Dienstag, 20. Mai 2025

The Butterfly Effect



In letzter Zeit träume ich wieder mehr. Viel mehr als sonst - und auch öfter wieder in Farbe. Zuallermeist geht es um Vergangenes. Menschen, die längst nicht mehr da oder auch nicht mehr in meinem Leben sind. Die Begegnungen in den Träumen, die alles wieder aufleben lassen. Träume, die die Vergangenheit in die Gegenwart zurückbringen, miteinander vermischen, so dass ich morgens völlig verwirrt und irritiert erwache und mich mehr als einmal fragte: "Wo bin ich und welche Zeit haben wir?"

Inzwischen sind wir wieder zu Hause gelandet, haben den Camper zurückgegeben und uns in den Weiten des Internets weiter auf die Suche begeben nach etwas, das mehr unseren Vorstellungen entspricht. Im Grunde bin ich ja gar nicht der Mensch, der in einen Camper steigt und ein kleines Stück der Welt bereist. In einem Zelt zu übernachten, habe ich schon als Kind gehasst. Schlafen in einem Camper fühlt sich irgendwie ähnlich an, wenn auch deutlich komfortabler. Dennoch war es eigentlich nicht meine bevorzugte Art zu verreisen.

Doch dann entstanden vor meinem inneren Auge, in meinem Kopf Bilder, die ich nicht wieder loswurde. Ich sah Vans, gestaltet in einem wunderbaren, unaufdringlichen, aber wunderbar gemütlichen Boho-Chic; etwas, in dem ich mich so sehr wiederfinde. In meinem Kopf konnte ich uns sehen, wie wir der Sonne entgegenfahren würden, in hellen, bunten Sachen, das Haar zusammengesteckt, die Hand zum Fenster hinausgestreckt - und wir würden singen, während wir Grenzen überwinden würden.. Die von Deutschland über Südfrankreich bis nach Spanien oder Portugal. Ich war da noch nie - und ich stelle es mir wundervoll vor! In meinem Kopf, in meiner Vorstellung würden wir auf einer Reise dieser Art sehr viel mehr von dem Land erkunden und über die Menschen erfahren, als würde man einfach nur in einen Flieger steigen und sich von A nach B begeben. In meinem Kopf würden wir in Südfrankreich über Friedhöfe wandeln und wer weiß... Vielleicht würde ich es ja doch entdecken, das Grab meines Großvaters? Den, den wir niemals kennengelernt haben. Den, von dem mir als Kind erzählt wurde, er sei im Krieg gefallen. Den, von dem wir erst nach dem Tod meiner Großmutter erfuhren, dass er nach Kriegsende nochmal dagesessen war, um meine Großmutter zu finden, sie wiederzusehen. Den, von dem es heißt, mein großer Bruder sähe ihm so sehr ähnlich. 
Ich hab eine sehr lange Zeit jedes Jahr gerechnet, wie alt der Großvater jetzt sein möge und ob noch eine berechtigte Chance bestünde, ihm eines Tages in die Augen schauen zu können..
Und dann würden wir weiterfahren, wir würden irgendwo frischen Käse, frisches Baguette und etwas Wein naschen. 
Trauben, Kirschen in den Korb füllen und der kleine Van würde den Geruch nach frischen Äpfeln und die Erinnerung an den letzten Kaffee atmen..
Wir würden immer weiterfahren, bis wir irgendwann ans Meer kämen. Barfuß aus dem Auto springen und gleich so mit dem Kleid ins Wasser springen, ausgelassen darin tanzen und atemlos einander in die Arme fallen...

Immer öfter denke ich mich an einen anderen Ort, in eine andere Zeit. Vielleicht, weil ich die Realität hier ganz oft nicht mehr ertragen kann? Ich mag sie nicht anhören, die Nachrichten. Ich mag es nicht anhören, die stete Unzufriedenheit der Menschen mit allem und jedem. Ich mag es nicht mehr lesen, dieses ständige Kategorisieren von Menschen mit Meinungen und Auffassungen, die einem anderen nicht gefallen. Ich selbst mag mich manchmal nicht, und zwar in den Momenten, in denen ich feststelle, dass mir etwas von meiner Leichtigkeit abhanden gekommen ist. Von dem Wesen, das meine Freundin einst mit einem Schmetterling verglich, der von Blüte zu Blüte schwebt..

Ich hab sie schon deutlich reduziert, die Nachrichten. Meine Ohren verschlossen vor der Unzufriedenheit anderer. Scrolle Kommentare, Postings ohne zu lesen weiter,  bevor diese ihre langen Schatten auf die Blumenwiese in meinem Kopf werfen können. Und sobald ich mir die Ohren zustöpsle mit meiner Musik, kann ich innerhalb von wenigen Augenblicken ganz woanders sein.. 
"Du lebst immer mehr in deiner eigenen Welt", beklagt zuweilen der Mann.
Das tue ich nicht. Oder vielleicht doch? Vielleicht so ein bisschen? Vielleicht, weil ich es muss, um den Schmetterling in mir bewahren zu können?
"Irgendwann lässt du mich ganz draußen und dann vergisst du mich", sagt er dann.
Vermutlich kann er sich gar nicht vorstellen, dass genau das gar nicht geht. Das wiederum unterscheidet mich von einem Schmetterling.

4 Kommentare:

DrSchwein hat gesagt…

Ich denke, dass es richtig und wichtig ist, öfter in seiner eigenen Welt zu leben. Gesünder sicher auch.

angelface hat gesagt…

oh... MIst - du zeichnest ein Bild das mich weinen lässt so sehr triffst du
auf meine eigenen Träume - die von Heute - die das Damals aufzeigen...mich voller Erstaunen erwachen lassen - wenn ich nicht mehr weiß wo und wer ich bin /war und immer bleiben wollte - was niemandem möglich ist.
ich blicke durch deine Worte in dich hinein und sehe mich...
...
ohne Worte...
Angel Danke...

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Erhalte dir deine Welt, aber bleibe nie allein darin!

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Das hab ich nicht vor :*