Dienstag, 3. November 2009

November Rain

Drei Tage November haben wir jetzt und seit zwei Tagen macht dieser Monat seinem Namen alle Ehre: Den ganzen Tag lang Sprühregen, der einen schon beim Zusehen frieren, das goldene Laub von den Bäumen fallen lässt und die Straßen glitschig glatt macht.
Gehts nun doch langsam, aber sicher auf den Winter zu. Auf nasskalte Tage, Frost, Scheiben kratzen, Schneeberge... Umso gemütlicher wird es daheim, wenn ich die gestrickten Socken der Mama, den herrlich aromatischen Masala-Chai-Tee (diese ausgesprochen leckere Mischung gibt es übrigens derzeit bei Nanu-Nana - ist das jetzt eigentlich Schleichwerbung? was solls, ich bin ja kein Promi) trinke - jeder Schluck ein besonderer Genuss ;-) - da und dort ein paar Kerzen brennen und dann noch die Musik dazu, dann brauche ich wirklich fast nichts mehr. Sowieso auch nicht die Online-Helden der Nation, die sofort bei der Frage "was machst du eigentlich so?" ... "ich schreibe!" ... "aha... wie... was schreibst du denn?" ... "zum Beispiel Kolumnen" - zack - verschwinden auf Nimmerwiedersehen. Nun könnte man ja beim zweiten oder spätestens dritten Ereignis dieser Art dazu übergeben, schnöde zu antworten: "Ich bin Tippse, ich habe lange blonde Haare, große blaue Puppenaugen, einen Schmollmund wie die japanischen Zeichentrickmädchen, mein Busen ist größer als deine Hand fassen kann und meine Hausschuhe sind ausschließlich von Louboutin und Manolo Blahnik."
Pah!
Als hätte ich so einen Quark nötig!
Also schreibe ich auch beim vierten Mal: "...ich schreibe..."
Was nützt mir ein künstlich aufgeblasenes Traumbild, das zerplatzt wie eine Seifenblase, weil man eines Tages - spätestens jedoch beim ersten Date - feststellen muss, dass man sich gegenseitig so viele Bären aufgebunden hat, dass es zwar keinen Erfolg in der Liebe gibt, dafür aber einen Eintrag im Guiness-Buch der Rekorde unter der Rubrik "die Bärenfängerin vom Bodensee". Oder so ähnlich jedenfalls.

Das einzige, was ich im Moment brauche, ist ein bisschen Rückhalt oder Zuspruch (für meine kleine bescheidene Seele) und ansonsten einen Arzt, der mich von Freund Schmerz befreit bzw. mir dabei hilft (so anspruchsvoll bin ich schon, dass ich nicht mal mehr den einzigen treuen Freund behalten will, den ich überhaupt habe ;-)). Und da ich keinen Zuspruch bekomme, habe ich mir wenigstens neue Bettwäsche gekauft, super weich dank Fleecebezug und dann auch noch im Sparangebot. Winter, du kannst kommen! Gestern Abend rollte ich mich zum ersten Mal in diese herrliche Wäsche ein und fühlte mich in der Tat wie umarmt.
Solcherart gesinnt, schritt ich erwartungsvoll zur nächsten Arztsitzung, verweilte einen Augenblick im Vorzimmer des Doktors, bei dem mich einem Wortwechsel zwischen beiden Schwestern mittleren Alters nicht entziehen hätte können, ohne mir demonstrativ die Ohren zuzuhalten.
"Karla... ich brauch eine Überweisung in die Psychiatrie."
"Waaaas? Wieso das denn?"
"Na, ich wollte gestern zu meiner Gynäkologin und statt der Chipkarte holte ich meine EC-Karte hervor. Und das Schlimmste ist, als ich danach zur Bank ging, wollte ich mit der Chipkarte Geld abheben."
"Ach so, na wenns nur das ist", meinte die andere mit wegwerfender Handbewegung, "ich wollte letztens ne Gurke aus'm Kühlschrank holen und was lag da? Mein Knirps! Wo ich die Gurke schließlich gefunden hab, kannst du dir ja denken!"
Während beide herzhaft zu lachen begannen, verkrampften sich in leichter Panik meine Finger um das Tütchen mit den Ampullen, die ich eigens mitgebracht hatte, drückte ich das Beutelchen an mich in der Gewissheit, es nie - niemals aus der Hand zu geben und nach dem Spritzen wieder mitzunehmen... Bei den soeben gehörten Ereignissen im Alltag beider Damen war ich mir nicht mehr sicher, ob sie meinem Doktor die rechte Mischung zureichten, die er mir jedesmal mit Wonne in die Muskulatur jagte. Nicht dass mir eines Tages noch zusätzliche Körperteile wuchsen oder ich einen Ganzkörper-Bart bekäme oder... oder... ein drittes Auge vielleicht. Dann käme ich zwar auch ins Guiness-Buch der Rekorde, aber das Vorhaben mit dem Liebsten fürs Leben hätte sich damit dann endgültig zerschlagen. Mein Waage-Aszendent lässt mich derzeit auch ziemlich schwanken: Will ich - will ich nicht - will ich - will ich lieber doch nicht... Diese typische Unentschlossenheit spürt man vermutlich auch in meinem Online-Profil und wenn jeder halbwegs normale Mann mit halbwegs Schmackes im Kopf das spürt, dann... muss ich mich ja nicht wundern angesichts der spärlichen Besucherzahlen und der noch dürftigeren Schreiberzahlen. Aber vielleicht... sollte ich ja doch einfach nur ein Foto reinstellen. Irgendwie... beweisen sie mir jeden Tag das Klischee, dass sie einfach besser gucken wie lesen können ;-)

So, und jetzt schäle ich mal die Kartoffeln, bevor sie schrumplig und ungenießbar werden. 'S Kind hat Appetit auf Spinat und ich - ich irgendwie auch. Na dann... mal ran an das völlig reale Leben.

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