...und dabei ist die noch relativ jung.. Trotzdem alt genug, um mir das Wochenende herbeizusehnen. Tür zumachen, niemanden reinlassen, Telefone aus.
Aber ich bin auch selber schuld. Erfahrungsresistent vermutlich, denn eigentlich sollte ich zumindest die einen oder anderen Dinge begriffen haben. Zum Beispiel die, dass, wenn man sich einen Tag frei nimmt, dass man dann auch verdammt noch mal frei macht und NICHT arbeitet...
Denn so fing der
Montag
an: Bei etwas über 200 Überstunden und der vergangenen, irgendwie dreifach (aus Gründen) anstrengenden Woche und der Kenntnis über die Abwesenheit des Chefs stellte ich den entsprechenden Gleitzeitantrag.
"Aber du lässt dein Handy an? Dass man dich mal kurz anrufen kann, wenn was ist?"
Und ich dumme Nuss knicke wie immer ein und sage "Ja okay." Wieso mache ich immer wieder denselben Scheiß? Nur weil ich zu Hause bleiben wollte, nix vorhatte, aber einfach mal ausspannen und meine Ruhe haben wollte? Weil man nicht immer nur arbeiten soll? Und weil ich schon das Wochenende verschlief und Herr Blau sich auch langsam fragt, ob ich nur noch zum Schlafen heimkomme, weil ich schon wieder auf Reisen bin, kaum dass die Home Office-Tage rum sind?
Ab sofort - das habe ich mir geschworen - sind an freien Tagen sowohl Festnetz und auch das Handy aus - und über mein dienstliches Mailpostfach werde ich einen gekonnten Haken schlagen, der mindestens die Kunstnote 6,0 verdient.
In diesen vermiesten Vormittag passte die Nachricht von Herrn Blau: "Mist! Fahrkarte vergessen, ist noch in der Tasche vom Biergarten, und ausgerechnet heute kontrollieren die!"
Fast wurde er noch der Polizei vorgeführt, weil er lediglich seinen Dienstausweis mit sich trug und er als personifizierter Freak eine Kopie für den Fahrgastbetrieb aus Datenschutzgründen verweigerte. "Ihnen muss doch reichen, dass Sie hier meinen Namen mit meinem Foto sehen - Sie sehen doch, dass ich das bin!"
Schlussendlich reichte das auch - und alle Aufregung hatte ich am frühen Nachmittag bereits wieder vergessen, als er mich an-whatsappte: "Hast du nun eigentlich heute frei?"
"Ja, schon", antwortete ich.
"Magst du mich dann abholen? Dann können wir auf dem Heimweg das bestellte Sushi holen."
Ich fand mich ziemlich organisiert, dass ich vorher noch die Arbeit abschloss, die Hausarbeit erledigte, den Einkauf, den Besuch in der Apotheke (die zweite Impfung steht demnächst an, dann sollte ich für Indien gewappnet sein) - und den Kauf eines Anschlusstickets über meine neue App. Die Apotheke liegt zwar am Weg, aber von ihr aus betrete ich von einer anderen Seite den U-Bahn-Bereich, verwechselte demzufolge die Richtungen (wer lesen kann, ist ja auch klar im Vorteil!) und bemerkte erst an der zweiten Station, dass ich in die falsche Richtung fuhr. Kichernd schickte ich Herrn Blau eine Nachricht "Wenns mal wieder länger dauert..." und stieg diesmal in die richtige U-Bahn. Erst nach dem Umsteigen am Großen Tor antwortete er: "Wieso U-Bahn? Ich dachte, du kommst mit dem Auto?"
"Davon hast du nix gesagt! Und mit dem Auto durch den Berufsverkehr ist ja nun wirklich keine Freude hier!"
"Hm. Na hast du dann auch meine Fahrkarte mitgebracht. Du weißt, ich hab heut keine?"
Ups.
Da war ja noch was.
Leider nein!
Also hat er sich ein Ticket gekauft, obwohl er ja eigentlich eine Jahreskarte besitzt (stirbt man jetzt ja aber auch nicht von) und dirigierte das Sushi um ("Sie müssen uns das nun doch bringen, klappt nicht mit der Abholung." - "Wir liefern aber nicht in Ihren Stadtteil." Man einigte sich dann auf die Übermittlung der Bestellung an die lieferbereite Filiale im anderen Stadtteil und meinte: "Dann verkaufen wir Ihre Bestellung hier im Laden." Puh.)
"Tut mir echt leid", gab ich mich zerknirscht, "war wohl nicht mein Tag."
Der Dienstag
war dann aber irgendwie auch nicht besser - gefühlt tausend Dinge wollen und sollen erledigt werden, so dass man weder zum lange notwendigen Zahnarztbesuch (außerhalb der Dienstzeit, freilich) noch zu seinen eigentlichen Aufgaben kommt, für die ich dann gleich am
Mittwoch
morgen einen Anschiss kassierte. "Du wolltest doch eigentlich...!"
Nun hatte mein Tag ja ohnehin schon 5.00 Uhr begonnen. Und das nur, weil Herr Blau um 5.30 Uhr zum Flieger musste und ich - zwar schlaftrunken, aber immerhin in Gemeinschaft - mit ihm ein guten-Morgen-Käffchen trank. "Kannst dich dann ja noch mal hinlegen", meinte er zum Abschied.
Feine Sache, wenn man weiß, dass man noch mal zwei Stunden Schlaf hätte.
Eigentlich!
Denn - BÄÄMMM - um exakt 5.45 Uhr wirkte das Koffein - und so las ich stattdessen Blogposts, Nachrichten bei Facebook (ja, ich habe mich wiederbelebt ;)) und schaltete um 6.40 Uhr die Morgennachrichten ein. Es stimmt übrigens, dass dieser Kick nur kurzzeitig anhält und man hernach noch müder ist als zuvor, aber dann war es leider auch schon 8.00 Uhr - Zeit, den Rechner anzuknipsen und das Diensthandy anzustellen.
Anruf Chef gestern Abend 20.11 Uhr?
"Ja, aber da hatte das Prinzesschen ihr Handy schon aus!" wurde ich alsdann unfreundlich angeschnarrt und fast war ich versucht, den Chef daran zu erinnern, dass ich Angestellte bin, keine Leibeigene. Rund um die Uhr muss ich nicht erreichbar sein - oder sehe ich das falsch?
"Wozu hast du eigentlich ein Diensthandy?"
"Du kannst es gerne wiederhaben, wenn es bedeutet, dass ich immer erreichbar sein muss", habe ich dann (zugegeben) zurückgegrollt und mir dann noch den Anschiss für eine andere, nicht mal mich betreffende Sache abgeholt.
"Ganz ehrlich? Wenn ich das alles höre, bin ich froh, dass ich das Telefon gestern schon aus hatte und mir das am Abend nicht mehr anhören musste!"
Tja.
Tag gelaufen.
Erst nach dem dritten aufeinanderfolgenden Kaffee hatte ich den Drang, ein paar Frust- und Wuttränen zu heulen, mit dem Koffein erfolgreich runtergeschluckt.
Jetzt bin ich zwar nicht mehr wütend und auch nicht mehr traurig, aber jetzt bin ich müde und wäre dann bereit fürs Wochenende. Mehr als bereit.
9 Kommentare:
Zahnarzt gestern? Hier auch so. Was willste von so nem Tag auch erwarten? *g*
Aber sonst ist das wirklich eine komische Woche. Unrund. Blöd und - sorry, aber isso - das Wetter nervt mich auch. Regen, Gewitter, Sonne, Regen, Gewitter... da kannst du ja nicht klar denken.
Und ich bekomm gerade Schnappatmung: Diensthandy aus um 20:11Uhr?! Ja... na und?!Wie lange sollst du denn arbeiten?! Was ist denn so wichtig, dass es nicht Zeit bis zum nächsten Tag hat?
Heute ist schon Mittwoch. Das Wochenende schaut schon um die Ecke. Siehste? Da ganz hinten. ;D
Ach Anna, ich danke Dir echt herzlich für den letzten Satz - er hat mir das erste fette Grinsen des Tages und nen kleinen Lacher entlockt :)
Das Blöde ist ja: NICHTS ist so wichtig - aber Chef denkt immer, er ruft gleich an, bevor ER es vergisst. Ja schön, sorry, aber doch nicht rund um die Uhr. Irgendwann muss man doch auch mal den Kopf freikriegen. Mir gehört schließlich die Firma nicht, ich bin ne poplige Angestellte. Isso. Außerdem mache ich ganz sicher keinen Dienst nach Vorschrift, rufe auch an freien Tagen an, um ihn an was zu erinnern - oder schicke ne sms oder ne E-Mail. Oder wie gestern Abend nach 22 Uhr setzte ich mich noch mal an den Rechner, weil mir eingefallen war, dass ich in einer wichtigen Datei ein paar Angaben vergessen hatte. Hab ich dann erledigt (weil ich nicht sicher war, ob die Datei schon ab 7 Uhr heute Morgen weiterverwendet würde - und ich fange normal erst 8 Uhr an ;)) - und schreibe mir solche Zeiten dann auch nicht auf, bin ja nicht kleinlich.
Aber irgendwann isses dann auch mal zuviel.
Vor Jahren haben wir dem Chef ein Schild geschenkt "Kündigung zwecklos, Sklaven müssen verkauft werden" - es steht bis heute in seinem Regal ;)
Das erste? Danke. Nun muss ICH grinsen, das habe ich bis eben nämlich auch noch nicht getan und mich schrecklich be(selbst)mitleidet. Und dann ein Zitat von Bugs Bunny in den Header gehievt: "Nimm das Leben bloß nicht zu ernst. Du kommst sowieso nicht lebend raus." Das zog zumindest die Mundwinkel ein bisschen nach oben. ;)
Ah. Verstehe. Du bist also sein automatisches Notizbuch. Und nun hat er sich dran gewöhnt.Ich würde hellhörig werden, wenn er dich verstehentlich mit "Dobby" anspricht [der immer dienstbereite Hauself aus Harry Potter,falls du die Filme nicht kennst], dann musst du handeln, ehe es zu spät ist. ;D
Ja mein erstes - war heut kein schöner Tag.
Das Zitat kenn ich, Bugs Bunny kenn ich auch ("Fahr doch da hin, wo der Pfeffer wächst!" - "OK! Auf gehts nach Indien!" ist mein Lieblingszitat, weils so herrliche Unbedarftheit, Unbekümmertheit vermittelt :))
Nee, mit Harry Potter kenn ich mich nicht aus, weder gelesen noch die Filme gesehen. Ist nicht meins, datt Zeuch.
Na ja, wohl eher sein wandelndes Notizbuch - aber das Büro besteht nicht aus mir allein! Das vergisst er nur gerne, auch dann, wenn ich eben frei hab. Und ich werde handeln: Ich habe noch immer 202 Überstunden, macht rund 29 Tage, die ich immer mal mit einbringen kann. DANN aber habe ich auch wirklich frei, da kann kommen, was will, ich bin dann NICHT erreichbar.
Ach Helma, in meiner früheren Firma sind inzwischen viele Kollegen mit nicht mal 50 Jahren verstorben, manche waren erst Ende 30. Erst nachdem in einem Sommer x Tote zu beklagen waren, hat der Obermotz mal eine Mail rumgeschickt, dass man doch bitteschön nach Feierabend das Handy auslassen sollte und sich zudem auch an den 10-Stunden-Arbeitstag halten möge. Und was passiert? Die Abteilungsleiter und Bereichsleiter verlangen von ihrem Leuten jetzt, dass sie ihre ÜBerstunden nicht mehr aufschreiben und trotzdem täglich bis in die Puppen erreichbar sind. Die nächste Welle an Toten steht bestimmt vor der Tür, weil keiner kapiert, dass das auf Dauer die Gesundheit kaputt macht.
Ich wollte Dir jetzt keine Angst machen, aber mich beschäftigt das gerade sehr, weil das Leute sind, die ich kannte und die hätten es verdammt nochmal verdient, ein langes Leben zu führen. Interessant ist, dass alle fast rund um die Uhr für dieses Unternehmen zur Verfügung standen und alle mit Herzinfarkt vom Bürostuhl in den Sarg kamen sozusagen. Da denkt man echt drüber nach, inwieweit man überhaupt noch zulassen darf, dass das Arbeitsleben einen so vereinnahmt und wie man das dann in Zukunft gestalten möchte? Ich sehe da manchmal schwarz und habe auch Angst wieder ins Berufsleben einzusteigen.
Beim nächsten mal sag Deinem Chef, dass es Bürozeiten gibt, zu denen er Dich erreichen kann und außerhalb soll er Dir auf die Box sprechen oder eine Mail schicken. Punkt. Solche Leute muss man sich auch erziehen, wenn die merken, dass Du Dich da unter Druck setzen lässt, machen die das bis zum Ende aller Tage mit einem.
Habe trotzdem einen schönen Abend und erhol Dich gut!
Liebe Grüsse
Clara
Liebe Clara, mir hat vor Jahren mal jemand gesagt: "Wenn du es so schwer hast in der Firma [bzw.: Wenn du nicht genug verdienst...], dann liegt es wohl an dir [bzw.: dann arbeitest du wohl nicht hart genug]" und ich schwor mir: Das wird mir nie nie nie wieder jemand sagen!
Ich war immer schon jemand, der seinen Job mit Herzblut macht, nicht nur des Geldes wegen. Deshalb wollte ich auch immer einen Job, wo ich mich wohl fühle, was mir Spaß macht etc.
Die ersten Jahre war ich "nur" Tippse, inzwischen ist das zwar anders - aber wenn ich sehe, was das bedeutet, der Stress im Kopf, Verantwortung etc. und was das mit mir macht...
Ja ich hab mich da noch mehr reingekniet, auch weil mir bewusst war: Von einem Dienst nach Vorschrift kannst du nicht erwarten, dass der sich bezahlt macht (ich meine nicht nur finanziell) und mir sollte auch nie wieder jemand nachsagen, ich hätte nicht genug Ehrgeiz gezeigt.
Andererseits frage ich mich: Bis wohin ist das gesund und ist es das, was meinen Ruhepuls auf knapp 100 treibt oder sind es eher die anderen, privateren Dinge? Oder ein Mix aus beidem?
Zumindest ist das der Grund, warum mir das Modell Home Office derzeit gut tut, weil es sich wenigstens an den Tagen, die ich in M bin, etwas entspannter arbeitet - oder ich mir eben einfach auch mal einen Tag oder einen Nachmittag frei nehme.
Andererseits... Als ich gestern Abend meinen Leistungsnachweis finalisierte, stellte ich fest, dass ich trotz 4 freier Tage (Überstundenabbau) im Mai meine Sollstunden knapp erreicht hab. Darüber will ich mich nicht beklagen, nicht jammern - aber es sollte wohl doch ein Achtungszeichen für mich persönlich sein. Besser auf mich zu achten. An zum Beispiel solchen Tagen wie Montag. Ich sollte MICH ernster nehmen. Egal, was andere sagen.
Gestern Abend war ich müde, fror wie ein Hund und schlief neben Herrn Blau auf dem Sofa ein. Wieder mal. Das kanns ja irgendwie auch nicht sein.
Liebe Helma,
ich mag auf das alles nicht eingehen, weil es all die alten Glaubenssätze widerspiegelt, die ich in all den Jahren entkräftigt habe und die ich auch nicht mehr zulassen werde.
Ich habe auch immer gerne gearbeitet, aber mit Herzblut arbeiten heisst nicht, dass man sich so unter Druck setzt und immer erreichbar ist, dass man abends frierend (was auf Erschöpfung hindeutet) auf dem Sofa einschläft. Da muss dann sicher was passieren, bevor es noch schlimmer wird. Und man wird nicht zum Faulenzer oder "Weichei", nur weil man auf ein Privatleben besteht, in dem man sich auch erholen kann :-)
Hab eine schöne Woche!
Liebe Grüsse
Clara
Genau das ist es, Clara: Herzblut bedeutet nicht, sich so unter Druck zu setzen. Daran muss ICH arbeiten ;)
Ich wünsch auch Dir eine sonnigere Woche als sich das derzeit so zeigt :)
Hallo Helma,
Wahnsinn das sind Geschichten aus dem Arbeitsleben. Und immer wieder hat es damit zu tun, dass man sich selbst ausbeutet. Als wie wenn wir es nicht anders gelernt hätten und dieses Muster dann selbst an uns fortsetzen.
Ich habe den Eindruck, dass auch keine geringe Menge Schuldgefühle hinter der Gutmütigkeit stehen. Zuverläßig sein, Verantwortung tragen (über die anderen, oder dass alles funitioniert)
Es ist wohl eine Lebensaufgabe, die eigenen Grenzen einzuhalten.
Möglicherweise wird man durch bestimmte Vorwürfe angetriggert und dann läuft das alte Muster und man funktioniert.
Na ja, ist halt eine Erklärungsmöglichkeit.
Ganz liebe Grüße
und viel Kraft und auf dich selbst hören
Ganga
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