Montag, 22. Januar 2024

Aura


Spoiler: Das ist ein Autofahrlied, das muss man richtig dolle laut hören - ist aber nix für Tinnitusgeplagte. Stellte jedenfalls der Mann irgendwann mal augenrollend fest. 

Jedenfalls, heut Morgen in aller Herrgottsfrüh hab ich mich auf den Weg ins Büro gemacht. Ich liebe sie, diese dunkle, noch halb verschlafen wirkende Stunde, in der sich gemächlich ein Auto an das andere reiht, die Menschen geduldig an der Ampel warten (das ist übrigens ein absoluter Unterschied von L zu M; in M wird man gnadenlos angehupt oder gleich die Vorfahrt genommen - eine hektische Stadt ist das) und dann bin ich schon eins-zwo-fix auf dem Highway, kann mich noch entspannter zurücklehnen, die Musik aufdrehen, dass der Sitz vibriert. Die Gedanken treiben lassen. Da denke ich noch nicht an den Büroalltag, meistens jedenfalls nicht. Da denke ich tausend Gedanken, eine kurze Reise in die Vergangenheit, eine kurze Tagträumerei ob der Vorstellung, dass ich gerade eben nicht ins Büro, sondern zum Beispiel vielleicht ans Meer fahren könnte, ein Verweilen in der Gegenwart - und das alles untermalt von diesem Track, der sich mit am beständigsten in meiner Playlist hält, die ständigen Anpassungen unterworfen ist.
Sagte ich schon mal, dass ich Spotify echt liebe? Musikgenuss war nie so einfach wie damit :)

Und dann.. irgendwann auf diesem Weg, da machte es irgendwie Knax in meinem Kopf - so als hätte sich in diesem Augenblick irgendein Knoten gelöst. Ich dachte darüber nach, dass ich ja eigentlich meinen Weihnachtsurlaub gerne noch mal um weitere drei Wochen verlängert hätte, wenn ich denn gekonnt hätte. Vielleicht auch noch länger als diese drei Wochen. Ich fühlte mich einfach so "durch", dass ich dachte, ich komm irgendwie überhaupt nicht mehr auf die Beine. 
Heute Morgen aber.. in dieser samtig dunklen Stunde und den überraschend milden Temperaturen.. da dachte ich mit einem Mal, dass es ganz gut so war und ist, den Urlaub eben nicht verlängert haben zu können. Dass es gut so war, dem Alltag wieder zu begegnen. Mich zu lösen aus dem Gedankenkreisel, aus der emotionalen Berg-und-Tal-Fahrt all der Dinge, die mir das Leben schwer machten. Heute morgen überkam mich irgendwie die Gewissheit, dass ich mich vermutlich noch mehr zurückgezogen, mich noch mehr eingeigelt und damit auch keinen einzigen Schritt weitergekommen wäre. 

Natürlich ist es hauptsächlich die Musik, die mich immer auf die Beine hebt. Aber es tut mir auch gut, morgens so heiß zu duschen, dass sich die Haut noch rot und warm anfühlt, wenn ich mich längst angezogen, die Haare zu einem Knoten gewunden, den Lidstrich gezogen und mit dem Laptop unter dem Arm das Haus verlassen hab. Mich gedanklich auf ganz andere Themen einzustellen. Mich mit anderen Menschen auszutauschen über Gott und die Welt. Mich gedanklich und emotional auf andere Menschen einzulassen. 
Die Sorgen laufen mir nicht weg.
Die Verpflichtungen laufen mir nicht weg.
Aber heut Morgen, so eingereiht, Rücklicht an Rücklicht, die Musik und ich, und dann die Freiheit auf dem erstaunlich leeren Highway, da wusste ich, das tut mir gut. Das ist gut für mich. 
Und ab diesem Moment fühlte ich mich auch wirklich endlich wieder besser.
So ein Gefühl, dass es wieder viel mehr ist als nur zu funktionieren. 
Ich glaub, ich bin wieder da. 



5 Kommentare:

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Hallihallo, wenn ich mich so vergleiche, in Situationen, in denen ich mit mir und der Welt nicht glücklich bin, stelle ich fest, dass mir im Vergleich zu dir zwei wesentliche Sachen fehlen: Die Musik und die Arbeit - es ist tatsächlich so, dass man sich bei beiden Sachen auf anderes konzentriert als auf Schwierigkeiten. - Zum Glück klappt es manchmal bei mir auch ohne diese beiden Sachen - ich kaufe mir dann einen schönen Rucksack oder so.
Gut's Nächtle von Clara

Clara Himmelhoch hat gesagt…

Jetzt habe ich doch glattweg vergessen, das Häkchen bei den gewünschten Folgekommentaren zu setzen.

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Clara, dann hätte ich aber vermutlich mehr Rucksäcke als Schuhe im Schrank ;)
Wobei... Ne, das ist wahrscheinlich nicht die Realität. Mein Gemüt ist ja grundsätzlich ausgeglichen und das beständig. Bis die Einflüsse von außen kommen.

Nova hat gesagt…

Eine längere Wegstrecke als Puffer zwischen den Welten und gute Musik können erdend sein. Ich denke das immer, wenn ich an Wochenenden hin zum und zurück vom Mann fahre. Zwei Stunden Stille in meinem Kopf, die Autobahn, die Geschwindigkeit, die Musik und ich, bereit für den Wechsel der Welten. Es ist ein komisches Gefühl, aber notwendig.

Ich war ein bisschen neidisch, wenn ich gekonnt hätte, wäre ich gerne wie Du länger Zuhause geblieben nach Weihnachten. Ich hätte es gebraucht. Ich verstehe das notwendige Zurück in den Alltag und die Ordnung. Es wäre mir ähnlich ergangen. LG

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Wechsel der Welten... Gefällt mir sehr gut, diese Beschreibung :)