Montag, 20. Februar 2017

My husband has the money - Udaipur, Tag 11





An das indische Frühstück kann ich mich echt gewöhnen. Fast jeden Morgen bekomme ich kleine, frische Pancakes, frisch geschnittene Melonen- und Ananasstückchen und extra für mich zubereitetes Rührei. Eine Zusammenstellung, die vermutlich so gar nicht zusammenpasst, aber danach darf man bei mir sowieso nicht gehen. Ich esse alles durcheinander, wie ich es gerade mag und worauf ich gerade Lust habe. Auch gebe ich zu, dass dies keine typisch indische Mahlzeit ist, wenn man berücksichtigt, dass ich mich immer nur für "blankes" Rührei entscheide, weil mir die indische Würzung einfach zu scharf ist. Überhaupt stelle ich mit Freuden an jedem weiteren Tag in Indien fest, dass nicht jede Mahlzeit gnadenlos scharf gewürzt ist (auch wenn es sich nicht um eine Süßspeise handelt).
Angesichts der Temperaturen von bis zu 38 Grad genügt eine solche Mahlzeit auch vollkommen, um bis zur eigentlichen Kaffeezeit gar keinen Appetit oder gar Hunger auf Weiteres zu verspüren. Und uns damit anschließend auf die meist zwei- bis vierstündige Weiterreise über Land zu machen.

Hier werden Autobahnen gebaut, indem eine Baggerschaufel alten Asphalt wegkratzt, Frauen die Brocken in Metallschüsseln tun, sich diese auf den Kopf setzen und wegtragen. Dann werden die Wege geebnet, aufgeschüttet, glattgezogen und mit Asphalt überzogen. Alles, was irgendwie möglich ist, wird mit reiner Menschenkraft gebaut, Maschinen sehen wir sonst keine. Ich starre aus dem Fenster, auf die Menschen, auf die zusammengekratzten Asphalthaufen, sehe die aus Holz, Blech und Steinen notdürftig zusammengebauten Häuschen am Straßenrand, die Unterkünfte für die "Bauarbeiter"...
Denke daran, in welch technisierter Welt wir selbst leben und wie schnell wir jammern, wenn uns etwas zu schwer wird.

Das Nahen bewohnter Gebiete kündigt sich wie gewohnt mit der Anhäufung von Plastikmüll an. Ich lasse Landschaften, Städte an mir vorüberziehen, den Kopf in die Hand gestützt oder angelehnt. Sehe um die Mittagszeit die Schulkinder auf dem Heimweg, den sie oft zu Fuß zurücklegen, hin und wieder von Familien abgeholt werden oder auch, wenn es die Familie sich leisten kann, mit dem Bus fahren. So entdecke ich auch das Hinweisschild "German Bakery", gleich darunter ein Hinweisschild für ein italienisches Lokal und der amüsierte Inder erklärt uns, dass in Indien sehr gerne etwas als "deutsche Backwaren" oder "italienische Spezialitäten" angepriesen wird, es aber nicht wirklich etwas mit dieser Esskultur zu tun habe.
Herr Blau möchte mir unbedingt einen Tempel zeigen, den er zuletzt vor sechs Jahren besichtigt hatte (und von dem ich grad kein Foto finden kann). Und nun ist er einmal mehr enttäuscht, wie viel sich verändert hat. Nicht nur, dass man nicht mehr alles frei fotografieren darf, man darf auch nicht mehr alles betreten.
"Frauen mit Menstruation ist es verboten zu betreten. Bei indischen Frauen weiß man, dass die sich daran halten. Bei allen anderen ist man sich nicht sicher, darum wurde es verboten."
Dafür laufen zwei Gurus eifrig herum, segnen einen ungefragt und ungeduldig innerhalb von drei Sekunden, drücken einem anschließend den roten Punkt auf die Stirn und halten sofort die andere Hand mit der Geldschale hin.
An einem mannshohen Elefanten aus Marmor machen wir Pause und beobachten amüsiert eine Engländerin, die den Guru abzuwehren versucht: "Sorry, my husband has the money!"
Die Hartnäckigkeit der Gurus kennt keine Grenzen. Sie bleiben der Frau so lange an den Fersen, bis diese entnervt auf ihren Mann trifft und der einige Münzen auf dem Geldteller zurücklässt.
"Das gabs früher alles gar nicht", zeigt sich Herr Blau verblüfft und enttäuscht, während ich mit dem nackten Fuß in Taubenkacke trete.

Irgendwann erreichen wir Udaipur, eine beliebte Stadt mit mehreren Seen. Hier wurden Filme wie "Octopussi" und "Der indische Ring" gedreht; auch soll  der "Tiger von Eschnapur" gedreht worden sein, auf einer kleinen Insel im Pichhola-See, die nicht größer ist als das Hotelanwesen selbst - und die wir von unserem kleinen Fenster aus sehen können. Die wir später mit einem Boot auch etwas mehr aus der Nähe betrachten - doch all zu nah darf man an diese Insel nicht heran.

Dafür besichtigen wir das Schloss - 300 Meter lang, 100 Meter breit und 32 Meter hoch. Geführt werden wir von einem deutsch sprechenden Guide, der in Reichenbach im Vogtland gelebt und später auch in Dresden studiert hat. Die Welt ist ein Dorf :)
Auch den "Garten der Ehrendamen" schauen wir uns an, lümmeln auf der Bank im angenehmen Schatten nahe des Springbrunnens. Ein Garten mit Swimmingpool, den sich eine Prinzessin von ihrem Vater gewünscht hatte. Tja nun. Mein Vater ist "nur" gelernter Ofensetzer. Ein schöner Kachelofen wäre das einzige Denkmal, das er mir setzen könnte :)



2 Kommentare:

petra {limeslounge/gk} hat gesagt…

Was für eine Reise! Wow. Immer wieder schön, darüber zu lesen.
Und hey - ein Bild von Dir?! :-)
liebe Grüße

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ja Petra, das ist ein Bild von mir, ist aber doch nicht das erste? ;) Aber ich gebe zu, dass ich das Haar nur sehr selten so trage (eigentlich nur bei ausgesprochener Hitze), weil so eine Frisur eigentlich nicht zu mir passt und mich ziemlich verändert ;)
Und noch mal ja - die Reise war wirklich Wahnsinn, innerlich und äußerlich.