Schon seit vielen Jahren vertrete ich allein aus meiner eigenen Erfahrung heraus die Auffassung, dass man einen Menschen erst dann wirklich kennenlernt, wenn man sich von ihm trennt. Was dann viel zu oft zum Vorschein kommt, hat mich schon oft vor die Frage gestellt: Hat man es einfach nicht gesehen oder wollte man das einfach auch nicht sehen?
Als ich mich von meinem Ehemann trennte und auch unmittelbar danach auszog, da habe ich mir eine Liste aufgestellt: Wer verdient was, wieviel Guthaben haben wir, wer braucht was?
Als ich gegangen bin, ging ich nur mit den Klamotten, einem Kleiderschrank & einem Bett aus dem Kinderzimmer. Vom Guthaben nahm ich mir 700 Euro, die restlichen Tausenden Euros sagte ich ihm zu, dass er damit die Familienkutsche bezahlen sollte, die wir noch weit vor der Trennung gekauft hatten und auf die noch eine Restschuldsumme von 6.000 Euro stand.
Ich ging davon aus: Jeder hat einen Job, jeder hat ein Auto, jeder ein Kind (weil der Große anfangs beim Vater bleiben wollte), ich zahle an den Ex einen Ausgleich, damit jeder dasselbe Netto hatte (dass ich allein aufs Erzählen vertraute und nie einen Lohnzettel sah, verstehe ich allerdings heute auch nicht mehr) - und ich dachte, damit hätte jeder genügend Rüstzeug, um sein Leben nochmal neu und mit dem dann hoffentlich richtigen Partner zu beginnen.
Was ich allerdings in den Jahren ab der Trennung erlebte, habe ich tatsächlich im Traum nicht gedacht. Wollte ich nicht sehen, wer er war?
Irgendwann im Lauf dieser Zeit begann ich mich zu fragen: "Habe ich ihn eigentlich überhaupt jemals geliebt?"
Heute weiß ich: Nein. Liebe war das nicht. Ich war fasziniert von seinem selbstsicheren Auftreten (und realisierte erst viele Jahre später, dass es genau gegenteilig war), sicherlich auch angezogen von seinem Äußeren - aber Liebe.. Nein, Liebe war das nicht. Wir haben nach nicht mal einem Jahr geheiratet, weil er der Meinung war: "Wenn du in meine Stadt ziehst, will ich auch, dass du meine Frau bist. Sonst lernst du vielleicht noch einen anderen kennen und rennst dann weg."
Ich war 20, was soll ich sagen... Von nichts eine Ahnung. Vom Leben nicht und von der Liebe gleich gar nicht.
Man sagt, dass man vergangene Zeiten immer verklärt betrachtet. Dass man ab irgendeinem Tag nur noch die positiven Dinge sieht, jedoch nicht, was einen getrennt hat.
Das kann ich für mich nicht bestätigen: Ich kann mich einfach nicht an positive Dinge erinnern, tatsächlich nicht. Obwohl es sie sicherlich gegeben hat. Und wenn ich heute Fotos von ihm sehe, ist er ein fremder Mensch für mich geworden. Unvorstellbar, mit ihm irgendwann mal zusammen gelebt zu haben. Nicht nachvollziehbar, dass ich das einst selbst so gewollt hatte.
Wenn Außenstehende ihn sehen, finden sie ihn attraktiv und vermutlich ist er das auch.
Vermutlich kann ich ihn nur nicht objektiv betrachten. Vermutlich sehe ich all die Jahre nach der Trennung in seinem Gesicht, verbinde all diese Erfahrungen mit diesem Gesicht - und sehe demnach nicht, was andere sehen.
Wie ich darauf komme?
Gestern entdeckte ich bei FB eine Nachricht im persönlichen Bereich. Ich bin ja fast nur noch mit dem Handy online, und leider wird mir dann da nicht angezeigt, dass eine Nachricht eingegangen ist.
Sie war von einer Frau, die ich schon sehr lange kenne, aber unser Kontakt ist in all den Jahren eher lose geblieben. Eine Frau, die sich immer schon, so lange, wie ich sie kenne, ein Kind, eine richtige Familie gewünscht hatte. Irgendwann hatte sie sich diesen Traum dann doch noch erfüllt: Mann, Haus, Kinder.
Und wie sie mir gestern schrieb, ist der schon vor über einem Jahr ausgezogen, lebt jetzt mit seiner Affäre zusammen, das Haus ist verkauft, doch statt dass er ihr ihren Anteil auszahlt, werden die Finanzen so getürkt und gedreht, dass jetzt für ihn ein Anspruch von ein paar Tausend Euros entsteht, die sie ihm zahlen soll. Nicht er muss ihr beweisen, dass alles getürkt ist - nein, sie muss es IHM nachweisen.. Eine junge Mama mit zwei kleineren Kindern, voll berufstätig wieder - aber er hält die Hand auf, obwohl ER es ist, der zu Hause auf seinem Geldsack hockt.. Und ER eigentlich daran interessiert sein sollte, dass es vor allem seinen Kindern gut geht. Und gehts den Eltern gut, geht es auch den Kindern gut... Ist jedenfalls meine Denkweise.. (Aber vielleicht hatte ich es ja mit dieser Einstellung auch deshalb nie zu etwas gebracht.)
Der Mann und ich werden heiraten in diesem Jahr.
(Ja, so hab ich auch geguckt ;))
Dass er einen Ehevertrag will, stört mich nicht, war auch nie ein Problem für mich.
"Ich will dich aus Liebe, dein Geld interessiert mich nicht", habe ich gesagt und stehe auch dazu.
Bis mir eines Tages in einem eigentlich belanglosen Gespräch aufging: Der will nicht sich absichern, der will MICH mit diesem Vertrag absichern. Weil es auch in seinem früheren Leben Dinge gibt, die mir eventuell das Leben schwer machen könnten, sollte ihm eines Tages etwas passieren.
Ich wusste schon immer, dass er für mich der Richtige ist, auch dann, wenn wir gerade kein Paar waren. Dass wir eines Tages sogar Mann & Frau in echt werden würden, dachte ich allerdings nicht.
Doch spätestens nach diesem Gespräch wusste ich einmal mehr: Dieses Mal habe ich es wirklich richtig gemacht.
9 Kommentare:
Herzlichen Glückwunsch ❤
Herzliche Glückwünsche!
Na, siehste. Wird doch noch alles gut. :-) So, wie Du an vielen Stellen schon geschrieben hast, passt das auch bei Euch. Arsch. Und Eimer. ;-)
Ja, Geld kann eine sehr leidvolle Sache werden. Vor allem bei Trennungen.
Mal so eine kleine Story aus dem Nähkästchen. Ist inzwischen ja auch schon so lange her, dass es quasi verjährt ist. Meine erste Beziehung mit so richtig familienähnlicher Bindung. Wir sind relativ fix zusammengezogen, nach nicht mal einem halben Jahr. Sie brachte ein Kind mit in unsere Beziehung. Und sie wollte unbedingt ein gemeinsamen Bankkonto, da "wir ja eh schon zusammen wohnen". Und weil ich keine richtige eigene Meinung dazu hatte, ist es auch so passiert.
Ich habe sehr deutlich mehr verdient [okay, vielleicht ja nicht verdient, aber zumindest bekommen habe ich es :-)], für mich war es aber völlig normal, alles in den großen Topf zu werfen, um dann daraus unser aller Leben zu bestreiten. Die Kontoauszüge unterlagen meinerseits dem Beamten-Dreikampf: Knicken, Lochen, Abheften. Ich habe nicht einmal draufgeschaut, was dort rein- und rausging. Ich hatte einfach nur Vertrauen. Wird schon alles stimmen.
Irgendwann hat sie dann hinter meinem Rücken mit jemand anderem etwas angefangen und eines Tages kam es zur Trennung. Ich blieb in unserer alten (für mich alleine viel zu großen) Wohnung, habe auch die neugekaufte Küche behalten und ihr dafür meinen etwas betagten Audi (ich selbst hatte da noch einen Firmenwagen) zum Ausgleich mitgegeben. Ansonsten war ich aber blank wie eine Kirchmaus. Das Konto war leer bzw. hatte sogar ein rotes Vorzeichen.
Und dann bin ich mal peu a peu die Kontoauszüge durchgegangen. Irgendwann fiel mir auf: Moment mal, all die gesamte Zeit ist kein einziges Mal Alimente aufs Konto eingegangen. Nie. Da habe ich dann in Erfahrung gebracht, dass sie die Alimente des Kindesvaters auf ein separates Konto eingezahlt hat. "Für später mal für das Kind."
Da bin ich explodiert. Ich habe nie darüber nachgedacht und mich auch nicht beschwert, dass ich viel mehr Geld in den Topf geworfen habe und auf der anderen Seite aber viel weniger Geld für mich selbst ausgegeben habe. Wenn auf der Gegenseite dann aber sogar noch Geld zurückgehalten wird (und ich davon nicht einmal etwas weiß - ein weiterer erheblicher Vertrauensmissbrauch), dann ist eine Grenze überschritten. Wenn alles in einen Topf geworfen wird, dann aber auch wirklich alles.
Seitdem gibt es für mich einen Punkt, an dem nicht zu rütteln ist: kein gemeinsames Konto. Nie wieder. Das ist gar nicht so sehr Misstrauen. Es ist Selbstschutz, aber auch Schutz des anderen. So kann nie wieder dieser Punkt zu einem leidigen Thema werden. Man kommt gar nicht erst in die Verlegenheit, sich darüber streiten zu können, weil dieser Streitpunkt erst gar nicht existiert. Dass man im täglichen Leben oftmals etwas in einen gemeinsamen Topf wirft oder auch dem anderen kauft - alles kein Problem. Aber kein gemeinsames Konto. Jeder lebt halt so mit seinen eigenen Lebenserfahrungen und zieht daraus seine Schlüsse.
Ah, ganz schlechtes Ende. Jetzt muss noch was Positives her. Ich freue mich für Euch. Glückwunsch. *kleine Blümchen* Den großen Strauß gibt es erst zur Hochzeit.
Das freut mich jetzt sehr für Euch beide 😊
Wurde aber auch Zeit. Viel Glück.
Was für eine freudige Nachricht, viel Glück wünsche ich. Herzlichst Grit.
Toll, Glueckwunsch, alles Gute Euch Beiden :))
Ich danke Euch allen wirklich sehr :) Schön auch, damit zu sehen, wer hier noch so liest :)
Lieber Lutz, Deine Zeilen haben mich ziemlich nachdenklich gemacht - und auch an etwas erinnert. Der Mann hatte da ähnliche Erfahrungen gemacht.
Für mich ist beides ein No-Go: ein gemeinsames Konto und auch das heimliche Geld-zur-Seite-legen.
In meiner Ehe hatten wir damals auch ein gemeinsames Konto. Anfangs verdienten wir beide etwa gleich (ne warte, er hatte anfangs etwas mehr). Mit der Wende änderte sich das, von da an begann ich mehr zu verdienen. Niemand von uns besaß ein zweites geheimes Konto, und das kann ich mit Sicherheit sagen, weil ich mich immer um den ganzen Papierkram kümmerte - bis zur Trennung.
Der Mann heute hat den Gedanken eines gemeinsamen Kontos auch mal auf den Tisch gebracht, schon vor einigen Jahren. Ich lehne das ab. Wir haben unser Modell, wer was bezahlt, wer wieviel spart - und der Rest ist jedem seins. Mir ist es egal, wofür er sein Geld ausgibt. Es ist seins, er arbeitet genug dafür. Im Gegenzug möchte ich das so auch für mich.
Er weiß, dass ich meinen Söhnen bis vor ca. 1,5 - 2 Jahren immer unter die Arme griff und auch heute noch für beide mit einkaufen gehe, wenn ich in L bin. Letzteres ist aber auch Selbstzweck: Ich möcht ja auch was essen und trinken, wenn ich dort bin - und ich würde niemals nur für mich alleine was einkaufen und zubereiten. Ich liebe den Gedanken, mit dafür zu sorgen, dass sie es schön haben. Jungenbude, da muss ich sicherlich nicht viel hinzufügen ;) Dann für sie auch etwas Schönes zu kochen und zu backen.. Ich liebe das - und es erinnert mich oft auch an die Zeit früher, als sie noch jünger waren und wir noch zu dritt in der Wohnung lebten.
Letztlich arbeite ich mindestens genauso viel wie der Mann - und möchte nicht jeden Cent oder Euro rechtfertigen, den ich für etwas ausgebe. Das würde ich zwangsläufig müssen, wenn wir ein gemeinsames Konto hätten. Und DEN Stress tu ich mir nicht mehr an.
Wie gesagt, wir haben unser Modell und ich denke, wir leben gut damit. Misstrauen gibt es da nicht, jedenfalls nicht von meiner Seite ;) (Der Mann hingegen wüsste bestimmt sicher ab und an gerne, wofür ich mein Geld neben den Sparfonds noch ausgebe :))
Es ist schade, wie es bei Euch gelaufen ist - aber offen gestanden, nicht überraschend. Ich habe sowas schon öfter gehört. Traurig ist es immer wieder. Dieses scheiß Geld macht so oft alles kaputt.
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