Mittwoch, 5. Dezember 2012

Warten auf den Schnee Oder: Angst essen Seele auf

Letzte Nacht konnte ich nicht schlafen. Ich lag am Fenster, ich hatte die Kopfhörer und hörte streichelzarte Melodien, die sich leise und sanft in meine Sinne schmeichelten.
Und ich sah dem Schneetreiben vor meinem Fenster zu, sah zu, wie wunderbar hell die Stadt in der Nacht wird, sobald die Welt getaucht ist in weiße Schneeflocken.
Ich mag das.
Ich mag diese Stimmung.

http://weheartit.com/entry/18844530/via/LitttleMissSunshine

Und heute Nacht lieg ich hier. Der Schnee von letzter Nacht ist fort, noch bevor die Sonne aufging. Ich habs genau gesehen.
Und ich lieg hier. Und warte. Und warte. Darauf, dass die Schneeflocken treiben. Dass die Stadt hell wird.
Dann hab ich auch keine Angst mehr. Keine Angst mehr vor dem Dunkel. Keine Angst mehr vor der Nacht.

"Angst essen Seele auf", schrieb mir heut jemand. Ein Filmzitat. Ich kenne diesen Film nicht. Nur den Titel.
Und ja.
So ist es wohl.
Es ist schwer, mit Angst und ohne Zutrauen zu leben. Jeden Tag morgens zu beginnen und abends zu beschließen. Ich weiß, dass ich als Kind immer Angst im Dunkeln hatte.
Ich weiß auf den Tag genau, wann ich mein Zutrauen verlor.
Es war der 15. August 2006.
Jeden Tag kämpfe ich dagegen an.
Und wenn ich die Menschen reden höre, schreiben sehe, wie jeder von ihnen irgendwie... mit denselben Ängsten kämpft, dann erschüttert es mich, wie... krank das alles ist. Wie krank die Menschen geworden sind. Wie war das früher, wenn wir Menschen kennen lernten? Wir haben nach dem Namen gefragt und nach einem Wiedersehen. Und haben uns darauf gefreut. Uns stundenlang zurechtgemacht vor dem Spiegel und sind erwartungsfroh losgestürmt.
Worte wie "beziehungsunfähig" oder "ich weiß nicht, ich brauch noch Zeit" oder "ich kann mich nicht öffnen, ich hab Angst" oder "lass uns lieber aufhören, bevor wir uns weh tun" gab es irgendwie einfach nicht.
Und heute?
Heute sind wir schon kaputt, bevor wir überhaupt das erste Date haben.
Hinterfragen jede Aussage, jede Geste, jeden Blick, interpretieren.
Manchmal erinnert mich das ein wenig an eine Geschichte von Paolo Coelho, die ich vor langer Zeit las. Der Mann mit seinem Auto, der einen Wagenheber braucht. Und er beschließt, an der Tür eines Fremden zu klingeln und darum zu bitten. Tausend Dinge gehen ihm durch den Kopf. Tausend Fragen. Was würde der andere sagen, was würde er denken? Würde er ihm unterstellen, den Wagenheber behalten zu wollen? Und als der Mann endlich an der Tür des anderen klingelt und der andere auch öffnet, schreit der Mann den anderen an: "Deinen Wagenheber kannst du behalten!"
Und ist es heute in Beziehungen nicht auch so?
Wir sehen.
Wir hören.
Wir interpretieren.
Anstatt den anderen zu fragen, ihn anzusprechen.
Wir legen uns zurecht, wie wir es empfinden, und so wird es zu unserer Wahrheit - ganz gleich, ob es tatsächlich so ist oder nicht.
Daran zerbrechen wir fast.
Und laufen weg, bevor die Chance überhaupt eine Chance bekommt.
Und der Mann, der die Tür öffnet, versteht gar nicht, was hier passiert....


http://weheartit.com/entry/33474390/via/TheBee_
Und dann gibt es noch Menschen, die sagen "Ich hab dich lieb", und du freust dich irgendwie. Bis du feststellst, er sagt das auch allen anderen. Und das letzte bisschen Zutrauen geht dahin, geht verloren.
An was soll man noch glauben?
Scheiß verrückte, falsche Welt.
Worauf soll man noch warten?

Ich warte noch immer auf den Schnee.
Darauf, dass das Dunkel hell wird.
Und wenn es nicht mehr schneien wird, dann... warte ich auf den neuen Morgen.

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