Donnerstag, 16. Mai 2013

Verbrannte Erde

Böse Zungen behaupten: "Wo ich war, wächst kein Gras mehr."
Augenscheinlich stimmt das hin und wieder sogar ;)
Erst habe ich festgestellt, dass sowohl die Grund- als auch die Realschule, die ich einst besuchte, abgerissen worden waren. Aus gutem Grund? Nix Genaues weiß man nicht! Ich gucke mir ja gerne immer mal die Stätten meines Wirkens an, da oder dort. Schade schon irgendwie, dass so einiges davon jetzt nur noch in meinem Kopf stattfinden kann.

Letzte Woche, einige von Euch wissen das, weilte ich für ein paar Tage in Bayern (jaaaa, ich kann mich ab und an auch gewählt ausdrücken) - und was ja immer schon mal auf dem Plan stand: Eine Schmerzklinik besuchen. Die erste, in die ich vor ein paar Jahren gekommen war. Eine Klinik, von der man sagt, sie sei eine der besten Kliniken Deutschlands. Eine Klinik, über die ich mich vorher nicht groß informieren wollte, um nicht vorbelastet oder mit zu hohen Erwartungen dort anzureisen, nur um dann gründlich auf den - sorry - Arsch zu fallen.
Na ja und das bin ich da dann trotzdem. Schon mit der Anreise. Auf der Homepage siehst du erst mal nur einen ganz netten Bau und ganz nette Zimmer mit ebenso netter Ausstattung. Jaaa, sie vergaßen nur zu erwähnen, dass dies die Zimmer der A-Belegschaft waren. Ausschließlich. Die B-Belegschaft, als wie ich und Kassenpatient, war im Trakt über die Straße untergebracht. Kein Wort darüber, erst recht kein Foto. Na die wussten schon wieso! Wenn du heute nach Rumänien in die Pampa fährst, weißt du ungefähr, was mich dort erwartete.
Alkohol in der Klinik war da übrigens verboten. Hab ich mich auch immer dran gehalten. Dafür haben wir draußen im Lokal gefeiert. Ein Liter Maytai für 9 Euro. Kannste doch nicht meckern, oder? Also vier mal einen Liter bitte für vier Frauen. Ich war jedenfalls nicht die, die in schätzungsweise 9 Metalleimer stürzte, die sorgsam in der Ecke neben dem Klinikeingang aufgestellt waren. Dafür war das halbe Haus dann wach und man fragte besorgt an, ob man helfen könne?
Ich weiß noch, wie sie hieß, aber ich habe leider den Zettel mit ihrer Adresse verlegt. Ich frag mich schon heute noch, wie es ihr geht, und das ist immerhin 5 Jahre her.
Die nächste.. äh.. Ernüchterung: Gleich mit der Aufnahmeuntersuchung war mir ein Zettel übergeben worden mit zwei Medikamenten drauf, die ich mir täglich an der Medikamentenausgabe abzuholen hatte.
"Das sind doch Psychopharmaka?" reagierte ich verdutzt. Zu dem Zeitpunkt wusste ich bereits, dass Psychopharmaka in der Schmerzbehandlung eingesetzt werden, man sagt, erfolgreich.
(Wieso kommt mir eigentlich grad der Spruch "Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" in den Sinn?) Anyway. Jedenfalls schob ich den Zettel entrüstet zurück: "Ich hab jetzt 3 Jahre keine Medikamente genommen, wieso soll ich jetzt damit anfangen?"
"Na gucken Sie sich doch mal an, wie Sie aussehen!"
Dafür hätte ich der Dame am liebsten eine gesemmelt. Frechheit.
"Was erwarten Sie denn von mir? Dass ich hier auf dem Tisch tanze, weil alles so toll hier ist und die Aussicht super, dass ich Weihnachten hier sitzen darf, während meine Kinder 500 Kilometer weit weg sind?"
"Nehmen Sie sie einfach und es wird Ihnen besser gehen."
"Ausgeschlossen."
Dabei blieb ich auch, die konnten mich mal. Echt. Jedem einzelnen Patienten konnteste dort ansehen, wer welches Medikament bekam. Und ich heiße Helma und nicht Zombie und gedachte auch nicht, daran etwas zu ändern.
Natürlich haben sie mir in den Entlassungsbericht zwei Monate später geschrieben, ich sei unkooperativ.
Auch so ne Frechheit. Immerhin hab ich alles mitgemacht, mich an allem beteiligt. Na ja, an fast allem. Nur gegen die Pillen hab ich mich geweigert. (Übrigens konnte mir meine heimische Neurologin die Zusammenhänge wesentlich besser erklären und mich dazu breitschlagen, mir ein Psychopharmaka zu verabreichen. Als auch nach einem halben Jahr das einzige Ergebnis dessen lediglich auf meiner Waage angezeigt wurde, gab sie sich geschlagen: "Wenn es jetzt noch nicht wirkt, können wir es auch lassen, dann kommt da auch nichts mehr."  Vielen Dank für die zehn Kilo mehr! Ich kämpfe heute noch mit den letzten Überbleibseln davon.)
Jedenfalls... Eine der besten Kliniken...  Darüber muss ich heute noch lachen. Aus dieser Zeit habe ich nichts mitgenommen. Gar nichts. Halt nein, stimmt nicht. Eine Freundin ist mir daraus geblieben. Meine Hamburger Kodderschnauze.

Jedenfalls - letzte Woche sind wir zu diesem Ort gefahren. Zugegeben - der Anlass war hauptsächlich ein anderer. Es gibt dort eine Insel mit einem - so sagt man - wunderschönen Schloss drauf und das wollten wir uns nun endlich mal anschauen, meine gelben Seiten & ich. Haben wir auch gemacht - und es war wirklich wunderschön. Verbrannte Erde hatte wohl einst auch dieser König hinterlassen. Ein anschließend verarmtes Volk. Ein halbfertiges Schloss, das nie zuende gebaut wurde.
Ja und dort, wo einst der B-Trakt stand.... Brachland! Echtes, reines Brachland!
Ich habe übrigens heute, als ich nach einem passenden Bild suchte, eine Seite gefunden, Klinikqualitäten oder  so ähnlich. Nun. Die Bewertungen scheinen von echten Patienten geschrieben worden zu sein, die noch nicht ganz ohne Sinn und Verstand verpillt worden waren:

Gewählte Einstellungen:
  • Medizin. Qualität       50%
  • Pat.-sicherheit           20%
  • Pat.-zufriedenheit      20%
  • Einw.-zufriedenheit   10%
Das waren übrigens auch Noten, wie ich sie in meinem Abschlussbericht vergeben habe. Nicht als letzte Rache.
Wenn jemand unter Schmerzen leidet, soll er lieber nach Thüringen fahren. Die Klinik dort war ein Geschenk für mich. Die haben das Wort "Pillen" nicht mal gedacht, sondern einen viel lieber zum Sport geschickt.
Bezeichnenderweise... waren früher zu Ostzeiten die Alkoholiker dort in Behandlung und das Türmchen, das es mir so angetan hatte, trug den inoffiziellen Namen "Säuferturm". Ohne Worte ;)

P.S. Ihr könnt mich trotzdem weiterhin zu Euch einladen!

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