich würde wahnsinnig. Ich war müde, ich war wirklich erschöpft. Kam nicht mittags, sondern erst am späten Nachmittag nach Hause, aß eine Kleinigkeit und legte mich für eine halbe Stunde schlafen. Dann aufstehen, duschen und zu Freunden des Mannes fahren, die ja extra für uns gekocht hatten. Es war auch wirklich ein schöner Abend - aber gegen 22.30 Uhr war ich einfach nur müde und wollte heim.
Sonntag die Freundin treffen in der Stadt, anschließend mit dem Mann und dessen Wanderfreund noch auf eine Kaffeerunde - dann war ich durch. Komplett durch. 
Wir haben am Abend trotzdem noch ein bisschen weiter eingepackt und der Mann meinte noch: "Also wenn das so entspannt weitergeht mit dem Packen, dann freut mich das."
Das war Sonntag. Heute ist Dienstag - und er kam schon genervt nach Hause. 
Er hasst es, wenn irgendein Plan nicht funktioniert - und fauchte dann entsprechend hier rum. Alles müsse er allein machen und wenn er mich was frage, bekäme er keine Antwort.
Irgendwann fauchte ich dann auch zurück. Schließlich war ich mit dem Job noch nicht ganz durch, hatte mich auch ordentlich zu konzentrieren - Budget, Budgetnachträge, Zahlungsanweisungen, da darf mir kein Fehler unterlaufen - da konnte ich nicht sofort auf alles reagieren.
"Dann hätte ich mich gar nicht so stressen und eher heimkommen müssen",  murrte er.
"Ich wusste ja gar nicht, dass du das vorhattest", gab ich zurück (Stichwort Kommunikation - ha!), knipste dann den Laptop aus, schnappte mir ein Päckchen, das es noch wegzubringen galt - und begab mich hinaus an die eiskalte Luft.
Hätte ihm ja eigentlich eher gutgetan, sagte ich mir, aber huch ne, von da war er ja grad erst heimgekommen. 

Er ist heut Abend dann doch noch zum Yoga gegangen, obwohl er gar keine Lust hatte ("Hab einfach den Kopf grad nicht frei!"), während ich letzte Nachrichten zum Kleiderverkauf beantwortete, noch zwei weitere Päckchen verpackte mit Karten schreiben und einen Stein dazulegen (ja, die müssen ja irgendwie auch noch unter die Leute, sonst haben wir ein paar Kilo Ballast mehr :)) - und dann legte ich die Beine hoch. Überlegte, ob ich für ein paar Minuten die Augen zumache und entschied mich dann doch dagegen, weil ich sonst wieder die halbe Nacht aufbleiben würde. 
Stattdessen sitze ich hier, schreibe einen Post darüber, wie es hier so weitergeht mit unserem "Projekt L" und überlege in Gedanken, von welchem Geschirr ich mich trennen möchte (natürlich entscheide ich nur über meins ;)) und was ich jetzt schon einpacken kann, ohne in den kommenden fünf Wochen nochmal wild in den bereits gepackten Kisten rumkramen und rumsuchen zu müssen. 

Eine Freundin fragte letzte Woche wiederholt, wie ich das eigentlich alles mache und aushalte, gerade auch mit diesem Irrsinn im Office, und immer noch so gelassen bin. Na ja, ich wirke nach außen vielleicht so ;)
Aber ansonsten.. Wisst Ihr, ich kann eigentlich an kaum etwas anderes denken als an die Zeit, wenn wir in L sind und ich wieder mehr Zeit mit und für meine Söhne habe. Dort laufen die Wege gerade nicht so wie sie sollten. Der eine leidet unter Depressionen, weil er zuviel allein ist. Der andere steuert aktuell geradewegs darauf zu, weil er zu wenig allein ist. Ich werde Entwicklungen nicht verhindern können - aber ich weiß, dass es möglich ist, Entwicklungen positiv zu beeinflussen. Allein dadurch, dass man DA ist. Dass man zuhört. Etwas zu essen macht. Sich Zeit nimmt. Auffängt. Abfängt. Ihren Weg gehen sie am Ende allein - und sie können das auch.
Und ich freue mich auf die Zeit, in der es wieder leichter und einfacher wird, für sie da zu sein. So wie sie es brauchen. Und wollen. Und zulassen. Ich freue mich auf die Zeit, in der das Leben wieder ruhiger wird, innen und außen. Und mir dann auch wieder genug Zeit bleibt für das Malen und die Musik.

Ich freue mich auf die Zeit in L, weil es mir vor allem auch mehr Zeit ermöglicht für die Menschen, die schon da sind, die dann hoffentlich immer noch da sind - und die ich einfach nur ganz sehr umarmen möchte. Es ist so vieles, auf das ich mich freue, und ich sehe viel mehr davon als von dem, was mich hier gerade umgibt. Das ist es, was mich immer wieder neu antreibt und mich zugleich im Inneren auch völlig entspannt. Und ich hoffe, das bleibt noch eine Weile so. 

Montag, 23. Januar 2023

Die Spiele mögen beginnen!

Wir sind ja jetzt hier nicht im römischen Reich (glücklicherweise nicht), aber die Spiele haben tatsächlich begonnen: Nachdem der Mann am vergangenen Samstag nach sieben Tagen Spaß im Schnee auf Skiern, Schneeschuhen und Wanderschuhen zurückkehrte, ausgeruht, ausgetobt und wohlig entspannt, da lümmelte er hier zu Hause bei einer Tasse guten Kaffees, ließ den Blick schweifen und meinte dann: "Eigentlich könnten wir doch heute schon mit dem Verpacken beginnen."

Wir haben noch circa acht Wochen bis zum errechneten Geburts  Umzugstermin, aber ich hatte längst eingesehen, dass meine bisherige Umzugsmasche nicht ziehen konnte: Als ich aus der damaligen Wohnung anno 2003 im Januar auszog, nahm ich nichts mit außer das Bett und den Kleiderschrank aus dem Kinderzimmer - und unsere Kleidung. Da war ein Umzug mehr als easy, da bedurfte es keiner großartigen Planung und auch keines großen Kraftaktes. Da wurde erst am Abend vor dem Umzug alles in Kisten verpackt und verstaut, weil mein innerer Monk eine Kette an Zusammenbrüchen erlebt, wenn er im Chaos hausen muss - und das hat auch immer super funktioniert, weil ich eben einfach auch nie viel hatte. Diese erste eigene Wohnung ist mir in mein Gedächtnis gebrannt, als wäre es erst gestern gewesen. Das Klappsofa einer Freundin, auf dem ich mit meinen Söhnen schlief, einer rechts, einer links, in der Mitte ich - und aus der winzigen Musikanlage auf dem Holzfußboden spielte leise die Musik, während ich mit großen Augen in die Nacht starrte. Die erste eigene Anschaffung war ein grün-rotes XXL-Bild mit einem großen Herzen und einem roten Rahmen. Dieses Bild besitze ich bis heute und will ich auch nicht hergeben: Es stand und steht für einen völligen Neuanfang. Es steht für all das, was zur Trennung vom Ex-Mann geführt hat, es steht für alles, was in den folgenden Jahren auf mich eingestürmt ist - und dass ich inmitten all dieser auch schlimmen Zeit immer in einem Punkt sicher war: Zurück geht es auf gar keinen Fall. Insofern steht dieses Bild auch für den Mut trotz aller Angst - aber ich muss auch hinzufügen, dass ich mir damals weitaus weniger Gedanken um alles und noch viel weniger geplant als einfach gehandelt habe. Meine Intuition war damals wirklich sehr gut ausgeprägt; heute wird sie leider viel zu oft vom Kopf überstimmt. 

Egal, was wollte ich erzählen.. Ach ja: Ich hatte also nicht viele Möbel - ich brauchte auch nie viel, um mich glücklich zu fühlen. Da war diese Musikanlage auf dem Fußboden, das Klappsofa für die Kinder und mich, das Herz-Foto, das auf der anderen Seite des Zimmers an der Wand lehnte - und im Zinkeimer standen mitten im Februar die ersten Kastanienzweige mit noch zarten Blüten. Das war ich. So war ich. So brauchte ich das und so brauchte es meine Seele. Alles, was ich brauchte und hatte, ließ sich entspannt an einem Abend verstauen und am nächsten Tag problemlos in das neue Nest transportieren. Dort saßen wir dann auf Kisten, aßen einen Döner vom Laden um die Ecke, tranken, schwatzten - und wenn sich die Meute verabschiedet hatte, dann begann das große Einräumen. Ich hasse es, aus Koffern oder Kisten leben zu sollen - und lieber wühlte ich bis tief in die Nacht (oder besser gesagt: bis der Morgen graute), aber DANN konnte ich auch in aller Seelenruhe ins Bett sinken, sozusagen tot hineinkippen - aber wenn ich dann nach ausreichend Schönheitsschlaf wieder erwachte und aufstand, dann war alles an seinem Platz, bis hin zum Kaffeelöffel und zur Zahnbürste. Alles. SO liebe ich das, SO brauche ich das! (Off Tonic: Meine Mama ist sich nicht mehr sicher, wann genau ich eigentlich zur Welt gekommen bin. Also den Tag weiß sie schon noch, sie is ja nich senil - aber mit der Uhrzeit haperts eben doch. In meinem ganz bescheidenen Falle krankt es an genau einer Stunde - und diese eine Stunde entscheidet darüber, ob ich im Aszendenten eine Waage oder doch eine Jungfrau bin. Humbug hin oder her - ich amüsiere mich da jedesmal drüber, weil alle Tendenzen mittlerweile doch zur Jungfrau neigen. Zwar brauche ich es harmonisch und ausgeglichen für meine Seele, aber ich brauche vor allem auch Ordnung und eine Struktur. Also jedenfalls, je älter ich werde ;) Und Letzteres ist eigentlich nicht das, was man einer Waage nachsagt ;))

Jedenfalls, um nun endlich mal zum Eingangswort zurückzukehren: Der Mann in seiner grandiosen Entspanntheit nach dem ausgiebigen Skisport beschloss spontan, den Sonntag zu opfern, übers Kleinanzeigenportal ein paar Umzugskisten zu ordern und  - wenn wir schon mal bei spontan sind - auch gleich mit dem Abbau des ersten Übels unserer Wohnung zu beginnen: dem Bücher- und Schallplattenregal in unserem Wohnraum. Ein zwei mal zwei Meter-Teil, das irgendwie unscheinbar wirkt, aber letztlich doch eine ungeahnte Fülle beherbergt. (Fun Fact: Bei mir ist das genau andersrum: Meine ungeahnte Fülle beherbergt Unscheinbares. Bücherregal müsste man sein! *kreisch!*)

"Wohlann", sprach der Mann, zückte die ersten Kartons, faltete diese fachgerecht zusammen, stellte flugs den Werkzeugkoffer dazu - und dann konnten die Spiele beginnen. Und glaubt mir, ich wusste genau, dass die heilige Stimmung nur bis zur ersten Schraube reichen würde, die sich nicht sang- und klanglos aus teils lädiert anmutenden Bohrlöchern drehen lassen wollten. Wies halt so is mit Möbeln, die man schon dreimal auseinander- und wieder zusammengeschraubt hatte. Da fliegt nicht nur - zack! - schnell mal ein unflätiges Wort durch den Raum, da fliegt auch ganz gerne mal irgendein Gegenstand durch das Zimmer, dem ich lediglich interessiert nachschaue, was getroffen wird und ob Flugobjekt und Zielobjekt das Ganze überstanden hatten. Sagen darf ich da nix und ich werde mich auch schwer hüten! Man rennt ja schließlich nicht freiwillig mit einer Fackel ins Munitionslager. Aber weil ich ihn kenne, weiß ich auch: So schnell, wie dat explodiert, so schnell geit dat auch wieder aufn Boden zurück - und man kann in aller Seelenruhe weiterpacken. Wir haben dann tatsächlich auch wirklich nur dieses eine Regal an diesem Sonntag ausgeräumt, in Kisten verpackt, das Skelett anschließend nochmal entstaubt, dann auseinandergeschraubt, die Teile an die Wand gelehnt, die Kisten davorgestellt - und dann warn mer fertsch. Der Mann hatte anschließend Rücken und ich Kaffeedurst - und zwar ordentlichen. 

"Das kann ja was werden zum Umzug", sinnierte der Mann und im Stillen pflichtete ich ihm bei. Gesagt hab ich aber nix - man muss ja die Motivation hochhalten. 

Ich habe dann heute noch zwei weitere Kisten gepackt, bevor der Mann am Abend aus dem Büro heimkehrte. Das heißt, hier lagern jetzt bereits zehn Kisten voll verpackt, hübsch sorgsam und ordentlich an die Seite gestellt, so dass man nicht sofort einen Schreikrampf bekommt. Doch ich frage mich ernsthaft, wie man eine Zwei- bis Dreizimmerwohnung mit fünfundzwanzig Kisten kalkulieren kann?? Also nicht wir - das habe ich in einem Angebot gelesen. Und noch ernsthafter frage ich mich: WER HAT ALL DIESES GANZE ZEUG GEKAUFT??? Das waren doch nur Bücher, Schallplatten und unsere Ordner mit unserem Schriftkram. Und der Mann ist nun wirklich ein Packkünstler; ich staune immer, wieviel er selbst in kleinsten Taschen unterbringen kann. In unserem Keller stehen jetzt noch dreißig weitere Kartons, die auf ihren Einsatz warten. Ich hoffe nur, die reichen auch wirklich. Und ich hoffe, mein innerer Monk dreht bis März nicht völlig ab. 

Am meisten aber staune ich, was so eine Wohnung tatsächlich alles (er)tragen kann. Irre. Also ich könnts nicht. Aber ich bin ja auch kein Bücherregal - und auch kein Betonklotz  :)

Donnerstag, 5. Januar 2023

KnickKnack

 Ich muss zugeben, ich hab den Mann ja immer ein wenig belächelt. Zwar kann ich von mir nicht behaupten, dass ich zu sorglos mit meinen Onlinedaten umgehe - aber ich kann jetzt auch nicht von mir behaupten, ein Freak zu sein. Den Mann hingegen hielt ich für einen solchen. Sein Laptop glich für mich eher einem HighTech-Alcatraz in seiner schlimmsten Form. Ich konnte nie einfach nur den Browser bedienen, irgendwas aufrufen, ohne nicht je-den ein-zel-nen verdammten Schritt extra freigeben zu müssen. Mir war das zu mühselig, deshalb nutzte ich seinen Laptop auch nie gern fürs Bloggen oder so. 

Einen ersten Knacks bekam ich, als ich im letzten Sommer eine E-Mail von einem meiner bevorzugten Onlineshops erhielt - allerdings aus Holland, in holländisch  und mit einer Bestellung über ein Paar rosafarbene Sneakers, die ich sowieso nie bestellen würde, real aber tatsächlich eben auch nie bestellt habe. Da ist mir schon das Herz in die bunten Shorts gerutscht - aber ich sah auch, dass als Zahlungsmethode Paypal angegeben worden war. Dort nachgeschaut, war alles in Ordnung. Musste auch, ist ja mit Zweifaktorauthorisierung abgesichert - da geht nix ohne meine Freigabe vom Zweithandy. Ich habe mich dennoch sofort an den Onlineshop sowohl in Deutschland als auch Holland gewandt, eine Antwort aber bis heute nicht bekommen. 

Nun werden wir ja demnächst umziehen und die ganze Gestaltung und Dekoration hat schon für einigen Sturm im Hause Blaues Ziggenheim gesorgt. Was im aktuellen Wohnbereich easypeasy hinsichtlich der Soundanlage des Mannes (Frontboxen, Rückboxen, Centerbox, Subwoofer - da wirste blöde, wirklich) gelöst werden konnte, sorgte für den neuen Wohnbereich für ein ordentliches Nussknacken. Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten müsste ich damit leben, dass da oder dort ein Kabel zu sehen wäre, das über den Parkettboden gelegt würde. Ähm. Ja. Ne! Nicht nur mein innerer Monk, auch mein ästhetisches Auge bekamen beinah sofort Schnappatmung. Zwar haben wir im neuen Wohnbereich Steckdosen hinterm Sofa, so dass man die Rückboxen, die bei dieser Unternehmung tatsächlich die einzige Nuss darstellen, drahtlos verbinden könnte. Bis der Mann erfuhr, dass Boxen des Herstellers seines Vertrauens zwar eben Boxen verkaufen, die das können - aber seine aktuellen könnens eben nicht. Also kauft er zu den Sendern/ Empfängern entweder noch einen Verstärker und landet damit bei ca. 800 Euro - oder er kauft die Funkboxen zum schlappen Preis von 1400 Euro. Ähm. Ne. 

Er hat sich dann auf die Suche gemacht und wurde fündig bei Ebay Kleinanzeigen, die ein anderes Funkset, aber passend und vor allem wesentlich günstiger für uns anboten. Knackpunkt: Er konnte sich nicht in seinen Account einloggen - angeblich sei sein Konto gehackt worden und die Freischaltung müsse er erst neu beantragen. Also bat er mich, den Kauf abzuwickeln, was ich natürlich nur zu gerne tat, wenn der Preis dafür war, keine blöden Kabel übers Parkett geführt zu bekommen. Auch nicht für Kurzstrecken ;) Inmitten all der folgenden Konversation wurde dann sein Account wieder freigeschalten - und siehe da: Es war tatsächlich geknackt worden. Irgendjemand hatte sich als eine Sabine ausgegeben und irgendwelches Küchenzeugs angeboten, für das er/sie/es offenbar mehrfach Geld einstrich, aber freilich keine Ware verschickte. Alle entsprechenden Nachrichten waren noch sichtbar. Soweit bereinigt, soweit alles wieder gut. Bis er vor zwei Tagen eine E-Mail erhielt mit einer offenen Forderung in Höhe von über 500 Euro von einem Versandhändler, bei dem er im letzten Juni eingekauft hatte. Wohlgemerkt: Er besaß dort kein Konto, hatte damals lediglich als Gast bestellt. Zunächst ging er also von einer Fake-Mahnung aus, aber nachdem ich mir die mit angeschaut hatte, überkamen mich Zweifel. Also telefonierte er und tatsächlich stellte sich heraus: Da hat jemand seine E-Mail-Adresse genutzt und für sich eingekauft. Interessant nur: Weder bekam der Mann auf seine E-Mail-Adresse jemals eine Bestellbestätigung noch eine Rechnung - nur eben die Mahnung. Und die wird auch nicht ausgesetzt; es sei denn, er stellt Strafanzeige bei der Polizei und übermittelt das Aktenzeichen an Onlineshop und Zahlungsdienstleister. Genau das hat er dann gestern auch gemacht. Seitdem herrscht erstmal Ruhe im Wald..

(Fun Fact: Ermittlungen werden übrigens seitens der Polizei nicht geführt, weil (noch) niemand zu Schaden gekommen ist - und der Shop ein englischer Shop ist und obendrein dieses Verfahren selbst anstrengen muss. Meine Annahme, dass man solchen Betrügern ja aber dennoch mal einen richterlichen Denkzettel überziehen wollte, stellte sich als "leider falsch" heraus. Woarrh! Können diejenigen schadlos weitermachen und die Onlineshops um ihr Geld bringen - und kein Schwein interessierts?)

Mich stimmte das wirklich sehr nachdenklich. Sowieso ist der Mann ja Apfelfan, die sollen grundsätzlich schon mal besser gegen Angriffe von außen aufgestellt sein. Aber sein Apfel ist eben auch noch ein Alcatraz, also extra noch mit allen möglichen Schikanen gesichert. Heute habe ich mir dann die Mühe gemacht und in sämtlichen meiner Onlinekonten E-Mail-Adresse und Passwörter geändert und da, wo möglich, eine Zweifaktorauthorisierung eingeführt. Mache ich zwar ohnehin, aber ich gebe zu: nicht oft genug, weils mir einfach auch zu mühselig war... Und als käme es wie gerufen, lief gestern Mittag auf ZDFinfo noch ein Beitrag über Cyberkriminalität. Wenn man das alles so sieht und hört, dann war ich schon versucht zurückzukehren zu Stift, Papier, Bargeld und Analogtelefon. Nur.. Die Digitalisierung in ihrem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf - und die Ziggenheimern schon mal gleich gar nicht ;) Aber e bissl Fracksausen kriegt man da schon!

Das Pling im Kopf

Man muss Geduld haben
gegen das Ungelöste im Herzen,
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, 
die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.
Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt,
lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antwort hinein.
(Rainer Maria Rilke)


Als ich diese Worte heute las, machte es Pling in meinem Kopf.
Heute, zwanzig Jahre danach, bin ich in die Antwort hineingewachsen. Bin ja norddeutsch - da dauert vieles länger. Wie guter Wein oder auch guter Käse - gut reifen lassen ist augenscheinlich mein Zauberwort.

Im Wandel


Da sind wir nun. Angekommen in einem neuen Jahr, von dem ich mich inzwischen nicht mehr frage, was es für uns bereithalten würde. Von dem ich mir nichts wünsche - nur erhoffe: dass es friedlich sein möge. In uns, um uns, mit uns. 
Nichts ist beständiger als der Wandel, hat schon Heraklit philosophiert - und ich musste an diese Worte denken, als einer meiner Jungen mir vorhin schrieb, ob wir schon gewusst hätten, dass sich aus unserem Haus in L ein weiteres Paar verabschiedet hat. Für immer. Mich hat diese Mitteilung völlig überraschend getroffen - und entsprechend erschüttert. War mir doch erst zwei Tage vor Weihnachten die Frau des Paares begegnet. Schmal, blass - aber lächelnd. 
Mit der Tasse Kaffee in beiden Händen hab ich hier auf meinem Sofa im Schneidersitz gesessen, nachdenklich in den Kaffee geschaut, in dem der Schaum so etwas wie ein Herz formen wollte - und resümiert, wer von denen nun noch in diesem Haus wohnt, in das ich im Herbst 2006, kaum dass ich nach dem schweren Unfall wieder vernünftig laufen konnte, gezogen war. 
Bis auf das Paar direkt über mir und die ältere Dame im Erdgeschoss... niemand mehr. Neue Gesichter, junge Gesichter. Was waren das noch für Zeiten, in denen der Mann schräg unter uns tatsächlich beinah wöchentlich die Hausverwaltung anrief, weil er nicht einverstanden war, dass mein Sohn Fußball im Hof spielte und ebenso verlangte, dass ich meine Wäsche nicht so sichtbar auf dem Balkon zu trocknen hätte. Dass unsere Schuhe nicht im Hausflur stehen dürften. Dass ich mein Auto nicht im Hof abstellen dürfte - jedenfalls nicht länger als jene drei Minuten, die man für ein Be- und Entladen hatte. 

Ist das alles wirklich schon so viele Jahre her oder war es nicht doch erst gestern?
Wann ist das passiert, dass der Mann schräg unter uns nicht nur einmal vom Sofa fiel und man einen meiner Söhne, inzwischen zu stattlichen 1,95 Meter herangewachsen, darum bat, dem Mann wieder aufzuhelfen? Wann ist das passiert, dass der andere Junge beherzt nach den Einkäufen der Frau griff und diese in den 1. Stock trug, während genau jener Mann anerkennend meinte, er habe doch eine hübsche Mutter? 
Wann ist das passiert, dass die Jungen sich in ihrem Zimmer nicht mehr mit Matchbox bewarfen und sich mit Worten betitelten, von denen meine Ohren schier zu erblinden drohten, während ich mittendrin in aller Gelassenheit frische Bettwäsche aufzog und nur dann dazwischen ging, wenn es körperlich zu werden drohte? Wann ist das passiert, dass der eine Junge Nachhilfe im Französischunterricht bekam und innerhalb von nur wenigen Wochen von einer satten Fünf auf eine ordentliche Drei rutschte - und dann im Folgejahr begehrte, das Gymnasium zu verlassen?

"Seit wann hörst du solche Musik?" fragt der Mann in letzter Zeit öfter und wundert sich. Argwöhnt, ich würde durch jemanden anderen dazu inspiriert - oder jemanden anderen damit verbinden.
Die Wahrheit ist, dass meine musikalischen Vorlieben eigentlich nie anders waren: Jedes Genre hat irgendwie seine Zeit für mich. Und aktuell kehre ich eher zurück zu den Anfängen, als ich mir das Haar aufrüschte, einen Lidstrich zog und nachts durch Diskotheken zog, begleitet von dieser flirrenden Aufgeregtheit, ob sich jemand fände, mit dem man tanzen oder vielleicht auch küssen konnte? Begleitet von der Sehnsucht nach einem Leben, das ich bis dahin noch gar nicht kannte, mir aber wieder und wieder ausmalte. Und aktuell.. fühle ich mich irgendwie zurückversetzt in jene Zeit.. In der alles sein konnte, aber nichts musste. In der das Leben sich vor mir ausbreitete wie ein irrsinniger Teppich voller Möglichkeiten, voller Überraschungen - und dieser Lust am Leben. Und wenn es eben nicht hier rum ging, dann ging es eben da rum. 

Das Leben ist Veränderung, und das ist ja auch gut so. Im gestrigen Telefonat sagte mein Sohn: "Juhu, ein weiteres langweiliges Jahr" und ich lächelte und sagte: "Das werden wir ja erst noch sehen. Vergiss nicht, jeder neue Tag hat neue Möglichkeiten und das können auch gute sein."
Aber.. ist es die Veränderung, die uns ängstigt? Oder ist es vielmehr das Gefühl, die Dinge könnten uns aus den Händen gleiten, wir könnten die Kontrolle verlieren? Wann ist das passiert, dass wir zuviel denken und zu wenig fühlen? Weil wir die Summe unserer Erlebnisse und Erfahrungen (geworden) sind? Was braucht es, dass wir uns an uns erinnern; dass wir uns auf uns besinnen, auf die Kraft, die in uns steckt; auf die Zuversicht, die uns auf die Beine hilft, wenn es mal wieder beschissen lief?
Bei mir ist es ja eben.. die Musik. Allem voran die Musik. Manchmal, denke ich, hilft aber ab und an auch ein Blick zurück, der uns zeigt, bis wohin wir gekommen sind - und dass es durchaus mehr als einen Grund gibt, stolz auf sich selbst zu sein. Oder wir schreiben uns all unsere Glücksmomente auf kleine Zettel und stecken sie in ein Glas. Dann können wir sie lesen, wann immer wir wollen, wann immer wir es brauchen und wann immer uns das Vermögen fehlt, uns zu erinnern.

Insofern.. finde ich diese Blogstöckchen gar nicht so schlecht, die einen dazu bringen, sich zurückzulehnen, den Blick in die Ferne zu richten und darüber nachzudenken, was denn eigentlich in den vergangenen zwölf Monaten alles so passiert ist - und dass das Jahr am Ende.. vielleicht doch gar kein so schlechtes Jahr war?

So let's start...

1. Ganz grob auf einer Skala von 1 bis 10: Wie war Dein Jahr?
Ich denke, ich kann das mit einer ganz soliden 8 bewerten. Es hat mehr Überraschungen für mich bereitgehalten, als ich je für möglich gehalten hätte. Was mir an der 10 fehlt, sind die Überraschungen, die mir das Herz zerreißen.

2. Zugenommen oder abgenommen?
Mal so, mal so - es ist ein stetiges Auf und Ab, bewegt sich allerdings auch nur bei 2 - 4 Kilo. Vor elf Jahren musste ich für ein halbes Jahr ein Medikament nehmen, das mir zwar den Schmerz nicht nahm, aber einige Kilos mehr bescherte. Die bin ich seither auch nicht wieder losgeworden, und seit Kortison & Co. besteht mein Kampf auch nur noch darin, dass es nicht noch mehr wird. So, wie ich aktuell aussehe, gefalle ich mir. 

3. Haare länger oder kürzer?
Viel kürzer. War eigentlich dem Umstand geschuldet, dass meine Friesemeisterin die Haare grün färbte und das Ergebnis ganz erschrocken noch mal zweimal versuchte zu überfärben und dann alles irgendwie nach Stroh aussah. Aber im Moment mag ich das Kürzere tatsächlich lieber.

4. Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Was weiß ich. Keine Ahnung. Ohne Lesebrille jedenfalls geht inzwischen immer weniger ;)

5. Mehr Kohle oder weniger?
Mehr. Beruflich hat mich dieses Jahr tatsächlich überrascht - aber so ein klein wenig hadere ich noch immer mit diesem Gefühl, dass ich Angst vor mir selber bekomme - und vor Erwartungen, die ich vielleicht gar nicht erfülle?

6. Besseren Job oder schlechteren?
Das kann ich noch nicht sicher beantworten. 

7. Mehr ausgegeben oder weniger?
Ich würde sagen, das hält sich die Waage im Vergleich zum Jahr 2021. In 2023 wird es auf jeden Fall entschieden mehr, allein schon durch den Umzug zurück nach L und den damit verbundenen Nestbau. Der Mann und ich haben uns auch geeinigt über die Aufteilung der Miete, ein gemeinsames Konto lehne ich weiterhin ab - und so schlug er vor, dass wir wenigstens ein weiteres Konto eröffnen, auf dem wir jeden Monat einen Festbetrag einzahlen, den wir dann für Urlaub und so verwenden. Wenn ich also davon ausgehe, dass ich einen Mietanteil bezahle, das Urlaubsfestgeld einzahle und auch meinen Sparstrumpf weiter versorge, dann wird 2023 ein teures Jahr. Aber wie sagte ich es erst gestern zu einer Freundin, die sich nun entschied, so wie wir in die Heimat zurückzukehren und die mich fragte, ob wir nicht Heimweh bekämen und Angst hätten und so weiter? 
"Ja, mir wird von M auch einiges fehlen. Aber ich fokussiere mich auf das, was ich stattdessen bekomme."

8. Dieses Jahr etwas gewonnen, und wenn, was?
Ich denke, auch bei mir besteht der Gewinn vor allem in Erkenntnissen. Eine von diesen half mir, mit etwas abzuschließen, das mich seit vielen Jahren begleitet und nie wirklich losgelassen hat. Die Erkenntnis, dass einem jahrelang etwas vorgemacht wurde, ist keine wirklich schöne. Eine, die auch nach all der Zeit noch schmerzt. Aber wenn sie hilft, endlich den Abschluss zu finden, dann sollte es so sein. Ich sags ja immer: Am Ende macht alles seinen Sinn - und früher oder später erkennen wir diesen auch. 

9. Mehr bewegt oder weniger?
Hm, schwierig zu beantworten. Sportlich gesehen vermutlich mehr. Aber habe ICH mehr bewegt? Vermutlich nicht, aber ist das meine Aufgabe? ;)

10. Anzahl der Erkrankungen dieses Jahr?
Eine - und das war auf die letzten Meter dieses Jahres (was mich auch nicht wundert, irgendwie packt mich jedes Jahr im Dezember ir-gend-was). Als Corona bei mir ausbrach, registrierte ich verwundert, dass das Schmerzlevel spürbar sank. Lag das jetzt daran, dass der Körper mit anderem beschäftigt war und der sich ja nun auch nicht um jeden Quatsch kümmern konnte? Oder lag es daran, dass Corona ja irgendwie eine systemische Erkrankung ist? Ein systemisches Dilemma in einem kaputten Körpersystem - und haben wir nicht in der Mathematik gelernt, dass Minus und Minus gleich Plus ist? 
Ich war ja Anfang Dezember nach L gependelt in dem Bewusstsein, am dritten Tag wieder heimzufahren. Am Samstag hätte ich mich dann wieder spritzen müssen. Daraus wurde ja nix, weil der Sohnemann Corona aus der Klinik mit ins Haus brachte und ich zum Schutze aller Unbeteiligten darauf bedacht war, wenigstens die Inkubationszeit abzuwarten. Dass der Mann mir die Spritzen schickt, fiel auch aus, weil dann die nötige Kühlkette unterbrochen würde. 
"Vielleicht ist es besser so", sinnierte ich krächzend am Telefon, "die Spritzen unterdrücken ja mein Immunsystem, also genau das, was ich jetzt eigentlich brauche."
Während sich Symptome auf- und nach jeweils drei Tagen wieder abbauten, blieb die enorme Schlappheit konstant. "Long Covid", diagnostizierte die Stief-Schwiegertochter und ich grinste schief: "Na ja, nach nicht mal drei Wochen von Long Covid zu sprechen, is vielleicht e bissl voreilig."
Heute, dreieinhalb Wochen nach Ausbruch der Erkrankung, habe ich meine ersten dreißig Minuten Sporteinheit vollzogen - und lieber erstmal wieder aufgehört, nachdem der Puls an die 170 klopfte.
Wenigstens schlafe ich keine 12 Stunden mehr in der Nacht und 5 am Tag. Ich kann schon wieder Medical Detectives schauen bis morgens 5 Uhr (letzte Nacht erfolgreich getestet) und trotzdem kurz vor 10 aus dem Bettchen fallen direkt vor das köstlichste Heißgetränk der Welt. 
Beim Sport habe ich registriert, dass die Bewegungen noch längst nicht wieder so flüssig sind wie vorher. Aber hey, das heute waren die ersten dreißig Minuten. Morgen kommen die nächsten, übermorgen die übernächsten und so weiter - ich schätze, da geht noch was. Muss auch, denn das Schmerzlevel kehrt leider nach und nach auch wieder zurück. 

11. Davon war für Dich die Schlimmste?
Ach Gott na ja ne, also schlimm... Also aus heutiger Sicht würde ich schon sagen, dass ich unter den Immunsuppressiva tatsächlich Glück hatte, mit vermutlich Omikron und nicht Delta in Kontakt gekommen zu sein. Delta war sicherlich schon noch ne andere Hausnummer und ob ich da so davongekommen wäre, wüsste ich nicht sicher. Wusste ich auch damals nicht sicher. 
Insgesamt hat sichs angefühlt wie früher die Virusgrippen, die mich erst tage- und nächtelang ans Bett fesselten und mir obendrein vermittelten, dass allein der Gang ins Badezimmer einem Marathon gleichkäme. 

12. Der hirnrissigste Plan?
Sowas gibts, glaube ich, bei mir nicht mehr. Inzwischen bin ich in einem Alter, in dem ich gut abwäge ;)

13. Die gefährlichste Unternehmung?
Wenn mein Leben mich eines gelehrt hat, dann Sicherheit. Insofern gibt es in meinem Leben keine Entscheidungen, die nicht mindestens mit einem Netz und doppeltem Boden abgesichert sind. Und vor allem gibt es keine Entscheidungen, die mich abhängig machen vom Partner. Alles ist so angelegt, dass es notfalls auch wieder allein weitergehen würde, nur diesmal etwas besser vorbereitet ;)

14. Die teuerste Anschaffung?
Ach herrje, weiß ich gar nicht. In Summe vermutlich meine Malfarben, die haben mich in diesem Jahr ne ganze Stange Geld gekostet. Morgen verzichtet der Mann aufs Home Office und geht ins Büro, während ich ja diese Woche noch frei habe. Kann ich mich morgen also breitmachen am Tisch und all die tollen Farben wieder auspacken. Ich sags Euch, ich freu mich wie bekloppt auf die Wohnung in L! In unserem gemeinsamen Zimmer (Ihr erinnert Euch, leider nur drei statt vier) baue ich mir meinen eigenen Maltisch auf. Hatte da ne ganz eigene Idee und war dann doch ein bisschen verwundert, dass ganz viele bei Instagram dieselbe hatten :) Will mir jedenfalls im Obi so ne Arbeitsplatte kaufen, etwa 2,50 m lang. Darunter kommt ein türkisgrüner Bürocontainer auf der einen Seite und weiße Metallfüße auf die andere Seite. Dann kann ich in der einen Ecke mit schätzungsweise 60 cm den Arbeitsplatz einrichten und rolle dann entspannt zur anderen Seite, wo ich noch auf rund 1,90 m Platz habe, all meine Malfarben auszupacken, die ich dann nie nie wieder abends wegräumen muss, nur weil man am nächsten Tag arbeiten muss. Hachz! An die Wand werde ich mir was montieren, wo ich dann die Pinselstifte, die Bleistifte und die Acrylstifte unterbringe, ohne dass es zu überladen wird. 
Ich sagte es ja schon, 2023 wird erst das teure Jahr - also fragt mich in 12 Monaten nochmal :)

15. Das leckerste Essen?
Diese Frage habe ich, glaube ich, schon mal beantwortet und sehe sie immer noch so: Es gibt vieles, das ich gerne esse und das lecker schmeckt. Superlative brauchts da keine. 

16. Das beeindruckendste Buch?
Ich weiß, dass ich in diesem Jahr was gelesen habe. Wenn ich aber nicht mehr weiß, was das war, waren sie wohl nicht beeindruckend genug. Ach ja, mir fällt wieder was ein: Aus der Reihe der Ostseekrimis hab ich was gelesen, war aber tatsächlich nur mittelmäßig begeistert. 

17. Der ergreifendste Film?
Eher kein Film im klassischen Sinn - sondern eine Reportage. Die Biografie von Anna Lang in der Reihe "Lebenslinien", die hat mich sehr nachhaltig berührt. Die Lebensgeschichte einer kleinen zarten Frau, die 107 Jahre alt werden musste, damit sie ihre lieblosen Eltern, ihre lieblose Ehe überleben konnte, um in ihren letzten Jahren ihr Leben überhaupt noch einmal auskosten und genießen  zu können - so gut ihr das noch möglich war. Mich hat das sehr berührt. 

18. Der meistgehörte Song?
Hm. Keine Ahnung, wie ich das rauskriegen soll. Weiß einer von Euch, ob Spotify so ne Option anbietet? Gibt ja auch Leute, die ne Statistik bekommen, wieviel Musik sie im ganzen Jahr hörten - aber  ich habe bis heute noch nicht rausgefunden, wie ich an meine ganz persönliche Statistik kommen kann.

19. Das schönste Konzert?
Keins - weil ich schon länger auf keinem mehr war :)

20. Die meiste Zeit verbracht mit?
...der Musik, dem Malen und dem Mann.

21. Die schönste Zeit verbracht mit?
...der Musik, dem Malen und den Menschen, an denen mein Herz hängt. 

22. Letztes Jahr zum ersten Mal getan?
Aus Liebe geheiratet. 

23. Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
Ja, ich will.

24. Dein Wort des Jahres?
Friedlichkeit

25. Dein Unwort des Jahres?
Gendern. (Blogger mag diese Kacke offenbar auch nicht. Dreimal musste ich korrigieren, weil es Gendern automatisch in Ändern ändern wollte ;))

26. Das Jahr war mit einem Wort?
Überraschend.