Mittwoch, 24. Juni 2020

Cocktails on the Moon


Eigentlich bin ich nicht wirklich abergläubisch. Eigentlich bin ich eher die, die nur glaubt, was sie auch sehen und fühlen kann - oder woran sie eben auch gerade glauben möchte.
Gleichwohl habe ich eines festgestellt: Wenn ich über manche Dinge oder insbesondere Gefühlsschwingungen schreibe, dann verkehrt es sich hernach oft ins Gegenteil. So als würde ich Dinge "beschreien". Hat der Papa immer schon gesagt: "Spotte nicht mit der Eule, is auch nur n Vogel". 
Und ich habe beschlossen, über manches jetzt einfach nicht mehr zu schreiben. Vielleicht muss ich es ja doch nicht rausfordern, was auch immer "es" meint. 

Ich weiß nur, ich weile gerade in L und ich bin gerade verdammt froh drum. Nicht nur ob der wundervollen Überraschungen, die mich hier erwarteten. Da denkst du, dein eigener besonderer Tag ist doch längst vorbei und Geschichte, hast du stattdessen irgendwo im Gepäck ein paar "handverlesene" Dinge, von denen du hoffst, dass sie anderen Freude machen - und dann.. triffts dich selbst.
Und ich bin dankbar. Sehr dankbar.
Und ich weiß außerdem, dass es demnächst wieder auf Reisen geht, wieder quer durch das Land mit einem etwas anderen Ziel als beim letzten Mal - und heute Abend bastle ich wieder an der entsprechenden Playlist. Ein - wie ich finde - geiler Mix aus 70er, 80er Mucke und was da sonst noch so rumschwirrt.  Immerhin - wer fährt, darf die Begleitmucke bestimmen. Blöd halt nur, dass ich nicht so laut hören kann wie ich es normalerweise gewohnt bin. Aber ich habe ja bis zur Reise noch mindestens zwei Single-Fahrten vor mir, auf denen ich mir stundenlang die Ohren wegfliegen lassen kann. Wo ich die Texte mehr oder weniger auswendig lernen kann, um sie wenigstens mitsingen zu können, wenn schon die Lautstärke runtergeregelt werden muss. Wenigstens hört der Mann mich gerne singen. Und ich kanns wirklich nicht, ich schwörs. Aber ich finds cool, dass er es inzwischen gerne hört. Nicht so wie die Kinder, die früher immer wortlos ihre Zimmertür nachdrücklich ins Schloss fallen ließen, wenn ich erst mal losschmetterte. Oder wie an jenem Tag, als Sohn II aus dem Ferienlager kam und meinte, es sei ihm doch viel zu ruhig zu Hause und ob man nicht alle Türen offen lassen könne. Woraufhin ich ihm vorschlug, ich könnte doch was singen und er nur abwinkte "Ne lass mal, reicht mir auch, wenn du nur übern Flur latscht."

Ja und sonst.. Hab ich einen ersten Termin hinter mich gebracht. Nicht ohne eigene Nervosität, das muss ich gestehen. Ich war so aufgeregt, dass ich die Hälfte vergaß zu erwähnen - und schon jetzt sagt die Frau Doktor "Das ist aber wirklich viel."
Ich kann nicht einschätzen, wo sie mich einordnet und ob sie dies überhaupt tut oder tun wird. 
Sie hat mich nur gefragt, wann dies und jenes genauer angeschaut wurde, zum Beispiel mein "Zusatzhirn". Und dass sie gerne alles ganz von vorn aufrollen möchte. Mir ist das irgendwie nicht unrecht. Ich meine.. Wenn es eine Radiologie schafft, in drei Berichten drei verschiedene Angaben von ein und demselben Zusatz-Hirn zu machen, dann schafft das nicht unbedingt (mein) Vertrauen. Von 0,8 bis 8,0 Zentimetern war da alles dabei - aber in Wahrheit ist das Ding 4 x 5 Zentimeter groß und macht zumindest in den letzten zehn Jahren keine Anstalten, weiterzuwachsen. Wenn sie sich das alles aber wirklich nochmal genauer anschauen möchte - bitte sehr. 
Zumindest hat sie nach nur einem Termin einen Verdacht auf Herz und Nieren ausgesprochen - und hinsichtlich der Nieren, genauer gesagt der Nebennieren, nach nur einem Test Recht behalten. Sorgen mache ich mir da keine, denn ich habe gelesen, dass man dies möglicherweise durch einen Verzicht auf Kaffee irgendwie mitregulieren könnte. Und seit mir eine Leserin den wunderbaren Cafe Pino empfahl, den ich mir diese Woche unbedingt noch nachkaufen muss, könnte ich mit einem etwaigen Verbot durchaus leben. Wäre im Übrigen auch dem Erhalt des Zahnweiß' zuträglich, also von daher..
Kommende Woche gibt den ersten Folgetermin, an dem sich die Nieren in einem zweiten Test nochmal genauer angeschaut und anschließend behandelt werden und dann schauen wir, wies weitergeht. "Schritt für Schritt", hat sie gesagt und ich konnte ihr Lächeln hinter der Maske eher erahnen als sehen.
Ich warte übrigens sehnlichst auf den Wegfall der Maskenpflicht. Mittlerweile habe ich in beiden Handtaschen eine deponiert, seit ich die zweimal zu Hause vergaß und nochmal umkehren durfte.  Aber bei gefühlten dreißig Grad mit Maske in den 5. Stock hochzusteigen, macht nicht wirklich Spaß unter so einem Drecksding. Klar könntsch auch den Lift nehmen, aber hey, wer rastet, der rostet, harhar. Den Lift nutze ich auch zu Hause nur noch, wenn ich auf Reisen gehe. Ich dachte ja am Montag, wat willste da großartig mitnehmen, es werden heiße Tage, die paar Kleidchen in der Tasche merkste gar nicht. Nun ja. Am Ende war die Reisetasche trotzdem voll, ich hatte nen Schuhbeutel dabei, die Notebooktasche, ja und natürlich meine Handtasche. Außerdem das selbstgefertigte und gerahmte Bild, das ich zu verschenken gedachte und halt so paar Sachen. Ein bisschen musste ich da schon über mich lachen. Frauen halt. Kennste eine, kennste alle. 

Aber was solls. Sei es wie es sei. Mit der richtigen Musik geht fast alles. Und mit den richtigen Menschen. 
Liebe Herzensfreundin, ich träume noch immer davon, wir am Strand! Man kann ja vielleicht Cocktails aufm Mond trinken - aber am Ufer eines Meeres mit Dir täts auch erstmal fürs Erste. 

Mittwoch, 17. Juni 2020

Über den Dingen


Stell dir vor, du kommst zur Welt, du lernst laufen, sprechen. Dein Geist ist so beweglich, so agil, dass du viel zu oft schneller denkst als du zu sprechen vermagst. Entsprechend oft verhaspelst du dich und dein Umfeld reagiert gereizt: "Verstehst du, was der von mir will? Ich versteh den nicht."
Du willst alles wissen, alles entdecken, du hinterfragst alles und so lange, bis du es verstehst bzw. bis es einen Sinn für dich macht. (Hierin erkenne ich mich so oft wieder.)
Du bist unfassbar schüchtern, aber alles in dir begehrt nach Liebe, nach Zuwendung, nach Anerkennung. Es ist unglaublich, wie du leuchten kannst, wenn du das bekommst. 
Aber du bekommst es viel zu wenig. 
So schnell und beweglich dein Geist auch ist, so wenig kannst du dich auf plötzlich veränderte Situationen einstellen. Du hängst an deinen Gewohnheiten, vermutlich, weil die dir etwas vermitteln, das du früh begonnen hast zu vermissen: Stabilität. Geborgenheit. Und je älter du wirst, desto ausgeprägter wird es.
Auf die meisten Menschen wirkst du verträumt, nicht bei der Sache. Man muss dich anstupsen, immer wieder. Aber du musst wissen, den meisten Menschen fehlt dafür die Geduld.
Überhaupt fehlt den Menschen die Geduld, das Verstehen - und die Akzeptanz dafür, dass ein Mensch ist wie er ist. Aber dass er ein Mensch ist wie jeder andere auch. Ein Mensch, der hofft und lebt und denkt und fühlt und wünscht und träumt. Von dem Tag, wo alles anders werden soll. Wo alles besser werden soll. Und du bist der Überzeugung, dass die Welt gut zu dir ist, weil du es auch bist. Du glaubst daran, dass dir niemand etwas Böses will, weil du es auch niemandem wünscht. 
Du willst gar nicht hören, dass es nicht so ist. 
Du willst es nicht hören von Menschen, die glauben, sie hätten schon alles gesehen und erlebt und müssten dir erst noch zeigen, wie es funktioniert, dieses Leben. 
Und bei diesen Worten "Das Leben ist nun mal so" möchtest du dich genauso gerne übergeben wie ich mich. 
Weil, das Leben ist nicht so. Es berechtigt niemanden, sich über einen anderen zu stellen. Es entschuldigt nicht, dass der Mensch ein Schwein ist - und es damit begründet, dass er auch nur von eben solchen umgeben sei.
Weil das Leben das ist, was wir daraus machen. 
Genau daran möchtest du glauben. Doch mit den Jahren lernst du, dass du irgendwie.. gegen Windmühlen läufst. Du suchst und findest einfach nicht den richtigen Platz, fühlst dich nicht geborgen und nicht aufgehoben. 

Da, wo du vor eineinhalb Jahren angekommen bist, hast du dich reingefunden. Der Start war vielleicht etwas holprig, aber der Weg glättete sich mit der Zeit. Du hast den Zugang gefunden zu dem, was dich umgibt. Die Anerkennung, die zwischendrin immer mal aufblinkt, zuletzt ganz deutlich vor etwa drei Wochen, ein ganz helles Licht, das macht dich froh, das entspannt dich. Dich und diejenigen, die dich lieben. Jedenfalls hast du das gedacht - bis vor etwa zehn Tagen. 
Es ist nur eine einzige, die es schafft, dich von deinem aufrecht gewordenen Gang wieder runterzureißen. Warum sie das tut, kann niemand sagen.
"Das Schlimme ist, dass ich mir vorstellen kann, dass sie recht hat", sagst du. Und deine Flügel hängen tief, viel zu tief. 
Wenn man dir etwas Negatives sagt, glaubst du das sofort, denn damit kennst du dich aus.
Wenn man dir etwas Positives sagt, glaubst du kein Wort, weil du dir nicht vorstellen kannst, dass es stimmen soll.
Entsprechend lange dauert es, bis man dich wieder aufrichten kann.
Und kaum stehst du wieder, bekommst du heute den nächsten Tritt in die Kniekehlen.
Menschen, die dich kennen und die dich lieben; Menschen, die dich kennen und dich mögen, die verstehen das nicht und können es nicht einordnen. Sagen, dass du drüber stehen sollst. Aber das kannst du nicht. Du bist so oft verletzt worden, so zerrissen von Selbstzweifeln, dass du dich nur noch mehr verschließt und an nichts mehr glaubst.
Und ich.. Ich steh da und weiß nicht, was ich noch tun soll. Mir glaubst du kein einziges Wort. 

Dienstag, 16. Juni 2020

"Heimat ist, wo das Meer ist"



Da ist sie nun vorbei, diese eine erste Woche am Meer, von der die zweite bald folgen soll, nur dann diesmal an einem anderen Ort.
Diese eine Woche war genau so wie ich sie mir gewünscht hatte: mit Sonne, mit Wärme, zuweilen auch mit kälteren, stürmischen Tagen, mit Muscheln und Steine suchen barfuß am Strand (oder eben auch in Boots), mit streichelzartem Wind in den Haaren und eben diesem Gefühl von endloser Tiefe und Weite, wenn man so nah am Ufer steht und die Arme ausbreitet.
"Ich bin die Königin der Welt!" schrie ich begeistert, während der Klang der Worte vermutlich ungehört im Tosen der Wellen versank.


Wir waren kaum zwei Tage im Norden, da sagte der Mann zu mir: "Die Leute hier sind so unfassbar nett und freundlich, dass es mir fast Angst macht."
Das hat mich amüsiert, aber irgendwie auch gefreut. Immerhin sind wir Fischköppe nicht umsonst darin verrufen, derart maulfaul und unzugänglich zu wirken, dass es schon wieder unhöflich anmuten könnte. 
Gerade dieses Foto "Heimat ist, wo das Meer ist": Ich realisierte erst, dass hinter diesem Fenster in Neustadt ein Immobilienbüro (glaub ich) zu Hause ist, als die Frau hinter diesem Fenster an ihrem Schreibtisch herzlich lachte und mir winkte. 
Humor muss auch bewiesen haben, wer in Lübeck ein Ärztehaus "Fegefeuer" nennt.
"Ich habs heut im Kreuz, ich geh mal ins Fegefeuer." Über sowas könntsch mich kaputtlachen :)
Überhaupt hat es mir in Lübeck (natürlich abgesehen vom Strand und vereinzelten wundervollen Häuschen am Rande des Meeres) fast am besten gefallen: Die südliche Altstadt hat es mir angetan - mit den vielen kleinen, oft Ziegelsteinhäusern; die Stadthäuser - schmal und oft dreistöckig. 
Aber bei den Mietpreisen blieb mir oft die Spucke weg. Das ist ja Münchner Preisniveau - Altstadt hin oder her? Da war ich schon sehr überrascht.

Überrascht war ich auch von einer Begegnung mit jemandem, den ich über den Blog kennenlernte; zwar relativ lange geplant und entsprechend im Kopf vorbereitet, von dem ich jedoch nachhaltig beeindruckt blieb. Und das nicht einmal aus besonderen, bestimmten Gründen. Aber - und hier spreche ich auch nur für mich selbst - es gibt Menschen, denen schaust Du in ihr Gesicht und fühlst Dich in genau diesem Moment von diesem Menschen, von diesem Gesicht angezogen. Beziehungsweise von dem, was Du glaubst, in diesem Moment in den Augen des anderen wiederzuerkennen. 
Im Nachhinein wurde mir einmal mehr bewusst, warum ich niemals an einem Bloggertreffen teilnehmen würde. Ich persönlich finde die einzelne Begegnung wunderbar persönlich und vieeeel nachhaltiger. Grad wenn man nur einen halben Tag gemeinsam hat.


Wirklich genossen habe ich auch, dass es mit dem Mann so entspannt war. Dass es wirklich auch ein Urlaub für die Seele war, lange ersehnt, lange darauf gewartet. Es gibt schon Momente, wo ich dann und wann an frühere Zeiten denke und wo ich mich frage, warum ich das Damals zwar anstrengend, aber normal fand. 

Ein besseres Geburtstagsgeschenk hätte mir der Mann nicht machen können. Vor allem auch mit dem Abschluss, indem er mir vorschlug, einen Tag eher abzureisen und dafür eine Nacht in L Zwischenstopp zu machen. Denn während man gerade noch denkt "Ich bin so froh, wie alles grad läuft und sich entwickelt", verdreht sich schlagartig alles ins Gegenteil. Vielleicht sollte ich positive Entwicklungen einfach auch nicht mehr aufschreiben, nicht mehr "beschreien". Jedenfalls bin ich am Samstag Vormittag mit einem wesentlich besseren Gefühl nach Hause gefahren als ich am Freitagabend dort angekommen war. Und lehne mich immer wieder mal entspannt vom Schreibtisch zurück, schließe die Augen, betrachte die Fotos und denke "Grad eben war ich noch dort.. Ich kanns noch atmen, riechen, schmecken..." Und dann lächle ich, öffne die Augen und mache weiter. 




Sonntag, 14. Juni 2020

Hüte dich vor deinen Träumen

Als ich irgendwann vor vielen Jahren aus dem Ferienlager nach Hause kam, sagte der Papa abends, als ich schlafen ging, zu mir: "Merk dir gut, was du heute Nacht träumst, das geht dann in Erfüllung."
"Warum?"
"Weil es die erste Nacht im Zuhause ist."
Und ich schlief und träumte, die Großmutter wäre bei ihrer Schwester im Westen gewesen und hätte uns ein Paket geschickt mit Kaffee und zwei Hosen für den Papa, mit vielen Süßigkeiten für uns Kinder. Ich habe es geträumt und mir auch gemerkt, aber vergessen, davon zu erzählen.
Es mochte etwa vier Wochen später gewesen sein, vielleicht auch etwas eher, vielleicht auch etwas später - aber genau so ein Paket kam. Bis heute denke ich dran und versuche jedesmal, darauf zu achten, was ich träume, wenn ich von einer Reise wieder nach Hause komme. Meistens aber sehe ich.. nichts.

In unserer ersten Nacht im Feriendomizil an der Küste, da träumte ich, ich würde zwei Hühnergötter finden. Was tatsächlich recht unwahrscheinlich ist - ich kann den Strand kilometerweit ablaufen, aber einen Glücksbringer finde ich so gut wie nie. Tatsächlich so gut wie nie.
In der einen Woche am Meer habe ich nun aber wirklich zwei Hühnergötter gefunden - und noch nicht mal richtig danach gesucht.
Nur das war doch gar nicht mein Zuhause?

Gestern Abend sind wir nach Hause gekommen und spät in der Nacht zu Bett gegangen. Vor dem Fenster tobte das Gewitter, aber das macht mir keine Angst. Im Gegenteil, ich liebe es - und schlief  entsprechend entspannt ein. Sehe eine Faust vor mir, in die ich beißen will, auch weil ich glaube, dass das meine eigene ist (und warum noch sonst, weiß ich nicht mehr). Wenn ich aber zwei freie Hände habe - dann ist es wohl doch nicht meine eigene Faust. Und als ich dann noch merke, dass ein Arm um meinen Hals liegt, der zudrücken will, versuche ich umso verzweifelter, in diese Faust zu beißen. Erfolglos - bis ich mich aus dem Traum reiße.

Hm tja. Was stimmt nun? Die erste Nacht zu Hause oder die erste Nacht woanders?

Was weiß ich. Ich weiß nur, dass ich immer noch zu müde bin, um mehr zu erzählen. Oder die letzten Kommentare zu beantworten. Was erschwert wird dadurch, dass ich via Handy nicht mehr kommentieren kann. Was fürn Scheiß! Und auch weil es uns gestern, als wir heimkamen, alles ausgepackt, verstaut und in die Waschmaschine gesteckt hatten, bei schätzungsweise dreißig Grad Außentemperatur in den Lieblingsbiergarten zog. Während es wiederum heute den ganzen Tag regnet und die Temperatur um mindestens die Hälfte gefallen ist.
Irgendwie auch kein Wunder, dass man da matschig wird im Kopf und Blödsinn träumt.

Donnerstag, 4. Juni 2020

Die schwierigste aller Fragen

Quelle: https://www.pinterest.de/pin/755338168741875827/

Samstag wollen wir relativ zeitig starten. Immerhin vom Süden in den Norden, da liegt ein bisschen Wegstrecke vor uns.
Während der Mann wie gewohnt minutiös jeden einzelnen Tag am Meer verplant, um die Zeit, die uns dort bleibt, auch höchst effektiv zu nutzen, bastel ich aktuell überhaupt erstmal an der Reise-Playlist.
Das ist das Allerwichtigste überhaupt, denn ohne gute Mucke halte ich kaum zehn Kilometer durch. Aktuell favorisiere ich so bisschen die 80er Electronic-Mucke, keine Ahnung wieso.

Ein bisschen Bargeld muss auch mit, damit die Kaffeeversorgung für unterwegs gesichert ist. Die Zeiten, in denen Mutti Reise-Stullen schmierte und Thermoskannen auffüllte, sind spätestens seit dem Ende meiner Ehe vorbei.
Nieder mit dem Spießertum!

Und was nehme ich sonst noch mit?
Was zum Lesen in jedem Fall. Vielleicht einen Krimi? "Hast du noch immer nicht genug davon?" verdreht der Mann die Augen.
Da haben wir doch heute Abend auf unserer Terrasse gelegen, satt und zufrieden nach dem Abendessen, als mein Blick auf das Haus gegenüber fiel.
"Sag mal.. Ist dir das eigentlich auch schon mal aufgefallen?"
"Wasn?"
"Da vorn in dem Haus, die mittlere Etage ganz außen.. Keine Ahnung, was das da ist, die Küche, das Bad? Aber da sind immer die Jalousien unten, IMMER!"
"Na und?"
"Na hör mal. Da isses immer dunkel, jeden Tag! Wer verdunkelt permanent seine Wohnung? Ich hab letztens mal n Typen gesehen, der da reinging. Ein Mädel war dabei, schien so, als zögerte die, die ging dann aber doch rein."
"Und? Haste se danach nochmal gesehen?"
"Ich nicht", sinnierte ich.
"Vielleicht isses ja ein Bordell", sagte der Mann. "Oder das is n Serienkiller, der da reihenweise junge Mädchen in der Badewanne zersägt."
Bei solchen Aussagen geht meine Phantasie spazieren, ich sags Euch!

Jedenfalls, was zum Malen muss auch mit, wenigstens ein Skizzenbuch.
Meinen Laptop werde ich auch einpacken. Vielleicht komme ich ja nicht dazu, aber vielleicht komme ich doch zum Bloggen oder so.


Und was nehme ich zum Anziehen mit? WAS - VERDAMMT - ZIEHE ICH AN?? Aktuell ist ja geiles Sommerwetter - aber das soll sich spätestens Mitte der kommenden Woche ändern und außerdem ist es im Norden IMMER kälter als im Süden. Mit bunten Flatterkleidchen wirds da also wohl eher nix, es sei denn, ich trage wollene Unterhosen drunter. Allerdings fürchte ich, wenn ich nur Boots und Turnschuhe mitnehme, dass ich dann wiederum die Sandalen vermissen könnte?
Vielleicht nehme ich ja nur das eine Paar Goldene mit, die passen zu nem Kleid und auch zu ner Jeans? Nur für den Fall?
"Die sind aber nichts für den Strand?" bemängelte die Lieblingskollegin.
"Hä was? Am Strand geht man barfuß!"
Und genau darauf freu ich mich wahnsinnig. Endlich wieder weichen, warmen Sand unter den Füßen, der sich durch die Zehen drückt. Endlich wieder echtes Möwengeschrei. Endlich wieder Geruch nach Meer und Algen, nach salzigem Wasser und nordisch unterkühltem Wind.

Hachz, ich könnte endlos träumen und mich in den Vorstellungen baden. Nur weiß ich immer noch nicht, was ich anziehen soll. Vermutlich hatte der Mann nicht ganz unrecht, als er vorschlug, den Freitag doch schon mit frei zu nehmen, damit wir in Ruhe packen könnten.
Das klingt so, als würden wir ewig verreisen - und dann sinds ja doch nur ein paar Tage :)

Mittwoch, 3. Juni 2020

Insgesamt sitzt man viel zu wenig am Meer.

Momentan schreibe ich zwar nicht viel oder nicht oft, lese aber recht regelmäßig meine abonnierten Blogs. Dabei hab ich gestern gesehen, dass ich im Monat Mai grad mal zwei Posts in den Äther verabschiedet hatte. Ich glaube, so wenig hab ich vermutlich noch nie geschrieben - abgesehen von der mehrmonatigen Pause vor drei oder vier Jahren.
Vermutlich hat das alles irgendwie auch mit dem Leben in M zu tun. Und damit, dass ich seit dem Umzug mein Dasein überwiegend im Home Office friste. Ich erlebe einfach nicht mehr viel. Werde auch nicht mehr soviel inspiriert. Oder fühle die Inspiration nicht mehr so dolle.
Und wenn ich denn mal nach L tingele, so wie letzte Woche endlich wieder, dann fliegt mir da so viel um die Ohren, dass ich zum Schreiben selbst zu müde werde. Ich werde alt, vermute ich. Gefühlt ist es noch gar nicht so lange her, da war ich regelmäßig bis 2 oder 3 Uhr morgens wach und aufmerksam und schlaflos und jetzt? Bin ich oftmals froh, wenn ich die 20-Uhr-Nachrichten schaffe. Klar, nach nem Power Nap werde ich auch wieder munter und dann geht schon noch was. Aber im Großen & Ganzen...

Die Woche in L ist aber irgendwie auch zackig verflogen. Als ich die Wohnung betrat, dachte ich noch: "Huiii!!! Die haben ja echt Ordnung, die Burschen." Nicht nur die Küche ordentlich, auch der Kühlschrank ganz gut gefüllt. Seltenheitscharakter, aber auf mich konntense ja diesmal auch nicht warten. 3 Monate nen leeren Kühlschrank... Irgendwann hat man Döner & Pizza schließlich auch über. Ja und dann kam ich ins Bad. Nun ja. Okay. Sind eben Jungs.
Sohn II habe ich kaum gesehen in der Woche. Alle zwei Tage andere Schichten, wo er morgens noch schläft, wenn ich aus dem Haus gehe, und abends schon fort ist, wenn ich wiederkomme. Dafür hatte er dann noch zwei Tage frei, in denen wir seine Kontoauszüge sortieren und den Reisekostenaufwand aus dem letzten viermonatigen Praktikum endlich finalisieren konnten.
"Der liegt immer noch hier? Das ist doch schon vier Monate her."
"Joar, ich dachte mir, du guckst mal nochmal drauf."
Formulare, Formulare. Ich kenne das aus der Firma. Der Chef legt mir regelmäßig irgendwelche Formulare hin, dienstlich oder privat - scheißegal. "Ich hasse Formulare und du kannst das doch", sagt er dann immer. Gleich ganze drei Stück warteten diesmal auf mich, alle drei privat. Schon interessant, was man da alles so über einen Menschen erfährt. Aber auch irre, was man überhaupt alles gefragt wird, zum Beispiel, wenn man einen Heimplatz beantragt. Ob jemand verheiratet ist, ja oder nein - und wenn ja, ob die Ehe glücklich ist oder nicht. Wen interessiert sowas außer den Betroffenen selbst? Und die Frage nach dem Lieblingsessen und so... Hm. Also wenn ich an das Pflegeheim vom Opa denke, der musste essen, was auf den Tisch kam, da wurde gar nicht gefragt. Selbst wenn sie ihn gefragt hätten: Er wusste am Ende gar nicht, was er tun sollte mit dem Teller.
"Was soll ich damit machen?" hat er dann gefragt. "Was wird hier von mir erwartet?"
Okay, so dement sind ja nicht alle Senioren. Trotzdem habe ich mich wirklich gewundert, wie gläsern man sich macht, spätestens an dieser Stelle.

Auf Sohn I war ich mega stolz und hab ihm das auch gesagt. Ende des letzten Jahres hatte er sich anderweitig beworben, damit er überhaupt mal die Chance hat, ein bisschen mehr als Mindestlohn zu verdienen. Daraus ist nichts geworden, aber sein Chef hatte es mitbekommen und ihn befragt.
Und gefragt, warum er denn gehen wolle, er habe sich doch so gut entwickelt.
Sohn I hatte wahrheitsgemäß geantwortet, dass er einfach die Chance hatte nutzen wollen, etwas mehr zu verdienen, und sein Chef hatte gesagt, man könne doch über alles reden.
Natürlich ist da nix gekommen, außer dass ihm ab dem Tag die Überstunden bezahlt werden, aber das hat der Junge auch nicht erwartet.
Letzte Woche bekam er schriftlich vom Chef, dass er sich stark entwickelt hatte und man über eine Gehaltserhöhung sprechen könne. Wann und was das in Zahlen bedeutet, das weiß er noch nicht - aber für ihn persönlich hat mich echt gefreut, dass er überhaupt Anerkennung bekommt. Ich für mich hatte ja eher gedacht, dass der Chef sich schnell Ersatz sucht und meinen Jungen dann auf die Straße setzt, wo er nun weiß, dass Sohnemann das versucht hatte. Das Gegenteil ist offensichtlich der Fall - und gerade für einen Menschen wie ihn ist viel mehr die verbale Anerkennung wichtig. Dass ihm jemand sagt und zeigt, worin er gut ist. Meckern können alle. Aber loben?
Und was mich auch sehr freut, ist, dass der Junge offenbar auch die Kollegen von sich überzeugen konnte, mit denen es anfangs schwierig war. Die sich auch nicht grad lobend über ihn geäußert hatten. Weil er zum Beispiel alle Formulare und Abrechnungen zu langsam ausfüllt.
"Mache hin, du sollst die Buchstaben nicht malen, sondern schreiben", haben sie beklagt, vermutlich auch zu recht. Aber da ist er eigen. Er schreibt wie gedruckt, und das sehr sorgfältig. Davon lässt er sich auch nicht abbringen. Er ist wie er ist. Und manches Mal frage ich mich schon auch, ob er latent autistische Züge aufweist. Nicht umsonst identifiziert er sich am liebsten mit Sheldon Cooper, kann die Sachverhalte, die ihn interessieren, bis aufs Komma wiedergeben, während er alles andere hingegen schon vergessen hat, bevor man überhaupt zuende sprach. Oder muss dreimal nachfragen, weil er einfach nicht zuhört, sich nicht auf den anderen konzentriert, mit seinen Gedanken ganz woanders ist.
Ob er nun hier wirklich seinen Platz gefunden hat, kann ich noch nicht beantworten, das muss ich noch abwarten. Denn ich selbst verfolge auch gewisse Ziele, die aber davon abhängen, inwieweit der Junge sattelfest und vor allem finanziell unabhängig ist. Vor drei Jahren habe ich mir persönlich etwas geschworen - und diese Ziele verfolge ich auch weiterhin. Es gibt Dinge, die vergesse ich nicht - auch wenn es länger dauert.

Unterm Strich also eine gute Woche. Arbeitsreich beruflich und privat - und produktiv. Langsam kann ich mich zurücklehnen und auf die Dinge schauen, wie sie ihren Weg gehen.
Und Samstag fahren wir ans Meer. Endlich. Nach ewiger Zeit. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich DAS jetzt brauche! Und ich weiß schon jetzt, wie sehr ich von diesen Tagen zehren werde. Auch wenn wir die nächste Reise ans Meer schon im nächsten Monat wiederholen wollen, nur dann mit einem anderen Ziel als jetzt. Ich war zu lange nicht dort. Viel zu lange, das merke ich immer wieder.