Manchmal blättere ich in meinem Blog und denke: So ein bisschen ist er ja wirklich auch wie ein Tagebuch. Zumindest in den späteren Jahren. An manches erinnere ich mich erst wieder beim Lesen, manchmal lächle ich, manchmal amüsiere ich mich, manchmal bleibe ich nachdenklich.
Dieser Titel hier ist ein - was auch sonst - Zufallsfund am heutigen Abend. Und eigentlich wurde das Original für eine Frau gemacht, die am Nachmittag ihres Hochzeitstages den Kampf gegen ihre Erkrankung Mukoviszidose verlor. Dass es alle wussten, was kommen würde, macht es nicht leichter, gar nicht leichter. Denn diese Art von Abschied ist der mit Abstand schwierigste, weil er einfach nie mehr umkehrbar ist.
Bei jedem anderen Abschied bleibt immer irgendwie ein Gefühl, ein Gedanke, eine Hoffnung zurück: Man weiß niemals, wann man sich eines Tages doch wiedersieht. Diese Unwahrscheinlichkeit ist mir selber passiert und gerade darum... lebt bei jedem Abschied von einem geliebten Menschen auch immer ein wenig Hoffnung mit, dass man sich eines Tages wiedersieht.
Nur hier.. Wenn wir diese Welt verlassen, dann nicht mehr. Dann nie mehr.
Nicht nur in solchen Momenten, aber insbesondere dann denke ich: Sei einfach nur dankbar für jeden einzelnen Tag mit den Menschen, die du liebst..
Manchmal habe ich mich auch gefragt, warum ich eigentlich an irgendeinem Punkt begonnen habe, mehr von meiner eigenen, bisher immer noch "namenlosen" Erkrankung zu schreiben. Ich fragte mich, was ich mir davon versprochen habe - oder ob ich mir überhaupt etwas davon versprach.
Hatte ich gedacht, es würde irgendjemand lesen, der ähnliches durchlebte - und mich an eigenen Erfahrungen teilhaben ließ?
Hatte ich gedacht, es würde irgendjemand lesen, der ähnliches durchlebt und vielleicht auf der Suche ist nach.. Ideen?
Hatte ich gedacht, es würde irgendjemand lesen und mir einen Rat geben können? Eine Empfehlung?
Letzteres ist tatsächlich passiert und dafür bin ich nach wie vor dankbar, auch wenn ich da (noch) nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe.
Ein bisschen ist es einfach auch so, wie ich es gestern zum Doc sagte "Ich hatte das Thema Schmerz schon längst zu den Akten gelegt und mich damit abgefunden."
Er meinte, es sei genau der richtige Weg - und noch vor vier Jahren hätte ich ihm zugestimmt. Wenn man weiß, dass es sich nicht mehr ändern lässt, dann macht man das Beste aus dem, was man hat.
Nur ist es ja nicht dabei geblieben, haben sich weitere Symptome hinzugesellt, mit denen ich inzwischen sicherlich ganz gut umgehen kann. Aber für mich stellt sich die Frage: Bleibt es dabei? Oder kommt noch mehr? Werde ich irgendwo eines Tages auf einem Stuhl sitzen und mir sagen lassen müssen "Wären Sie mal eher gekommen"?
Was ist die Lösung bei einem nächsten heftigen Schub? Wieder eine Stoßtherapie Cortison und auf die mildere Jahreszeit warten, in der es mir dann grundlegend erstmal wieder etwas besser geht?
Es ist müßig, darüber nachzudenken, was kommen könnte. Ich lebe nicht im Konjunktiv. Aber bin ich auch ein Träumer, so bin ich ebenso Realistin, die sehr wohl wahrnimmt, was mit ihr geschieht, was sich verändert - und die auch weiß, dass ich für diesen ganzen Quatsch immer noch zu jung bin. Zumindest zu jung dahingehend, als dass man sagen könnte: Im Alter verändern sich die Dinge halt.
"Mein Gott, Sie haben aber schon echt viel mitgemacht", sagte der Doc gestern beim Blättern in Berichten und ich lächelte: "Genau deshalb will da auch niemand wirklich ran."
Wir haben sehr nah beieinander gesessen, schauten einander direkt in die Augen, als er versuchte, mir zu erklären, dass man auch dann, wenn die Ursache nicht auf psychisch-biografischen Störungen beruht und man keine Lösung findet, mit den Dingen leben kann - und leben muss. Seinem Blick wich ich auch nicht aus, als ich, glaube ich, ungefähr dreimal wiederholte, dass ich mir dessen bewusst bin, jedoch auch hinterfragen möchte, woher das alles kommt. Um einfach zu verstehen, ob ich mehr dagegen tun kann als weiter arbeiten zu gehen, meine Ernährung umgestellt zu haben, mein Leben zu leben - und zum Yoga zu gehen. Auf ausreichend Schritte pro Tag zu achten, lieber Treppen zu steigen als den Lift zu nehmen und so weiter.
Ich denke, die gute Nachricht ist: Neurologisch bin ich gesund. Für mich persönlich ist das schon eine wichtige Erkenntnis. Und verließ die Praxis mit einem Überweisungsschein zu einer rheumatologischen Untersuchung. Er vermutet immer noch, dass die Ursache aller Wahrscheinlichkeit nach dort liegt, die Reaktion auf das Cortison spräche dafür.
Der Mann ist unzufrieden mit dieser Entwicklung. Ich... nicht. Ich habe hier an der Stelle tatsächlich versucht, das Ganze von Anfang an als eine Verlaufskontrolle zu betrachten - und nicht als etwas, das neue Erkenntnisse hervorbringt. Offenbar ist mir das ganz gut gelungen, denn enttäuscht.. bin ich tatsächlich nicht. Stattdessen musste ich heut am frühen Morgen, weit vor dem Aufstehen müssen, echt lachen, als ich aus Langeweile an einem Spielchen teilnahm, das mir zeigen wollte, wie ich im Alter aussehen könnte. Natürlich weiß man, dass das alles Quatsch ist - aber ich fand es lustig, dass mir eine moderne Alte gezeigt wurde mit einem schwarzen Netzshirt und einem schwarzen Rock, über und über mit weißen Perlen bestickt. Eine pfiffige Kurzhaarfrisur und natürlich zurechtgemacht.
Und tatsächlich sehe ich mich selbst auch eher so als eine Omi mit umgebundener Schürze, weißem Haarknoten und süßem Backwerk im Ofen für die Enkel. Wobei: Nix gegen das Backen! Momentan könnte ich jedes Wochenende irgendwas Leckeres zusammenrühren.
Ich fand es auch deshalb lustig, weil es mich an den Spruch erinnerte: "Oma sagt immer: Je schlechter es dir geht, desto besser kleide dich. Toll! Jetzt sitz ich im perlenbestickten Ballkleid im Büro."
Und ich fand es lustig, weil ich selbst auch immer noch Spaß daran hab, mich zurechtzumachen, mal das Haar zusammenzubinden, mal auch nicht. Die Nägel in allen möglichen Rotfarben zu lackieren. Den Schlabberlook längst aufgegeben und wieder mehr dahin zurückgefunden zu haben, dass ich immer noch so etwas wie eine Form besitze, auch wenn sie nach wie vor gut gepolstert ist.
"Willst du mitkommen zum Yoga?" fragte der Mann gestern Abend. Klar, ich kann mich verstellen wie ich will, er weiß natürlich längst, wo das Schmerzlevel aktuell wieder hängt.
"Natürlich", antwortete ich.
Ich konnte vielleicht nicht jede Übung mitmachen, aber das muss ich auch nicht. Was geht, das geht; was nicht geht, geht dann eben beim nächsten Mal.
Entscheidend ist, dass ich mich anschließend nicht schlechter fühle als vor dem Sport.
Und kämpfe noch immer dafür, dass es eines Tages.. hoffentlich doch etwas leichter wird. Nur weil man zwischendurch andere Mittel wählt, bedeutet das ja nicht, dass man aufgegeben hat.
3 Kommentare:
Na ja, Clara, beim Stichwort "Schürze" dachte ich eher nicht an die unerträglichen, hässlichen Nylon-Dinger von früher, sondern an diese baumwollenen Halbschürzen oder die mit Latz :D
Und ja, ich schmaddere lieber meine Wohlfühlsachen ein, als dass man mich jemals so zu sehen bekäme :)
Na ja.. Gelassenheit.. Es klappt nicht immer so, manchmal bin ich auch schon mal etwas verzweifelt und denke: Scheiße alles, verdammte.
Im Großen & Ganzen aber bin ich doch ganz froh, dass mir Leichtigkeit nicht schwerfällt und auch nicht abhanden gekommen ist. Das hat mir schon oft geholfen ;)
Und DEM richte ich den Gruß noch aus, wenn er heut Abend heimkommt, versprochen!
Der Spruch trifft auf mich voll zu. Je schlechter es geht, desto besser kleide ich mich. Wahrt den Schein, außen hui, innen pfui, denke ich oft. Mir geht es damit besser, aber nur an Arbeitstagen. Haha, die Kittelschürze, habe ich in meinem jugendlichen Alter angeschafft, in pink und lila natürlich. Ich find sie super. :D nutze die beim Streichen u früher beim Schleudern, weil super praktisch. Für die Schönheit ist das nix, das ist wahr. ;-)
du hältst mich echt gebannt am Bildschirm fest wenn ich in - deine Jahre zurück - gehe um zu lesen...
denke...wenn ich durch den damaligen Text gehe - wie geht es ihr Heute - /??
selbst diesen Text kannst du mit Leichtigkeit aufs Papier schmeissen
dein Humor schimmert durch die schweren Zeilen und Zeiten die zu beschreiben sicher nicht gerade leicht gefallen sind...
Tagebuchartige Gedanken in einem Text niederzuschreiben
und sie veröffentlichen im vertrauen darauf dass sie richtig gelesen werden
schafft sicher nicht jeder, damit bewundere ich deine Offenheit, deinen Mut...
es lässt mich mit vielen vielen Gedanken zurück...
und der Hoffnung dass dir der Mut dazu bleibt...
wünsche dir eine große Portion" Leichtigket* und das ertragen der Schwere...
herzlichst angel
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