Heute - an diesem Sonntag - hat die große BLÖD-Zeitung (sorry, ich übernehme diesen Begriff zwar von der Allgemeinheit, aber auch nur, weil ich genau so über diese Zeitschrift denke) zu einer Online-Trauerfeier für Robert Enke aufgerufen. Die BLÖD-Zeitung reiht sich damit ein in ich-weiß-nicht-wieviele-Institutionen, die hier etwas aufgreifen, das für sie - und das unterstelle ich ihnen jetzt einfach - nur das Mittel zum Zweck ist. Stimmung machen, etwas sagen wollen, mitreden wollen.
Dass alle diejenigen, die ihn aus dem TV oder woher auch immer kannten, bestürzt, betroffen waren über seinen Freitod, ist die eine Seite. Dass aber dieser, aus seiner Sicht letzte Ausweg so derart ausgeschlachtet wird, hat das wirklich noch etwas mit aufrichtigem Mitgefühl zu tun? Mit aufrichtigem Interesse an der persönlichen Qual eines Menschen, der nicht mehr weiter wusste und der - aus welchen wahren Gründen auch immer - nicht wagte, sich offen seinem Problem zu stellen?
Ich finde es immer ganz furchtbar und schlimm, wenn ein Mensch beschließt, nicht mehr leben zu wollen.
Es erinnert mich an eine Zeit in meinem Leben, in der ich am Fenster stand, die Stirn an das Glas lehnte und dachte... "Wenn du dich jetzt einfach nur runterfallen lässt, dann ist alles vorbei... bevor es ein anderer tut"
Ich habe es nicht getan, weil ich meine Kinder hatte.
Ich habe es nicht getan, weil ich wusste, dass es eines Tages auch wieder anders sein würde.
Ich habe es nicht getan, weil ich das Leben liebe.
Ich habe es nicht getan, weil ich niemals die Chance bekommen würde, zurückzukehren, die Entscheidung umzukehren. Es wäre vorbei, endgültig - und was auch immer danach käme, so es denn käme, könnte den Schmerz derer, die bleiben, nicht lindern, weil sie es nicht wüssten.
In solchen Momenten wie dem, als Robert Enke entschied, sich vor einen Zug zu werfen, hat er sicherlich an alles mögliche gedacht. An seine Frau, seine Tochter, seine Familie. Aber ob er wohl auch an den Zugführer dachte, an die Menschen, die ihn bergen mussten? Diese Diskussion hatte ich vor einigen Tagen schon und musste mich belehren lassen, dass Zugführer regelmäßig belehrt und darauf vorbereitet werden, dass ihnen so etwas passieren kann - immerhin werfen sich pro Tag 3 Menschen in Deutschland vor einen Zug. Heißt: Wenn ich also Zugführer werden will und so was erlebe, muss ich stark genug sein, das auszuhalten oder aber einen anderen Job wählen...
Kann man sich das wirklich so einfach machen?
Bin ich also selber schuld, dass ich vor 3 Jahren diesen schweren Verkehrsunfall hatte, weil doch jeden Tag ich-weiß-nicht-wieviele-Menschen im Auto sterben und das Auto an sich mit zu den unsichersten Verkehrsmitteln gehört?
Ich weiß nicht recht.
Ebenso unschlüssig bin ich mir, ob Robert Enke wirklich gewollt hätte, dass die Medien sich auf seine private, persönliche Tragik stürzen und ausschlachten.
Wenn Ihr mich fragt - ich finde das alles ziemlich verlogen. Nicht umsonst schließlich hat Robert Enke sich zurückgehalten gefühlt, überhaupt in eine Klinik zu gehen und seine Depression behandeln zu lassen - eben aus der Angst heraus, von den Medien zerrissen zu werden.
Und mal Hand aufs Herz - könnt Ihr noch den Begriff "Vogelgrippe" oder "Schweinegrippe" hören? Schon wenn ich diese blondgelockte RTL-Moderatorin mit ihrer Lispelstimme das Wort aussprechen höre, schwillt mir der Hals in nullkommanix auf beinah das doppelte an. Was gab es nicht für ein Morden unter der geflügelten Bevölkerung - und hat das letztlich wirklich Sinn gemacht? Hat jemals eigentlich jemand über die Tragödie derjenigen Bauern gesprochen, die damit die Existenzgrundlage verloren? Aber Hauptsache, in den Kassen der Pharmaindustrie hats geklingelt und die Leute sind mal wieder so richtig schön verrückt gemacht worden.
Vor ein paar Tagen saß ich mit meinem Jungen in der Notaufnahme der Uni-Klinik und um uns rum Kinder, die herumsprangen oder gelangweilt mit den Beinen wippten (aus erster Hand weiß ich, dass Patienten und/ oder Besucher in den Kliniken klauen wie die Raben; seitdem gibts nur noch Spielzeug, das so groß ist, dass man es nicht unbehelligt forttragen kann - oder eben gar keins) , ihr "Mama, ich hab Durst" oder "ich muss mal" maulten, Mütter und Väter mit angestrengten, besorgten Gesichtern - und als wir nach über einer Stunde, in der das gelbgesichtige Kind sich unter heftigen Bauchkrämpfen und mit der Brechschale in der Hand auf dem Stuhl gequält hatte, aufgerufen wurden - erklärte mir die Schwester: "Das ist echt Wahnsinn. Seit man im Fernsehen nur noch Schweinegrippe hört, ist jedes zweite Kind hier, weil die Eltern denken, vielleicht hat mein Kind ja auch sowas..."
Ist das nicht verrückt?
Ist das nicht verrückt, dass Menschen zuweilen Schlange stehen, um sich eine Spritze setzen zu lassen, von der sie weder wissen, was sie bei ihnen bewirkt und von der auch nicht gesichert ist, ob sie überhaupt wirkt. Versicherungstechnisch weiß man: Man kann sich nicht gegen alles und jedes versichern.
Gesundheitstechnisch sehe ich es ebenso: Man kann sich nicht gegen alles und jedes impfen lassen, auch wenn die Damen und Herren Pharma noch so dringend Geld brauchen.
Wer braucht das nicht?
Wer fragt eigentlich die alleinerziehenden Eltern z. B. bei Aldi oder Lidl oder Putzkräfte, wie sie ihre Kinder durchbringen und sichern können, dass sie eine gute Ausbildung bekommen und es eines Tages besser haben wie sie selbst?
Wer fragt eigentlich Tausende Menschen in Deutschland nach ihren persönlichen Ängsten vor dem Versagen trotz Arbeit und Minijob ? Nach ihren Ängsten vor Erkrankungen, die ihnen kein gesichertes Einkommen mehr ermöglichen?
Man kann zu allem eine Meinung haben, jeder kann seine eigene persönliche Auffassung vertreten.
Man kann sich aber auch sinnlos verrückt machen lassen.
Oder glaubt wirklich einer von Euch, dass das Thema Depressionen nun einen anderen Stellenwert bekommt wie vorher? Wobei ich es auch ziemlich fatal finde, Depressionen allein mit "endloser Leere, Traurigkeit, Antriebslosigkeit" zu beschreiben. Depressionen hat "tausende Gesichter", hatte mir mal meine Ärztin auseinander gesetzt. Und wenn Robert Enke mit seinem Schicksal erreichen würde, dass dieses Thema kein Tabu-Thema mehr würde, dann wäre wirklich etwas erreicht. Aber glaubt Ihr das wirklich?
Vermutlich werden es am Ende die betroffenen Menschen selber sein, die dieses Tabu brechen - denn die Zahl der Depressionserkrankten steigt und steigt...
Ich würde eher sagen: Behaltet Euren eigenen Sinn und Verstand, Eure eigene Auffassung - das Herz auf dem rechten Fleck. Dann haben BLÖD & Co. auch nicht mehr die Macht, die sie jetzt genießen.
Das wäre zumindest aus meiner Sicht wünschenswert.
1 Kommentar:
Richtisch so !!
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