Donnerstag, 19. Mai 2016

Irgendwas ist ja immer!

Manchmal, wenn wir unterwegs sind, dann murrt Herr Blau. Sagt so Sachen wie: "Wooarr ey, der zieht dich ja fast aus mit Blicken" oder "Hat der jetzt genug geguckt?"
Wenn ich dann frage, von wem er eigentlich spricht, fragt er mich: "Na merkst du denn gar nicht, wie die dich anstarren?"
Um ehrlich zu sein: Nein.
Ich merke so etwas tatsächlich nicht.
Vermutlich muss mir jemand erst die Kaffeetasse umreißen oder mir in den Einkaufswagen fallen, um auf sich aufmerksam zu machen, aber selbst dann würde ich als erstes denken: "Die arme Sau, der ist ja genauso schusslig wie ich!"
Oder ich denke: "Oh Gott, ich hab irgendwas im Haar hängen" oder "Habe ich was zwischen den Zähnen??" oder sowas in der Art.

Es ist ja so dieses Ding mit der Eigenwahrnehmung. Solange es um andere Menschen geht, sind meine Antennen tatsächlich ausgesprochen fein und sensibel, registriere ich kleinste Schwingungen, egal, ob positiv oder negativ - und liege zumeist auch richtig. Sobald es aber um mich geht, mutiere ich zur Frau mit der rekordverdächtig längsten Leitung der Welt. Das war schon immer so - und das ist mir letztlich auch nicht nur einmal auf die Füße gefallen.

Gestern Abend habe ich gleich drei Dinge auf einmal erledigt: Paket wegbringen, eine Jeans zum Schneider bringen und Milch einkaufen. Milch ist lebensnotwendig, denn gibt es keine Milch, gibt es für mich keinen Kaffee - und ohne Kraftstoff schließlich kein Motorbetrieb!
Nun war es ja gestern recht warm - also entschied ich mich für einen bodenlangen Rock (war übrigens Premiere für das Teil) aus sehr feinem Stoff, ein ärmelloses Shirt, Jeansjacke drauf - fertig. Ich fand das bequem und schön, aber jetzt auch nicht wirklich spektakulär. Dennoch registrierte ich gestern, wie mir die Blicke folgten. Nicht nur von Männern.
Ich registrierte es beim Schneider, beim Vorbeigehen am Coffee-Shop, beim Döner-Mann, der mein Paket entgegennahm - und schlussendlich im Supermarkt.
Doch, das ist schon ein schönes Gefühl, auch wenn es mich zunächst immer erst mal verunsichert.

Zurück im Haus, genauer gesagt, im Lift, in dem sich ein übergroßer Spiegel befindet (warum eigentlich gibt es in so vielen Aufzügen einen Spiegel?) brach ich dann in herzhaftes Lachen aus:
Der sehr feine Rock ist wirklich sehr fein. So fein, dass er sich dank elektrischer Aufladung an meine komplette Hinterfront geschmiegt hatte - wie eine zweite Haut!
Das war ja sowas von klar!


8 Kommentare:

Goldi hat gesagt…

gnihihi hattest du denn wenigstens was netter oder nix drunter :-D

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ich hatte was Nettes drunter, was aber eher "den Hauch von nix" abzeichnete ;)
Gerettet hats den Anblick vermutlich trotzdem nicht :D

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Herrlich - und offensichtlich nicht nur für die Herrenwelt ein toller Anblick. - Manchmal sind ja Stoffe auch so durchsichtig, dass man sich eigentlich den Stoff gleich sparen könnte.
Gut, dass Herr Blau nicht dabei war!

A. hat gesagt…

Sie haben dir alle auf den Hintern gestarrt! Wen das Herr Blau wüsste... ;D

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ach Clara, dass der Anblick toll war, kann ich wirklich nicht bestätigen. Ich fands eher zum Schießen komisch :)

Ja Anna, da sachste watt! :D Ich vermute, er hätte mir seine Jacke um die Hüften gehängt und dann wäre das in eine Rangelei ausgeartet, weil das Muster seiner Jacke und überhaupt die Jacke so gar nicht zu meinem Outfit passten *muhahhaa*

Vibesbild hat gesagt…

Tihi, könnte 1 zu 1 von meiner Freundin Lisa stammen. Die kenne ich nun seit 30 Jahren (?!) und irgendwie hat sie mit nix etwas am Hut. Dementsprechend kleidete sie, benahm sich und erzählte sie in der Öffentlichkeit. Im breitesten Kölsch ließ sie dann schon mal Details über Liebesnächte heraus. "Stell dir mal vor, Nana, und dann..." Dass sie dabei sämtliche Blicke im Café auf sich zog, entging ihr. Mochte ich an ihr. Genau diese unbekümmerte Art.

Dass wir Frauen auf Schritt und Tritt mit Blicken gemessen, oftmals sogar laut kommentiert werden, ist leider ein Tatbestand. Vorrangig... von Männern, solange wir als Beute in Frage kommen.. und solange wir als Beute in Fragen kommen von Frauen als Konkurrentin. Ich mochte das noch nie und habe mir im Hinblick auf diese Gafferei einen Panzer antrainiert. Lisa war da beste Trainerin.

Den Vibesbold bringen die Blicke und Kommentare auch auf die Palme und am Anfang unserer Beziehung wurde es ab und an sogar so brenzlig, dass ich dachte, der haut gleich einem eine auf die Dreizehn. Schlußendlich steckt hinter alledem so ein lange überholtes patriarchales Beutedenken. Ich kenne sehr wohl die Einwände, welche derlei Blicke und Kommentare als Kompliment deuten. Tue ich aber nicht. Und mir sind diese heranwachsenden jungen Frauen, die sich nackt auf Facebook, Instagram und sonstwo räkeln ein totales Rätsel, wenn sie da um Komplimente hungern, die doch nur ihr Selbst auf einen im Grunde beliebig auswechselbaren Körper reduzieren.

Aber auch wieder typisch, dass ich es womöglich komplizierter mache, als es ist. Wobei ich meine äußerliche Attraktivität stets als Problem befand. Als - und insbesondere gut aussehende - Frau lebst Du eingeschränkter. Das ist nun einmal so. Leider. Umso cooler, wenn man sich darüber hinweg hebt.

Und wenn es nur "versehentlich" mit einem zarten Röcklein am runden Popöchen ist ;-)

Lieben Gruß!
Nana

ganga hat gesagt…

Da hatte jeder was von deinem guten Feeling:-)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Nana, kann ich die Lisa auch mal kennenlernen? :)
Also um Kommentare bin ich zeit meines Lebens fast immer rumgekommen - und auf das Pfeifen von irgendwelchen Typen reagiere ich sowieso nicht. Das ist was, was ich so gar nicht mag.
Als Kompliment empfinde ich Angestarre sowieso nicht - ich weiß doch gar nicht, was die denken! Kann doch genauso gut was Negatives sein? Herr Blau schüttelt immer den Kopf, wenn ich sowas sage. Er meint, ich sei so pessimistisch und ich sage dann: Ich bin realistisch :)
Es interessiert mich eben nur nicht, was Fremde von mir denken. An der Stelle habe ich mir über Jahre ein dickes Fell wachsen lassen. Nur wenn mich einer beleidigt oder Unwahrheiten über mich verbreitet, dann interessiert mich das! Nachdrücklich! :)

Liebe Ganga, den Rock habe ich jedenfalls erst mal wieder ganz tief im Schrank verstaut :) Ich habe mal gelesen, dass das Aufsprühen von Haarspray diesen Elektrizitätseffekt verhindern soll. Nun ja. Liegen halt wenigstens die Härchen an den Oberschenkeln akkurat und unverwüstlich *kreisch*