Freitag, 18. Februar 2022

Die Holzwagen mit eckigen Rädern


Endlich Wochenende.
Hinter mir liegt eine Woche, die sich irgendwie zäh anfühlte. In der irgendwie nichts wirklich rund lief, eher wie ein Holzwagen mit eckigen Rädern. 
Ich schaffe vieles, aber nicht alles das, was ich wollte.
Ich mache vieles, aber nicht alles richtig.
Warum ich da und dort einen Fehler einbaue, weiß ich nicht, aber es nervt mich. Es nervt mich, weil es nicht hätte sein müssen. Nicht dieses "Ich habs nicht besser gewusst", sondern "Zu schnell gemacht, falsch gemacht". Ich bin die einzige, die das gerade ultra nervt, aber das hilft mir jetzt auch nicht.
Soeben habe ich ein Glas Weißwein geleert, ein Prosit auf das Wochenende und darauf, dass die letzten 5 Tage vorbei sind. Neue Woche, neues Glück - vielleicht - und dazwischen liegen zwei freie Tage, von denen der eine schon einem Marathonspaziergang zum Opfer fallen soll. Jedenfalls, wenn es nach dem Mann gehen soll, und ich hab noch keinen Schimmer, ob und wie ich mich da rauslavieren kann.
Ob er meinen Muskelkater gelten lassen wird?
Seit ein paar Tagen habe ich immerhin ein paar neue Übungen in meinem Sportprogramm, und die lassen mich zumindest wissen: "Joar, da lebt noch was unterm alten Knitterkleid!"
Andererseits könntsch mich vielleicht auch mit dem Bügelberg rausreden. Wenn ich um den jetzt ne Lichterkette drumwickel, könnt er immerhin als Tannenbaum durchgehen. 
Andererseits... ist es vielleicht auch gerade gut, mir ein bisschen Wind durch die Haare wuseln zu lassen. Wobei wuseln angesichts der Wettervorhersage ja auch ziemlich optimistisch ist. 
Solange mir nicht grad das Dach vom Haus fliegt oder die Bäume vor den Fenstern einen guten Morgen auf der Terrasse wünschen, liebe ich den Wind. Ich liebe es, nachts beim geöffneten Fenster im Bett zu liegen und zuzuhören, wie es durch die Bäume rauscht, wie es um die Ecken pfeift. Dann denke ich immer, ich bin zu Hause am Meer. Statt des Sandkastens hinterm Haus ist da das Meer (und ja, Sturmfluten blende ich auch aus), die Möwen kreischen und auf der Zunge hab ich schon den salzigen Geschmack des Meeres und zupfe mir die winzig kleinen Algen von der Haut und aus den Haaren. 
Ich war ja grad erst zu Hause und war gefühlt doch wieder zu lange nicht dort. Vielleicht hab ich es auch nur nicht intensiv genug gespürt und nicht genug auf mich wirken lassen. 
Und vielleicht kann ich es beim nächsten Mal besser machen, wenn ich mit meinen beiden Jungen an die Küste fahre. Mir die Mama und den Papa schnappen, die Jungen, am Strand langlaufen, einen Milchkaffee irgendwo kaufen, glücklicherweise kann ich ja dann auch wieder in ein Cafe hineingehen. Muscheln sammeln, vielleicht Hühnergötter finden.
Übrigens haben der Mann und ich in diesem Jahr nach längerer Pause mal wieder einen Urlaub vor der Insel Venedig geplant. Darauf freu ich mich wahnsinnig, denn wir waren dort schon mal - und wovon ich restlos begeistert war, waren die Muscheln. 
"Es gibt keine Muscheln!" hat der Mann gedroht, als ich das Wort auch nur wagte, in den Mund zu nehmen, aber ich hab ihn ausgelacht: "Und ob es die gibt!" Und wenn ich mir ein kleines Schraubglas mitnehmen muss. Ein paar reichen ja. Vielleicht. Also bestimmt. Na gut, vielleicht wirds doch ein etwas größeres Glas ;)
"Wo willst du mit dem ganzen Zeug hin? Wir haben so schon keinen Platz!"
Da mag er sicherlich recht haben. Aber in meinem Kopf.. Da träume ich immer noch von einer Wohnung mit einem Zimmer mehr. Ich weiß genau, wie das aussehen soll. Da wird einer dieser Holztische stehen, so ganz einfache, die aber unter der Platte eine oder zwei Schubläden haben. Typische Künstlertische :) Damit ich mein Malzeug ausbreiten kann, ohne alles immer hin und her zu räumen, was ja die Kreativität empfindlich stört. Ist wirklich so! An einer Wand steht ein Regal voll mit unseren Büchern, unseren Schallplatten und Holzfiguren, einem alten Telefon, einer Uralt-Schreibmaschine - und eben den Muscheln... An der anderen Wand stehen Bilder auf einer Bilderleiste, die großen stehen unten an der Erde. Auf dem wunderbaren Dielenboden liegt ein weicher weißer Teppich, grad groß genug, dass ich mich darauf ausstrecken und die Arme ausbreiten kann, wenn ich Musik höre. Und dann steht da noch einer dieser alten Sessel mit der hohen Lehne und den wunderbaren, schlicht gedrechselten Holzfüßen, in dem ich sitzen und lesen oder einfach nur zum Fenster hinausschauen kann... Ja und das wars, mehr gibts da nicht in diesem Zimmer.. 

So ein Zimmer würde mir völlig genügen, um Tage wie diese von mir wieder abfallen lassen zu können. Um wieder zurückzufinden in meine Mitte. In meine Leichtigkeit. Weg von der Müdigkeit derzeit, die an meinen Armen und Beinen zerrt, trotzdem ich mehr als genug schlafe. Weg von dem Gefühl derzeit, als würde irgendetwas fehlen, ohne dass ich sagen könnte, was. Weg von diesem bleiernden Gefühl, das mich gerade irgendwie lähmt, und ich weiß nicht wieso. 
Aber na ja, solche Tage muss es eben auch geben. Glücklicherweise kommen immer wieder neue und bessere, an denen die Holzwägen wieder auf runden Rädern gleichmäßig rollen.

8 Kommentare:

FrauHummel hat gesagt…

Achjo. Geht mir zur Zeit grad genauso. Fühle mich irgendwie leer, müde, ausgelaugt. Hat wahrscheinlich viel damit zu tun, dass sich in nächster Zeit beruflich ganz viel verändern wird. Und obwohl es (zumindest für mich) eigentlich was Gutes wäre, sind die Umstände derart ungewiss, dass sich ums Verwürgen irgendwie keine Freude einstellen will.... Es gibt Menschen, die schaffen es schon im Voraus, ohne die Situation und die andern Beteiligten zu kennen, all ihren Kredit zu verspielen. Unangenehm, sowas. Und den Verhältnissen in keiner Art und Weise zuträglich.
Und dann die Kreativität. Ja, ich würd mir auch ein winzig kleines Zimmerchen wünschen, in dem ich mich ausbreiten, meine JunkJournals und Co. bearbeiten und dann alles (Papiere, Leim, Ausschnitte, Bänder, Sticker, Scheren, Stanzer...) liegenlassen könnte. Und dann, wenn ich wieder einen Krea-Schub hab, mich einfach wieder dransetzen und weitermachen könnte. Aber so hab ich a) entweder ein grosses Chaos auf'm Küchentisch, sodass er unbenutzbar wird, oder b) ich räum immer alles wieder weg und komm dann auch irgendwie nicht weiter. Pffttthhh....
Naja. Aber es wird sich alles finden, irgendwie. Hoffe ich zumindest. Im Job und mit der Kreativität.
Ich wünsch dir ein wunderbares WE, und du weisst ja: "Wenn man in den Seilen hängt, dann soll man einfach mal ausgiebig schaukeln"! 😊
Liebe Grüsse!
PS: Für ein paar Muscheln findet man doch immer ein Plätzchen, n'est-ce pas??

Juna hat gesagt…

Venedig als ....? Seid ihr wirklich sooooooooooooooooooo spieeeesig ;-) Hach ich wünsche es euch♥ und dir das Häuschen am Meer mit einem Zimmer mehr...

Dies und Jenes hat gesagt…

Hach ja so ein Zimmer das wärs wobei ein klitzekleines Häuschen am Wasser wäre dann auch ok so für mich alleine.

Ja so hängt man durch der eine mehr der andere weniger.
Bin heute nach knapp drei Wochen krank zurück ins Büro und jey alles haben sie liegenlassen.
Hab dann gegen mein Credo einen Schnelltest gemacht aber kein Corona somit morgen wieder Büro und 148 E-Mails aufarbeiten neben gefühlten 1000 Akten und Papier.
Das macht echt Spaß so zu arbeiten. Lustig ist das jetzt nicht nur traurig.

Und echt Venedig so schön. Genießt es.

LG
Ursula

Summer hat gesagt…

Liebe Helma
von Herzen kommende Glückwünsche!!! Was für eine schöne Nachricht. Ich freue mich für dich und euch so sehr.
Alles Liebe Summer

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Frau Hummel, Muscheln finden bei mir IMMER Platz, da kann der Mann auf- und niederspringen wie er will :)
Beruflich wird sich auch bei mir einiges verändern, in den Grundfesten sozusagen. Vermutlich spielt das alles irgendwie grad rein in dem Durcheinander meines Kopfes. Schaukeln... Wie lange hab ich DAS nicht mehr gemacht.. Da konnte man so wunderbar vor sich hinträumen..

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Na ja, als Hochzeitsreise war das so eigentlich nicht gedacht :) Wir wollten einfach mal wieder raus, aber "schon wieder an den Gardasee" hattsch eben auch keine Lust. Und in Venedig waren wir vor 10 Jahren mal, glaub ich. Das schreit doch förmlich nach ner Wiederholung, zumals dort so viele wunderbare Muscheln zu finden gab :)

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Ursula, ich kenne das mit dem "Liegenlassen"... Da denkt man: "Das hättense aber auch machen/ wissen/ erledigen können" - aber was nicht anbrennt, bleibt dann eben auch liegen.
Schnelltests machen wir im Büro 2 x wöchentlich; die Ungeimpften müssen täglich.
Im Moment gibt es zwei Coronakranke; mal gucken, ob sich das da noch weiter ausbreitet, denn zumindest ein Kollege sitzt immer "mittendrin" unter anderen.
Na ja. Wenn wir bei anderen ansteckenden Krankheiten auch das regelmäßige Testen anfangen, kommen wir aus XY-Inzidenzen niemals mehr raus. Schon irre, irgendwie.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Summer!!!!! Dass Du noch hier liest!! :) Wie geht es Dir??