Dieses Foto ist einige Jahre alt.
Aus einer Zeit, die nicht wirklich unbelastet war, nicht wirklich unbeschwert.
Aus einer Zeit, als mir der "große Umbruch" noch bevorstand. Wenn ich vorher gewusst hätte, was mir alles bevorsteht - ich gestehe: Ich bin nicht sicher, ob ich all das auf mich genommen hätte. Obwohl... Vermutlich doch. Denn das, was ich bekam, ist nichts im Vergleich zu dem, das ich bis dahin hatte.
In den Jahren danach, die diesem Foto folgten, war ich teilweise schockiert von dem, was ich sah. Eine Frau, müde, ausgebrannt, müde vom Kämpfen, müde vom Zweifeln, müde von allem - und das hat man mir auch deutlich angesehen. Und was mir selber noch deutlicher auffiel: Dieses Lachen war weg. Es war einfach nicht mehr da. Meist habe ich nur noch gelächelt, und meist zeigte mindestens ein Mundwinkel nach unten - trotz Lächeln.
Manchmal, wenn ich diese Fotos betrachtete, dann bekam ich Angst davor, dass die Summe des Erlebten, die Summe des Gesehenen und Erfahrenen mich zynisch machen würde. Dass ich eine einsame, verbitterte Alte werden würde, die ihre Freude verlieren würde an all dem, das sie noch tun würde. Zuviel Schatten und zu wenig Licht.
Ich bin nicht sicher, was mich gerettet hat.
Vielleicht war es die Musik? Die Musik hat mich IMMER an alles erinnert, das tief in mir lebt. Mit der Musik hatte ich nachts keine Angst im Dunkeln. Mit der Musik habe ich immer wieder an die Liebe geglaubt. Mit der Musik mache ich alles, das ich tu, mit Herzblut und mit Leidenschaft. Na gut, fast alles. Manchmal muss man ja auch tun, was man nicht mag.
Vielleicht waren es die besonderen Menschen, die mir begegnet sind? Davor und vor allem auch danach?
Vor einigen Tagen habe ich unwillkürlich entdeckt, dass es wieder da ist: genau dieses Lachen.
So aus vollem Herzen, so ohne einen - auch nicht leicht - herabgezogenen Mundwinkel.
Ich habe gelacht, über irgendetwas, und dabei mein Spiegelbild in einem Fenster gesehen.
Und mich erschrocken. Weil es wieder da ist.
So unverhofft für mich. So unerwartet für mich.
Ich habe mich seither nicht wirklich beobachtet, und trotzdem ist mir aufgefallen, dass es dageblieben ist.
Gestern Nachmittag waren wir spazieren und irgendwo kehrten wir ein, wo ich für den Mann eine Johannisbeerschorle und für mich einen Kaffee einkaufte.
"Gab es sonst noch irgendwas Schönes?" fragte der Liebste, als ich ihm das Glas hinstellte und mich zu ihm setzte.
"Ich weiß nicht, ich habs nicht gesehen."
"Hast du nicht geschaut?"
"Äh nein.. Ich hab eher nur zu Boden geschaut."
"Wieso?"
"Weil da einer hinterm Tresen stand, der mich die ganze Zeit angestarrt hat. Sowas verunsichert mich." Ich denk ja immer sofort, habe ich noch irgendwas zwischen den Zähnen oder einen Fleck auf der Bluse, ein Loch in der Jacke.
Und dann dachte ich an den Kaffeeverkäufer, der mir Zucker anbot, den ich dankend ablehnte. In meinen Kaffee kommt nur viel Milch, kein Zucker.
"Schon klar. Sie sind süß genug, nicht wahr?"
Und ich habe gelacht.
Und der andere hat gestarrt.
Erst später, am Abend, fand ich das schön, den Gedanken daran. Sowohl als auch.
Man kann nur gewinnen, denke ich.
Wenn man in einem Leben festhängt, das einen nicht mehr oder noch nie erfüllt hat, wenn man an nichts mehr, nur noch an Wunder glaubt, wenn man darauf hofft und wartet, dass etwas (Wunderbares) passiert, wenn man das Lächeln verliert, das, das ganz von innen kommt - dann ist es Zeit, etwas zu tun. Nur für sich selbst. Denn egal, was danach kommt - das steht man durch. Es bleibt einem auch gar nichts anderes.
Und DANN geschehen Wunder.
Also trau Dich..