Mittwoch, 3. Juni 2020

Insgesamt sitzt man viel zu wenig am Meer.

Momentan schreibe ich zwar nicht viel oder nicht oft, lese aber recht regelmäßig meine abonnierten Blogs. Dabei hab ich gestern gesehen, dass ich im Monat Mai grad mal zwei Posts in den Äther verabschiedet hatte. Ich glaube, so wenig hab ich vermutlich noch nie geschrieben - abgesehen von der mehrmonatigen Pause vor drei oder vier Jahren.
Vermutlich hat das alles irgendwie auch mit dem Leben in M zu tun. Und damit, dass ich seit dem Umzug mein Dasein überwiegend im Home Office friste. Ich erlebe einfach nicht mehr viel. Werde auch nicht mehr soviel inspiriert. Oder fühle die Inspiration nicht mehr so dolle.
Und wenn ich denn mal nach L tingele, so wie letzte Woche endlich wieder, dann fliegt mir da so viel um die Ohren, dass ich zum Schreiben selbst zu müde werde. Ich werde alt, vermute ich. Gefühlt ist es noch gar nicht so lange her, da war ich regelmäßig bis 2 oder 3 Uhr morgens wach und aufmerksam und schlaflos und jetzt? Bin ich oftmals froh, wenn ich die 20-Uhr-Nachrichten schaffe. Klar, nach nem Power Nap werde ich auch wieder munter und dann geht schon noch was. Aber im Großen & Ganzen...

Die Woche in L ist aber irgendwie auch zackig verflogen. Als ich die Wohnung betrat, dachte ich noch: "Huiii!!! Die haben ja echt Ordnung, die Burschen." Nicht nur die Küche ordentlich, auch der Kühlschrank ganz gut gefüllt. Seltenheitscharakter, aber auf mich konntense ja diesmal auch nicht warten. 3 Monate nen leeren Kühlschrank... Irgendwann hat man Döner & Pizza schließlich auch über. Ja und dann kam ich ins Bad. Nun ja. Okay. Sind eben Jungs.
Sohn II habe ich kaum gesehen in der Woche. Alle zwei Tage andere Schichten, wo er morgens noch schläft, wenn ich aus dem Haus gehe, und abends schon fort ist, wenn ich wiederkomme. Dafür hatte er dann noch zwei Tage frei, in denen wir seine Kontoauszüge sortieren und den Reisekostenaufwand aus dem letzten viermonatigen Praktikum endlich finalisieren konnten.
"Der liegt immer noch hier? Das ist doch schon vier Monate her."
"Joar, ich dachte mir, du guckst mal nochmal drauf."
Formulare, Formulare. Ich kenne das aus der Firma. Der Chef legt mir regelmäßig irgendwelche Formulare hin, dienstlich oder privat - scheißegal. "Ich hasse Formulare und du kannst das doch", sagt er dann immer. Gleich ganze drei Stück warteten diesmal auf mich, alle drei privat. Schon interessant, was man da alles so über einen Menschen erfährt. Aber auch irre, was man überhaupt alles gefragt wird, zum Beispiel, wenn man einen Heimplatz beantragt. Ob jemand verheiratet ist, ja oder nein - und wenn ja, ob die Ehe glücklich ist oder nicht. Wen interessiert sowas außer den Betroffenen selbst? Und die Frage nach dem Lieblingsessen und so... Hm. Also wenn ich an das Pflegeheim vom Opa denke, der musste essen, was auf den Tisch kam, da wurde gar nicht gefragt. Selbst wenn sie ihn gefragt hätten: Er wusste am Ende gar nicht, was er tun sollte mit dem Teller.
"Was soll ich damit machen?" hat er dann gefragt. "Was wird hier von mir erwartet?"
Okay, so dement sind ja nicht alle Senioren. Trotzdem habe ich mich wirklich gewundert, wie gläsern man sich macht, spätestens an dieser Stelle.

Auf Sohn I war ich mega stolz und hab ihm das auch gesagt. Ende des letzten Jahres hatte er sich anderweitig beworben, damit er überhaupt mal die Chance hat, ein bisschen mehr als Mindestlohn zu verdienen. Daraus ist nichts geworden, aber sein Chef hatte es mitbekommen und ihn befragt.
Und gefragt, warum er denn gehen wolle, er habe sich doch so gut entwickelt.
Sohn I hatte wahrheitsgemäß geantwortet, dass er einfach die Chance hatte nutzen wollen, etwas mehr zu verdienen, und sein Chef hatte gesagt, man könne doch über alles reden.
Natürlich ist da nix gekommen, außer dass ihm ab dem Tag die Überstunden bezahlt werden, aber das hat der Junge auch nicht erwartet.
Letzte Woche bekam er schriftlich vom Chef, dass er sich stark entwickelt hatte und man über eine Gehaltserhöhung sprechen könne. Wann und was das in Zahlen bedeutet, das weiß er noch nicht - aber für ihn persönlich hat mich echt gefreut, dass er überhaupt Anerkennung bekommt. Ich für mich hatte ja eher gedacht, dass der Chef sich schnell Ersatz sucht und meinen Jungen dann auf die Straße setzt, wo er nun weiß, dass Sohnemann das versucht hatte. Das Gegenteil ist offensichtlich der Fall - und gerade für einen Menschen wie ihn ist viel mehr die verbale Anerkennung wichtig. Dass ihm jemand sagt und zeigt, worin er gut ist. Meckern können alle. Aber loben?
Und was mich auch sehr freut, ist, dass der Junge offenbar auch die Kollegen von sich überzeugen konnte, mit denen es anfangs schwierig war. Die sich auch nicht grad lobend über ihn geäußert hatten. Weil er zum Beispiel alle Formulare und Abrechnungen zu langsam ausfüllt.
"Mache hin, du sollst die Buchstaben nicht malen, sondern schreiben", haben sie beklagt, vermutlich auch zu recht. Aber da ist er eigen. Er schreibt wie gedruckt, und das sehr sorgfältig. Davon lässt er sich auch nicht abbringen. Er ist wie er ist. Und manches Mal frage ich mich schon auch, ob er latent autistische Züge aufweist. Nicht umsonst identifiziert er sich am liebsten mit Sheldon Cooper, kann die Sachverhalte, die ihn interessieren, bis aufs Komma wiedergeben, während er alles andere hingegen schon vergessen hat, bevor man überhaupt zuende sprach. Oder muss dreimal nachfragen, weil er einfach nicht zuhört, sich nicht auf den anderen konzentriert, mit seinen Gedanken ganz woanders ist.
Ob er nun hier wirklich seinen Platz gefunden hat, kann ich noch nicht beantworten, das muss ich noch abwarten. Denn ich selbst verfolge auch gewisse Ziele, die aber davon abhängen, inwieweit der Junge sattelfest und vor allem finanziell unabhängig ist. Vor drei Jahren habe ich mir persönlich etwas geschworen - und diese Ziele verfolge ich auch weiterhin. Es gibt Dinge, die vergesse ich nicht - auch wenn es länger dauert.

Unterm Strich also eine gute Woche. Arbeitsreich beruflich und privat - und produktiv. Langsam kann ich mich zurücklehnen und auf die Dinge schauen, wie sie ihren Weg gehen.
Und Samstag fahren wir ans Meer. Endlich. Nach ewiger Zeit. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich DAS jetzt brauche! Und ich weiß schon jetzt, wie sehr ich von diesen Tagen zehren werde. Auch wenn wir die nächste Reise ans Meer schon im nächsten Monat wiederholen wollen, nur dann mit einem anderen Ziel als jetzt. Ich war zu lange nicht dort. Viel zu lange, das merke ich immer wieder.

5 Kommentare:

Dies und Jenes hat gesagt…

Hach du Glückliche. Ans Meer. Wünsch Dir eine schöne Zeit und genieße.
Bei mir dauert es noch. Erst Ende August.

Übrigens 20.00 Uhr ist mir gerade auch Deadline, mehr geht nicht, wobei ich jetzt etwas besser bin seid ich zu Hause bin. Der Doc hat mich zwei Wochen krank geschrieben. Es ging nicht mehr.

LG
Ursula

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Ursula, ich wünsche Dir vor allem gute Besserung!! Früher habe ich Krankschreibungen fast immer abgelehnt, heute sage ich mir: Respektiere einfach, wenns nicht mehr geht.

Und: Vielen lieben Dank!! Ich werde jeden einzelnen Moment genießen!! :)

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Helma, ich freue mich ganz besonders für deinen Sohn !. Sicher ist vernünftig Geld verdienen schon nötig, aber richtige Anerkennung in Worten ist manchmal fast noch mehr wert.
Vielleicht hast du nicht ganz unrecht mit der Vermutung, dass leichtes Asberger Syndrom oder eine andere Form von Autismus bei ihm da ist - ich hatte mal einen 5jährigen Jungen in der Betreuung, der nachgewiesen ein Asberger-Patient war. Über den konnte ich immer nur staunen.
Wahrscheinlich habe ich deswegen bei mir die alte Geschichte noch einmal eingestellt, weil nichts passiert.
Morgen muss ich zum Podologen und da soll der Abdruck für zwei Zehenspangen gemacht werden. Momentan kann ich zwar gerade schmerzfrei laufen, aber wenn die Nägel nachwachsen, wird es wieder kritisch.
Gute Nacht!

Grit hat gesagt…

Sicherlich war die Freude bei Ihren Jungs groß, über Muttis erscheinen. Das mit der Ordnung klingt doch ganz akzeptabel für einen 2 Männerhaushalt. Es freut mich für Ihren Sohn, dass er wenigstens erstmal anerkennende Worte von seinem Chef erhalten hat und ich hoffe sehr, dass er seine Anerkennung in Form einer Gehaltserhöhung nochmals ausdrückt.
Viele liebe Grüße, Grit.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Danke Grit :) Ja, die Jungs waren in der Tat sehr erleichtert :) Endlich wieder frische, gebügelte Wäsche und vor allem was Ordentliches zu essen. Das merkt man vor allem bei Sohn I, dass Essen & Trinken Leib & Seele zusammenhalten.