Mittwoch, 27. November 2013

Kleine Kinder, kleine Sorgen

Dass die Jugend nun komplett erwachsen ist, wissen meine Leser ja nun. Aber ob nun volljährig oder nicht - wenn ich abends heimkomm und niemand ist da, ich nicht weiß, wo sie sind, wann sie heimkommen und überhaupt - dann kann ich auch nicht in aller Seelenruhe in mein Bettchen gehen und schlafen.
Bin ich eine Glucke? Nee, oder? Ich will ja nur wissen, wat los is. Wenn sie sagen, sie schlafen die Nacht bei einem Kumpel oder von mir aus auch bei einem Mädchen (ach na eben... die überlagerten Kondome... ob Junior das originell oder peinlich findet, wenn der Nikolaus... Na ja, ich mein, sieht ja keiner außer unsereiner, oder? :)) - dann jedenfalls isses für mich in Ordnung.
Aber wenn ich weiß, sie sind in der City unterwegs... Man weiß doch nie! Und die Nachrichten sind immer irgendwie voll von Mitteilungen, die die Mamas und Papas unter uns nicht wirklich zur Ruhe kommen lassen.
Ich meine, ich war auch 18, als es hieß "Komm nicht zu spät nach Hause!" - "OK, und wann ist 'nicht zu spät'?" - "Na nicht länger als Mitternacht! Mitternacht bist du zu Hause!" - "Mitternacht?? Aber da geht die Party doch erst los?" Entsprechend war ich natürlich auch erst 1.30 Uhr zu Hause - und dachte noch "Puuuhh, hat keiner gemerkt, is allet dunkel" ja und dann saß - huch! - bei Kerzenschein die Frau Mama bei einer ich-weiß-nicht-die-wie vielte-Zigarette mit einem Gesicht wie "Na warte mein Frollein, ich geb dir jetzt mal die PARTY!"
Wobei - DAS kann ich! Wenn ich weiß, sie sind zur Disko, dann weiß ich auch: SO lange kann ich nicht aufbleiben, das schaff ich nich mehr. Junior I ist für gewöhnlich nie vor 6 Uhr morgens heimgekommen - und ich erinner mich immer wieder an Anekdoten wie den Morgen nach dem ersten Diskobesuch und einem kläglichen 1,94-Meter-Häufchen vor meiner Wohnungstür, flennend: "Ich hab meine Jacke verloren!" "Äh... Aber die hast du doch an?" Kurzer prüfender Blick aus glasigen Augen: "Ach so... Dann hab ich was anderes verloren!" Oder den Morgen, an dem er kläglich vor der Tür stand: "Es tut mir so leid, es tuuut mir sooo leeeiidd!" - "Na was denn? Willst du nicht erst mal reinkommen?" - "Ich wollte das nicht, ich wollte das wirklich nicht! Aber ich hab mir auf die Jacke gekotzt!" - "Oh... Na macht nix..." - "Ja und der Pullover hat auch was abgekriegt!" - "Oh..." - "Und ich glaube, die Jeans auch..." Da sagte ich dann nix mehr, öffnete nur weit die Wohnungstür und zeigte mit dem Daumen zur Badezimmertür: "Da is die Waschmaschine, mach alles da rein, ich stell sie gleich an."
Nur ein einziges Mal musste ich länger als bis 6 Uhr morgens auf Junior I ausharren: Da kam er erst gegen halb acht, weil er den Weg aus der Innenstadt bis raus in den Vorort zu uns laufen musste... Ohne Papiere, ohne Handy, ohne Portemonnaie. Sowas passiert, wenn man beim Warten auf die Straßenbahn auf der Bank einschläft...
Als ich unlängst noch zu Junior II meinte: "Irgendwie bin ich ganz froh, dass du die Disko noch nicht für dich entdeckt hast", und er schaute mich erstaunt von der Seite an: "Ich musste ja auch erst warten, bis ich 18 wurde!" "Ach und jetzt willst du wohl..." - "Na klar! Was dachtest du denn? So viel hübsche Mädels auf einmal seh ich sonst nie?!" Harte Zeiten kommen erneut auf mich zu, denke ich mir so.
Wobei Junior II aus anderem Holz geschnitzt ist als Junior I. Der Zweite wird sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, da eher stürmt er unbeherrscht wie ein junger Stier drauflos - aber ob das immer so gut ist? Heutzutage weißt du nie, ob der andere nicht eins-zwo-fix ein Messer zückt. Und dann?

"Was machst du heut abend noch?" fragten die gelben Seiten vorhin am Telefon, als ich ungeniert in die Hörmuschel gähnte. "Nix mehr." - "Wenn du müde bist, geh doch schlafen." - "Nee... noch nich.. Junior is noch nicht da, ich warte noch auf ihn." - "Jetzt lass ihn doch, der ist achtzehn." - "Na und? Ich hab keine Ruhe irgendwie, wenn ich weiß, der stromert da noch draußen rum." - "Lerne endlich loszulassen!"
Ja doch. Tu ich ja. Also ich bemüh mich ja auch. Ernsthaft.
Dann kam der Bub und brachte Döner mit. Leicht zerzaust war er außerdem. Er und zerzaust. Durch den Wind nicht möglich - in Zeiten von Haargel plus Haarspray. "Sieht nach ner Mädelshand aus", kommentierte ich also und er grinste schelmisch. Allet klar.
Und während wir uns gemeinsam ans Essen machten, erzählte er mir, dass heute vor seiner Schule eine seiner Lehrerinnen von einem jungen Mann mit einem Messer angefallen und von dem verletzt worden war. Vor Schreck vergaß ich das Kauen. "Echt?" - "Ja, echt, hast du das noch nicht gehört?"
Nein. Weil ich nie Radio höre und mich irgendwie auch den Tageszeitungen verweigere. Macht einen irgendwie alles bekloppt, dachte ich immer.
"Und wusstest du, dass die Woche einem im Stadtteil W. ein Ohr abgeschnitten wurde? Von nem Typen, der sich mit ner Schweinsmaske verkleidet hatte?"
Das Essen in meinem Mund wurde kalt...
"Äh... nee, das wusste ich auch noch nicht."
"Hmm." Er aß weiter und dann sagte er: "Und Anfang der Woche ist eine Frau überfallen worden, vor ihrer Haustür. Der Typ wollte Geld und so, sie hat sich gewehrt und er hat ihr mit nem Messer mehrmals in den Arm gestochen. Überleg dir das mal. VOR IHRER HAUSTÜR!"
Da konnte ich dann wirklich nicht mehr weiteressen.
Vielleicht war das ja sein Trick - er hat meinen Döner mit sehr gutem Appetit mitgegessen.
Vielleicht wars aber auch kein Trick.
Ich denke, ich werde immer erst beruhigt sein, wenn die Jugend wieder wohlbehalten eingekehrt ist.
Jedenfalls so lange wie wir zusammen wohnen.
Und dabei dachte ich noch, ich könne mich sicher fühlen in unserer kleinen großen Stadt. Ach Mensch.

4 Kommentare:

die Highlaenderin hat gesagt…

Das geht doch jeder Mutter so! Je älter sie werden, je bekloppter werden wir! Ich bin auch immer froh, wenn ich seinen roten Flitzer wieder hier im Hof stehen seh. Aber ich habe mir abgewöhnt ihnen hinterher zu telefonieren. Wenn etwas ist, dann melden die sich schon!

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Muss grinsen: Ja, da hast Du echt recht - ich werd auch immer bekloppter :)
Und.. hinterhertelefonieren tu ich ihm auch nich.. Wär ja peinlich den Mädels gegenüber ;) Aber in Zeiten von whatsapp und so... *grins* Mir genügt dann schon zu sehen, dass er online war, das beruhigt mich, auch wenn er nicht antwortet :)

Anonym hat gesagt…

Uff... ich bin so froh, dass er erst 14 ist. Und dann hoffe ich eigentlich, dass er mit 18 auszieht, weil ich nämlich sonst schlagartig altern werde, weil ich immer so lange aufbleiben werde, bis der Vogel wieder ins Nest geflattert ist. Glucke, ick hör dir trapsen. *blush*

Hm... so kann man whatsapp auch nutzen? Ich glaub, ich brauch das doch. *g*

Helma Ziggenheimer hat gesagt…

Liebe Anna, ja auch dafür kann man whatsapp nutzen :) Allerdings gebe ich zu bedenken: Wenn Du was schreibst und wartest und der Knabe war nach 2 Stunden immer noch nicht online, dann erreicht der Ängstlichkeitsfaktor ungeahnte Höhen ;)