Samstag, 31. Oktober 2015

Morgen ist leider auch noch ein Tag

 Als Herr Blau mir vor einigen Tagen diese Karte überreichte, gedachte er eigentlich, dass ich diese doch meinem Chef geben sollte, wenn der wieder ohne Gnade drängelte "Termine! Termine! Termine!" Inzwischen aber habe ich mir überlegt, diese Karte zu behalten, sozusagen als Mantra, als Ermahnung für mich selbst. Weil ich mir zwar immer siegessicher vornehme: "Nach diesem Termin wird alles entspannter" und dann häufen sich immer neue, immer weitere an.
Es ist wohl weniger, dass es viel zu tun gibt. Das finde ich immer noch besser, als im Büro die Zeit abzusitzen und den Tag mit Solitär und Kekse essen totzuschlagen. Es ist aber, dass meistens mit dem (Termin)Druck zeitleich noch andere Dinge ringsrum passieren, die ich dann einfach nicht haben muss.
Dass die Technik mich im Stich lässt und die vorletzte Brille zerbricht - aber das hatten wir ja schon. Wenn aber Leute, mit denen Du fast tagtäglich zu tun hast, ihr dreistes Verhalten nicht ablegen, sondern noch steigern und Du Dich daraufhin mit dem Boss in die Haare kriegst (wir sind beide im Recht, aber beide auch an unserer Kotzgrenze); wenn Du auf Bitten von Junior, Dir mal etwas anzuschauen, feststellst, dass er - wenn auch unwissentlich - bei web.de gleich zwei Verträge abgeschlossen hat und Rechnungen sowie Mahnungen ignorierte, weil er sie für Spam hielt und auch im Privaten Dinge passieren, die Du einfach nicht nachvollziehen kannst und irgendwie auch nicht mehr willst - da war ich heute doch irgendwie... ich weiß nicht... kurz vorm Schreien. Und Heulen. Schreiheulen. Irgendsowas. Irgendwie wars zuviel. Trotz vierzig Überstunden in diesem Monat schaffe ich meine Arbeit nicht, schiebe alles vor mir her, das noch nicht brennt. Abgesehen von meinem Magen - der brennt schon seit Wochen. Aber im Ignorieren bin ich gut. Richtig gut. 
Jedenfalls bei den meisten Dingen. 
Dass ich oftmals am Abend erst den PC ausschalte, oft schon frühzeitig einschlafe oder die restlichen ein, zwei Stunden mit dem Mann die Ruhe genieße und anderes ausblende, ist auch schon falsch verstanden worden. 
Vermutlich werde ich eines Tages tot umfallen - mit dem Stenoblock in der einen und dem Telefon in der anderen Hand. Fürs Bloggen in den anderen außer diesem Blog fehlt mir schon seit Monaten die Zeit, die Tage in L bestehen momentan nur noch aus Arbeit und dem Erledigen aller to do's bis in die Nachtstunden rein; selten komme ich vor 1 oder 2 Uhr in den Schlaf und 6 Uhr klingelt dann schon wieder der Wecker...
"Lass uns ausgehen", sagt der Liebste, "du musst mal raus, du arbeitest viel zu viel." Wenn der wüsste...
"Dein Lieblingsladen hat übrigens geschlossen", erzählt er, während wir Essen ordern - und einen Kaffee für mich. Ich lächle müde: "Egal. Ich schaffs sowieso nie in die Stadt. Den Laden gibts ja auch online."
Über die Weihnachtszeit plane ich endlich mal einen längeren Urlaub. Länger heißt in diesem Fall konkret: Zweieinhalb Wochen. Und ich bin unglaublich gerührt und auch sehr dankbar, dass der Liebste eine Lösung vorschlägt, die es möglich macht, beide Jungs in den Weihnachtstagen hier bei uns, bei mir zu haben, trotz aller Platzenge in unserer Noch-Wohnung. Irgendwie weicht der Druck und als er vorschlägt, an diesem milden Abend eine U-Bahn-Station auszulassen und bis zur übernächsten zu spazieren, schlage ich sofort ein. Es tut gut.
Bis wir bei Apollo vorbeikommen. 
Es ist nicht nur, dass die so freundlich sind. Es ist auch, dass deren Humor keinen Kellergang bedarf.
"So eine Brille würde ich Ihnen nicht empfehlen."
"Wieso nicht?"
"Da sehen Sie aus wie 16, wie eine Schülerin."
Ich grinse und entgegne trocken: "Verkaufen Sie auch die Uniform dazu? Der Mann steht drauf."
Und nach der Sehschärfe-Messung: "Und? Wie viel Dioptrien?" 
"Fünfundzwanzig", beeilt sich der Liebste zu sagen.
"Ich würde gar nicht lästern, du solltest eher froh sein. Wenn ich schärfer hätte hinschauen können, gäbe es dich vielleicht nicht." 
Meine Stimmung hebt sich endlich, vergessen der gestrige und auch der heutige Piss-Kack-Tag.
"Wie wärs mit Yoga?" initiiert der Mann.
OK, ich wäre ja für Sex gewesen. Aber na gut. Morgen ist ja auch noch ein Tag. Leider!



6 Kommentare:

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Wenn du das mit dem Yoga und der Weinflasche so perfekt beherrschst wie der Kerl hier im Video, kannst du anderweitig bestimmt mehr GEld verdienen als mit deinem Bürojob! :-)
Heute sollte die Probefahrt sein, aber es war mir zu neblig. Ich habe sie auf Montag verschoben.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Dann wäre ich ein youtube-Star, Clara :D

Anonym hat gesagt…

Also auf die Brille bin ich mal gespannt - du weißt als Mann einer Fachfrau auf jeden Fall ;-) Pass auf dich auch Helma und Nagel dir die Karte an den Bildschirm. Es gibt wenige Dinge die nicht auf morgen verschoben werden können....wobei wir beim Yoga oder dem anderen Kram wären ;-)

Anonym hat gesagt…

Erst Yoga und dann Sex. Da bist du schon mal gut aufgewärmt, gelenkig und noch empfänglicher für Sinnesreize. *g* Ich möchte Ana Brett und die Yoga-DVD mit Jillian Michaels (okay, das ist kein "echtes" Yoga, sondern "nur" ein Workout, aber sehr genial) nicht mehr missen, allerdings behalte ich das meist für mich, weil du sonst sofort in diese "Eso-Schublade" gesteckt wirst und ich muss zugeben, dass ich aus genau dem Grund auch nur per DVD übe... die Leute, die sonst Kundalini-Yoga betreiben, machen mir Angst. Ich hab da mal gegoogelt und war bedient. *hüstel* Womit wir dann auch wieder bei den Vorurteilen wären. ;) Wie auch immer: Für meinen Rücken, Kraft, Gelenkigkeit und die Seele habe ich als Komplettpaket noch nichts besseres gefunden. Und der Wein schmeckt hinterher noch besser. ;D

Und du pass auf dich auf. Wenn du, um es mal mit Trapattoni zu sagen, wie "Flasche leer" bist, ist niemandem geholfen...

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

"Als Mann einer Fachfrau"... Ich vermute mal, "Anonym" ist Bohli? :)
Ich zeig Euch die Brille, wenn ich sie hab. Aber erwartet nicht zuviel. Vermutlich sieht sie aus wie die für acht fünfundneunzig von Tchibo.

Liebes Frl. K., ICH mache bestimmt kein Yoga: Eine Physiotherapeutin meinte vor Jahren mal, dass das für mich nicht gut sei, weil meine Gelenke "überbeweglich" seien (komisch, ich fühle mich eher steif wie ein Brett, also meistens. Also so im Alltag :D) Ich schreib dazu aber mal noch einen Extra-Post.
Ich muss die Tage mal mit Chef über meine Auszeit-Pläne über die Weihnachts-/ Neujahrstage reden. Er wird sicherlich nicht begeistert sein - zumal mir ja noch eine andere Auszeit bevorsteht: Die Nadel muss noch aus meinem Fuß raus - und wann immer der OP-Termin sein wird: Über die Weihnachtstage tue ich mir das jedenfalls nicht an, auch wenn Chef das noch so gerne hätte.

Anonym hat gesagt…

@Helma: Über die Weihnachtsfeiertage läuft ein KH doch eh im "Sparmodus" (also noch sparsamer als sonst...) und ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand, der bei Sinnen ist, um diese Tage rum eine OP ansetzt, die nicht zwingend nötig ist. Kannst deinem Chef den Gefallen also nicht mal dann tun, wenn du es wolltest. ;)

Sag mal, war mir nicht so, als ob du im Homeoffice nicht mehr Vollzeit arbeiten (wollen) würdest? Glaube mich zu erinnern, dass du mal was von Teilzeit geschrieben hattest. Hat dein Chef hat dein Arbeitspensum entsprechend angepasst? Klingt fast nicht so, wenn dir die Arbeit bis zum Hals steht...