Meine erste Auszubildende bezeichnete mich während und auch nach ihrer Ausbildung in unserem Büro als ihren Zen-Master. Was genau sie damit meint und was ein Zen-Master überhaupt bedeutet - ich habe so gar keine Ahnung und ich habe auch noch nicht danach gegoogelt.
Doch gestern oder vorgestern las ich irgendwo was mit "Zen-Master, weil er sich nicht aus der Ruhe bringen lässt".
Daran musste ich heute Morgen denken, als die gelben Seiten drängelten, doch endlich aufzustehen und zu frühstücken, damit man schnell noch einkaufen gehen könne, bevor es die halbe Stadt auch in die Supermärkte geschafft hatte.
Nun.
Was soll ich sagen.
Ommmmm.
So stressig der Alltag ist und ich oft weder zum Luftholen noch zum Durchatmen komme - sobald das Wochenende anbricht, lasse ich das alles von mir abfallen und dann kann mich die Welt mit ihrer Hektik mal kreuzweise. In echt. Ich kann das.
Ich lasse mich nicht jagen, nicht stressen und auch nicht davon beeindrucken, dass die gelben Seiten nervös durch die Wohnung rennen, mir in jedes Zimmer folgen, im Türrahmen stehenbleiben und mit den Fingern trommeln und fragen: "Bist du jetzt fertig?" So oft er das auch fragt, ich antworte stets mit gleichbleibender arschruhiger Gelassenheit: "Gleich."
Samstags und sonntags bringt mich einfach nichts aus der Ruhe, da verfalle ich schon aus Prinzip in einen Modus, den ich mir mitunter auch in der Woche wünschte.
Und so kommt es dann eben auch, dass wir samstags erst gegen elf Uhr in den Supermarkt kommen. Sehr zum Leidwesen der gelben Seiten. Nun muss man ja sagen - und das weiß auch jeder: Gibt es nur einen einzigen Feiertag vor oder nach einem Wochenende (und aktuell haben wir auch einen davor UND danach), dann drehen die Leute durch. Überströmen die Läden und kaufen, als gäbs kein Morgen mehr. Hallelujah. Insofern taten mir die gelben Seiten schon ein bisschen leid, dass er nun nur meinetwegen nicht wie gewohnt 8 Uhr vor der Einkaufstür stand, sondern eben erst 11 Uhr mit dem ganzen anderen Pulk. Holla die Waldfee - war DER genervt. Und die Leute sind ja auch nicht wirklich die Rücksichtsvollsten. Wagen stehen herum, andere werden gnadenlos drumrumgekarrt, gerne auch mal vor die Füße oder in die Hacken - jau, da kommt Freude auf. Ein solches Massaker blieb uns heute aber erspart, bis auf die Tatsache, dass der Laden echt voll war und man kaum irgendwo durch- oder vorbeikam.
Schon irre.
Bekloppt also, wer zu so einem Samstag shoppen geht. Nur - wann hätten wir das tun sollen? Arbeiten von frühs bis abends, Mittwoch waren wir dann ja noch im Kino, Donnerstag nach der Arbeit sind wir schon gefahren und gestern war ja schon ein Feiertag.
Trotzdem blieb ich ganz lässig in meinem Arschruhemodus, während den gelben Seiten der Hals immer stärker schwoll, die Antworten immer knapper und meine zarten Berührungsversuche von wegen die Hand berühren oder so immer vehementer ignoriert wurden. Dann weiß ich: Alarmstufe Rot, nix mehr sagen, nur noch gucken, nicht mehr anfassen - und einfach warten, bis der Anfall vorüber ist. Sprich: Bis man wieder zu Hause ist und die Taschen ausgepackt wurden.
Was mir den Tag an solchen Tagen noch heller und noch entspannter macht, ist, wenn Menschen auch im Chaos und Gewusel freundlich und höflich zueinander sind. Wie die Wartende an der Nebenkasse, die sich darüber amüsierte, dass es den gelben Seiten irgendwie alles zu langsam ging und er sich an eine andere Kasse als ich anstellte: "Mal sehen, wo es schneller geht, dann kommst du rüber."
Sie lächelte mich an: "Ja das kann man wohl nur noch so machen." Und dann fragte sie mich, ob ich ihren Korb weiterschieben würde, sie habe noch eine Kleinigkeit vergessen und würde sich nur ungern noch mal anstellen wollen. Na klar mach ich das - und sie bedankte sich mit einem fröhlichen Lachen und einem "Ich wünsch Ihnen frohe Ostern!" zum Abschied.
Hach ja, wat is dat schön.
Mit sowas kriegt man mich. Ganz schnell. Ganz einfach. Ommmmm.
5 Kommentare:
Hier kann ich mich vollkommen in die gelben Seiten reinversetzen. Ich sehe ja an normalen Samstagen schon zu, daß ich um acht Uhr vor Ort bin, weil mir das sonst in den Läden zu viel wird.
Nur die Kasse wechseln wäre nicht mein Ding gewesen.
Mein mitfühlender Gruß an die gelben Seiten - und Ostergrüße an euch Beide.
...danke und auch Dir noch fröhliches Ostern :)
Ja wie gesagt, mir hat er auch leidgetan, aber ich kann an der Stelle einfach auch nicht über meinen Schatten springen: Unter der Woche ist echt Stress genug, so dass ich mich am Wochenende echt durch nichts mehr jagen oder stressen lass. Was da nicht wird... das wird eben nicht ;)
Und das ist sicher nicht leicht für den anderen, vor allem, wenn der es anders gewohnt ist.
Hallo Helma, ich lass mich auch nicht stressen. Aber wenn ich meinen Mann mal mitnehme zum Einkaufen, das ist für mich Strss pur! Er liebt es! Er liebt es alles zu begutachten, zu sehen, was es so neues gibt, Preise zu vergleichen...Dann brauchen wir immer eine Ewigkeit! Und dann legt er los! Kauft ein, was das Zeug hält. Lauter Dinge, die nicht auf meiner Liste stehen, wo er aber meint, dass wir sie aber brauchen, aber essen.
höhöö, wieso soll es dir mit deinen gelben Seiten anders ergehen als uns anderen Damen mit unseren "gelben Seiten"?
Lachh, Männer haben ABSOLUT keine Geduld, Helma. Das habe ich schon sehr früh gemerkt und ich vergleiche wo ich bin, dieses Klischee. Es passt wirklich immer.
Sobald sie irgendwo stehen oder sitzen müssen und nichts anderes tun können als warten, ticken sie aus.
Was tu ich wenn ich in ner Schlange stehe? Ich gehe meinen Gedanken nach. Das beruhigt mich und ich kann so schon was Sinnvolles planen oder auch andere Dinge Revue passieren lassen, etwas verarbeiten also.
Und wenn das alles erledigt ist, dann beobachte ich zu gern Menschen.... und amüsiere mich innerlich köstlich über keifende Weiber oder nörgelnde Kinder.
Manchmal hole ich mir auch eine Zeitschrift aus meinem Einkaufswagen und lese. Ich kauf eigentlich jedesmal irgendein Magazin.
Im Auto hab ich für solche Fälle auch immer 2 Hefte bereitliegen. ;)
Liebe Noemie, die gelben Seiten sind da sehr spartanisch: Gute Sachen, aber ausgezählt.. äh.. ausgewählt!
Da bin ich eher die, die mal hier, mal da was Leckeres mitnimmt, so kleine Snacks, eingelegte Tomaten mit Frischkäse oder Peperoni, verschiedene Joghurtsorten oder Bockwürstchen. So Snacks für den kleinen Hunger halt ;)
Liebe Suse, das mit dem Gedanken treiben lassen geht mir ganz genauso. So mach ich das auch.
Zeitschriften kauf ich nicht mehr. Früher ja, gerne auch mit dem Einkauf oder an der Tankstelle. Aber seit gut 3 Jahren gar nicht mehr: Die Hälfte davon ist nur noch Werbung für irgendwelchen Scheiß, den du sowieso nie kaufen würdest - oder so überteuerte Klamotten, die du auch nicht kaufst. Da lieber Gedanken treiben lassen. Oder E-Mails checken oder Nachrichten beantworten *lach*
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