Im Januar 2014 haben der Mann und ich beschlossen, dass wir zusammenziehen. Nach all der Zeit, all den Höhen und Tiefen, den On-and-Offs unserer Beziehung haben wir entschieden, dass wir nunmehr einen Schritt weiter gehen müssten. Uns trennten etwas über vierhundert Kilometer - und wir waren beide an einen Punkt gekommen, wo wir müde geworden waren. Im Job beide voll beansprucht, jeder mit seinem Alltag - wir wussten: Wir müssen JETZT etwas entscheiden, ansonsten werden wir uns verlieren, weil uns nach gut 7 Jahren Fernbeziehung die Energie ausging.
Habe ich diese Entscheidung bereut?
Nein. Ich denke, sie war wichtig für mich und auch für ihn - und auch für meine Söhne. Das einzige, was mir immer nachhing, war die Trennung von den beiden. Ich bin jetzt keine Übermama, die auf ihren Kindern hockt und nicht loslassen kann oder will. Aber ich wollte, dass es ihnen gut ging. Ich wollte, dass sie sich ihre Wünsche und ihre Träume erfüllten - und ich wünschte mir für sie, dass jemand in ihrer Nähe war, wenn es ihnen gerade nicht gut ging. Dass jemand greifbar war, wenn sie es brauchen würden.
M ist eine Stadt, in die ich mich sehr, sehr schnell eingelebt habe. Mich persönlich hat das wirklich überrascht: M ist eigentlich bekannt für Schickimicki, für sehen-und-gesehen-werden, für den schönen Schein nach außen, während es im Inneren modert. Das ist nicht meine Welt. Mich interessiert nicht, was jemand an Hab & Gut besitzt und welches Label er spazieren führt. Das beeindruckt mich nicht. Bussi Bussi und falsches Getue widern mich an, genauso wie diese Mädels mit ihren Taschen in der Armbeuge.
Was mich fasziniert und interessiert, sind Menschen, keine Darsteller.
Nichtsdestotrotz ging es mit M und mir wirklich rasant. Ich gewöhnte mich in Nullkommanix ans U-Bahn-Fahren, obwohl Enge und Gedränge schwierig sind für mich. Nach Japan sollte ich da vermutlich nicht auswandern wollen ;)
Es gibt so einige Ecken, in die ich mich verliebte - und die ich auch vermissen werde.
Aber es war immer klar: Ich werde nicht für immer in M bleiben, auch nicht dort begraben werden. Es war immer klar, dass ich notfalls auch allein wieder weggehen würde.
Das Jahr 2022 hat so einiges an Überraschungen für mich bereitgehalten. Die eine war der Antrag vom Mann - und dass wir dann auch wirklich geheiratet haben.
Die andere - für mich große - Überraschung war, dass wir eine Wohnung gefunden haben und im März umziehen werden. Und zwar nicht innerhalb von M - sondern zurück nach L.
Anfangs konnte ich wirklich nicht glauben, dass der Mann dazu bereit sein würde. Ich war mir sicher, dass er spätestens dann, bevor es wirklich ernst würde, einen Rückzieher machen und genug Gründe finden würde, nicht wegzugehen.
Aber auch er überrascht mich immer wieder - auch nach so vielen Jahren noch.
Bei unserem vorletzten Besuch in L haben wir uns gemeinsam ein paar Wohnungen angeschaut - und uns für eine von diesen entschieden. Sie hat alles, was uns wichtig war (na gut, nicht ganz, ich vermisse mein Mal-Schreib-Musik-Zimmer, also ein Zimmer ganz für mich allein). Sie liegt in einem der beliebtesten Stadtviertel in L, wir können fußläufig zur Mama oder auch auf einen Kaffee in die Innenstadt, ich habe einen entspannten Weg ins Office - und wenn der Mann seine sportlichen Anfälle bekommt, kann er sich im angrenzenden riesengroßen Park austoben nach Lust & Laune. Und ich kann jederzeit meine Söhne sehen oder sie zu mir einladen, wenn sie es möchten.
Wir haben den Zuschlag bekommen, obwohl die Wohnung von einem anderen Paar reserviert worden war. Das muss aber wohl schon länger her sein - und jetzt haben wir sie genommen und bekommen.
Preiswert ist sie nicht, das muss man sagen. Aber auch hier hat mich der Mann überrascht, als er zu mir sagte: "Du hast nie wirklich schön gewohnt, ich hab nie wirklich schön gewohnt. Wir haben unser ganzes Leben lang viel gearbeitet und sollten uns jetzt einfach mal etwas gönnen."
Zurück in M, kündigte der Mann die dortige Wohnung, den dortigen zusätzlichen Tiefgaragenstellplatz, fand in Nullkommanix einen Nachmieter, entwickelte Pläne und Ideen, dass selbst ich kaum hinterher kam. Und natürlich sind wir auch fast sofort in einen Ehekrach gestrandet, weil jeder von uns seine Ideen und Vorstellungen einbringen will, die - klar - nicht zu den Ideen und Vorstellungen des anderen passten.
"Wir könnens auch lassen und hierbleiben", hat der Mann gefaucht.
"Wir werden uns schon noch einig", hab ich geantwortet, "aber nicht dahingehend, dass alles nur nach deinem Kopf geht."
"Aber auch nicht nur nach deinem!"
"Natürlich nicht", habe ich breit gegrinst.
Am Freitag kommt er nach L, am Montag fahren wir zur Wohnung, geben den unterschriebenen Mietvertrag ab, messen alle Räume nochmal genau aus.
Auf unserer virtuellen Liste stehen bereits eine Menge Dinge, die wir brauchen werden.
Auf Instagram haben wir einige Dinge im Speicher, die uns inspirieren.
Früher war es ja immer so: Ich habe ungefähr einen Tag vor dem Umzug alles zusammengepackt, am Umzugstag alles transportieren lassen und dann bis in die frühen Morgenstunden so lange geräumt und geputzt, bis ich todmüde ins Bett fallen konnte, irgendwann später wieder aufstand und alles an seinem Platz fand: Vom Kaffeelöffel und Kaffeebecher bis zur Zahnbürste war alles an seinem Platz. So liebte ich das!
Dass das hier eine ganz andere Nummer werden wird, ist mir bewusst.
Fest steht für mich nur, dass es bei mir und mit mir keine Kisten geben wird, die ungeöffnet irgendwo rumstehen. Der Mann kann sowas - ich nicht. Das stört mein ästhetisches Auge *kreisch*
Insofern steht auch fest, dass zwar alles schnell seinen Platz bekommen wird - aber es steht auch fest, dass wir für das Gestalten unseres neuen Zuhauses etwas mehr Zeit brauchen werden. Es muss reifen - mit all den Ideen, die wir jetzt schon haben.
Im März ist es soweit, dann gehen wir weg von M zurück nach L und ich denke, dass wir im Juni vielleicht oder auch erst im Juli oder August unsere Einzugsparty feiern werden.
Aber Fakt ist vor allem: Wir freuen uns beide wahnsinnig auf diesen Schritt - auch wenn ich es irgendwie noch immer nicht glauben kann - und im Gegenzug der Mann langsam Muffensausen bekommt und auch schon erste Anwandlungen von "Wollen wir nicht vielleicht doch hier in M bleiben?"
Nein, wollen wir nicht :)
12 Kommentare:
Wunderbar ! Wir sind zig Mal von Nord nach Süd gezogen.Haben so sehr reduziert, dass alles in einen Sprinter lang passte und sind dann nach dem letzten Kehren abends zu dritt Hund in der Mitte, in ein neues Leben gefahren.Wir würden es immer wieder so machen... Jede Wohnung und jede Region verlangen nach einem eigenen Stil.Ja, ganz reibungslos geht das alles nicht, aber wenn die Liebe siegt, wird es sehr schön.Es belebt. Viel Glück !
Herzliche Grüsse, Angela
na wenn mal das keine Überraschung ist..
nach all der Zeit die du beschreibst,
finde ich wagemutig von Euch beiden - aber auch toll!!!!! HUt ab...denn das ist schon eine weitreichende Entscheidung, soll ja nun für ewig halten:-)!!!!!
grinst...und es muss ja euch beiden gefallen man möcht mit dem herzen dabei sein..
ich wünsche euch beiden alles Gute dafür...
unausgepackte Kisten rumstehen lassen .klar - geht gar nicht - bewusst trennen und einpacken was die Sommer und Wintersachen angeht dann doch wenn die Schränke dafür nicht geeignet sind...der Platz dafür nicht da ist...
schad dass dein Musik-mal-Bastelzimmer für dich - als Rückzugsort fehlt..
was ist mit Garten - Gärtchen...irgendwo in Sicht beim neuen Somizil..?
ich freu mich für dich...
und wenns dann auch noch mit den gegenseitigen Besuchen zu Mama und den Kids passt -
und auch noch
die Insel näher ...wouw....passts!
ich hab mich ungern nach 13 Jahren von meinem damaligen ZUhause getrennt - bis jetzt aber den Umzug ins Ferienhäuschen trotz aller widrigkeiten und deren gibts im Winter genug - nicht bereut...
euch eine frohe Weihnacht....
herzlichst angel
Liebe Clara, danke für die Blumen :)
Ja, es sind drei Zimmer. Alles andere hätte auch wirklich keinen Sinn gemacht. Mein heimlicher Traum waren ja vier kleine Zimmer - aber die wären dann nochmal 200 Euro teurer geworden - und wir zahlen so schon einen ziemlichen Arsch voll Geld dafür. Und so sind es jetzt 3 große Zimmer, für die ich etliche Ideen gefunden hab und Kompromisse schließen würde, für die der Mann aber nicht wirklich offen ist. Er sagt aber auch oft: "Lass mir Zeit, dass ich mich dran gewöhnen kann."
E bissl Zeit hat er ja noch ;)
Das Problem ist aber eben auch: Wenn man mit Improvisationen lebt, verselbständigen die sich und sollen dann am Ende immer so bleiben. Und DAS muss ich verhindern :D
Und ja, L ist definitiv näher an B ran - und schreit nach nem nächsten gemeinsamen Käffchen :)
Liebe Angel, ich muss sagen, dass uns da auch die Corona-Ära in die Karten gespielt hat: In dieser Zeit der Pandemie hat sich das Home Office etabliert. In dem Tower, in dem der Mann arbeitet, ist bis zum heutigen Tag ein irrer Leerstand. Niemand ist mehr verpflichtet, ins Office kommen zu müssen - ausgenommen besondere Veranstaltungen oder Zusammenkünfte, doch die sind selten geworden.
Das bedeutet: So wie ich meinen Job trotz Umzug und ca. 400 km Distanz behalten habe, so macht der Mann das jetzt auch. Im Gegensatz zu mir muss er aber nicht so regelmäßig pendeln und wills eigentlich auch nicht. Aber ich denke, wir werden privat schon öfter mal nach M verreisen, sein Sohn und dessen Familie leben ja dort und der Kontakt soll nicht abreißen und bitte möglichst auch nicht weniger werden - das würde dem Mann echt wehtun.
Nein, einen Garten haben wir nicht, aber in 3 min einen riesigen Park, in dem ich früher ganz oft mit meinen Kindern gewesen war. Da kann man überall auf der Decke liegen, die Sonnenbrille auf der Nase balancieren, ein Buch lesen und die Seele baumeln lassen. Oder wir fahren mit dem Rad an den See. Es gibt auch in L unfassbar viele schöne Möglichkeiten - langweilig wird es uns nicht werden.
Interessant finde ich: Je offener der Mann mit dem Thema umgeht, sich mit allen möglichen Bekannten und Freunden darüber austauscht, erfährt er, wer aktuell genau dasselbe vorhat. Ganz viele gehen in ihre Heimat zurück bzw. bereiten das gerade vor. Er hat auch unglaublich viel positives Feedback bekommen, viele wollen uns in L besuchen, haben selbst Bekannte/ Verwandte da - das tut mir grad wirklich gut zu sehen. Ihn so zu sehen.
Ich hoffe, es wird es ihm leichter machen, denn wie schwierig so ein Schritt ist, so weg vom Kind, das weiß ich ja inzwischen selber.
Es ist ja eigentlich seine Heimat, er kehrt quasi nach Hause zurück. Allerdings war er auch 20 Jahre weg - und das wird.. nicht einfach für ihn. Aber wir freuen uns beide auf diesen Schritt und sammeln beinah täglich Inspirationen ;) Bin gespannt, was davon wir umsetzen werden - und wie es dann alles final aussehen wird.
Du überraschst einen doch immer wieder! Nach Deiner letzt- (oder dies-?)jährigen Tirade zum Umziehen dachte ich, das zieht sich eh noch ein paar Jahre bis Jahrzehnte hin. Und nun? Nägel mit Köpfen. Glückwunsch!
Und ich nehme natürlich auch Anteil an solchen grundlegenden Ereignissen. Du bist mir ja in den letzten Jahren schon ein bisschen ans Herz gewachsen. Es ist ja nicht nur Deine Art, WIE Du schreibst, sondern auch nicht unmaßgeblich, WAS Du schreibst. Es ist einfach so, dass ich mich mit Vielem davon identifizieren kann. Gerade in diesen Zeiten, den ganzen letzten Jahren, in denen so unglaublich viel Boshaftigkeit im Netz Einzug gehalten hat, ist das eine wahre Wohltat. Das musste ich jetzt mal loswerden. *Exkurs Ende*
Wenn ihr so restriktiv beim Mitnehmen diverser Dinge seid, dann gilt ja das alte Sprichwort bei euch nicht: Dreimal Umziehen ist wie einmal Abbrennen. ;-) Wohl dem, der das kann. Ich bekomme das einfach nicht gebacken. Ich hebe sogar Klamotten auf, die nicht nur unmodern geworden sind, sondern die mir auch schon lange nicht mehr passen. Nichts gegen Messie, aber nur, wenn er am Ende ohne "e" geschrieben wird.
Ihr habt ja noch ein bisschen Zeit zum Überlegen und Tüfteln, wie nun alles werden könnte. Gerade über die Weihnachtsfeiertage ist ja ausreichend Zeit dafür. Und lange genug kennt ihr euch auch, zudem wohnt ihr ja jetzt auch schon zusammen. Da sollten also keine unüberbrückbaren Probleme auftauchen, die nicht mit etwas gutem Willem zu bewältigen wären.
Hey Lutz - Tirade?? Das klingt so negativ, so nach Lamentieren und so :D
Ja, dass es jetzt doch so schnell geht, überraschte auch mich - freut mich aber umso mehr. Warum warten, wenn man etwas gefunden hat, das alles vereint, was uns wichtig ist? :)
Danke für das Kompliment an mein Schreiben und so :) Tut mir wirklich gut.
Warum hebst Du Klamotten auf, die Dir nicht mehr passen? Für den Fall, DASS sie dann mal wieder passen?
Ja, ein bisschen guter Wille gehört immer dazu, und ich bin ja auch sicher, dass wir das hinbekommen. Hat ja bisher auch funktioniert - und wir reden ja hier nicht von elementaren Dingen ;)
Hallo Helma,
das sind ja tolle Neuigkeiten! So lange schreibst Du schon über einen "Rückzug" nach Leipzig und bald ist es soweit. Dann wünsche ich Dir gute Nerven beim Packen, Ausmisten, Neusortieren und Co. Alles andere findet sich und am Ende ist doch immer alles gut geworden... Ich wünsche Dir ein frohes Weihnachtsfest und sende viele liebe Grüße. Herzlichst, Grit.
Ui, da planen der Mann und ich gerade nun endlich den Osterurlaub mit festem Ziel M, weil da ja noch ein Kaffee auf uns wartet und dann bekommen wir da keinen mehr. ;-) Umzug? Ich drücke euch die Daumen, dass ihr ihn so problemlos wuppt, wie wir vor 6 Jahren. Ich für mich, werde so schnell nicht mehr umziehen, auch wenn das Heimweh an uns beiden nagt.
Ich freu mich für Euch und wünsche euch einen stressfreien Umzug.
Einen guten Rutsch.
Sorry für die kurzen Worte, aber ich bin noch nicht ganz fit, das Virus - also nicht C das andere die Grippe hat mich noch etwas.
Ursula
Liebe Grit, ich danke Dir für Deine Worte und Wünsche - und wünsche Dir an dieser Stelle nunmehr alles Gute für das Jahr 2023. Und ja, das "große Ausmisten" wird demnächst beginnen, während im Gegenzug der Mann bereits begonnen hat, Dinge einzukaufen, die wir hier nicht mehr brauchen und damit also unausgepackt hier herumstehen: einen Swopper für seinen Arbeitsplatz, irgendwelche Boxen zum Verstauen... Das wird etwas anstrengend für mich, weil mein innerer Monk schon langsam das Kreischen beginnt, weil "meine Ordnung" nach und nach dem Garaus gemacht wird :) Aber da muss ich jetzt durch - Zähne zusammenbeißen und darauf warten, dass die Zeit bis März mindestens genauso schnell verfliegt wie sonst auch.
Juna, Ihr könntet ja auf dem Hin- oder Rückweg einen Schlenker über L machen :D
Ansonsten müssen wir uns wohl mal wieder an der Küste einfinden :)
Liebe Ursula, danke auch an Dich für Deine Worte und Deine Wünsche! Ich wünsche Dir als erstes gute Besserung und als zweites alles Gute für das neue Jahr!
Bei mir war Corona am 10.12. ausgebrochen - und heute habe ich wieder mit dem Sport begonnen. Es hatte mich nicht sooo heftig getroffen, aber die mit Ausbruch einhergehende Schlappheit war schon enorm. Allerdings kannte ich das auch von früheren Virusgrippen: Da empfand ich allein den Gang ins Badezimmer als einen Marathon.
Beim Sport beschränke ich mich jetzt erstmal auf ca. 25 min am Tag - da ging der Puls schon ordentlich hoch. Aber Rom wurde ja auch nicht an einem Tag erbaut :)
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