Ich muss zugeben, ich hab den Mann ja immer ein wenig belächelt. Zwar kann ich von mir nicht behaupten, dass ich zu sorglos mit meinen Onlinedaten umgehe - aber ich kann jetzt auch nicht von mir behaupten, ein Freak zu sein. Den Mann hingegen hielt ich für einen solchen. Sein Laptop glich für mich eher einem HighTech-Alcatraz in seiner schlimmsten Form. Ich konnte nie einfach nur den Browser bedienen, irgendwas aufrufen, ohne nicht je-den ein-zel-nen verdammten Schritt extra freigeben zu müssen. Mir war das zu mühselig, deshalb nutzte ich seinen Laptop auch nie gern fürs Bloggen oder so.
Einen ersten Knacks bekam ich, als ich im letzten Sommer eine E-Mail von einem meiner bevorzugten Onlineshops erhielt - allerdings aus Holland, in holländisch und mit einer Bestellung über ein Paar rosafarbene Sneakers, die ich sowieso nie bestellen würde, real aber tatsächlich eben auch nie bestellt habe. Da ist mir schon das Herz in die bunten Shorts gerutscht - aber ich sah auch, dass als Zahlungsmethode Paypal angegeben worden war. Dort nachgeschaut, war alles in Ordnung. Musste auch, ist ja mit Zweifaktorauthorisierung abgesichert - da geht nix ohne meine Freigabe vom Zweithandy. Ich habe mich dennoch sofort an den Onlineshop sowohl in Deutschland als auch Holland gewandt, eine Antwort aber bis heute nicht bekommen.
Nun werden wir ja demnächst umziehen und die ganze Gestaltung und Dekoration hat schon für einigen Sturm im Hause Blaues Ziggenheim gesorgt. Was im aktuellen Wohnbereich easypeasy hinsichtlich der Soundanlage des Mannes (Frontboxen, Rückboxen, Centerbox, Subwoofer - da wirste blöde, wirklich) gelöst werden konnte, sorgte für den neuen Wohnbereich für ein ordentliches Nussknacken. Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten müsste ich damit leben, dass da oder dort ein Kabel zu sehen wäre, das über den Parkettboden gelegt würde. Ähm. Ja. Ne! Nicht nur mein innerer Monk, auch mein ästhetisches Auge bekamen beinah sofort Schnappatmung. Zwar haben wir im neuen Wohnbereich Steckdosen hinterm Sofa, so dass man die Rückboxen, die bei dieser Unternehmung tatsächlich die einzige Nuss darstellen, drahtlos verbinden könnte. Bis der Mann erfuhr, dass Boxen des Herstellers seines Vertrauens zwar eben Boxen verkaufen, die das können - aber seine aktuellen könnens eben nicht. Also kauft er zu den Sendern/ Empfängern entweder noch einen Verstärker und landet damit bei ca. 800 Euro - oder er kauft die Funkboxen zum schlappen Preis von 1400 Euro. Ähm. Ne.
Er hat sich dann auf die Suche gemacht und wurde fündig bei Ebay Kleinanzeigen, die ein anderes Funkset, aber passend und vor allem wesentlich günstiger für uns anboten. Knackpunkt: Er konnte sich nicht in seinen Account einloggen - angeblich sei sein Konto gehackt worden und die Freischaltung müsse er erst neu beantragen. Also bat er mich, den Kauf abzuwickeln, was ich natürlich nur zu gerne tat, wenn der Preis dafür war, keine blöden Kabel übers Parkett geführt zu bekommen. Auch nicht für Kurzstrecken ;) Inmitten all der folgenden Konversation wurde dann sein Account wieder freigeschalten - und siehe da: Es war tatsächlich geknackt worden. Irgendjemand hatte sich als eine Sabine ausgegeben und irgendwelches Küchenzeugs angeboten, für das er/sie/es offenbar mehrfach Geld einstrich, aber freilich keine Ware verschickte. Alle entsprechenden Nachrichten waren noch sichtbar. Soweit bereinigt, soweit alles wieder gut. Bis er vor zwei Tagen eine E-Mail erhielt mit einer offenen Forderung in Höhe von über 500 Euro von einem Versandhändler, bei dem er im letzten Juni eingekauft hatte. Wohlgemerkt: Er besaß dort kein Konto, hatte damals lediglich als Gast bestellt. Zunächst ging er also von einer Fake-Mahnung aus, aber nachdem ich mir die mit angeschaut hatte, überkamen mich Zweifel. Also telefonierte er und tatsächlich stellte sich heraus: Da hat jemand seine E-Mail-Adresse genutzt und für sich eingekauft. Interessant nur: Weder bekam der Mann auf seine E-Mail-Adresse jemals eine Bestellbestätigung noch eine Rechnung - nur eben die Mahnung. Und die wird auch nicht ausgesetzt; es sei denn, er stellt Strafanzeige bei der Polizei und übermittelt das Aktenzeichen an Onlineshop und Zahlungsdienstleister. Genau das hat er dann gestern auch gemacht. Seitdem herrscht erstmal Ruhe im Wald..
(Fun Fact: Ermittlungen werden übrigens seitens der Polizei nicht geführt, weil (noch) niemand zu Schaden gekommen ist - und der Shop ein englischer Shop ist und obendrein dieses Verfahren selbst anstrengen muss. Meine Annahme, dass man solchen Betrügern ja aber dennoch mal einen richterlichen Denkzettel überziehen wollte, stellte sich als "leider falsch" heraus. Woarrh! Können diejenigen schadlos weitermachen und die Onlineshops um ihr Geld bringen - und kein Schwein interessierts?)
Mich stimmte das wirklich sehr nachdenklich. Sowieso ist der Mann ja Apfelfan, die sollen grundsätzlich schon mal besser gegen Angriffe von außen aufgestellt sein. Aber sein Apfel ist eben auch noch ein Alcatraz, also extra noch mit allen möglichen Schikanen gesichert. Heute habe ich mir dann die Mühe gemacht und in sämtlichen meiner Onlinekonten E-Mail-Adresse und Passwörter geändert und da, wo möglich, eine Zweifaktorauthorisierung eingeführt. Mache ich zwar ohnehin, aber ich gebe zu: nicht oft genug, weils mir einfach auch zu mühselig war... Und als käme es wie gerufen, lief gestern Mittag auf ZDFinfo noch ein Beitrag über Cyberkriminalität. Wenn man das alles so sieht und hört, dann war ich schon versucht zurückzukehren zu Stift, Papier, Bargeld und Analogtelefon. Nur.. Die Digitalisierung in ihrem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf - und die Ziggenheimern schon mal gleich gar nicht ;) Aber e bissl Fracksausen kriegt man da schon!
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