Montag, 17. August 2020

Late Night (It's Okay)



Ich wünschte, wir hätten an jenem Abend auf der Straße getanzt, anstatt in Streit zu geraten.  
Ich wünschte, ich hätte tatsächlich in den vergangenen Tagen die Sonne und den x-ten Milchkaffee dazu genossen.
Wobei.. Genau genommen war vielleicht von allem etwas in den vergangenen Tagen oder wenigen Wochen dabei. Dennoch. Es ging mir nicht gut in der letzten Zeit. Und was mir vor wenigen Jahren noch viel leichter fiel, wird zunehmend schwieriger. Es braucht inzwischen mehr Zeit, um mich wieder auf die Beine zu stellen. Liegts am Alter? Was weiß ich. 
Vor zwei Tagen wiederholte sich das denkwürdige "Jubiläum" des schweren Verkehrsunfalls zum 14. Mal, der Unfall, der mich verändert hat. Der auch meinen Weg verändert hat. Das ist es jedoch nicht, was mir auf der Seele und in meinem Kopf lastet. Den Unfall habe ich inzwischen verarbeitet, hinter mir gelassen. Nicht vergessen habe ich einige Episoden daraus. Unter anderem die Begegnung mit dem Neurologen, der mir empfahl, nur wenige Wochen nach dem Unfall wieder in ein Auto zu steigen und loszufahren. Auf meine Angst hin winkte er nur ab: "Natürlich haben Sie Angst. Weil Sie alles kontrollieren können wollen. Und der Unfall hat Ihnen gezeigt, dass Sie eben nicht alles kontrollieren können."
Ehrlich gesagt, habe ich absolut keine Ahnung, ob er recht hat oder nicht. Eigentlich empfand ich mich bis zu jener Zeit eher als jemanden, der mehr oder weniger in den Tag hineinlebte, ohne wirklichen Plan, ohne eine wirkliche Vorstellung, aber immer mit der sicheren Überzeugung: Alles wird schon.
Genau genommen lebe ich noch immer mit dieser Überzeugung, nur die Sicherheit ist sich nicht mehr ganz so sicher. Die Sicherheit hat irgendwann und irgendwo einen Riss bekommen und Angst hineingelassen. Angst um die Menschen, die ich so liebe. Diese Angst ist nicht grundlos, insbesondere aktuell nicht, und vermutlich ist es deshalb im Moment etwas schwieriger für mich. 
Umso mehr, je weniger ich selbst tun kann, um etwas zum Positiven zu verändern. 
Will ich also die Situation kontrollieren? 
Eigentlich... wünsche ich mir doch nur, dass sich der eine oder andere besser fühlt. Dass er sich gut fühlt. Dass er glücklich ist.. Das ist irgendwie so allgemein ein "Wunschdenken" von mir. Dass alle glücklich sind. Dass es allen gut geht. Und wenn ich etwas dazu tun kann?

Vor allem in solchen Phasen wie jetzt, in denen ich mich zurückziehe, um Situationen besser auszuhalten und mir auch Strategien zu überlegen, kann ich umso weniger andere Situationen ertragen. 
Wenn ich zum Beispiel noch einmal irgendwo lese, wie einer den anderen belehrt, warum es bitte schön eine Maske zu tragen gilt, dann bekomme ich einen Schreikrampf. (Stattdessen "begnüge" ich mich aktuell damit, Postings nicht mehr zu lesen und den einen oder anderen für ein Weilchen auf "Mute" zu stellen. Was bin ich doch für ein Revoluzzer, ach Gott.) Man darf erwachsenen Menschen durchaus zutrauen, eine Meinung zu haben, das eine oder andere (kritisch) zu hinterfragen und sich auch zu wundern. Die Meinung darf auch mal anders sein als die von anderen. Da braucht es nicht Dich oder Dich, um fünf Monate lang nicht begriffen zu haben, warum ich einhundertfünfzig Euro zahlen muss, wenn ich ohne Maske in einen Bus steige oder einen Supermarkt betreten will. 
Denn genau genommen gehts gar nicht wirklich um eine Maske. Sondern um all die Konsequenzen, die zum Beispiel Eltern tragen müssen. Die beispielsweise ihr Kind nicht mehr in die KiTa bringen dürfen, nur weil es mal einen ganz scheiß normalen Schnupfen hat. 2020 - das Jahr, in dem alle durchdrehen, weil einer Schnupfen hat. Was das für die Eltern bedeutet, egal, ob nun Home Schooling, reduzierte KiTa-Zeiten oder eben auch mal gleich ganz zu Hause bleiben, weil das Kind nicht angenommen wird, das hinterfragen die, die keine (betreuungsbedürftigen) Kinder (mehr) haben, am wenigsten. Da kotz ich ab, echt. Als wären mit Beginn dieser aktuellen Krankheitswelle alle anderen scheiß normalen Erkältungen vom Tisch. 
Heute Morgen sollte ich meinen Hausarzt für einen Termin anrufen. Schlechte Blutwerte, kommen Sie noch diese Woche, rufen Sie gleich mal früh an wegen einem Termin im Lauf  des Tages. Hab ich gemacht und während die Empfangsdame sprach, musste ich ein bisschen husten. Das muss ich immer, wenn das kleine Ding in meiner Brust nicht mehr gleichmäßig schlägt, sondern bisschen rumzappelt. 
Die Empfangsdame unterbrach abrupt ihren Redefluss: "SIND SIE ETWA ERKÄLTET???"
"Äh.. nein!"
Herrgott nochmal.

Eigentlich.. wünsche ich mir doch nur ein bisschen mehr Ruhe in der Seele. Und ich glaube, dem einen oder anderen würde das auch ganz gut tun.

16 Kommentare:

DrSchwein hat gesagt…

Ruhe in der Seele klingt sinnvoll und gut.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Finde ich auch, Herr Doktor.

Fastdäne hat gesagt…

Moin, moin,
auch vor Corona hatte ein verschnieftes Kind nichts in der Kita oder in der Schule zu suchen. Hat bloß niemanden interessiert. Folge waren dann immer wieder leere Klassenräume, da irgendwann die ganze Klasse mit Grippe im Bett lag.
Corona ist aber keine Grippe! Das Risiko hinsichtlich der Folgen einer Infektion ist aus meiner Sicht bedrohlich und unkalkulierbar.
Wenn dann im Supermarkt oder im Bus Menschen meinen, Verordnungen und Regeln würden für sie nicht gelten und Einkauf ohne Maske sei Pflicht als ziviler Ungehorsam gegen Beschränkungen der Grundrechte, dann verletzt diese Person mein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.
Leider dauert es ja, bis tatsächlich mal ein Bußgeld verhängt wird.
Gruß Frank

Juna hat gesagt…

Umärmel.

Der Wunsch, das es allen um einen rum gut geht, kenne ich. Das Gefühl, das ich selbst dafür ja Verantwortung trage auch, ABER ich hab gelernt, das ich dafür nicht verantwortlich bin, das ich nur dazu beitragen kann, indem ich glücklich bin. Klar gelingt nicht immer, aber es wird. :-*

Dies und Jenes hat gesagt…

Du sagst es Ruhe für die Seele. Das ist es. In wenigen Tagen geht es ans Meer. Endlich. Ich kann es kaum erwarten.
Ich hoffe ich finde etwas Ruhe. Alles schon soooo lange viel zu wuselig und unruhig. Vor und auch während Corona. Wobei ich ja dankbar bin dass wir mit alles so vorbeigeschrammt sind Arbeit, Job, Gehalt, Gesundheit. Aber es ist anders da draußen. Die meisten Menschen sind auch anders positiv wie negativ.
Stimmt du sagt es - ich brauch irgendwie auch mehr Zeit bis ich wieder aufgerappelt bin. Es liegt so denke ich vielleicht einen kleine Miniteil am Alter, aber du sowie auch ich haben schwere Jahre hinter uns, das prägt mit, gesund im Sinne von richtig gesund sind wir ja auch nicht.

Drück dich und liebe Grüße
Ursula


Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Hey Frank, als ich Deinen Kommentar las, hatte ich spontan meinen Vater vor Augen bzw. seine Worte im Ohr. Wir waren drei Kinder zu Hause. War einer krank, blieb die Mama zu Hause. Kaum war der erste gesund, wurde der zweite krank. Blieb die Mama also weiter zu Hause. War der zweite gesund, wurde der dritte krank.
Im Osten gabs damals keine Lohnfortzahlung bei "Kind krank", jedenfalls nicht, solange wir "betreuungsbedürftig" war. Wenn der Papa also nach Hause kam und die Mama saß am Küchentisch, den Kopf in die Hände gestützt, dann fragte er gar nicht erst, was los war. Er fragte nur noch "Wer?"
Ein was Positives aber gab es damals: Man verlor seinen Job nicht, dessen konnte man sich sicher sein.
Heute hat man zwar die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für 20 Tage im Jahr - aber wenn man die über-reizen muss, dann hat man im worst case keine Lohnfortzahlung, sondern unter Umständen auch keinen Job mehr. Das habe ich alles schon erlebt. Zwar nicht persönlich, aber in meinem Umfeld.
Insofern... Dass Kinder mit einem Schnupfen nicht in die KiTa oder Schule gehören.. Hm. Ich bin mir da nicht so sicher. Außer vielleicht in einem: Wenns dick sowie gelb-grün aus der Nase rinnt, dann steckt da mehr dahinter und dann sollte auch kein Kind in die Einrichtung gehen. Aber es gibt nun auch wirklich harmlose Rotznasen - und wenn man wegen jedem gleich einen Aufstand macht, ja dann.. gute Nacht Marie.
Leere Schulklassen oder KiTa-Gruppen habe ich persönlich nicht erlebt - weder als ich Kindergarten- und Schulkind war noch als meine Kinder in dem Alter waren.
Ob Corona eine Grippe ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Unlängst las ich, dass selbst die Wissenschaftler noch nicht einig seien. Und wenn Covid 19 tatsächlich neu (mutiert) ist, dann dürfte die Erkenntnisreise auch noch ein wenig andauern.
Worum es mir geht, ist Verhältnismäßigkeit. Sinnhaftigkeit von Maßnahmen - und damit meine ich nicht das Masken-Tragen.
Ob Deutschland und andere Nationen einfach nur Glück hatten oder nicht, kann ich auch nicht einschätzen. Ich empfinde es dennoch als ein bisschen sehr arrogant, wenn sich der Deutsche hinstellt und sagt "Wir haben nicht so viele Zahlen wie andere, weil wir rechtzeitig die richtigen Maßnahmen hatten." Rein wissenschaftlich würde ich untersuchen, woran es liegt, dass die einen mehr, die anderen weniger betroffen waren. Und ich würde auch mal Zahlen ins Verhältnis setzen. Deutschland hat rund 83 Millionen, Amerika 330, glaube ich. Brasilien 218. Ob sowas bewusst unterlassen wird oder nicht, möchte ich auch nicht beurteilen, aber ich vermisse es in den Berichterstattungen. Stattdessen hört man immer nur von steigenden Infektionsraten. Bei denen eben auch nicht unterschieden wird, ob erkrankt oder "nur" infiziert. Grad in Bayern kann sich jeder kostenlos testen lassen, egal ob Reiserückkehrer oder nicht. Und? Was soll mir die Zahl dann sagen? Dass jetzt eine Dunkelziffer belichtet wird von Infizierten, die nicht mal wussten, dass sie Corona hatten? Und welchen Corona-Virus eigentlich? Den neuen oder einen von denen, die es schon ein paar Jahre lang gab?
Ach egal, ich glaub, das ist ein ausuferndes Thema. Worums mir hier ging: Jeder hatte genug Zeit und Mittel, sich zu informieren. Jeder macht sich seine eigenen Gedanken - auch über Maßnahmen von Möchtegern-Kanzlern wie dem Söder. Der anderen Alleingänge vorwirft, nur weil er derjenige sein will, der in der Krise glänzt, damit man ihn für kanzlerkompetent hält. Das ist nur mein ganz persönliches Empfinden ohne Anspruch auf Wahrheit. Jeder macht sich Gedanken über Sinnhaftigkeit von Maßnahmen, die gestern noch als völlig wirkungslos abgetan wurden. Als gäbe es Masken und entsprechende Erfahrungswerte über Wirkungsweisen erst seit jetzt? Mich nervt, dass man sowas nicht mehr aussprechen darf, ohne sofort agitiert zu werden "Trag halt die Maske und halts Maul, du hasts eben immer noch nicht begriffen." Eine solche Tonart war wochenlang zu lesen - und das kotzt mich an.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Juna, ich wollte mich heute Nachmittag auf dem anderen Kanal bei Dir melden, aber ich bin heute in L angekommen und irgendwie ist mir die Zeit durch die Finger geronnen :) Ich muss in meinem Kopf noch ein bisschen was sortieren, um Dich nicht zu überrollen, und dann quatsche ich Dir einfach mal was aufs Band. Hier möchte ich das nicht, weil es um eine andere Person geht als mich - und das Thema zu persönlich ist.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Ursula, bei Deinen Zeilen hätte ich fast ein bisschen geweint. Manchmal.. ist das einfach so, dass ein bestimmtes Wort, ein bestimmter Satz genau den einen Nerv trifft. Danke dafür :*
Ja, wir hatten auch Glück in dieser Zeit, mit Job und allem und dafür bin ich auch sehr dankbar. Es geht aber ganz vielen nicht gut in dieser Zeit, und mich ärgert, dass zumeist diejenigen alles kleinreden, denen es eben gut geht.
Hab eine wundervolle Zeit am Meer, das wünsche ich Dir wirklich von Herzen. Für mich gibt es keinen anderen Ort, an dem ich so unendlich viel in mich aufnehmen kann, dass ich eine ganze Zeit lang danach immer noch Flügel haben kann.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Ach Frank, ein was fällt mir noch ein: In Bayern zB gibt es das Bußgeld. Meine Freundin darf zahlen, etwas über 180 Euro (150 Grundpreis, der Rest ist dafür, dass man den Beamten geweckt hat). Sie darf zahlen dafür, dass sie im März oder April eine Freundin in deren Garten besucht hat - alle mit Maske und Abstand. Sie sollte nur ein Geburtstagsgeschenk für das Kind abholen. Und der Nachbar rief die Polizei. Ihre Freundin muss nicht zahlen, weil sie sich einsichtig zeigte. Meine Freundin muss zahlen, weil sie Fragen gestellt hat.
Soweit ich weiß, haben mehrere Bundesländer Corona-Bußgeldkataloge aufgestellt.

"Wenn dann im Supermarkt oder im Bus Menschen meinen, Verordnungen und Regeln würden für sie nicht gelten und Einkauf ohne Maske sei Pflicht als ziviler Ungehorsam gegen Beschränkungen der Grundrechte, dann verletzt diese Person mein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit."
Zu diesem Satz wollte ich Dich gerne noch was fragen: Bis wohin geht Dein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit? Bzw. wie willst Du das umsetzen, sobald Du Dein Haus verlässt? Geht dieses Grundrecht über Corona hinaus?
Woher willst Du wissen, was Dir passiert, sobald Du vor die Tür gehst - und was ein anderer verschuldet? Wissentlich oder nicht? Woher willst Du wissen, was ein jeder in sich trägt? Sollte man jetzt jeden Menschen auf alles Mögliche testen und diese Daten speichern? Weil etwas sein könnte, das aber nicht sein muss?
Ich möchte das wirklich wissen.
Und wo im Leben ist es Dir schon passiert, dass Dich einer angehustet oder angeniest hat? Schweineferkel gibt es immer, die sich nach der Toilette nicht die Hände waschen beispielsweise. Hast Du das von jedem gewusst, dem Du die Hände geschüttelt hast?
In der Praxis hab ich es nie anders erlebt, dass jemand, der erkältet war, einem anderen die Hand gereicht hat. In die Quarantäne haben wir denjenigen auch nicht geschickt, höchstens nach Hause mit den Worten "Ey, ruh dich mal aus und erhol dich." Einem Erwachsenen sollte man auch nicht erklären müssen, wie er sich die Hände zu waschen hat.

Vor Corona selbst habe ich persönlich keine Angst. Ich habe auch keine Angst vor Krebs oder anderen Erkrankungen. Wenns mich trifft, dann trifft es mich. Im Gegenzug habe ich Verständnis für Menschen wie beispielweise meinen schwer herzkranken Vater, der aktuell nicht notwendige Kontakte meidet und auch sonst darauf bedacht ist, sich zu schützen. So wie ich ihn nicht besuchen würde, wäre ich erkältet oder sowas. Weil auch der normale Infekt für ihn zum Desaster werden kann.
Das sind alles Dinge, die sich ohnehin für die meisten von uns von selbst verstanden haben und verstehen.

Juna hat gesagt…

Du kannst mich nicht überrollen ;-) Du weißt doch dass ich das aushalte, wenn du auf mich drauf hüpfst ;-) Kann höchstens sein, dass ich etwas länger brauche um zu reagieren, weil ich gerade mit dir kuscheln... ach ne, das war ja ein anderes Thema. Ernst: wenn ich länger brauche zum Antworten, dann weil ich länger nachdenken muss :-* Lass dir Zeit wie du sie brauchst, ich bin da.

Grit hat gesagt…

Hallo Helma,
schön wieder von Ihnen zu lesen, habe Ihre tiefgründigen Posts bzw. Antworten schon sehr vermisst. Es ist unglaublich, wie sich Leute verhalten, uneinsichtig, andere denunzierend, hm ... vielmals kann ich einfach nur den Kopf schütteln. Seit diesem Jahr sind husten und niesen verboten ;), es hat auch keiner mit einer ganz normale Grippe zu kämpfen .... echt verwunderlich, wo sonst jedes Jahr Tausende von Menschen betroffen sind, Influenza Tote dieses Jahr ... gibt es nicht!? ;)
Ich habe 14 Tage an meiner geliebten Ostsee die Seele baumeln lassen - herrlich! Ich habe in dieser Zeit keine uneinsichtigen Menschen erlebt, alle mit Maske, Mindestabstand wurde eingehalten. Bald geht hier die Schule wieder los und ich bin gespannt, ob es weitere Neuerungen gibt.
Alles Liebe und herzliche Grüße, Grit.

Lutz hat gesagt…

Eines muss man echt sagen: Die Corona-Thematik hat die Bevölkerung gespalten wie kaum ein anderes Thema zuvor. Sie macht sogar vor den bisher gängigen politischen Grenzlinien nicht Halt, sondern spaltet auch dort mitten durch die üblichen politischen Blöcke. Und: Auch ich bin bei diesem Thema nach wie vor gespalten.

Es gibt zu wenig belastbare Fakten, um das Ganze sauber bewerten zu können. Vermutlich, ja höchstwahrscheinlich sogar, werden gezielt nicht alle bekannten Fakten benannt, um so Stimmungsmache zu betreiben. Zusätzlich dazu, dass man als Nicht-Virologe auch nur eingeschränkte Fähigkeiten zur Bewertung dieser Fakten hätte, selbst wenn sie denn vorliegen würden. Jemandem aber einfach nur so zu glauben, weil er/sie als "Experte" präsentiert wird, sollte man keinesfalls tun. Das habe ich noch nie getan. Und mein Gefühl sagt mir hier schon länger, dass mit dem Thema gezielt Angstmache unter der Bevölkerung betrieben werden soll.

Dass das funktioniert, das erleben wir tagtäglich. In unserem privaten Umfeld. In der direkt erlebbaren Öffentlichkeit rund um uns herum. In den Medien. Und in den sozialen Netzwerken. Der Ton zwischen den Menschen wird immer rauher, die Aggressivität steigt immer weiter. Weil viele Menschen einfach Angst haben. Man hört sich nicht mehr zu und beharrt ausschließlich darauf, dass die eigene Meinung richtig sei. Ohne jeglichen Widerspruch. Wer Widerspruch, welcher Art auch immer - äußert, wird mit Beschimpfungen überzogen.

Was wir derzeit erleben, ist ein Meinungskrieg. Ich bin nicht gegen kontroverse Diskussionen, solange sie sachlich, faktenbasiert und nachprüfbar sind sowie auch von Achtung gegenüber anderen Meinungen geprägt sind. Gerade das könnte uns zu neuen Erkenntnissen führen. Aber all das passiert derzeit nicht. Und daran sind auch maßgeblich die großen Medien und die Politiker beteiligt. Wer Menschen mit anderen Auffassungen z.B. als Covidioten - also Cov(19)-Idioten - bezeichnet, hat für mich damit jeden Anspruch als sachlicher, ernsthafter Diskussionspartner verspielt. Andere Beschimpfungen mal außen vor gelassen.

Dabei bin ich jetzt noch gar nicht auf meine persönliche Meinung zu diesem Thema eingegangen. Muss ich auch nicht. Allein der Umgang miteinander ist ein Trauerspiel.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Grit, ich gönne es wirklich jedem von Herzen, aber derzeit beneide ich schon jeden, der seine Seele am Meer baumeln lassen kann bzw. konnte. Ich war ja selbst erst im Juni und Juli dort - und irgendwie wurde mir da doppelt bewusst, wie sehr ich das vermisst hatte.
Im September bin ich ein paar Tage länger in L - und ich überlege, ob ich mir mindestens einen Sohn "einladen" und mit ans Meer nehmen kann - und seis für ein verlängertes Wochenende. Von L bis an "mein" Meer wäre das nur Halbzeit im Sinne von: halbe Strecke als von M aus; mal schauen, was die Jungen sagen, wenn ich wieder da bin.
Und ja, was das Denunzieren betrifft: Es hat mich trotz allem erschüttert. Da hat man sich früher über die Ossis aufgeregt, wie man sich gegenseitig bespitzeln konnte - und jetzt?
Denn genau wie Sie es sagen: Was ist denn mit all den anderen ansteckenden Erkrankungen, wie Grippe etc.? Mich wundert immer noch, dass man dieser Art Vergleiche nicht anstellen darf. Auch die ganz normale Grippe kann tödlich enden, nicht nur für Risikopatienten. Die Toten haben wir jedes Jahr zur Kenntnis genommen, meistens aber auch nur als Randnotiz.
Was derzeit weltweit abgeht, kann ich immer noch nicht nachvollziehen. Rein wissenschaftlich würden mich da gerade die Beispiele Deutschland, Schweden und die "führenden" Länder wie USA, Brasilien sowie Spanien und Italien interessieren. Da hätte ich wirklich gerne eine Studie dazu - aber eine ehrliche, ungeschönte.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Lieber Lutz, ja das stimmt: Die Gesellschaft ist gespalten wie lange nicht. Genauer gesagt: wie seit 2015 nicht ;)
Wie Du fühle auch ich mich hin- und hergerissen. Was richtig und was falsch ist, weiß man zumeist erst hinterher - und mir ist schon auch bewusst, dass man nicht immer auf das "Nachher" warten kann.
Allerdings - und auch das sehe ich so: Es gibt einfach zu wenig belastbare Fakten. Selbst die Wissenschaftler sind uneins, auch die aus der Virologie. Man muss ja aber letztlich auch anzweifeln: Was hat jemand wirklich gesagt? Ich hab dazu letztens ein ziemlich bemerkenswertes Video gesehen, das aber auch bewusst inszenierte, dass Bilder und selbst Filmaufnahmen mit falschen Statements unterlegt wurden. Insofern umgehe ich das Thema weiträumig, sprich: Ich schau und höre mir das nur ausgewählt an. Würde ich mir das ständig antun, würde ich vermutlich auch irgendwann irre werden.

Und ja, es ist der Ton untereinander, der mir oft die Sprache verschlägt. Manchmal frage ich mich dann: Will ich mich auf eine Diskussion einlassen? Will ich was dazu sagen?
Und entscheide mich immer öfter dagegen. Gerade auch, weil ich diese Erfahrung machte: Es soll gar keine sachliche Diskussion entstehen. Jeder will den anderen von seiner Meinung überzeugen, notfalls mit verbaler Gewalt. Dieser zwischenzeitlich beliebte Spruch "Du hast es einfach immer noch nicht verstanden" verursacht bei mir inzwischen Brechreiz. Weil er jedem Kontrahenten abspricht, sich - sachliche, vernünftige - Fragen gestellt zu haben, auf die er eine Antwort wünscht. Weil er jedem Kontrahenten abspricht, sich Gedanken um etwas zu machen, das für einen selbst keinen Sinn ergeben mag. Dinge hinterfragt, die einander widersprechen. Es könnten ja beide Seiten von einer offenen, sachlichen Diksussion profitieren: Den einen könnte es ein bisschen was von der Angst nehmen, den anderen für bestimmte Entscheidungen sensibilisieren.

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Helma, ich sitze ja wie dolle und verrückt an meiner Kiste und ackere - aber um dich einmal ganz doll von Herzen zu drücken, diese Zeit nehme ich mir jetzt.
Ich weiß zwar, dass das deine Situation auch nicht verbessern kann, aber die soll dir zeigen, dass ich an dich denke.
Drüxxxxxxxxxxxxxxxx von Clara

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Clara, ich bedanke mich wirklich ganz herzlich bei Dir <3