Montag, 12. September 2011

Gipfelstürmer

An meinem letzten Arbeitstag und mit dem Vertilgen der "kleinen Urlaubsrunde" (Pfannkuchen, ich fand das adäquat für eine lumpige Woche frei haben) meinte der Kollege noch mit einem denkwürdigen Blick zu mir: "Helma, ich wünsche dir viel Spaß im Urlaub und DAS Wetter, das du haben willst."
Na ja, wir grinsten uns an, verstanden einander wortlos und während ich noch Hometown verließ in Stiefeln, Lederjacke und Tuch um den Hals (doch, das Wetter war wirklich entsprechend), entledigte ich mich bereits auf der Fahrt nach Posemuggel scheibchenweise meiner Herbstmode, bevor ich Gefahr lief, schätzungsweise zwölf Liter Wasser in den Sitz zu schwitzen.
Selbst am Abend zeigte das Thermometer noch sage und schreibe 28 Grad an und bis heute hat sich das auch gehalten. Was nichts anderes bedeutete, als dass ich heute tatsächlich mit in die Berge zu steigen hatte.
Mir hat auch nicht geholfen, dass ich Aufstehen, Frühstücken und Zurechtmachen mit typisch nordischer Gelassenheit in die maximal mögliche Länge zog, die zwar Schatzis Unwillen hervorrufen mochte, vielleicht sogar das Vorhaben abblasen ließ, ohne dabei wirklich sauer zu werden, vielleicht sogar statt dessen neue Tagespläne zu entwerfen und bei all dem in ihm auch noch das Gefühl zu sichern, dass das alles ja ganz allein nur seine Ideen war.
Hmm.
Was soll ich sagen.
Hat nicht so geklappt, egal wie lange ich mich zurechtmachte.
"Musst du dich denn schminken? Wir wollen doch nur in den Bergen wandern."
"Jaaaaaaaaa.... Aber wenn ich schon tot überm Gipfelkreuz hänge, will ich wenigstens gut dabei aussehen!"
Na ja, also sind wir dann doch noch los, hinauf auf den Berg, ich hab geschnauft, gejappst, nicht nur erstaunt festgestellt, wieviel Muskeln auch ich besitze, sondern wie viel Poren ich auch hab, aus denen blankes Wasser fließen konnte - und heimlich habe ich Schatzi ...zigmal verflucht und verteufelt. Mindestens.
Die extra für dieses Vorhaben erworbene Regenschutzjacke mit allem möglichen Pi-Pa-Po ("Die wirst du brauchen, wirst du sehen!") konnte getrost zu Hause liegen bleiben, die noch mal extra für dieses Vorhaben erworbenen Stiefel (laut Hersteller wie geschaffen für das Wandern im Mittelgebirge oder Voralpenland) hätte ich am Ende der Wanderung trotz alledem am liebsten weit von mir geworfen und spätestens jetzt Schatzi erwürgt, nachdem er mich am Gipfel angrinste: "Jetzt kann ichs dir ja sagen: Von den drei Aufstiegmöglichkeiten war dies die schwerste. Aber auch die kürzeste."
Man, hatte DER ein Schwein, dass ich da stand, gebeutelt wie eine junge sturmgepeitschte Birke nach einem schweren Unwetter, bereit, völlig umzuknicken und viel zu schwach, auch nur die Hand zu heben, um sie zu seiner Gurgel zu führen - aber prompt versöhnt, nachdem ä legger Käffsche und ein lecker sahniges Stück Käsekuchen serviert wurden. Erst damit bekam ich auch endlich einen Blick für den Blick über Berg & Tal und dachte dennoch die ganze Zeit:
"Ich weiß schon, warum meine Leidenschaft dem Meer gehört!"

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